Legend of Kay - Test, Action-Adventure, 360, Wii_U, NDS, PlayStation3, PlayStation4, PlayStation2, PC, Switch

Legend of Kay
21.02.2005, Jens Bischoff

Test: Legend of Kay

Ambitionierte Videospiele aus Deutschland sind immer noch eine Seltenheit. Mit Legend of Kay (ab 9,99€ bei kaufen) beweisen die Neon Studios allerdings, dass sie einen internationalen Vergleich weder technisch noch spielerisch zu scheuen brauchen – auch, wenn es Kung-Fu-Kater Kay in seinem ersten Abenteuer noch etwas an Originalität und Eigenständigkeit vermissen lässt.

Obwohl Chinesen Katzen lieber verspeisen als sie in Martial Arts zu unterrichten, haben sich die Neon Studios nicht gescheut,

Amüsant: Während eures Abenteuers trefft ihr auf lispelnde Hasen, sächselnde Schildkröten und mehr.
Kater Kay ein Katana in die Hand zu drücken und ihn für die Freiheit der fernöstlichen Insel Yenching kämpfen zu lassen. Die dort lebenden Katzen sind allerdings keine angehenden Gaumenfreuden oder Schoßkätzchen, sondern ein eigenständiges Volk, das früher im Einklang mit der Natur und den anderen Tieren lebte, um seine Kraft aus den magischen Brunnen des Lebens zu schöpfen.

Vom Kochtopf in den Dojo

Mittlerweile glauben aber nur noch wenige an die alten Traditionen und Weisheiten, die magischen Quellen sind längst versiegt und die Freiheit der Inselbewohner durch eine Invasion machthungriger Gorillas und hinterlistiger Ratten bedroht. Auch der rebellische Kay glaubt mehr an die Macht seines Schwertes als an überlieferte Mythen und Wunderwasser. Als die Invasoren dann auch noch die örtliche Martial Arts-Schule schließen lassen, ist endgültig Schluss mit lustig: Kay schnappt sich das Katana seiner Ahnen, verlässt sein Heimatdorf und startet einen Ein-Mann-Feldzug gegen Yenchings Besatzer.

Kampf den Besatzern

Auf seiner Reise bekommt er es aber nicht nur mit Klingen schwingenden Nagern und Primaten zu tun, sondern muss auch in Kämpfen mit aggressiven Pflanzen, Insekten, Bären und Reptilien seinen Kater stehen. Dazu kann er im Verlauf des Spiels auf drei Waffengattungen zurückgreifen: leicht zu handhabende Schwerter, flinke Krallenaufsätze und gewaltige Streithämmer. Jede Waffenart hat dabei gewisse Vor- und Nachteile, die ihr je nach Gegner geschickt abwägen solltet. Auch der Kampfstil ist meist von entscheidender Bedeutung,

Kater im Comborausch: Nach erfolgreichen Treffern hechtet ihr spektakulär von Feind zu Feind.
da eure Widersacher sonst alle Attacken gnadenlos abblocken.

Ein Kater, drei Waffen

Doch keine Angst: die Kampfsteuerung ist äußerst handlich und simpel. Im Prinzip gibt es sogar nur eine Angriffstaste, obwohl letztendlich alle im Kampf zum Einsatz kommen können. So könnt ihr Gegner nicht nur frontal angreifen und Gegenangriffe blocken, sondern auch mit nur wenigen Tastendrücken aus der Luft auf sie herabdonnern, euch elegant um ihre Deckung rollen, selbige mit einem Aufwärtshaken durchbrechen oder euch mit einem Rundum-Schlag Platz verschaffen. Nach erfolgreichen Treffern könnt ihr eure Feinde sogar mit artistischen Combos verblüffen, die ungemein leicht von der Hand gehen und euch wie der Blitz von einem zum nächsten Gegner katapultieren - exzessive Airtime inklusive.         

Kämpfen leicht gemacht

Kombos sind aber nicht nur wichtig, um Widersacher zu düpieren, sondern auch um sonst unzugängliche Areale zu erreichen.

Akrobatisches Kerlchen: Mancherorts dürft ihr euch wie Tarzan von Liane zu Liane schwingen.
Gerade im Kampf gegen fliegende Gegner, gelangt ihr mit geschickten Airkombos oft an luftige Plattformen oder über tiefe Abgründe, um nette Extras wie Bonusleben, Rüstungen oder Goldschätze einzusacken. Meist werden euch die Flugstunden mittels angreifbarer Luftbojen aber ziemlich leicht gemacht, die meist auch dann irgendwo herumhängen, wenn ihr zum Öffnen verschlossener Schatzkisten einen hohen Combozähler braucht. Die meisten Kisten lassen sich allerdings mit ganz normalen Standardhieben öffnen und beherbergen meist Energieauffrischungen, Münzen oder nützliche Tränke wie z. B. einen Berserkertrank oder eine Flasche voller angriffslustiger Hornissen.

