Battlefield 2 - Test, Shooter, PC

Battlefield 2
24.06.2005, Paul Kautz

Test: Battlefield 2

Battlefield 1942 kam vor knapp drei Jahren aus dem Nichts und räumte mit einem gewaltigen Knall ab: So einen kompromisslos auf Teamarbeit getrimmten Online-Shooter hat es zuvor nicht gegeben. Die Spieler stürzten sich in Massen auf die Schlachtfelder des Zweiten Weltkrieges, die sie nicht nur zu Fuß, sondern auch am Steuer diverser Vehikel durchpflügen durften. Nach zwei Add-Ons und einen in Vietnam spielenden Nachfolger steht jetzt die moderne Kriegsführung auf dem Tagesplan. Gewöhnliche Routine oder packende Fronteinsätze?

Es gibt Games, die lassen sich selbst und dem Spieler viel Zeit. Zeit zur Besinnung im Allgemeinen. Zeit, um über das Leben und das Universum nachzudenken. Zeit, sich die Nägel zu feilen. Battlefield 2 (ab 21,91€ bei kaufen) ist so ein Spiel: Wie schon die Vorgänger hat es

Die Landschaftsdarstellung ist sehr gelungen, hat aber ihren Preis.
Systemanforderungen frisch aus der Hardwarehölle, speziell im RAM-Bereich. Selbst mit einem Gigabyte schnellem DDR-Speicher dauert das Laden einer Karte zwischen zwei und vier Minuten - u.U. sogar noch länger.

Alle Zeit der Welt

Das Spielprinzip bleibt auch in der neuen Version unangetastet: Zwei Teams, eine große Karte, allerlei Flaggen, die es zu erobern gibt. Seid ihr in der Nähe einer gegnerischen Flagge, sinkt sie langsam den Fahnenmast hinab, bevor kurz danach euer eigenes Banner hinaufsteigt - zack, habt ihr einen Stützpunkt eingenommen, und der Gegner verliert so genannte »Tickets«. Das sind nichts weiter als Teampunkte, die umso schneller dahin schwinden, je mehr Fahnen die Gegenseite erobert hat. Wer zuerst Null Punkte hat, hat verloren - so einfach ist das. Darauf beschränkt sich das Vergnügen, denn weitere Modi gibt es dieses Mal nicht. Das spielt allerdings auch keine übermäßig große Rolle, denn Battlefield war von Anfang an auf Teamarbeit ausgelegt. Und so kommen auch hier einsame Wölfe kaum zum Schuss, Einzelgänger sind Kanonenfutter. Kluges Vorgehen, speziell beim Einsatz der Fahrzeuge, ist das A und O.

Die Levels bieten vom innerstädtischen Nahkampf bis zum Helikopter-Abschussfest viel Abwechslung.
Der Commander in mir

Als überflüssigen Story-Rahmen hat Entwickler Digital Illusions den fiktiven Krieg zwischen den USA, China und dem mittelöstlichen Terror-Konglomerat MEC erfunden, der in naher Zukunft spielt. Jede Partei verfügt über die gleichen sieben Grundeinheiten wie Scharfschütze, Panzerabwehr oder Sanitäter, bietet aber unterschiedliche Waffen und Vehikel. Die sind zwar ebenfalls in ihrer Basisfunktion (Jeep, Helikopter, Schlauchboot, Jagdflugzeug, Panzer bzw. Pistole, MG, Scharfschützengewehr oder Panzerabwehrrakete) gleich, steuern sich aber leicht unterschiedlich bzw. haben andere ballistische Werte. Allerdings ist das Spiel weit von einer Simulation entfernt: Die Steuerung der Vehikel ist trotz aller fordernden Ansätze bei Helikoptern oder Senkrechtstartern immer noch sehr arcadig, das Waffenverhalten manchmal schwer nachzuvollziehen. Mit einigen Kalibern (z.B als Spezialeinheit auf US-Seite oder mit dem M16A2 des Sanitäters) trifft man wirkungsvoller als mit dem Scharfschützengewehr, welches ziemlich schwach wirkt - meist muss man ein Ziel zwei bis drei Mal erwischen, bevor man den Kill-Punkt kassiert.

