Resident Evil: Outbreak - File #2 - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Resident Evil: Outbreak - File #2
10.09.2005, Jens Bischoff

Test: Resident Evil: Outbreak - File #2

Nachdem die Enttäuschung letztes Jahr groß war, als man Resident Evil: Outbreak in Europa nur offline spielen konnte, hat Capcom der Fortsetzung endlich auch hierzulande einen Online-Modus beschert. Auch sonst gab es einige Aufwertungen gegenüber Teil eins. Ob diese allerdings ausreichen, um über das mehr als angestaubte Gameplay und die vorgestrige Technik hinweg zu trösten?

Resi-Fans der ersten Stunde haben‘s nicht leicht: Die Hauptserie entwickelt sich immer weiter in Richtung Schützenfest und die Outbreak-Ableger halten verbissen an längst überholten Technik- und Gameplay-Standards fest, die mittlerweile einen Platz im Museum verdient hätten.

Wie die Geier: Die Zombies in Raccoon City machen sich über alles her, was sie in den Straßen finden.
File #2 hat zwar einige Detailmängel des Vorgängers ausgebügelt, aber im Kern schöpft der eigentlich originelle Team-Überlebenskampf das Potential nach wie vor nicht ansatzweise aus. Vor allem offline kommt man sich immer noch eher wie ein Babysitter für verhaltensgestörte Pfadfinder als wie ein Mitglied einer gemeinsam ums Überleben kämpfenden Flüchtlingsgruppe vor.

Von der Schießbude ins Museum

Online steigt man wenigstens in die Liga der taubstummen Raffzähne auf, aber die Spielerfahrung ist auch hier nicht wirklich berauschend. Das liegt in erster Linie an den mangelhaften Kommunikationsmöglichkeiten: Statt sich via Headset oder Tastatur detailliert und situationsabhängig mit seinen bis zu drei Mitspielern absprechen zu können, hat man lediglich die Möglichkeit mittels primitiver Standardanweisungen etwa um Hilfe zu schreien, zum Aufbruch zu blasen oder sich zu entschuldigen. Auch wenn Capcom mit dieser Einschränkung die Atmosphäre schüren wollte, ging der Schuss ganz klar nach hinten los, denn wie stimmungsvoll ist schon ein Koop-Modus, bei dem die Team-Mitglieder geknebelt in der Gegend herum rennen und krampfhaft mit irgendwelchen idiotischen Floskeln versuchen, euch auf etwas aufmerksam zu machen...

Unerklärlicher Maulkorbzwang

Immerhin zieht ihr online mit etwas Glück nicht mit völlig planlosen und lebensmüden Hysterikern los, wie sie euch offline als KI-Partner zur Seite gestellt werden. Im Gegensatz zum Vorgänger könnt ihr euch eure CPU-gesteuerten Teamkollegen dieses Mal aber wenigstens selbst aussuchen und sogar persönliche Gegenstände wie Alyssas Elektroschocker, Yokos Glücksbringer oder Georges Kapselwumme untereinander tauschen. Die Charaktere sind hingegen allesamt alte Bekannte aus Teil eins, verfügen jedoch teils über neue Spezialmanöver und -gegenstände. Zudem kann man besonders begriffsstutzige Kollegen nun auch anweisen bestimmte Objekte wie Heilsprays zu verwenden. Ansonsten handeln die mit sehr unterschiedlichen Persönlich- und Fähigkeiten ausgestatteten KI-Mitstreiter jedoch selbstständig:

Friedhof der Dickhäuter: Dieser Zombie-Elefant war einst ein friedlicher Bewohner des städtischen Zoos.
Sie sammeln Items, kombinieren sie, töten Gegner, öffnen Türen, verwenden Hilfsobjekte, trotzen Anweisungen und legen immer wieder eigentlich noch benötigte Schlüssel-Items ab - als lebende Vorratslager sind sie daher trotz des nach wie vor äußerst knapp bemessenen Inventars kaum zu gebrauchen...