Die Macht der Kombos

Die meisten Objekte könnt ihr übrigens auch beim örtlichen Trödler erstehen, der freundlicherweise auch verpasste Waffen-Upgrades und hilfreiche Tipps zum Spielablauf und Weiterkommen feil bietet, sofern ihr noch Platz in eurem mit fünf Items recht knapp bemessenen Inventar habt. Dank intelligenter Kartenfunktion seid ihr über den aktuellen Standort des Händlers

Flugstunde für Bären: Kay kann mit seinem Katana auch größere Widersacher in die Lüfte befördern.
jederzeit im Bild und seht auch,  wo ihr als nächstes hin solltet, wo sich Schlüsselpersonen aufhalten oder wo ihr speichern könnt. Letzteres geschieht auf Wunsch sogar automatisch, wobei ihr durch faire Rücksetzpunkte auch nach längerer Zeit ohne Speicherns nie viel wiederholen müsst. Zudem dürft ihr den allgemeinen Schwierigkeitsgrad in vier Stufen an eure Bedürfnisse bzw. Geschicke anpassen und sogar die Spielsprache frei wählen.

Nur Bares ist Wahres

Einen Grund, die deutsche Synchro zu ändern, gibt es allerdings nicht. Ganz im Gegenteil: Die Dialoge sind oft sehr amüsant, die meist bekannten Profisprecher voll bei der Sache und die eingestreuten Dialekte, Akzente und Sprachfehler (u. a. lispelnde Hasen, sächselnde Schildkröten und Frösche mit französischem Tonfall) teils urkomisch. Auch die übrige Soundkulisse glänzt mit satten Effekten und stimmungsvollen Melodien in Dolby Pro Logic II. Atmosphärisch gibt sich auch die mit vielen liebevollen Details ausgeschmückte Spielwelt: Es fällt Laub von den Bäumen, Grashalme biegen sich im Wind,

Autsch, voll erwischt! - Eigentlich sind die Bosskämpfe im Spiel jedoch recht harmlos.
Insekten schwirren durch die Luft, Nebelschwaden ziehen über blubbernde Sümpfe - da sieht man sogar über gelegentliche Slowdowns und Clippingfehler bereitwillig hinweg.

Hört, hört!

Vor den teils gravierenden Kameraproblemen kann man die Augen allerdings nicht verschließen. Gerade in engen Räumen verkommen an sich simple Sprungpassagen trotz manueller Kamerajustierung und zuschaltbarer Ego-Perspektive ärgerlicherweise immer wieder zum frustrierenden Glücksspiel - eine Transparenzfunktion von im Weg befindlichen Wänden hätte hier leicht Abhilfe geschafft. Während des Tests kam es sogar vor, dass Kay allein durch das Drehen der Kamera von einem an sich sicheren Seerosenblatt in einen tödlichen Strudel glitt und ertrank während die Kamera irgendwo im dichten Schilf herumzappelte...     

Kamera auf Abwegen

Allgemein funktioniert die halbautomatische Kameraführung allerdings recht ordentlich und auch die Kollisionsabfrage gibt kaum Anlass zur Kritik.

Fliegende Wegbereiter: Dank solcher Luftbojen könnt ihr euch auch über Abgründe katapultieren. 
Die Bildanpassung ist sogar vorbildlich: Es gibt trotz PAL-Produktion einen 60Hz-Modus und selbst bei 50Hz-Darstellung balkenfreies Vollbild. Schade nur, dass kein Breitbildformat unterstützt wird. Ebenfalls schade, dass es keine kompletten Levelkarten, sondern immer nur zoombare Ausschnitte gibt, so dass man nicht immer weiß, ob man auch in die Richtung geht, wo man eigentlich hin will. Nach einer Weile findet man sich in den Wäldern, Sümpfen, Tempeln und Dörfern Yenchings aber ganz gut zurecht, freut sich über die seltenen und kurzen Ladezeiten und schaut kaum mehr auf die einblendbare Karte.

Volles Bild für PAL-Spieler

Die eingestreuten Schalter- und Objekträtsel erledigt ihr meist im Vorübergehen. Selbst die Bosskämpfe sind meist recht einfach und schnell zu gewinnen. Bei den auch separat spielbaren Wettrennen gegen die Uhr benötigt ihr hingegen oft mehrere Anläufe, bis ihr die Vorgaben und das Ziel heil erreicht habt. Eine nette Abwechslung sind die Wildschweinritte, Drachenflüge oder Bootsfahrten aber allemal,

Aus dem Weg: Mit einem imposanten Rundum-Schlag verschafft sich Kay erst einmal Platz.
auch wenn der Reiz im weiteren Spielverlauf spürbar nachlässt. Ansonsten bekommt ihr grundsolide Hüpf- und Kampfaction geboten, die lediglich durch die seichte Story sowie das mitunter sehr lineare und altbackene Level- bzw. Missionsdesign nicht in Award-Regionen vorstößt. Für einen wirklichen Topptitel hätte es hier mehr Kreativität und Eigenständigkeit gebraucht.

