Moto GP 4 - Test, Rennspiel, PlayStation2

Moto GP 4
16.06.2005, Michael Krosta

Test: Moto GP 4

Neben TT-Superbikes von Jester Interactive bekommen PS2-Motorradfahrer noch eine weitere Gelegenheit, sich auf den Sattel zu schwingen und Gas zu geben. Namco schickt die dritte Fortsetzung der MotoGP-Serie ins Rennen, die im Vergleich zu den Vorgängern mit einigen Neuerungen aufwarten kann. Reicht es für die Pole Position?

Damit keine Missverständnisse entstehen: Rund um die FIA Motorradweltmeisterschaft MotoGP existieren zwei Spieleserien. Während THQ demnächst den dritten Teil für PC und Xbox auf den Markt bringen wird und den Schwerpunkt dabei eindeutig auf Simulation legt, zeichneten sich die bisher drei erschienenen Spiele von Namco vor allem durch ein arcade-typisches Gameplay aus. Daran ändert sich auch im aktuellen Teil nichts und so ist das Fahrverhalten selbst im Simulationsmodus

Die Replays werden wieder prima inszeniert.
noch vergleichsweise gutmütig, auch wenn das Hinterrad in Kurven bei zu starker Beschleunigung schon mal wegrutschen oder zu starkes Abbremsen zu einer wackeligen Angelegenheit werden kann. Ebenso sollten Ausflüge neben die Strecke in diesem Modus vermieden werden, da ihr beim kleinsten Häufchen Dreck schon stürzt – und das auch bei niedrigen Geschwindigkeiten, was doch etwas übertrieben erscheint. Auf der anderen Seite haben Rempeleien mit euren Biker-Kollegen kaum Folgen, so dass ihr selbst mit hoher Geschwindigkeit in den Fahrerpulk rasen und andere Rennteilnehmer als Bande oder Bremse missbrauchen könnt – für einen Simulationsmodus nicht gerade realistisch. Aber das war ja noch nie die große Stärke der Serie, bei der der unkomplizierte Fahrspaß schon immer im Vordergrund stand. Die präzise Analogsteuerung wurde praktisch 1:1 aus den Vorgängern übernommen, so dass ihr die PS-starken Zweiräder nach wie vor gut kontrollieren könnt, zumal der Anspruch bzgl. Fahrphysik ja nicht so hoch ausgefallen ist und ihr zusätzlich einen Bremsassistenten aktivieren könnt

Arcade und Simulation

Im Arcademodus legt ihr einfach Strecke, Fahrer und Rennbedingungen (z.B. Wetter, Motorradeinstellungen) fest und fahrt drauflos, wobei ihr euch in der Regel vom letzten Startplatz nach vorne arbeiten müsst. Neu dabei ist der so genannte Tumult-Modus, der dafür sorgt, dass die Fahrer Seite an Seite in die Kurven einfahren und es entsprechend eng zur Sache geht. Allerdings hätte sich Namco diesen zuschaltbaren Modus besser gespart, da euch in dem Gedränge eh nichts passieren kann und der Tumult dadurch schnell an Reiz verliert. Hinzu kommt, dass die Framerate bei den vielen Gegnern auf dem Bildschirm zu stark in die Knie geht und das Rennerlebnis merklich trübt - noch schlimmer wird es, wenn ihr zusätzlich für nasse Witterungsbedingungen sorgt, bei der die Ruckelorgie schon vorprogrammiert ist. Ohne den künstlich geschaffenen Tumult läuft das Geschehen jedoch wie gehabt flüssig und flott über den Bildschirm (und das auch im 16:9-Format), auch wenn die Grafik immer noch serientypisch starkes Kantenflimmern aufweist. Dennoch sehen die real nachmodellierten Motorräder und Fahrer mit ihren geschmeidigen Animationen klasse aus. Neu ist die gelungene Helmperspektive, die besonders bei Regen mit nassem Visier beeindruckt - auch wenn sie das Fahren 

