MegaMan X: Command Mission - Test, Rollenspiel, PlayStation2, GameCube

MegaMan X: Command Mission
22.12.2004, Jens Bischoff

Test: MegaMan X: Command Mission

Test: Wie schlägt sich MegaMan in seinem ersten Rollenspiel?

Seit über 15 Jahren ballert sich der gute alte MegaMan nun schon durchs digitale Action-Leben. Auch in Zukunft will er dieser Linie und seinen eingeschworenen Fans treu bleiben. Allerdings versucht er mit MegaMan X: Command Mission und der Hilfe der Entwickler von Breath of Fire: Dragon Quarter nebenbei auch im Rollenspielgenre Fuß zu fassen. Wir haben ihn bei seinen ersten Gehversuchen begleitet.

MegaMan X kämpft sich nicht allein durch sein jüngstes Abenteuer, sondern hat mit Zero und Shadow gleich zu Beginn zwei schlagkräftige Mitstreiter an seiner Seite, um einen von Epsilon angezettelten Aufstand in Giga-Stadt zu untersuchen.

Gleich gibt's Haue: Am Ende jedes Kapitels wartet ein fieser Obermotz auf eure Party.
Leider verläuft die Mission jedoch alles andere als planmäßig und so werden die drei schon nach kurzer Zeit getrennt. Aber es kommt noch schlimmer: Kaum wiedervereint muss X feststellen, dass Shadow die Seiten gewechselt hat und nun ebenfalls Teil der Rebellenarmee ist. Auch Zero und X sollen mit Epsilon gemeinsame Sache machen. Doch die beiden Maverick-Jäger bleiben ihrem Kodex treu und lehnen ab.

Kampf den Rebellen

Im darauf folgenden Kampf ziehen sie jedoch den Kürzeren. Zwar kann X in letzter Sekunde fliehen, aber als er schwer verletzt im belagerten Regierungsgebäude von Giga-Stadt wieder zu sich kommt, muss er feststellen, dass sein Freund Zero wohl nicht so viel Glück hatte. Doch X gibt nicht auf, säubert den Sektor von feindlichen Reploiden, befreit den gefangen gehaltenen Befehlshaber und richtet mit dessen Hilfe einen zentralen Stützpunkt ein, von wo aus er zu weiteren Einsätzen gegen die Rebellenarmee aufbricht, um Epsilon und seine Schergen zu stoppen.

Phönix aus der Asche

Auch neue Mitstreiter sind schnell gefunden. Neben Kopfgeldjäger Spider, Kampfkoloss Massimo, Diebin Marino und Krankenschwester Cinnamon trifft er im Verlauf seiner Einsätze bald auch auf einen alten Bekannten:

Wütendes Alter Ego: Bei dickeren Brocken empfiehlt es sich in den Hypermodus zu wechseln.
Jäger-Kollege und Gestaltwandler Axl. Sogar der tot geglaubte Zero taucht später wieder auf. Insgesamt erwarten euch jedenfalls sieben spielbare Charaktere mit sehr unterschiedlichen Charakteristiken und Fertigkeiten. Zudem findet ihr auch immer wieder neues Personal für euren Stützpunkt, das euch tatkräftig unterstützt.

Neue Verbündete

So könnt ihr euch zwischen den Missionen nicht nur ausruhen, unterhalten oder mit neuen Ausrüstungsgegenständen eindecken, sondern auch wie in Shenmue Sammelfiguren aus Automaten ziehen, Passwörter entschlüsseln lassen sowie bereits gesäuberte Gebiete nochmals nach verborgenen Extras abklappern. Dazu könnt ihr euch entweder selbst vor Ort begeben, um mit neuen Schlüsseln oder Objekten zuvor unpassierbare Hindernisse zu knacken oder einen aus geborgenen und umprogrammierten Feind-Reploiden zusammengestellten Suchtrupp losschicken, um sonst unerreichbare Gegenstände und Extras aufzuspüren.     

Zurück im Basislager

Gerade letztere Methode stellt einen äußerst lukrativen als auch motivierenden Zeitvertreib dar, dem ihr zwischen euren Story-Einsätzen immer wieder gerne frönt. Neben verwendbaren Items erhaltet ihr auf diese Weise übrigens auch jede Menge Bonusmaterial wie Artworks, neue Outfits, seltene Sammelfiguren,

Pause gefällig? - Im Hauptquartier könnt ihr euch ausruhen, einkaufen und Suchtrupps anheuern.
Lieder für eure Jukebox, Filmsequenzen für euren Videoplayer oder Poster für euren Trophäensaal, wo ihr eure Schätze begutachten und ständig anwachsende Datenbanken einsehen könnt. Manchmal werdet ihr auch für besondere Leistungen wie das Besiegen einer bestimmten Menge an Feinden, das Führen einer gewissen Anzahl an Gesprächen oder das Durchbrechen eines vorgegebenen Schadenslimits belohnt. Fans und Sammlernaturen kommen jedenfalls voll auf ihre Kosten und können sogar eine spielbare Demo zu MegaMan X8 freischalten.

