Tales of Symphonia - Test, Rollenspiel, PlayStation2, GameCube

Tales of Symphonia
06.12.2004, Jens Bischoff

Test: Tales of Symphonia

Test: Schafft es Tales of Symphonia die darbenden GameCube-Rollenspieler zu verzaubern?

Rollenspiele machen sich auf dem GameCube leider nach wie vor ziemlich rar. Vor allem hochkarätige Nippon-RPGs finden nur selten ihren Weg nach Deutschland. Um so erfreulicher, dass Nintendo wenigstens bei Namcos Tales of Symphonia (ab 109,78€ bei kaufen) ein Einsehen hatte und den Titel gut ein Jahr nach dem Japan-Release auch hierzulande unters unterversorgte Rollenspielvolk bringt. Wir verraten, ob sich das Warten gelohnt hat.

Helden haben es nicht leicht. Diese Erfahrung macht auch Lloyd Irving in Namcos jüngstem Ableger der Tales-Serie. Gerade albert er noch im Unterricht herum und im nächsten Moment begleitet er seine Schulkameradin

Flieger, grüß mir die Sonne! - Ein Drachenflug steht auch auf eurem Abenteuerprogramm.
Colette auch schon auf eine schicksalhafte Reise quer durch Sylvarant, deren Ausgang über Gedeih und Verderb der ganzen Welt entscheiden wird. Colette ist nämlich auserwählt, die schlafende Göttin Martel zu wecken, um den immer weiter fortschreitenden Niedergang Sylvarants umzukehren.

Das Schicksal in euren Händen

Eine so wichtige Mission ruft natürlich auch Gegenspieler auf den Plan, die alles andere als an einem Wiederaufblühen Sylvarants interessiert sind. Allen voran die halbelfischen Devians, die in den Menschen nichts weiter als Versuchskaninchen für ihre machtgierigen Forschungsprojekte sehen. Doch auch von anderer Seite wird versucht, eurer Reise ein vorzeitiges Ende zu setzen. Wer dahinter steckt und warum, wird euch jedoch erst viel später klar und je weiter die Reise geht, umso mehr plagen euch selbst Zweifel an der Richtigkeit eurer Mission.

Wo Licht ist, ist auch Schatten

Die Handlung erinnert dabei frappierend an Final Fantasy X, denn wie einst Yuna reist auch Colette mit ihrer bunt gemischten Leibgarde von Schrein zu Schrein, gewillt, ihr Leben für das Wohl ihres Volkes zu geben

Blocken hilft: Wer im richtigen Moment in die Defensive wechselt, erleidet weniger Schaden.
- ein Opfer, das vor ihr schon viele andere dargebracht haben in einem Ritual, das sich ständig zu wiederholen scheint. Dabei verwischen die Grenzen zwischen richtig und falsch bzw. Freund und Feind immer mehr, während sich langsam offenbart, was die tatsächlichen Konsequenzen des Rituals sind.

Auf den Spuren von Yuna & Tidus

Trotz einer gewissen Vorhersehbarkeit, bietet die Story jedoch genug Wendungen und Details, die Tales of Symphonie zu einem fesselnden Spielerlebnis machen, das locker 40-60 Stunden eurer Freizeit verschlingt. Auch längere Aufenthalte in Sylvarant sind kein Problem, da der Spielverlauf einige Geheimnisse und Extras bietet, die abseits der linearen Rahmenhandlung auf euch warten. Wer jetzt breit gefächerte Sidequests und facettenreiche Nebenbeschäftigungen erwartet, wird allerdings enttäuscht, denn auch wenn manche der optionalen Aufgaben sehr zeitintensiv sind, hält sich deren Anzahl und Abwechslungsreichtum doch in Grenzen.          

Epische Ausmaße

So könnt ihr beispielsweise eure Kochkünste unter Beweis stellen und auf Rezeptjagd gehen, euch ein zusätzliches Taschengeld mit Kellnern verdienen, euch als Hundeflüsterer versuchen, Alben von besiegten Monstern,

Kleiner Mann ganz groß: Auf der Weltkarte reist ihr in überdimensionaler Größe von Ort zu Ort.
erbeuteten Items oder getroffenen Personen anlegen, euch mit Minispielen wie Personenraten, Senso oder Ochs am Berg beschäftigen, den Wiederaufbau einer Stadt finanzieren, euch in einer Kampfarena verdingen sowie versteckte Dungeons, Bossgegner, Superwaffen und Alternativ-Outfits aufspüren. Viel Freiraum wird euch dabei allerdings nicht gelassen - selbst das Kochen erfolgt strikt nach Rezeptvorlage.