Ich glaub ich reit‘ ein Schwein

Nichtsdestotrotz macht das Baumstumpfgehopse und Tiergeprügel während der zirka 15-stündigen Spielzeit eine Menge Spaß - vor allem die Kämpfe sorgen immer wieder für neue Herausforderungen und spannende Momente ohne dabei unfair zu werden. Zusätzliche Motivation kommt von Zelda-typischen Charakterverbesserungen wie zusätzliche Herz- und Magiecontainer für mehr Lebens- bzw. Zauberenergie, verschiedene Rüstungen und Waffen-Upgrades, wobei sich die Magieanwendung leider auf flächendeckende Blitzattacken beschränkt. Zudem sind in der ganzen Spielwelt bunte Kristalle und bonusträchtige Dämonenportale versteckt,

Wildschwein-Express: Zwischendurch gilt es immer wieder eure Reitgeschicke unter Beweis zu stellen.
die ihr nur mit speziellen Tränken kurze Zeit sichtbar sind. So entdeckt ihr auch beim zweiten Durchspielen immer wieder etwas Neues.

Motivierende Extrahatz

Doch auch abseits des Spiels lassen sich durch hohe Punktzahlen Extras wie Bilder, Charaktermodelle, Musikstücke oder Videos freispielen, wobei Letztere aufgrund ihrer zwangsläufig sehr statischen Comicform Geschmackssache sein dürften. Nicht zu streiten braucht man dagegen über die hübsche, wenn auch teils etwas texturarme Spielgrafik. Die Animationen und Effekte sind überaus sehenswert und mit viel Liebe zum Detail realisiert. Es macht einfach Spaß, Kay durch die Gegend turnen zu sehen. Mimik und Synchro machen den Kung-Fu-Kater selbst für Katzenhasser zu einem Sympathieträger. Die restlichen Charaktere bleiben bis auf wenige Ausnahmen hingegen relativ blass, obwohl nahezu jeder Dialog charmant und individuell vertont wurde.     

Kay als Comicheld

Fazit

Mit Legend of Kay haben die Neon Studios ein gelungenes Action-Adventure abgeliefert, das sich trotz deutlicher Anleihen nicht hinter Zelda & Co zu verstecken braucht. Wer ein leicht zugängliches und dauerhaft motivierendes Hüpfabenteuer mit spaßigen Martial Arts-Elementen sucht, wird bestimmt mehr als zufrieden sein. Auch Umfang, Technik und Präsentation geben nur wenig Grund zur Kritik. Lediglich die Kamera erlaubt sich des Öfteren schwerwiegende Zicken. Ansonsten bleibt der Titel aber stets fair, glänzt mit einer erstklassigen deutschen Synchro und einer liebevoll gestalteten Spielwelt. Um bei den ganz Großen des Genres mitmischen zu können, mangelt es dem sympathischen Kung-Fu-Kater allerdings an Kreativität und Eigenständigkeit. Es wird einfach nichts Neues geboten, die Story bleibt meist farb- und belanglos und auch beim Level- und Missionsdesign hätte man mehr Einfallsreichtum beweisen können. Nichtsdestotrotz bietet Legend of Kay jede Menge unkomplizierten Spaß fürs Geld und macht auf jeden Fall Lust auf mehr.

Pro

  • 60Hz-Modus
  • flotte Ladezeiten
  • eingängige Steuerung
  • viele freispielbare Extras
  • liebevoll designte Spielwelt
  • komfortable Kartenfunktion
  • auflockernde Renneinlagen
  • stimmungsvolle Soundkulisse
  • leicht ermäßigter Verkaufspreis
  • hübsche Animationen & Effekte
  • hervorragende deutsche Synchro
  • vier wählbare Schwierigkeitsgrade
  • faires Speicher- & Rücksetzsystem
  • ausgeklügeltes Kampf- & Combosystem

Kontra

  • flache 08/15-Story
  • banales Magiesystem
  • sehr linearer Spielverlauf
  • stark begrenztes Inventar
  • simple Rätsel & Bossfights
  • teils gravierende Kameraprobleme
  • keine nennenswerten Innovationen
  • gelegentliche Slowdowns & Clippingfehler
  • etwas altbackenes Level
  • & Missionsdesign

Wertung

PlayStation2

Hübsch präsentiertes Martial Arts-Abenteuer aus deutschen Landen.