Hysterische Chaoten

Wenn es um das Lösen von Rätseln oder anderer Aufgaben geht, müsst aber sowieso ihr ran - wirkliche Kopfnüsse haben jedoch Seltenheitswert. Serienveteranen werden viele Aufgaben sogar überraschend bekannt vorkommen, da Capcom hier meist auf bereits mehrfach recycelte Schalter- und Objekträtsel der Seriengeschichte setzt. Auch bei den mit einer losen Rahmenhandlung verknüpften Szenarien werdet ihr einige Déjà-vus erleben. Ein Abschnitt entführt euch sogar ins nahezu unveränderte Raccoon City Police Department aus Resident Evil 3. Daneben erwarten euch der städtische Zoo, eine verwaiste U-Bahn-Station, eine geheimnisvolle Waldklinik sowie das obligatorische Umbrella-Labor. Zudem können Neulinge in J‘s Bar aus Teil eins ein interaktives Tutorial bestreiten. Die einzelnen Locations wurden dabei wieder stimmungsvoll in Szene gesetzt und beinhalten zahlreiche neue Zombie-Kreaturen, leiden aber nach wie vor unter starren Kamerawinkeln und abrupten Perspektivenwechseln sowie geringem Umfang und nervtötend langen Ladezeiten.       

Ideenlose Wiederverwertung

Geübte Spieler dürften die fünf Szenarien jedenfalls in wenigen Stunden bewältigt haben. Verschiedene Schwierigkeitsgrade und Lösungswege sowie alternative Bossfights und Spielausgänge sorgen allerdings für einen ordentlichen Wiederspielwert.

Horrorpatient: In der Waldklinik müsst ihr euch mit einem maskierten Axtmörder herumschlagen.
Auch kurzweilige Zombieschlachtfeste und Bossfight-Marathons stehen nach entsprechenden Leistungen zur Verfügung. Zudem kann man mit überlegter Charakterwahl Bonusaufgaben lösen, den Zusammenhalt schüren, exklusive Zwischensequenzen bewundern und natürlich jede Menge Extras wie Artworks, Kostüme, Filmschnipsel, Musikstücke und andere Extras freischalten. Besitzer des Vorgängers können sogar einige bereits freigespielte Inhalte importieren. Online könnt ihr darüber hinaus auch noch an speziellen Events teilnehmen, euch in Ranglisten verewigen oder nach vorzeitigem Ableben ein kurzfristiges Zombiedasein fristen, um eure ehemaligen Mitstreiter zu nerven.

Kurz, aber ergiebig

Nervig ist aber vor allem die hakelige Steuerung, die nach wie vor nur digital abgefragt wird, nur eine schwammige Zielautomatik bietet, keine Sprints über Treppen erlaubt und euch bei schnell wechselnden Kameraeinstellungen immer wieder in die verkehrte Richtung laufen lässt.

Fahrkarten bitte: Mit dem Sturmgewehr im Anschlag durchkämmt ihr verwüstete U-Bahn-Abteile.
Wenigstens könnt ihr euch nun auch mit der Waffe im Anschlag fortbewegen, schnelle 180°-Drehungen auch mit dem Analog-Stick ausführen oder während des Kriechens zumindest Objekte auf gleicher Höhe aufnehmen. Auch die Kartenfunktion wurde etwas verbessert: Fälschliche Item-Standorte sind uns nicht mehr aufgefallen, während man sich per Knopfdruck nun jederzeit den genauen Namen des aktuellen Aufenthaltsortes anzeigen lassen kann, um bei Lösungshinweisen mit Ortsangaben schneller fündig zu werden. Beim Lesen von Schriftstücken kann man dem gewählten Protagonisten sogar die eine oder andere Zusatzinformation per Tastendruck entlocken.