In der neuen Helmperspektive verschmutzt das Visier und ihr müsst die Folie abziehen.
nicht so einfach macht wie mit Innen- oder Außenansicht. Witziges Feature am Rande: Während der Fahrt verschmutzt das Visier immer mehr und ihr könnt auf Knopfdruck die Folie abziehen, um wieder für klare Sicht zu sorgen. Der Arcademodus ist mit den anfänglich 16 Rennstrecken und drei Schwierigkeitsgraden ziemlich schnell vorbei und eignet sich generell eher für Rennen zwischendurch oder das Sammeln von Punkten, die im Fahrerlager in den Kauf von Fahrern (darunter Legenden wie Mick Doohan oder Kevin Schwantz), Motorrädern, Filmchen und andere Goodies investiert werden können. Wer sich dagegen länger mit dem Spiel beschäftigen will, findet seine Berufung im Karrieremodus, in dem ihr eine Saison nach der anderen absolviert, bis ihr endlich von einem Top-Team für die MotoGP-Serie angeheuert werdet. Zunächst müsst ihr euch jedoch mit kleineren und leistungsschwächeren Maschinen begnügen, denn Namco hat erstmals auch die original 125cc- und 250cc-Klasse neben den 500cc-MotoGP-Maschinen ins Spiel integriert und bietet jetzt alle 77 Fahrer und 39 Teams der Saison 2004, die sich auf den 16 lizenzierten Originalrennstrecken packende Rennen liefern. Prinzipiell eine gute Sache, doch wirken die niedrigeren Klassen verglichen mit den flotten 500cc-Monstern ziemlich lahm und stellen sogar im Simulationsmodus kaum Anforderungen an den Spieler. Selbst wenn ihr die Stabilität in den Motorradeinstellungen vernachlässigt, könnt ihr praktisch aus jeder Kurve heraus mit Vollgas beschleunigen, ohne Angst haben zu müssen, dass euch die Maschinen ausbrechen – deshalb sind die 125er- und 250er-Rennen insgesamt etwas langweilig ausgefallen.      

Karriere in der MotoGP

Schwieriger wird’s erst in der höchsten Klasse, doch könnt ihr im neuen, umfangreichen Trainingsmodus viele Tipps und praktische Erfahrungen sammeln, wie ihr die PS-Power der Bikes bändigen und die Streckenführung optimal ausnutzen könnt. Also ab auf die Maschine, zieht am Gasstrang und freut euch 

Im Tumult-Modus geht es eng zur Sache - leider zu viel für die Grafikengine.
neben dem guten Geschwindigkeitsgefühl auf satte Motorengeräusche, die vor allem bei den stärkeren Zweirädern gut rüberkommen und im Surround-Sound durch die Boxen röhren. Dazu gibt es wieder treibende Soundtracks, die zwar nicht ganz die Klasse der Vorgänger erreichen, aber die Action passend untermalen.

Während der Saison bekommt ihr immer wieder die Möglichkeit, neue Teile zu testen, mit denen ihr euer Zweirad tunen könnt. Diese Tests laufen nach dem gleichen Prinzip ab wie bei den jüngsten Teilen der Colin McRae-Reihe: Euch wird ein neues Teil angeboten (z.B. Bremse, Rahmen, Motor etc.) und ihr müsst die neuen Upgrades meistens unter Zeitdruck erfolgreich testen, um sie in zukünftigen Rennen einsetzen zu können. Eine schöne Idee, auch wenn die Neuerungen zumindest in den niedrigeren Klassen kaum ins Gewicht fallen.

Zweirad-Tuning

Ihr wollt eine Herausforderung? Prima, in MotoGP4 bekommt ihr gleich 125 davon, denn der aus den Vorgängern bekannte Herausforderungsmodus ist auch wieder mit dabei und hat viele Belohnungen wie neue Strecken, Bikes und Fahrer in petto, wenn ihr diverse Ziele erreicht. Diese reichen von Erfolgen in Saison, Arcade oder Zeitfahren bis hin zu speziell für diesen Modus angelegten Leitkegelstrecken und Duelle gegen Profi-Fahrer. Auf jeden Fall werdet ihr einiges zu tun haben, wenn ihr alles abschließen wollt.