Sammeln was das Zeug hält

Das ist aber auch nötig, denn die zehn lauen Story-Kapitel sind alles andere als umfangreich, so dass die eigentliche Haupthandlung schon nach weniger als 20 Stunden abgefrühstückt ist, was für ein Rollenspiel nicht gerade üppig ist. Hinzu kommt, dass die einzelnen Spielabschnitte nicht nur extrem kurz, sondern auch noch unglaublich linear daher kommen - vom monotonen Leveldesign und der unbrauchbaren Kartenfunktion ganz zu schweigen. Eigentlich lauft ihr die meiste Zeit nur durch öde Korridore, löst ein paar harmlose Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen und macht am Ende des Abschnitts einem dicken Bossgegner platt. Bevor das Ganze in einer neuen Umgebung wieder von vorn beginnt.

Kurzes Vergnügen

Dazwischen kommt es immer wieder zu rundenbasierten Zufallskämpfen mit ortsansässigen Widersachern. Doch auch wenn Leveldesign und Spielablauf reichlich antiquiert wirken, sind die Kämpfe selbst recht ansprechend inszeniert.Zwar wird dabei das Rad nicht neu erfunden, aber individuelle Haupt- und Subwaffen, mit Geschicklichkeits- und Glücksspielen gekoppelte Spezialangriffe,

Voilà, Full House! - Spiders Spezialangriffe werden in einer Runde Poker ausgelost. 
individuelle Metamorphosen und team-basierte Finishing Moves sorgen doch für abwechslungsreiche Auseinandersetzungen. Zudem müsst ihr stets ein Auge auf Zugfolge, Elementarzugehörigkeiten und Energievorräte werfen, um optimale Kampfresultate zu erzielen. Der Schwierigkeitsgrad richtet sich allerdings eher an Einsteiger, wobei bei den fordernden Bosskämpfen hin und wieder auch Veteranen auf ihre Kosten kommen.

Auf in den Kampf

Bei der Präsentation kommen hingegen vorwiegend Animé-Fans auf ihre Kosten - auch wenn sich die im Cel-Shading-Look gehaltenen Charaktere für kein Klischee zu schade sind. Die schlichten Umgebungen wirken hingegen ziemlich leblos und die Technik recht altbacken, während die in Dolby Pro Logic II abgemischte Soundkulisse mit ihren uninspirierten Synthieklängen und Retro-FX höchsten Nostalgiker ansprechen dürfte. Die mit mäßiger englischer Sprachausgabe unterlegten Dialogsequenzen sind hingegen fast schon peinlich und oft nur von Trash-Fans zu genießen. Auch die eingedeutschten Bildschirmtexte sind nur von mäßiger Qualität und teils sogar irreführend.    

Von Kitsch bis Trash

Merkwürdig ist auch, dass die freispielbare MegaMan X8-Demo nur bei englischer Spielsprache verfügbar ist. Doch egal, für welche Sprache ihr euch entscheidet, die handliche Steuerung habt ihr schnell verinnerlicht, wobei euch ein mitwachsendes Hilfelexikonauch mit komplexeren Manövern und Zusammenhängen vertraut macht. Besonders wichtig sind dabei die charakterbezogenen Spezialangriffe im Kampf.

Vorsicht: Werdet ihr von den gegnerischen Suchstrahlern erwischt, geht der Alarm los.
Habt ihr nämlich genug Waffenenergie gesammelt, könnt ihr zu individuellen Vernichtungsschlägen ausholen: Während X hierfür nur eine Weile den Angriffsknopf gedrückt halten muss, ist es bei Zero und Axl schon nötig, gezielte Tastenfolgen einzugeben. Mit Spider dürft ihr euch hingegen am Pokertisch und mit Marino an einem Glücksspielautomaten versuchen. Bei Cinnamon ist hingegen Stickrotieren und bei Massimo Tastenhämmern angesagt.

Individuelle Spezialangriffe

Zudem könnt ihr euch bei dickeren Brocken auch in den so genannten Hypermodus versetzen, der euch eine gewisse Zeit lang in eine wahre Kampfmaschine verwandelt. Landet ihr dann noch einen besonders verheerenden Treffer, habt ihr die Gelegenheit zu einem gemeinsamen Finishing Move, der jeden Gegner spektakulär vom Bildschirm fegt. Erleidet ihr selbst Schaden könnt ihr entweder Cinnamons Heilkräfte einsetzen oder verlorene Lebensenergie aus einem kollektiven Vorratstank ausgleichen. Allerdings solltet ihr damit gut haushalten, da die Reserven begrenzt und Nachfülltornister selten sind. Traditionelle Heil-Items gibt es hingegen überhaupt nicht. Dafür wird allerdings bei einem Level-Up die komplette Lebensenergie wiederhergestellt, wobei auch nicht aktiv am Kampfgeschehen teilnehmende Party-Mitglieder Erfahrungspunkte erhalten.