Altbackene Handhabung

Ansonsten hat sich am Gameplay kaum etwas verändert. Ihr hetzt nach wie vor mit bis zu zwei (offline) bzw. drei (online) Mitstreitern durch die jeweiligen Szenarien und versucht den lebensrettenden Ausgang zu erreichen. Da ihr bereits mit dem T-Virus infiziert seid, liegt euch ständig ein Zeitlimit im Nacken, das durch Gegnerkontakt reduziert oder durch seltene Virushemmer erhöht wird. Zudem halten euch natürlich diverse Rätseleinlagen und Bossfights auf.

"Nimm deine Hand aus meiner Hose!" - Manche Clipping-Fehler sorgen für unfreiwillige Komik...
Gespeichert wird nach wie vor an Schreibmaschinen, wobei der Spielstand nun nicht mehr gleich nach dem Laden gelöscht wird, so dass ihr im Todesfall nicht wieder von ganz vorn beginnen müsst.

Alles wie gehabt

Technisch ist File #2 nicht gerade auf der Höhe der Zeit. Anti-Aliasing und Dolby Surround scheinen für Capcom Fremdwörter zu sein und die Animationen wirken oft einfach nur peinlich: Wachmann Mark ist beim Treppensteigen oder Rennen eine Katastrophe. Bei den Render-Sequenzen bekommt man hingegen gewohnt hohe Qualität geboten und ein 60Hz-Modus ist ebenfalls an Bord. Die Soundkulisse präsentiert sich wiederum recht durchwachsen: Während es an der musikalischen Untermalung - vor allem das Titelthema ist eine Klasse für sich - kaum etwas zu kritisieren gibt und die englische Sprachausgabe kultig-trashig wie eh und je klingt, wirken die Sound-FX mittlerweile wie aus einer anderen Zeit. Komisch auch, dass der Vorgänger noch ohne Jugendfreigabe in den Handel kam, Teil zwei aber trotz quasi identischem Gewaltfaktor eine USK 16 erhalten hat...     

Angestaubte Technik

Fazit

All die kleinen gut gemeinten Verbesserungen und Erweiterungen der Entwickler in Ehren, aber auch im zweiten Outbreak hat es Capcom verpennt, die mittlerweile mehr als angestaubte Spielmechanik endlich zu erneuern: Sowohl Steuerung und Kameraführung als auch Animationen und Soundeffekte wirken wie Relikte aus der 32Bit-Ära, während die massiven Ladezeiten nach wie vor eine absolute Zumutung sind. Auch der beim Vorgänger so sehnlich vermisste Online-Modus kommt mehr als antiquiert daher: Statt Headset- oder wenigstens Tastatur-Kommunikation kann man sich während des gemeinsamen Survival-Horror-Trips nur mittels vorgefertigter Simpelanweisungen verständigen. Dennoch lohnt der Online-Gang, da ihr euch so wenigstens nicht mit planlosen oder lebensmüden KI-Partner herumärgern müsst. Auch der geringe Umfang der gerade einmal fünf Szenarien fällt online dank spezieller Events und fieser Zombieverwandlungen weniger ins Gewicht. Doch auch offline haben die Entwickler mit alternativen Lösungswegen und Endgegnern sowie vielen freispielbaren Extras und charakterspezifischen Aufgaben für einen ordentlichen Wiederspielwert gesorgt. Konservative Resi-Fans können angesichts des ermäßigten Preises und kostenlosen Online-Angebots also ruhig einen Blick riskieren, während sich Survival-Horror-Gourmets naserümpfend abwenden.

Pro

  • 60Hz-Modus
  • ermäßigter Preis
  • dynamisches Leveldesign
  • kostenloser Online-Modus
  • atmosphärische Szenarien
  • massig freispielbare Extras
  • stimmungsvoller Soundtrack
  • sehr unterschiedliche Charaktere

Kontra

  • durchwachsene KI
  • steife Animationen
  • hakelige Steuerung
  • extreme Ladezeiten
  • antiquierte Sound-FX
  • geringer Spielumfang
  • statische Kameraführung
  • mangelhafte Online-Verständigung

Wertung

PlayStation2

Altbackener Survival-Horror-Trip mit kommunikationsarmem Online-Modus.