Constantine - Test, Action-Adventure, PC, XBox, PlayStation2

Constantine
02.03.2005, Jens Bischoff

Test: Constantine

Nach dem Kinofilm zum Comic gibt‘s nun auch das Spiel zum Film. Dieses präsentiert sich als authentisch inszenierter Horror-Action-Cocktail, der wie ein Mix aus Buffy und Max Payne verfeinert mit einer Brise Blade, Soul Reaver und Van Helsing anmutet. Eigentlich eine interessante Rezeptur, aber irgendwie bleibt Constantine (ab 37,61€ bei kaufen) dennoch deutlich hinter seinen unverkennbaren Vorbildern zurück...

John Constantine, seines Zeichens aus der Hölle entflohener und mit übersinnlichen Fähigkeiten behafteter Selbstmörder, hat es nicht leicht.

John oder Max? - Gewisse Ähnlichkeiten mit Max Payne kann Constantine nicht leugnen (PS2).
Der meist schlecht gelaunte und kettenrauchende Antiheld wird aufgrund seines Suizids von Gott abgewiesen und vom Teufel gejagt.Um irgendwann vielleicht doch noch Erlösung zu finden, versucht er sich seit seiner Rückkehr auf die Erde als Dämonenjäger und Exorzist.

Gefangen zwischen Himmel und Hölle

Als eines Tages jedoch ein himmlischer Wächter getötet wird, überschlagen sich die Ereignisse. Die Pforten der Hölle öffnen sich, Halbdämonen beginnen umher zu wandern und es entbrennt ein erbitterter Kampf um ein heiliges Artefakt, das nicht in falsche Hände geraten darf. Mittendrin John Constantine. der durch seine Gabe in der Lage ist, die Handlanger des Teufels aufzuspüren und zurück ins Fegefeuer zu schicken.

Drohende Apokalypse

Dazu greift er auf magische Beschwörungen, heilige Artefakte und gesegnete Waffen zurück, die jeden noch so fiesen Dämon in ein Häufchen Asche verwandeln. Stellt euch Max Payne mit übersinnlichen Kräften vor wie er durch eine Folge von Buffy spaziert und jedem Dämon den Garaus macht. Bullet Time gibt es dabei zwar nur bei schnellen 180°-Drehungen und Zaubersprüchen, aber die Parallelen sind unverkennbar.

Tanzender Riese: Mit em Flammenwerfer bringt John den Behemoth in Verlegenheit (Xbox).
John scheint sogar den gleichen Schneider wie Max zu haben und ob die Waffen nun gesegnet sind oder nicht, macht letztendlich kaum einen Unterschied.

Übersinnlicher Max Payne

Statt Blei und Schrot pump Constantine einfach in Märtyrerblut getränkte Nägel und geweihte Metallgeschosse in seine Gegner. Zudem dürft ihr auf übernatürliche Flammenwerfer, Armbrüste und Artefakte wie einen Lähmungsschreie ausstoßenden Käfer, ein explodierendes Leichentuch oder mit Weihwasser gefüllte Granaten zurückgreifen. Das Spannende am Waffenarsenal ist allerdings die vom jeweiligen Gegner abhängige Durchschlagskraft. Auch die beschworenen Zauber wie Blitzangriff, Insektenplage oder Verwirrung zeigen je nach Zielobjekt unterschiedliche Wirkung.      

Erkenne die Schwachstellen

Um die Schwachstellen der knapp 20 Gegnerarten herauszufinden, solltet ihr durchaus experimentierfreudig sein, ab und an einen Blick in euer stetig anwachsendes Notizbuch werfen oder den so genannten Wahrheitsblick aktivieren.

Auferstanden von den Toten: Die fiesen Bile-Riz-Dämonen nutzen Leichen als Wirte (Xbox).
Mit letzterem könnt ihr allerdings nicht nur besonders verwundbare Körperstellen ausmachen, sondern auch im Dunkeln sehen sowie versteckte Durchgänge enttarnen, was auf der PS2 wegen des stärkeren Unschärfeeffekts teils deutlich schwerer fällt. Zudem hilft euch der geschärfte Blick beim Einsammeln wieder verwendbarer Munition sowie beim Lösen einiger Rätsel.

