Die Siedler: Das Erbe der Könige - Nebelreich - Test, Taktik & Strategie, PC

Die Siedler: Das Erbe der Könige - Nebelreich
05.04.2005, Marcel Kleffmann

Test: Die Siedler: Das Erbe der Könige - Nebelreich

Das Erbe der Könige spaltete die Siedler-Nation. Die Fans der alten Teile trauerten vielen fehlenden Features hinterher, die die Serie so einzigartig gemacht hatten. Stattdessen führten die Entwickler ein neues Konzept ein, das besonders Einsteiger verführen sollte. Jetzt steht mit dem Nebelreich das erste Add-On in den Startlöchern. Werden beide Lager jetzt versöhnt?

Am Ende von Das Erbe der Könige habt ihr zusammen mit Held Dario das Reich von den bösen Schergen befreit. Kurzum

Heldin Yuki in der Nahaufnahme.
bestieg Super Dario den Thron und Frieden kehrte ein. Statt die kleinen ökonomischen Probleme zu lösen, macht sich der Held jetzt auf, die streikenden Arbeiter an der Nhern-Brücke zu motivieren. Diese Baustelle ist nämlich Chefsache, da sie in die sagenumwobenen alten Länder Hen Brughs führt. Aber warum der Unmut? Die Angst geht um: Am anderen Ufer warten sonderbare, in Nebel gehüllte Schatten. Ein Angriff steht bevor, die Siedler zittern, also müsst ihr einschreiten…

Angst geht um

Die Erweiterung entfesselt zehn umfangreiche Schlachten gegen die Nebelwesen und spendiert sowohl neue Einheiten als auch tapfere Helden: Da wäre z.B. Yuki, die Ninjasterne werfen und mit fernöstlichen Kampftricks auftrumpfen kann. Ihr Gegenteil ist Drake, der sich gerne in lustige Kapuzen hüllt und als Scharfschütze mit Bleipuste und Zielfernrohr auf die Jagd geht. Außerdem tritt mit Kala noch die fanatische Anführerin des Nebelvolkes auf: Sie bevorzugt als finstere Hexe besonders Gift-Magie.

Angriff der Nebelkrieger

Grafisch zeigt das Spiel alte Stärken: Die hübsche Mittelalter-Kulisse überzeugt mit verregneten Sumpflandschaften, kargen Lagern und vielen Lagerfeuern. Neues gibt`s an der Technologiefront: Mit "Fernglas" könnt ihr die Taverne errichten und dort Diebe rekrutieren. Diese Langfinger schleichen ungesehen ins gegnerische Lager, klauen dort Rohstoffe oder sprengen Gebäude. In der Taverne findet ihr außerdem den Kundschafter, der im Stand enorm weit guckt, Fackeln aufstellen kann und auf die nächsten Ressourcenstandorte deutet - sehr nützlich.

Das Erbe der Könige bot nur eine spartanische Auswahl an Truppentypen. Hier schafft das Add-On ein etwas Abhilfe dank der Scharfschützen: Sie verursachen viel Schaden über große Distanz, müssen dafür aber lange nachladen. Diese Fernkämpfer gibt es in den obligatorischen Ausbaustufen "leicht" und "schwer". Gebaut und verbessert werden die Sniper übrigens in der brandneuen Büchsenmacherei. Trotz dieser neuen Truppen ist das Kampfsystem noch immer viel zu simpel gestrickt - es gibt einfach zu wenige unterschiedliche Einheiten.

Etwas mehr Kampfvielfalt

      

Während ihr im Hauptspiel auf den Einbruch des Winters warten musstet oder ihr ihn mit der Maschine selbst herbeigeführt

Die neuen Landschaften sind deutlich finsterer.
habt, könnt ihr jetzt auch im Sommer über einen Fluss gelangen: mit Hilfe einer Brücke. Solch ein Bauwerk eröffnet neue strategische Möglichkeiten, um vorher unzugängliche Ressourcen zu erschließen oder die militärische Situation zu verändern. Aber diesen wirklich guten Ansatzpunkt haben die Entwickler nicht konsequent genug genutzt, da ihr sie nur an vorgegebenen Stellen errichten könnt. Dies schränkt natürlich die taktischen Möglichkeiten ein, ist aber im Rahmen der Kampagne ein netter Zusatz. Um eine Brücke zu errichten benötigt ihr zunächst einen Architekten, der einen individuellen Plan anfertigt und statistische Berechnungen anstellt. Erst dann beginnt das verdammt teure Bauprojekt sowie die ewig lange Anschaffung von Steinen. Zerstören könnt ihr diese Bauwerke natürlich ebenfalls, z.B. durch Diebe.