Freiwilliger Zeitverteib

Bei der Charakterentwicklung sieht das allerdings schon wieder ganz anders aus. Hier könnt ihr selbst mehr oder weniger direkt bestimmen, in welche Richtung sich eure Recken - insgesamt gibt es neun spielbare Charaktere - entwickeln, welche Spezialfähigkeiten sie erlernen und wie sie sich im Kampf verhalten sollen. Bestimmt wird dies unter anderem durch die Wahl der Ausrüstung, den Einsatz von Kampffertigkeiten, dem Justieren bestimmter Gemmen sowie dem Zuordnen individueller Titel, die darüber entscheiden, welche Stauswerte sich beim Level-Up verbessern. Übrigens erhalten selbst nicht am Kampfgeschehen teilnehmende Partymitglieder Erfahrungspunkte und neue Titel. Da ihr in den Tales- und Star Ocean-typischen Echtzeitkämpfen, bei denen ihr euch frei bewegt, blockt, kontert und attackiert, selbst immer nur einen Charakter aktiv steuern könnt, wird der Rest der maximal vierköpfigen Kämpferriege euren Anweisungen entsprechend von der CPU kontrolliert.

Helden nach Maß

So legt ihr etwa fest, wie verschwenderisch die KI-Kollegen mit ihren Mana-Reserven umgehen, welche Stellung sie einnehmen, auf welche Gegner sie sich konzentrieren und welche Fähigkeiten sie einsetzen sollen.

Nasse Barriere: Sheena kann mit der Beschwörung von Elementarwächtern Hindernisse überwinden.
Ihr könnt sogar alle Kampfteilnehmer von der CPU steuern lassen und euch gemütlich zurücklehnen und nur in besonders brenzligen Situationen eingreifen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, bis zu drei Freunde einzuladen und diesen die Kampfsteuerung einzelner Partymitglieder zu überlassen. Außerhalb der Kämpfe sind eure Mitspieler allerdings zum bloßen Zuschauen verurteilt. Zudem sind lediglich die Bosskämpfe zu viert wirklich spannend, während die anderen Kämpfe schnell zur Routine werden.

Ihr seid nicht allein

Zum Glück gibt es aber genau hierfür die Möglichkeit, den Schwierigkeitsgrad der Kämpfe im Optionsmenü jederzeit anzuheben, um für mehr Spannung und Herausforderung zu sorgen. Allerdings ist die Kameraführung trotz abschaltbarer Zoom-Funktion nicht wirklich auf Mehrspielerkämpfe ausgelegt, so dass ihr vor allem bei ausschwärmenden Gegnern zuweilen mit nervigen Übersichtsproblemen zu kämpfen habt. Dennoch ist die Multiplayer-Tauglichkeit ein willkommenes Extra, für das man im Gegensatz zu Final Fantasy: Crystal Chronicles & Co. nicht einmal zusätzliche GBAs benötigt - herkömmliche Standard-Controller reichen völlig aus.

Mehrspielerspaß ohne Handheld-Zwang

       

Lobenswert ist auch der Verzicht auf nervige Zufallskämpfe. So könnt ihr potenzielle Gegner schon aus der Distanz ausmachen und versuchen sie bei Bedarf zu umgehen. Meist erkennt ihr auch gleich um welche Art Gegner es sich jeweils handelt.

Autsch, das tat weh! - Bei größeren Brocken solltet ihr eure Attacken genau abstimmen.
Auf der Weltkarte ist die Sichtweite allerdings stark eingeschränkt und die Klassifizierung der potentiellen Widersacher wesentlich schwieriger, da dort alle Monster gleich aussehen und optisch lediglich in zwei Kategorien eingeteilt sind: kleine (leichte) und große (schwere) Gegner. Auch Schatztruhen tauchen auf der Oberwelt erst aus kurzer Entfernung aus einem imaginären Nebel auf, während Wälder, Seen, Berge und Städte schon aus der Ferne zu erkennen sind.