Kraftvolle Metamorphosen

Des Weiteren könnt ihr eure Protagonisten jederzeit auswechseln ohne dabei im Kampf eine Runde zu verlieren. Wichtig wäre allerdings auch eine Austauschfunktion für Waffen und Rüstungen im Kampf gewesen,da ihr mit der falschen Elementzugehörigkeit eurer Ausrüstung teils erheblichen Handicaps unterliegt

Back to the Roots: Zu den vielen freischaltbaren Extras zählt auch eine Demo von MegaMan X8.
und Gegnern oftmals keinen Schaden zufügt, sondern sie sogar heilt. Ein freies Speichersystem hätte hier einigem Frust vorgebeugt, aber Spielstandsicherungen sind nur an speziellen Terminals möglich, von denen es in jedem Abschnitt nur ein paar gibt. Da hilft es auch nichts, dass ihr nach eurem Ableben den letzten Kampf nochmals wiederholen könnt, da ihr die Ausrüstung unverändert übernehmen müsst und zudem alle eingesetzten Items verliert...

Wechselprobleme

Zum Glück sind die Gegner in den einzelnen Spielabschnitten aber vorwiegend dergleichen Elementarklasse zugehörig und wie gesagt nicht sonderlich stark, so dass sich der Frust über unpassendes Equipment in Grenzen hält. Auch Flucht ist meistens möglich. Zudem könnt ihr ein Analysegerät ausrüsten, mit dem ihr jeden Gegner auf Schwachstellen überprüfen könnt - auch wenn es bei neuen Gegnern dann meist schon zu spät ist. Jeder Charakter verfügt jedenfalls über eine gewisse Anzahl an Kraftmetall-Slots, für die euch ein reichhaltiges Angebot an Accessoires zur Verfügung steht, die Cinnamon mit ihrem Kraftmetallgenerator sogar zu neuen Ausrüstungsgegenständen weiterverarbeiten kann. Allerdings solltet ihr beim Ausrüsten euren natürlichen Widerstandswert im Auge behalten, um keine unerwünschten Nebenfolgen in Kauf zu nehmen.   

Mächtiges Metall

Fazit

Für den ersten Rollenspielauftritt machen MegaMan und seine Freunde eine ganz passable Figur. Allerdings wirkt die Spielmechanik ziemlich antiquiert. Die insgesamt zehn Abschnitte sind für ein ausgewachsenes Rollenspiel viel zu kurz und geradlinig. Auch die Zufallskämpfe wirken mittlerweile reichlich angestaubt - von der auf Sparflamme kochenden audiovisuellen Präsentation ganz zu schweigen. Bei der Story und den Dialogen solltet ihr eure Erwartungen ebenfalls nicht allzu hoch ansetzen. Das rundenbasierte Kampfsystem gibt sich dafür recht solide, belohnt taktisches Vorausdenken und bietet individuelle sowie teambasierte Spezialaktionen mit Glücks- und Geschicklichkeitseinlagen. Ein reinrassiges Action-RPG hätte MegaMan aber sicher besser zu Gesicht gestanden als rundenweises Taktieren. Trotzdem übt die simple Item- und Erfahrungspunktehatz einen gewissen Reiz aus. Vor allem Sammlernaturen werden reichlich bedient. Neben selbst geschmiedeten Objekten, freischaltbaren Bildern, Filmen und Sammelfiguren könnt ihr sogar eine spielbare Demo zu MegaMan X8 aktivieren.

Pro

  • 60Hz-Modus
  • ermäßigter Preis
  • solides Kampfsystem
  • fordernde Bosskämpfe
  • massig freispielbare Extras
  • inklusive MegaMan X8-Demo
  • hübsche Cel-Shading-Figuren
  • Partymitglieder jederzeit austauschbar
  • sieben sehr individuelle Spielcharaktere

Kontra

  • sehr kurz
  • laue Story
  • antiquierte Technik
  • altbackene Zufallskämpfe
  • unübersichtliche Auto-Map
  • durchwachsene Lokalisierung
  • mäßige englische Sprachausgabe
  • sehr lineares & monotones Leveldesign
  • kein Ausrüstungswechsel im Kampf möglich

Wertung

PlayStation2

Solide, aber altbackene Rollenspiel-Premiere des blauen Kultbombers.