Im Sinne der Langzeitmotivation

Eine der wichtigsten Neuerungen in MotoGP 4 betrifft die Mehrspieler-Modi: Schließt ihr ein Multi-Tap an, dürft ihr mit bis zu vier Fahrern im

Neben Rennen im Splitscreen dürft ihr euch auch im LAN und Online mit anderen Fahrern messen.
Splitscreen gegeneinander antreten. Da hier der Bildschirmausschnitt nicht gerade groß ausfällt, habt ihr auch die Möglichkeit, bis zu acht Konsolen via LAN zu vernetzen und auch online dürft ihr euch erstmals spannende Rennen liefern und dabei auch mit anderen Fahrern mittels Headset kommunizieren. Namco hat sich wahrlich viel Mühe bei den LAN- und Onlinemodi gemacht: Es stehen viele Veranstaltungen zur Auswahl, die von einfachen Einzelrennen über 1:1-Duelle bis hin zu ganzen Rennserien und einer kompletten Saison reichen. Um die Rennen bis zur letzten Kurve spannend zu gestalten, aktiviert ihr einfach die Handicap-Funktion, mit deren Hilfe weit zurück liegende Fahrer schnell wieder zu den Führenden aufschließen können. Damit es dennoch fair zugeht, werden Abkürzungen auf Wunsch mit der schwarzen Flagge (und damit der Disqualifikation) bestraft. Ebenfalls gut: Bekommt ihr keine acht Mitspieler für eine Veranstaltung zusammen, dürft ihr die noch offenen Plätze mit CPU-Fahrern in drei Schwierigkeitsgeraden besetzten. Genau so muss ein Onlinemodus bei einem Rennspiel aussehen!  

Online-Raserei

    

Fazit

MotoGP 4 ist dank der neuen und gelungenen Multiplayer-Modi ohne Zweifel der beste Teil der Serie. Auch der Umfang wurde mit der Integrierung der 125cc- und 250cc-Klassen noch mal erweitert, doch gestalten sich die Rennen hier selbst unter Simulationsbedingungen als zu einfach und damit langweilig. Das größte Manko ist neben der kaum verbesserten Flimmergrafik aber nach wie vor die Kollisionsabfrage: Es ist einfach lächerlich, dass man mit 200 Sachen in einen Fahrerpulk rasen kann und nichts passiert, während man selbst bei niedrigen Geschwindigkeiten vom Sattel fällt, wenn man nur minimal die Grünflächen berührt. Hier sollte Namco beim nächsten Teil auf jeden Fall etwas mehr Sorgfalt walten lassen. Auch die Ideallinien-KI ist noch lange nicht das Gelbe vom Ei, geht selten aggressiv vor und lässt sich viel zu einfach überholen. Dennoch ist der Titel für Motorradliebhaber auf der PS2 erste Wahl – auch mangels ernsthafter Konkurrenz. An die gleichnamige Serie von THQ reicht der Namco-Titel dennoch nicht heran und wird Freunde von realistischen Simulationen nur bedingt ansprechen. Wer dagegen Arcade-Rennen bevorzugt, kann mit MotoGP 4 nicht viel falsch machen.

Pro

  • MotoGP-Lizenz mit allen Fahrern, Teams & Maschinen aller Klassen
  • flotte, meist ruckelfreie Grafik
  • 16:9-Format
  • guter Surround-Sound
  • viele Herausforderungen & Extras
  • schick inszenierte Replays
  • 21 Motorräder auf der Strecke
  • neue Helm-Perspektive
  • Tuning
  • ausreichendes Setup
  • gute Fahrschule
  • gelungene Mehrspieler-Modi (+Online)

Kontra

  • Flimmergrafik
  • langweilige 125cc & 250cc-Klasse
  • kaum Simulationsaspekte
  • Slowdowns im Tumult-Modus
  • z.T. fragwürdige Kollisionsabfrage
  • durchschnittliche KI

Wertung

PlayStation2