Stalingrad - Test, Taktik & Strategie, PC

Stalingrad
29.06.2005, Bodo Naser

Test: Stalingrad

Kaum eine andere Schlacht des Zweiten Weltkriegs wurde derart brutal geführt wie die von Stalingrad (ab 19,95€ bei kaufen) - auf beiden Seiten kostete das Metzeln weit über eine Million Menschen das Leben. Die verbissen geführten Häuserkämpfe könnt ihr jetzt im von 1C Company und DTF Games geschmiedeten Blitzkrieg-Ableger nachspielen. Gelingt es euch, die Stadt für die Deutschen zu erobern? Oder lässt sich der glorreiche Sieg der Russen wiederholen?

Obwohl die Wehrmacht eigentlich schon im Dezember 1941

Schon der Anmarsch auf Stalingrad ist kein Zuckerschlecken und die Verluste entsprechend hoch.
 vor Moskau zurückgeschlagen wurde, gilt Stalingrad im Winter 42/43 als die entscheidende Wende an der Ostfront. Trotz allergrößter Anstrengungen gelang es der von Generalfeldmarschall Paulus geführten 6. Armee und ihrer Verbündeten im Spätsommer 1942 nicht, die Industriestadt an der Wolga vollständig einzunehmen. Als die Gegenoffensive der Sowjets in Gang kam und die Armee schließlich eingekesselt wurde, verbat sich Hitler jegliche Ausbruchsversuche. Schlecht von der Luftwaffe versorgt, harrten die Landser in der Kälte aus, bis Ende Januar 1943 nur noch die Kapitulation blieb - 100.000 gingen in Gefangenschaft. Ein erster Vorgeschmack auf die totale Niederlage, die im Mai 1945 folgen sollte. Mehr zur Vorgeschichte und zur Schlacht selbst erfahrt ihr übrigens in der beiliegenden Enzyklopädie.

Totale Niederlage

Im Strategiespiel könnt ihr die Ereignisse in zwei Kampagnen nachspielen,  die den historischen Verlauf der erbitterten Gefechte recht gut wiedergeben. Übernehmt ihr die Deutschen, fangt ihr im Juli 1942 an, euch durch die flache russische Steppe in Richtung Stalingrad vorzukämpfen, was noch recht flott geht. Dann müsst ihr im Lauf des Septembers alles daran setzen, die Stadt Haus um Haus einzunehmen - gleichzeitig könnt ihr auch mit den Russen die Verteidigung organisieren, die den Deutschen am Anfang unterlegen ist. Schließlich führt ihr ab 19. November 1942 den sowjetischen Gegenstoß an, der die Deutschen endgültig verjagen soll. Vom Umfang her ist das gerade noch in Ordnung, denn bis auf die 36 Missionen währende Kampagnen gibt es keine weiteren Szenarien; auch ein Multiplayermodus ist nicht dabei.

Zwei Missionsstränge

Spielerisch glänzt das Ganze nicht gerade mit neuen Ideen,

Die Einsatzziele sind recht unterschiedlich und wechseln oft während einer Mission. 
da es eigentlich nur das taktische Echtzeit-Prinzip bietet, das ihr schon von Sudden Strike, Blitzkrieg und Co. her kennt. Dennoch animieren die knackigen Missionen zum Weitermachen, was nicht zuletzt am schön ausbalancierten Schwierigkeitsgrad liegt, der auf Stufe "normal" gerade noch so machbar ist. Das motiviert dazu, die Mission einfach noch einmal zu versuchen, wenn ihr sie verliert. Irgendwie muss es ja klappen!, denkt man sich öfters. Für Anfänger gibt auch noch die Stufe "leicht", damit sie nicht vollends verzweifeln. Die Aufträge wechseln sich in Offensive und Defensive ab, was zusätzlich für Abwechslung sorgt. Die Ziele ändern sich auch während eines Einsatzes. Gerade beim Verteidigen müsst ihr euren Grips ganz schön anstrengen, damit ihr eure Stellungen halten könnt.                         