Den Gegner vor Augen

Nach einer Weile hat man sich allerdings daran gewöhnt und man sucht bereitwillig in allen entlegenen Ecken und Winkeln nach verborgenen Schätzen oder steinernen Wegweisern, die es einem nach Entdecken erlauben auf diverse Fortbewegungsmittel wie Lloyds Reithund Noishe zurückzugreifen, um noch schneller und sicherer ans gewünschte Ziel zu gelangen. Allerdings wirken die Animationen teils etwas träge, so dass auch Noishe eher gemächlich durch die Pampa galoppiert. Das gleiche gilt auch für die Bewegungen eurer Charaktere, was sich durch spezielle Gemmen allerdings wieder ausgleichen lässt und daher wohl nicht auf schlampige PAL-Anpassung zurückzuführen ist. Zudem sind manche Dialoge und Aufgaben bestimmten Partyführern vorbehalten, was das Wechseln zu mehr als nur einem optischen Detail macht.

Überwindbare Trägheit

Ein optionaler 60Hz-Modus wäre zwar wünschenswert gewesen, lästige PAL-Balken gibt es aber auch mit 50Hz keine. Dafür fehlen im Vergleich zum Japan-Original jedoch einige Sprachsequenzen, die US- und PAL-Spielern lediglich in Textform präsentiert werden

Netter Zeitvertreib: Genis kann im Spielerverlauf an ein paar simplen Minispielchen teilnehmen.
und sich leider weder beschleunigen noch abbrechen lassen. Auch die auf der Verpackung angepriesenen Animé-Sequenzen kann man an einer Hand abzählen. Dafür ist die sporadische englische Sprachausgabe aber ganz ordentlich und bietet einige bekannte Sprecher aus anderen Rollenspiel-Vertonungen wie die Stimme von Rikku aus Final Fantasy X oder die von Max aus Dark Chronicle. Auch die eingedeutschten Texte sind fast durchgehend von erstklassiger Qualität - auch wenn meiner Meinung zu viele "yeahs" vorkommen...

Kleine Abstriche

Die malerischen Spielumgebungen und stylischen Cel-Shading-Charaktere passen hingegen gut zusammen und kreieren trotz ihrer etwas kindlichen Aufmachung eine stimmige Spielwelt mit vielen liebevollen Details. Lediglich der verwendete Weichzeichner-Effekt wirkt etwas unbeholfen und lässt die Konturen weiter entfernter Charaktere eher doppelt erscheinen statt sie verschwimmen zu lassen. Überhaupt wirkt die Grafik für manchen Geschmack oft etwas zu verwaschen, was aber irgendwie auch den malerischen Akzent verstärkt. Die Soundkulisse ist zwar eher unauffällig, passt sich mit ihren nostalgischen Melodien und Klängen aber gut an die jeweiligen Aufenthaltsorte und Situationen an, obwohl man sich teils noch mehr Umgebungsgeräusche gewünscht hätte.

Stimmige Spielwelt

        

Auch die Rätsel und Geschicklichkeitseinlagen wurden trotz teils altbackener Reaktionstests und Kistenschiebe-Mechanismen gut an die jeweiligen Locations angepasst. Vor allem der mit verschiedenen Elementarkräften aufladbare Manaring

Charmanter Langfinger: Colette kann dem Gegner mit Spezialattacken Items klauen.
sorgt für die ein oder andere Kopfnuss. So könnt ihr mit der Kraft des Feuers Fackeln entzünden und entflammbare Hindernisse aus dem Weg räumen, mit der Kraft des Windes verborgene Schalter und Teleporter sichtbar machen, mit der Kraft des Wassers Gefäße füllen und Fackeln löschen oder mit der Kraft der Blitzes gekappte Stromversorgungen wiederherstellen und Maschinen aktivieren. Selbst herumstreunende Monster lassen sich mit dem Manaring manipulieren und für die Lösung von Rätseln missbrauchen.

Ortsbezogenes Rätseldesign

Allerdings nervt es teils ziemlich, dass besiegte Gegner nach dem Verlassen des Raumes immer wieder entstehen, so dass aufwändigere Rätsel jede Menge unfreiwilliger Kämpfe mit sich ziehen. Auch der Einsatz spezieller Anti-Monster-Tränke schützt euch nur kurzzeitig vor unliebsamen Scharmützeln. Hinzu kommt, dass die Speicherpunkte im Spiel oft ungünstig platziert sind, so dass man nach dem Lösen eines zeitintensiven Rätsel oder Bewältigen eines Dungeons teils unvermittelt mit einem Bosskampf konfrontiert wird und man bei einem Scheitern im Kampf das ganze Rätsel bzw. den ganzen Dungeon nochmals bewältigen muss.