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Die beiden wichtigsten Neuerungen betreffen den Commander-Modus und das Bilden von Squads. Ersterer erinnert an die Variante in Wings Simulations Söldner: Ihr bewerbt euch per Tastendruck um den Posten und werdet dann von den restlichen Mitspielern basisdemokratisch gewählt. Sitzt ihr im bequemen Commander-Sessel, erblickt ihr das gesamte Spielfeld aus der Vogelperspektive. Jetzt könnt ihr das Schlachtfeld scannen, Artillerieschläge anordnen, einen kurzen Gebietsradar aktivieren oder Nachschub an die Front schicken - einmal ausgeführt benötigt jede Anweisung etwas Zeit, um sich wieder
Als Commander habt ihr den Level von oben im Griff.
aufzuladen. Die Hauptaufgabe des Commanders ist jedoch die Kommunikation mit den Spielern sowie die Kontrolle der Squads. Das sind einem Gruppenleiter unterstellte Teams, die man bilden oder zu denen man eingeladen werden kann. Als Squad-Mitglied könnt ihr z.B. Artillerieschläge oder Nachschub beim Commander anfordern - hier greift eins ins andere, eine funktionierende Kommunikation ist das A und O. Denn falls der Commander seinen Job mies macht, kann er auch wieder gefeuert werden. Außerdem sollte das Hauptquartier vor etwaigen Anschlägen geschützt werden: Vernichtet der Gegner z.B. die Artilleriegeschütze oder die Radaranlage, ist der Befehlsführer nur noch bedingt zu gebrauchen - in diesem Fall sollte schnellstens ein Ingenieur mit einem passenden Werkzeug zur Stelle sein&                     

Battlefield 2 kommt von der reinen Spielermenge nicht an Joint Operations heran – statt bis zu 100 Spieler tummeln sich hier maximal 64 Kämpfer auf dem Schlachtfeld, was für aufregende Scharmützel aber mehr als genug ist. Kämpft ihr nur 16 oder 32 Mann hoch auf den Servern, passt sich die Kartengröße automatisch an – das erspart im fahrzeuglosen Fall die unendlich 

Klaustrophobisch: Der Panzer bietet nur ein kleines Sichtfenster.
scheinenden Fußmärsche der Vorgänger. Das Programm liefert zwölf toll designte Karten mit, die von bewaldeten Hügeln über dicht besiedelte Innenstädte bis hin zu vielen kleinen Inseln viel Abwechslung bieten. Um die kennen zu lernen bietet sich der »Singleplayermodus« an, der im Grunde dasselbe Spielerlebnis auftischt – nur mit Bots in drei Schwierigkeitsstufen. Und obgleich die KI-Kameraden ihren Vorgängern intelligenzmäßig weit überlegen sind, verliert das Spiel hier naturgemäß erheblich an Reiz, und taugt wirklich nur zum Warmwerden. Eine Art Tutorial bringt euch mit eingeblendeten Texten und deutscher Sprachausgabe die speziellen Eigenheiten von der Fahrzeug-Kontrolle bis zum Commander-Modus näher.

Massenschlachten ahoi!

Um den Teamaspekt noch weiter zu unterstreichen, werden jetzt auch unterstützende Aktionen belohnt: Schießt ihr z.B. einen Gegner an, der von einem anderen Spieler erledigt wird, bekommt ihr trotzdem einen Teil der Punkte gutgeschrieben – ebenso wird verfahren, wenn ihr am Flaggenholen beteiligt seid. Ihr könnt Teamkillern verzeihen, wenn ihr die Vermutung habt, dass der Kill unbeabsichtigt war, außerdem wird jede eurer Aktionen akribisch genau in globalen

Verschiedene Ansichten erleichtern z.B. das Manövrieren der Helikopter.
Statistiken verwaltet, die ihr von »BFHQ«, dem zentralen Ausgangsmenü, einsehen könnt. Darüber hinaus werdet ihr für gelungene Aktionen belohnt und steigt so im Rang auf. Das dient nicht nur der eigenen Freude, sondern bringt euch auf Dauer sogar freispielbare Waffen oder neue Fahrzeug-Skins. Leider gibt es keine »Friendlist« zum einfachen Verwalten der Ballerbrüder. Darüber hinaus hat der Ingame-Browser, der euch die verfügbaren Mehrspielerpartien auflistet, noch die eine oder andere Macke: Wählt ihr z.B. einen Server mit hohem Ping aus, kann sich der Zugriff ewig hinziehen – währenddessen steht das ganze Programm still, auch Abbrechen ist in so einem Fall nicht möglich.

Die Battlefield-Reihe war schon immer für ihre exorbitanten Hardwareanforderungen berüchtigt, auch der neue Teil springt trotz brandneuer 3D-Engine auf denselben Zug auf: Speziell die bereits erwähnten Ladezeiten sind jenseits von Gut und Böse. Noch schlimmer wird es, wenn ihr die Grafikoptionen an eure Hardware anpassen und im Spiel ausprobieren wollt: Ändert ihr

Ein Artillerieeinschlag hinterlässt eine mächtige Spur der Zerstörung.
irgendwas, werden beim Kartenladen die Shader neu optimiert, was dem Ladevorgang nochmals einige Minuten aufdrückt – im Extremfall bedeutet eine Stunde Spielzeit, dass ihr davon 20 Minuten etwas anderes macht.