Der Blick fürs Wesentliche

Gewiefte Kopfnüsse dürft ihr jedoch nicht erwarten. Meist gilt es nur einen geeigneten Schalter bzw. Schlüssel zu finden oder eine Kiste zu verschieben, um weiterzukommen. Manchmal müsst ihr zwar auch in eine höllische Parallelwelt wechseln, um einen Ausweg zu finden, allerdings wurde hier viel Potential verschenkt, da die Dimensionswechsel örtlich fest vorgegeben sind und der Weg aufgrund des strikt linearen Leveldesigns stets offensichtlich ist. Selbst die Aufgaben, bei denen ihr Aktionen in der einen Dimension durchführen müsst, um in der anderen weiterzukommen, sind erschreckend primitiv.

Verschenktes Potential

Die unglaubliche Geradlinigkeit der Levels ist letztendlich auch der größte Kritikpunkt an Constantine, denn jeder Forscherdrang findet bereits an der nächsten Ecke ein jähes Ende. Irgendwie kommt ihr euch fast wie ein Dämonen-jagender Zug vor, der auf Gleisen durch die insgesamt 13 Kapitel rollt und alles eliminiert was irgendwie nach Unterwelt riecht. Einen Vorteil hat die Linearität aber dennoch: Wenn man immer nur einen Weg gehen kann, wirken Zwischensequenzen und Schockmomente meist perfekt platziert.

Bullet Time: Bei Zauberbeschwörungen, müsst ihr in Zeitlupe angegebene Tastenfolgen eingeben (PS2).
Und tatsächlich, wenn es plötzlich eine Glühbirne genau über eurem Kopf zerfetzt, ein Dohlendeckel vor euren Füßen in die Höhe schnellt oder ein gerade passiertes Regal mit lautem Krachen in sich zusammenfällt, zuckt ihr unweigerlich zusammen.

Schockierende Linearität

Auch die Soundkulisse passt sich den gescripteten Ereignissen meist effektiv an. Selbst die durch einen Tempowechsel des Soundtracks geschürte Vorahnung auf eine bevorstehende Dämonenattacke sorgt immer wieder für Anspannung. Merkwürdig jedoch, dass John Constantine zwar das Konterfei von Darsteller Keanu Reeves, aber nicht dessen deutsche Synchronstimme spendiert bekommen hat. Zudem wurden teils ältere Personen mit jugendlich klingenden Sprechern besetzt und umgekehrt. Davon ungeachtet bietet die deutsche Lokalisierung jedoch eine professionelle und teils prominente Sprecherriege auf, die während der vorgerenderten Zwischensequenzen, die sich meist nahtlos ins Spielgeschehen einfügen, durchaus Kinoflair versprüht - vor allem bei der etwas besser abgemischten Dolby Digital-Codierung auf der Xbox.    

Ungewohnte Stimmen

Überhaupt wirkt die Spielwelt sehr authentisch und fast sogar lebendig. Während in der Hölle überall Feuer lodern,  Böden wegbrechen und Objekte durch die Gegend fliegen, brummen in der Realwelt Generatoren, rappeln Waschmaschinen, tropfen Wasserhähne, flackern Lampen, oder gehen Alarmanlagen von Autos los. Dafür hat die Bildrate aber auch immer wieder mit Rucklern zu kämpfen - vor allem auf der PS2, die im Gegensatz zur Xbox-Fassung keinen 60Hz-Modus bietet.

Bitte recht freundlich: Mit dem Wahrheitsblick enttarnt ihr die Schwachstellen der Dämonen (PS2).
Auch die Effekte und Texturen wirken auf der Sony-Konsole einen Tick schwächer. Wirklich störend ist aber nur der verschwommenere Wahrheitsblick. Dafür haben PS2-Spieler jedoch in der Höllendimension eine leicht klarere Sicht und freuen sich über eine ausgereiftere Kollisionsabfrage.

Authentische Präsentation

Während John auf der Xbox nämlich oft Probleme hat mit Gegenständen oder der Spielumgebung zu interagieren, kommen solche Situationen in der PS2-Version nur selten vor. Es kann sogar passieren, dass John auf der PS2 irgendwelche Kisten problemlos mit Hieben und Tritten zertrümmert, an denen er auf der Xbox ständig vorbeischlägt... Damit das im Kampf mit Gegnern nicht passiert, gibt es eine kleine Zielhilfe sowie ein intelligentes Fadenkreuz, das euch stets signalisiert, ob ihr eurem Widersacher auch Schaden zufügt. Die Kombination aus First-Person-Steuerung und Third-Person-Ansicht ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Dafür habt ihr die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsgraden, um eventuelle Koordinierungsschwierigkeiten auszugleichen.