Unsterbliche Störenfriede

Auf der anderen Seite gibt es viele unnötige Speicherpunkte gleich zu Beginn eines Levels, obwohl man kurz davor sowieso schon speichern konnte, denn auf der Weltkarte kann der Spielstand immer und überall gesichert werden, was erstaunlich flott vonstatten geht

Plauderstunde: Zwischendurch könnt ihr immer wieder kurze Dialogsequenzen initiieren.
und nur drei Memory Card-Blöcke pro Spielstand kostet. Ein gewisses Handicap ist teils auch die in Städten und Dungeons fehlende Kartenfunktion, was oft dazu führt, dass man auf der Suche nach verborgenen Schätzen plötzlich das Levelende erreicht und eine Sequenz oder einen Kampf auslöst in dessen Folge der Spielabschnitt unzugänglich wird oder unwiederbringlich zerstört wird, bevor man alles erkundet hat. Mangels Speichermöglichkeit muss man dann schon wieder den ganzen Level neu starten, wenn man auch abseits des Hauptpfades die Spielwelt komplett erforschen will.

Lästige Handicaps

Zudem hat man oft den Eindruck, dass das Level- und Missionsdesign immer wieder unnötig in die Länge gezogen wird. Vor allem wenn man mehrmals zwischen verschiedenen Orten hin und herreisen muss, nur um irgendwelche Infos zu bestätigt zu bekommen, die man sich ohnehin schon längst selbst gedacht hat, drückt das unnötig auf die Motivations- und Spannungskurve. Dabei wäre der zwei Mini-DVDs umfassende Spielumfang auch ohne solche Streckungen mehr als ordentlich gewesen. Vor allem das Experimentieren mit besonders durchschlagkräftigen Kombo-, Team- und Partner-Attacken, das Veredeln der Waffen und Rüstungen mit seltenen Rohstoffen sowie das Entdecken neuer Spezialfähigkeiten und Titel hält lange bei Laune, während acht verschiedene Endsequenzen auch ein erneutes Durchspielen reizvoll machen.

Unnötige Längen

    

Fazit

Tales of Symphonia bietet GameCube-Rollenspielern ein episches Abenteuer mit ausgeklügeltem Kampf- und Fertigkeitssystem wie man es auf dem Würfel nur selten serviert bekommt. Zwar hat man sich bei der Story offensichtlich stark von Final Fantasy X inspirieren lassen, aber das tut dem Spielspaß keinen Abbruch. Die stylischen Animé-Charaktere wachsen einem schnell ans Herz und die Handlung hält trotz einer gewissen Vorhersehbarkeit einige Wendungen und Überraschungen parat. Trotzdem hätte man den Spielablauf etwas straffen und mit mehr Sidequests versehen können. Auch die Speicherpunkte wirken nicht immer optimal platziert. Die auf Teamwork getrimmten Echtzeitkämpfe sind hingegen durchweg spannend inszeniert und können trotz gelegentlicher Übersichtsprobleme sogar mit bis zu drei Freunden bestritten werden. Auch die etwas kindliche Präsentation fügt sich hervorragend in die liebevoll gestaltete Spielwelt ein. Die stimmungsvolle englische Sprachausgabe hätte zwar ruhig öfter erklingen können, aber die Qualität der eingedeutschten Texte gleicht dieses Manko wieder aus. Freunde actionreicher Nippon-RPGs können jedenfalls bedenkenlos zugreifen.

Pro

  • epische Story
  • keine PAL-Balken
  • keine Zufallskämpfe
  • stylische Animé-Charaktere
  • stimmige Cel-Shading-Optik
  • ortspezifische Rätseleinlagen
  • meist gute deutsche Übersetzung
  • facettenreiches Echtzeitkampfsystem
  • stimmungsvolle englische Sprachausgabe
  • kooperative Kämpfe für bis zu vier Spieler

Kontra

  • etwas träge Animationen
  • nur sporadische Sprachausgabe
  • ständig wieder entstehende Gegner
  • nur wenige Minispiele & Sidequests
  • verbesserungswürdiger Unschärfefilter
  • keine abbrechbaren (Dialog-) Sequenzen
  • unnötige Längen im Quest
  • & Leveldesign
  • keine Kartenfunktion in Städten & Dungeons
  • nicht immer optimal platzierte Speicherpunkte
  • eingeschränkte Übersicht im Mehrspielermodus

Wertung

GameCube

Episches Action-Rollenspiel mit taktischen Echtzeitkämpfen und Animé-Flair.