Dicker Brummer

Das Ergebnis ist die Wartezeit  fraglos wert: Euch erwarten natürlich wirkende Landschaften mit fantastisch glitzerndem Wasser, vielen Spezialeffekten (ein Artillerieeinschlag taucht alles in ein Feuer- und Staubmeer) und großartigen 3D-Modellen. Mensch und Maschine sind hervorragend animiert, die Figuren sehen weitaus besser aus als noch im Vietnam-Vorgänger. Allerdings wirkt es inkonsequent, dass nur ein kleiner Teil der Umgebung zerstörbar ist – wenn ein dicker Panzer von einem dürren Bäumchen aufgehalten wirkt, verliert die Kulisse an Glaubwürdigkeit. Die wird dafür von der exzellenten Akustik am Leben erhalten, schließlich dröhnt Waffenfeuer, jaulen vorbeizischende Flugzeuge und rumpeln mächtige Tanks in überzeugendem 3D-Sound. Hinzu kommt jede Menge Funkgeplapper, entweder vom Programm (Deutsch oder Englisch, wahlweise mit deutschen Untertiteln) oder von Spielern, die ihre Gedanken via Mikro über die integrierte Voice-over-IP-Schnittstelle verbreiten. Dazu gibt es noch etwas wenig, dafür sehr gute Musik im Hauptmenü bzw. nach den Matches: Ist eine Partie verloren, ertönt eine wehmütige Gitarrenmelodie, ist die gewonnen, wird Trara-mäßig an das Patriotenherz appelliert. Leider gibt es nicht mehr die Möglichkeit eigene Musikstücke zu integrieren und z.B. vom Hubschrauber aus wie in Battlefield: Vietnam die Umgebung zu beschallen.               

Fazit

Battlefield 2 bietet ein fantastisches Team-Erlebnis: ausbalancierte Einheiten für jeden Geschmack, viele Fahr- und Flugzeuge und perfekte Abstimmung auf Teamarbeit. Wieso dann kein Platin-Award? Weil das Spiel, bis auf Ausnahmen wie den Commander-Modus, dasselbe macht wie schon seine Vorgänger – mangels zusätzlicher Spielmodi sogar weniger. Außerdem ist das Waffenverhalten manchmal zu merkwürdig, um noch als realistisch durchzugehen: teilweise brettert man ganze Magazine in einen Gegner hinein, ohne dass es ihn kratzt. Und die an der Grenze zur Unerträglichkeit schlitternden Hardwareanforderungen, insbesondere im Hinblick auf das RAM, wirken sich merklich auf die Motivation aus: Ohne das richtige System ruckelt das Bild speziell bei Flugeinlagen, während des Kartenladens hat man genug Zeit, sich um andere Dinge des Lebens zu kümmern. Stimmt das System, gibt es ein faszinierendes Teamgame, das in seiner Sparte zwar nicht mehr einzigartig ist, aber die Schlachtfelder realistischer und fetziger auf den Monitor bringt als jeder andere gegenwärtige Shooter. Man hat hier sehr oft das erhebende Gefühl, wirklich Teil einer gut geölten Gemeinschaft zu sein, speziell wenn die Crew eines Helikopters oder Panzers perfekt zusammenarbeitet - das ist natürlich auf öffentlichen Servern nicht ganz einfach, weswegen BF2 ein ideales Spiel für LANs oder Internet-Games zwischen Clans ist.

Pro

  • großartige Mehrspielerscharmützel
  • guter Netzcode
  • ausgezeichnete Grafik
  • perfekt für Teamspieler
  • gut ausbalancierte Waffen
  • abwechslungsreicher Vehikelpark
  • brauchbare KI im Solo-Modus
  • gute Soundkulisse
  • intuitive Steuerung
  • sieben Spielerklassen
  • toll designte Karten
  • intelligenter Commander-Modus
  • umfangreiche Statistiken

Kontra

  • für Solisten langweilig
  • heftige Hardwareanforderungen
  • horrende Ladezeiten
  • nur ein Spielmodus
  • absturzfreudig
  • störungsanfälliger Ingame-Browser
  • teilweise merkwürdiges Waffenverhalten
  • im Grunde dasselbe Spiel wie bisher
  • Bots im Mehrspielermodus nur per Workaround

Wertung

PC

Spielerisch fesselnder, grafisch opulenter Online-Shooter.