Jetzt triff schon!

Speichern ist übrigens jederzeit möglich. Allerdings wird immer nur der Spielstand vom letzen Checkpoint gesichert, wo ihr auch im Falle eures Ablebens wieder einsteigen dürft. Diese Punkte sind meist fair gesetzt, auch wenn ihr nicht abbrechbare Zwischensequenzen wiederholt über euch ergehen lassen müsst, was vor allem bei nur mit der richtigen Taktik zu meisternden Bosskämpfen immer wieder vorkommt.

Tödliche Gegenüberstellung: Im Zweifelsfall töten die Dämonen einfach alle Verdächtigen (Xbox).
Ansonsten solltet ihr aber nur selten sterben, da Munition meist reichlich vorhanden ist, sich eure magische Energie selbstständig regeneriert und bei dickeren Brocken meist Lebensenergie spendende Wasserbehälter in der Nähe sind.

Auferstanden von den Toten

Auch der vorübergehende Rückzug ist oft eine Alternative. Die Animationen beim Rennen wirken allerdings etwas unbeholfen und lassen Erinnerungen an die stocksteifen Spurts aus Enter the Matrix wach werden. Gesprungen, geklettert und geduckt wird übrigens automatisch, was teils etwas gewöhnungsbedürftig ist. Nur um Gegenstände zu verrücken oder sich durch enge Ritzen bzw. über schmale Brüstungen zu bewegen, müsst ihr einen Aktionsknopf drücken. Meist entdeckt ihr so auch spezielle Items, die euch neue Zauber lehren oder eure maximale Lebens- bzw. Zauberenergie erhöhen. Ansonsten sind in den Spielabschnitten auch noch Dutzende Tarotkarten versteckt, mit denen ihr Extras wie Artworks, Storyboards, Charaktermodelle oder Interviews freischalten könnt.    

Ein Stock im Allerwertesten?

Fazit

Inszenierung und Dramaturgie von Constantine sind durchaus gelungen - auch wenn John Constantine nur wie Keanu Reeves aussieht, aber aufgrund fremder Synchronstimme nicht so spricht. Noch gewöhnungsbedürftiger ist allerdings die mitunter hakelige First-Person-Steuerung bei verwendeter Third-Person-Spielansicht sowie die gerade in der Xbox-Fassung recht bockige Kollisionsabfrage. Geradezu ärgerlich ist aber die strikte Linearität des Titels, die euch trotz Dimensionsspringerei wie auf Gleisen durch die 13 Spielkapitel schleust. Der Umfang geht hingegen in Ordnung und bietet dank verschiedener Schwierigkeitsgrade sowie zahlreicher freispielbarer Boni durchaus einen gewissen Wiederspielwert. Die je nach Gegnerart unterschiedlich effektiven Waffen und Zauber verleihen der geradlinigen Dämonenjagd sogar eine taktische Note. Trotzdem bleibt unterm Strich leider nicht mehr als ein übersinnlich angehauchter, aber spielerisch eintöniger Max Payne-Verschnitt mit erdrückend engem Levelkorsett.

Pro

  • 60Hz-Modus (Xbox)
  • authentische Spielwelt
  • prickelnde Soundkulisse
  • gut getimte Schockmomente
  • stimmungsvolle Zwischensequenzen
  • reichlich freispielbares Bonusmaterial
  • Gegner mit individuellen Schwachstellen

Kontra

  • plumpe Rätsel
  • eintöniger Spielverlauf
  • unglaublich lineares Leveldesign
  • keine Original-Synchronstimmen
  • gewöhnungsbedürftige Steuerung
  • teils bockige Kollisionsabfrage (Xbox)
  • nicht abbrechbare Zwischensequenzen
  • nur schemenhafter Wahrheitsblick (PS2)

Wertung

XBox

PlayStation2

Hübsch inszenierter, aber extem linearer Horror-Action-Mix zur Comicverfilmung.