Gungrave: Overdose - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Gungrave: Overdose
20.09.2005, Jens Bischoff

Test: Gungrave: Overdose

Erinnert ihr euch noch an Brandon Heat alias Beyond the Grave? Den untoten Anime-Cowboy, der anno 2002 mit seinem eigenen Sarg auf dem Rücken Jagd auf mutierte Verbrecher gemacht hatte? Nun ja, er ist zurück. Und zwar in Begleitung eines E-Gitarre spielenden Rockstar-Zombies und eines blinden Soldatendämons. Wir sind mit dem skurrilen Trio losgezogen und haben uns fast schwindelig geballert.

Ja, richtig gehört: In Gungrave Overdose schlüpft ihr nicht nur in die Rolle der schweigsamen Tötungsmaschine Grave, sondern auch in die seiner Friedhofsfreunde Juji Kabane und Rocketbilly Redcadillac.

Kugelhagel: Wenn Grave in Schussposition ist, haben selbst Bossgegner nicht viel zu lachen.
Wem ihr in den zehn Spielabschnitten den Vortritt gebt, dürft ihr nach einer kurzen Einführung selbst entscheiden. Während Allrounder Grave seinen Gegnern mit Schnellfeuerpistolen und Multifunktionssarg gegenübertritt, verlässt sich Nahkampfexperte Juji auf seine flammenden Gunblades und Meisterschütze Billy auf seine Blitze schleudernde E-Gitarre.

Bleihaltige Freakshow

Doch egal, mit wem ihr auf Verbrecherjagd geht, der Spielablauf ist immer derselbe: Ihr betretet einen Raum, werdet von unzähligen Gangsterhorden attackiert und dürft erst weiterziehen, wenn ihr alle wichtigen Ziele eliminiert oder in Schutt und Asche gelegt habt. Das stellt dank auffälliger Zielmarkierungen selbst für Hirnamputierte kein Problem dar, macht dank stufenweise und nahezu völlig zerstörbarer Umgebungen einen Heidenspaß und wird dank cooler Effekte und Animationen auch noch stylisch in Szene gesetzt.

Stylische Zerstörungsorgie

Allerdings bietet der Spielablauf auf Dauer viel zu wenig Abwechslung, die Kameraführung gleicht einer holprigen Achterbahnfahrt, die Sichtweite ist recht bescheiden und die einstellbare Zielautomatik der absolute Mumpitz. Trotzdem ballert ihr euch nach kurzer Eingewöhnungszeit trotz aller Handicaps recht routiniert durch die detailarmen Locations,

Gitarrensolo: Billy rockt seine Gegner am liebsten mit der Stromgitarre vom Bildschirm.
deckt die dämlichen Gegnerhorden ohne jemals nachladen zu müssen mit Sperrfeuer ein, schleudert großkalibrige Projektile auf ihre Schützen zurück, vollführt gekonnte Hechtrollen, überrascht mit schnellen 180°-Drehungen und lasst brachiale Charge- und Spezialangriffe vom Stapel. Vor allem letztere sorgen aufgrund ihrer immensen Durchschlagskraft immer wieder für Laune.

Monotonie & Handicaps

So könnt ihr jederzeit festlegen, ob ihr einen zielgerichteten Powerangriff, eine Platz verschaffende Rundum-Attacke oder eine Art Bullet-Time aktivieren wollt, um euren Widersachern vorübergehend massiven Schaden zuzufügen. Zudem lassen sich diese drei Spezialangriffsarten auch noch in drei Stufen verstärken, so dass selbst dickere Brocken in null Komma nichts das Zeitliche segnen - sofern ihr genügend Spezialenergie gesammelt habt. Im Vergleich zum Vorgänger haben Action, Tempo und Spieldynamik jedenfalls angenehm zugelegt,

Augen zu und durch: Obwohl Juji blind ist, schlitzt er sich zielsicher durch die Feindhorden.
auch wenn das Spielprinzip nach wie vor dasselbe ist.

Verheerende Specials

Aufgelockert wird die brachiale Non-Stop-Action durch englischsprachige Manga- und Anime-Sequenzen mit deutschen Untertiteln sowie sporadischen Funkverkehr mit euren Verbündeten im Kampf gegen das mutationsfreudige Verbrechersyndikat, das ihr allerdings schon nach wenigen Stunden ins Jenseits befördert haben werdet. Dank drei unterschiedlicher Protagonisten und Schwierigkeitsgrade sowie jeder Menge freispielbarer Extras wird aber zumindest ein ordentlicher Wiederspielwert geboten. Im Vergleich zum Vorgänger bekommt ihr jedenfalls weit mehr Spiel für deutlich weniger Geld.  

Kurzes Vergnügen

Fazit

Es stimmt schon, Gungrave Overdose ist im Prinzip nicht viel mehr als ein Devil May Cry für Arme - und das nicht nur angesichts des sehr günstigen Preises. Trotzdem haben die drei Budget-Dämonen einen besonderen Reiz: Wer einfach nur mal kurz die Sau rauslassen und alles in Schutt und Asche legen will, wird mit Grave, Juji und Billy definitiv seinen Spaß haben - und das ohne jedes Vorgeplänkel, Einüben oder Aufwärmen. Es geht gleich richtig zur Sache und man weiß sofort, was zu tun ist. Eine dauerhaft glückliche Beziehung ist jedoch kaum möglich. Dazu mangelt es dem furiosen Action-Cocktail einfach an Umfang, Abwechslung und Tiefe. Auch bei Technik und Leveldesign kocht der Anime-Shooter eher auf Sparflamme. Trotzdem stellt Gungrave Overdose einen rundum soliden Action-Happen für zwischendurch mit exzellentem Preis-/Leistungsverhältnis dar, dessen simplen Reiz selbst Action-Gourmets nicht abstreiten können. Und das skurrile Heldentrio ist sowieso eine Klasse für sich. Anime-Fans, die einfach mal Dampf ablassen wollen, sind hier genau richtig.

Pro

  • 60Hz-Modus
  • sehr günstiger Preis
  • handliche Steuerung
  • viele freispielbare Extras
  • schnörkellose Nonstop-Action
  • hübsche Effekte & Animationen
  • fast völlig zerstörbare Umgebungen

Kontra

  • kurze Spielzeit
  • geringe Sichtweite
  • auf Dauer zu eintönig
  • bockige Zielautomatik
  • primitives Leveldesign
  • zickige Kameraführung
  • schmucklose Locations

Wertung

PlayStation2

Leicht zugängliche, aber auf Dauer monotone Nonstop-Action mit Anime-Flair.