Heftige Schlachten

Die Einnahme der schwer befestigten Schützengräben

Zwei superschwere Haubitzen der Sowjets, die euch im Kampf wertvolle Artillerieunterstützung leisten.
ist kein Zuckerschlecken, da die Reichweite von Infanterie und Panzerabwehr erhöht wurde. Von entscheidender Wichtigkeit ist da die richtige Kombination aus geeigneten Fahrzeugen, Infanterie und Luftangrifenf - ganz wie damals eben auch. Mit dem Einsatz nur einer Waffengattung kommt ihr nicht mehr zum Sieg, weil etwa die Artillerie weniger gut schießt als im Grundspiel. Auch zeitgenössische Waffen wie Panzer III und IV in all ihren Variationen, der T-34/76 oder der berühmt-berüchtigte Raketenwerfer "Stalinorgel" sorgen für einen insgesamt glaubwürdigen Hintergrund. Das wird auch nicht dadurch geschmälert, dass ihr Prototypen wie die durchschlagskräftige Selbstfahrlafette "Sturer Emil" habt, da diese nur sporadisch vorkommen, zum Ausprobieren animieren und so eher zur Auflockerung beitragen. Ihr braucht also nicht zu fürchten, dass Massen von unbesiegbaren Überwaffen auflaufen.

Authentische Kämpfe

Mit dem Verteidigen hat die KI auch in Stalingrad weniger Probleme als mit einer gut koordinierten Attacke, wie ihr es von vielen anderen Spielen kennt. Greifen die Feinde an, kommen sie meist im ungeordneten Pulk an, bei dem freilich kein durchdachter Einsatz der Waffen mehr möglich ist. So ist es letztlich fast immer die pure Masse der Einheiten, die den Gegner überhaupt einen Sieg erringen lässt. Von einer richtigen KI kann eigentlich auch nicht die Rede sein: Im Wesentlichen bewegen sich die Computerfeinde entsprechend einem vorgegebenen Skript, das ihr durchs Erreichen eines Zieles auslöst. Das Auslösen dieser Ereignisse funktioniert nicht immer ganz reibungslos, so dass ihr schon mal über die Karte ruckelt, um noch den letzten verbliebenen Feind zu suchen. Für viel Ruhe sorgt wieder mal die Pausenfunktion, die euch entspannt Befehle erteilen lässt.

Geskriptete Ereignisse

Rein äußerlich betrachtet hinterlässt das Spiel einen guten,

In den rauchenden Ruinen der Stadt kämpft ihr verbissen Haus um Haus.
 wenn auch angestaubten Eindruck. Zum einen beeindruckt die 2D-Grafik mit lebensechten Hintergründen, die auch berühmte Orte der Schlacht wie die vielen Schluchten, den Getreidespeicher oder die Fabrik "Roter Oktober" umfassen. Auch viele kleine Details wie etwa umherirrende Zivilisten lockern die Szenerie auf. Auf der anderen Seite ist die Darstellung in die Jahre gekommen - selbst wenn sich Effekte wie sich abzeichnende Kettenspuren, umgefahrene Bäume oder rauchende Schrotthaufen noch sehen lassen können. Ein Zoomen oder Drehen der Ansicht ist nicht möglich. Die Missionsbeschreibungen sind stilecht wie schriftliche Einsatzbefehle aus einem Hauptquartier gestaltet. Der rockige Soundtrack der St. Petersburger Metal-Band SKAFANDR passt übrigens bestens zum kriegerischen Geschehen.          

Effektvolle Darstellung

Fazit

Stalingrad reißt einen ganz sicher nicht mehr vom Hocker - dafür ist das taktische Spielprinzip einfach zu ausgelutscht. Allerdings verstehen es die Macher, das Optimale aus der angestaubten Blitzkrieg-Engine herauszuholen. Die abwechslungsreichen Missionen, die interessanten Waffen und der knackige, aber nicht unfaire Schwierigkeitsgrad sorgen für Spielspaß, der sich sogar über längere Zeit hält. Die authentische Schlachtdarstellung wird all jene begeistern, die auf historisch korrekt dargestellte Kämpfe stehen. Diejenigen, die mal schnell à la Codename: Panzers durch den Zweiten Weltkrieg rollen wollen, sollten lieber die Finger von Stalingrad lassen: Es ist nämlich taktisch zu anspruchsvoll. Alle altgedienten Strategieveteranen, die gerne über ihre nächsten Schritte grübeln, werden hingegen auf ihre Kosten kommen.

Pro

  • historische Darstellung
  • abwechslungsreiche Missionen
  • fordernder Schwierigkeitsgrad
  • in der Pause Befehle erteilen
  • korrekt dargestellte Waffen
  • Prototypen wie "Sturer Emil" einsetzen
  • fetzige Rockmusik
  • bekannte Orte dargestellt
  • schöne Effekte
  • Enzyklopädie der Schlacht

Kontra

  • spielerisch nix Neues
  • keine Missionen außerhalb der Kampagne
  • KI-Schwächen beim Angriff
  • Skripte auslösen klappt nicht immer
  • kein Zoomen oder Drehen
  • kein Multiplayer

Wertung

PC

Knackige Ostfront-Schlachten für Hobby-Landser