Stein um Stein: Brückenbau

Die neuen Einheiten, Gebäude und Brücken setzt ihr vornehmlich in der zehn Missionen währenden Kampagne ein. Dieser Feldzug wird über einer recht durchschnittliche, teilweise aber überraschende Story erzählt - alles über kleine Zwischensequenzen in Spielgrafik. Hier geht aber ein Funken der Atmosphäre verloren, da die Gespräche alles andere als fließend sind und nach einem Sprachsample oft eine unnötige Pause folgt, bevor der nächste Charakter spricht - besonders irritierend sind diese Pausen bei eiligen Botschaften. Die Sprachausgabe ist so lala: Während Kalkofe nach einer kurzen Einführung seinen Ausstand feiert, kommt ein neuer Mentor zu Wort, der seine Aufgabe ganz gut macht. Die anderen Stimmen sind durchaus in Ordnung, obwohl die Motivation der Sprecher manchmal zu wünschen übrig lässt.

Die Kampagne ist sehr umfangreich, denn es gibt mehrstufige Aufgaben. Während eines laufenden Einsatzes ändern sich oft die Ziele oder es kommen weitere Unterpunkte hinzu - wirklich schön und anspruchsvoll gemacht; hier ist richtig Leben im Spiel. Erkundungslustige Siedler finden auf den Karten übrigens einige nette Nebenquests mit hübschen Belohnungen. Im Einzel- und Multiplayer-Modus gibt es zudem reichlich neue und gute Karten. Reichen diese nicht aus, könnt ihr zum Editor greifen und eigene Szenarien erstellen - sogar mit komplexen Skripts.

Epische Kampagne

Solche Brücken können leider nur an bestimmten Orten gebaut werden.
Das Konzept haben die Entwickler jetzt mehr in Richtung Kampf verlagert: Das böse Nebenvolk ist aggressiv und verlangt häufig, dass der Spieler in entsprechender Zeit reagiert - natürlich mit nervenden Countdowns! Somit dürft ihr euch, vor allem in der Startphase, nicht beim Aufbau der Siedlung verzetteln, sondern müsst sofort eine Armee aufstellen, um gegen Übergriffe gewappnet zu sein. Dies lässt logischerweise den Schwierigkeitsgrad in der Kampagne ansteigen, so dass Einsteiger durchaus ins Schwitzen kommen.

Trotz der Vormachtstellung des Kampfes kommt es an vielen Stellen in der Kampagne zu Leerlauf, weil das Aufbausystem zu wenig Tiefe bietet und das Kampfsystem längst nicht so umfangreich ist, dass es über längere Zeit motivieren könnte. Es fehlt einfach das gewisse Etwas, das die vorherigen Siedler-Teile hatten und der Wusel-Faktor inklusive Knuddel-Animationen ist ja bekanntlich nur verkümmert enthalten.   

Unausgegorene Mischung

Fazit

Hat euch Die Siedler: Das Erbe der Könige gefallen? Seid ihr mit den schweren Einsätzen am Ende der Kampagne klargekommen? Nur wenn ihr diese beiden Fragen mit einem klaren "Ja" beantworten könnt, ist das Nebelreich eine lohnende Investition. Die neuen Missionen richten sich an die fortgeschrittenen Spieler, denn die Kampf-Fokussierung schraubt den Schwierigkeitsgrad in die Höhe. Außerdem müsst ihr euch mit den Spezialfähigkeiten der Helden fast blind auskennen, um siegreich zu sein. Leider krankt das Kampfsystem weiterhin an monotonen Schlachten, da es einfach zu wenige Truppentypen gibt. Richtig gelungen sind die zehn Missionen mit ihrem verschachtelten Ablauf - das ist deutlich besser als im Hauptprogramm. Auch die Brücken sind eine gute Neuerung, die aber leider nur an vorgefertigten Plätzen möglich ist; hier hätte man mehr Freiheit bieten müssen. Weitere neue Einheiten oder ein Upgrade des Aufbausystems hätten auch nicht geschadet, denn es kommt immer noch zu unnötigen Pausen in den Einsätzen. Kurzum: Fans der Neu-Siedler können zuschlagen, enttäuschte Alt-Siedler sollten die Finger davon lassen.

Pro

  • zehn umfangreiche Missionen
  • gut gestaltete Karten
  • mehrstufige Einsatzziele
  • neue Helden fügen sich gut ein
  • Diebe & Kundschafter sorgen für neue Strategien
  • Brücken können gebaut werden…
  • schöne Landschaften
  • neue Karten für Single- und Multiplayer
  • umfangreicher Editor

Kontra

  • vergleichsweise hoher Schwierigkeitsgrad
  • unausgegorener Aufbau
  • und Kampf-Mix
  • viel zu schlichtes Kampfsystem
  • Leerlauf in den Missionen
  • Brücken nur an festgelegten Stellen
  • durchwachsene Sprachausgabe
  • Zwischensequenzen mit Sprach-Defiziten
  • umständliche Steuerung der Helden

Wertung

PC