Polarium - Test, Logik & Kreativität, NDS
Spiele für die Ewigkeit wachsen nicht einfach auf Bäumen, dazu braucht es schon sehr besonderer und sehr seltener Zutaten. Tetris demonstriert sehr schön, wie so etwas auszusehen hat: Ein ebenso einfaches wie fesselndes Bauklotzprinzip, welches nicht auf Technik, sondern auf Timing und Knobelspaß basiert. Eine wahre Flut von Klonen zeigt auf der anderen Seite ebenso klar, dass ein einfaches Kopieren bestehender Werke nicht zur Unsterblichkeit führt. Polarium ist ein Titel, der auf den ersten Blick wie ein Mitschwimmer auf der scheinbar nie abebben wollenden Klötze-Welle wirkt. Auf den zweiten Blick hingegen dämmert einem schnell, dass man es hier mit einem neuen Meilenstein zu tun haben könnte.
Ein neues Tetris?
Der Taktik-Modus ist die Kopfraucher-Variante für Schachspieler: Hier sitzt kein Zeitdruck im Nacken, statt dessen müsst ihr vorgefertigte Puzzlefelder mit nur einem Zug abräumen. Auch hier beginnt das Spiel gemächlich, die Kopfnüsse ziehen aber nach einigen Runden erheblich ab. Oft genug sitzt man am Stylus kauend vor dem Screen, denkt sich »Wie zum Teufel soll das gehen? Das kann doch nie und nimmer funktionieren!!« und probiert wieder und wieder aus – doch hat man die Lösung schließlich gefunden, könnte man kaum zufriedener sein, jedenfalls bis zum nächsten Level. Dieser Spielmodus erinnert sehr an klassische Hirnverrenker wie »Kwirk« oder »Sokoban«, teilt sich aber auch deren Problem: Kennt man ein Mal die Lösung, stellen die Puzzles kein Hindernis mehr dar. Aber man kann sich ja auch selbst das Leben schwer machen: Der integrierte
Leveleditor erlaubt das kinderleichte Malen eigener Karten, die in einem langen Zahlencode gespeichert werden, und sich so auch an Freunde verteilen lassen.Qualmende Gehirne
Aber denen kann man ja auch im »Kampf« ans Leder: Der Wireless-Mehrspielermodus erfordert nur ein Polarium-Modul, und weckt erneut Erinnerungen an Tetris. Was ihr bei euch an Reihen abräumt, erscheint beim Gegner. Falls euer Kontrahent noch nichts mit dem Spiel anfangen kann, lasst ihr ihn entweder das umfassende Tutorial durchspielen, oder schickt ihm einfach eine Demo auf seinen DS – dann hat er, bis er seinen Handheld ausschaltet, nicht nur zehn Kopfnüsse, sondern auch die Anleitung bei sich.
Grafisch ist Polarium ungefähr auf dem Stand eines Sinclair Spectrum: zweifarbige Felder, minimale Effekte, ein ausgesprochen hässlicher Font – nun gut, Tetris war ja auch noch nie eine Augenweide. Während euer Gehirn malträtiert wird, begleiten euch spacige, fast schon hypnotische Musik sowie spröde Effekte. Die Steuerung via Touchpad ist praktisch und gut – Digipad und Buttons werden nicht gebraucht. Das einzige wirklich misslungene an dem Spiel ist die Übersetzung: Der Editor heißt »Ändern«, ein gelungenes Puzzle wird mit »Level Gut!« quittiert – nun ja.
Wolle Rose kaufe?
Fazit
Ist Polarium ein zweites Tetris? Nein, wie auch - das hat ja nicht mal »Tetris 2« geschafft! Ist Polarium ein gelungenes Knobelspiel? Aber hallo! Wie oft passiert es wohl, dass gestandene Redakteure mit funkelnden Augen wie Geier um meinen Schreibtisch kreisen, und Bemerkungen wie »Sag mal, brauchst du den DS gerade noch?« oder »Du willst doch jetzt eigentlich etwas ganz anderes spielen, stimmt’s?« fallen lassen? Polarium ist ein Stundenfresser erster Kajüte, ein Gehirnverknoter klassischer Sorte – und ein überdeutlicher Beweis dafür, dass ein Game nicht gut aussehen muss, um fesselnd zu sein. Allerdings fehlt ihm die Zugänglichkeit eines Tetris oder Zoo Keeper: Hier ist nicht einfach so drauflos zocken angesagt, es gibt viele Feinheiten zu beachten – das prädestiniert Polarium mehr für den grübelnden Studenten als für den Gelegenheitsspieler. Doch egal welcher Gruppe ihr angehört: Gebt dem Game eine Chance, selbst wenn ihr normalerweise nur Grafikmonster spielt. Ihr werdet es nicht bereuen!
Pro
- + süchtig machendes Spielprinzip+ mehrere Spielvarianten+ einfache Steuerung+ atmosphärische Musik+ nur ein Modul für Mehrspielermodus benötigt+ Baukasten für eigene Puzzles beiliegend+ hoher Wiederspielwert+ umfassendes Tutorial+ beiliegende Demo zum Wireless-Versand
Kontra
- - technisch sehr veraltet- Taktik-Modus nicht sehr langlebig- mäßige deutsche Texte- rapide ansteigender Schwierigkeitsgrad