WWE Day of Reckoning 2 - Test, Sport, GameCube

WWE Day of Reckoning 2
28.09.2005, Mathias Oertel

Test: WWE Day of Reckoning 2

WWE Day of Reckoning hat es letztes Jahr auf dem GameCube geschafft, ein Spielgefühl im Stile des N64-Klassikers WWF No Mercy zu entfachen – musste allerdings mit kleineren Problemen kämpfen. Ob der Nachfolger diese Mankos ausmerzen konnte und zu einem neuen Wrestling-Höhenflug auf dem Würfel ansetzt, verraten wir im Test!

Bei der Auswahl der Wrestler gibt man sich dieses Jahr ähnlich sparsam und in manchen Punkten überholt wie im Vorgänger: Neben den seit Jahren als Fan-Favoriten bekannten Athleten wie Triple H, Undertaker oder Shawn Michaels warten Neuzugänge wie Carlito Caribbean Cool, Eugene (endlich!), Chris Masters oder auch Gene Snitzky auf ihren Einsatz. Und dann gibt es natürlich noch die Karteileichen.

Carlito gehört zu den neuen Athleten, die in Day of Reckoning 2 auftreten.
Also die Wrestler, die inzwischen aus diversen Ursachen nicht mehr für die WWE tätig sind bzw. unter einem anderen Namen auftreten: Hierzu gehören Muhammad Hassan, Chavo Guerrero (mittlerweile als Kerwin White unterwegs), Chris Jericho und Maven. 

(Fast) Up to Date

Dass allerdings angesichts der in der echten WWE dauernd stattfindenden Diva-Suchen wieder einmal nur vier weibliche Vertreterinnen (Trish Stratus, Stacy Kiebler, Christy Hemme und Torrie Wilson) Einzug ins Spiel fanden, ist bedauerlich und auch dieses Jahr nicht nur angesichts des "Bra & Panties"-Matchtyps immer noch zu wenig. Mit Legenden kommt man in DoR 2 insgesamt auf über 40 Athleten, was letztlich vollkommen ausreichend ist, aber nicht ganz mit Spielen des Smackdown-Kalibers mithalten kann.

Schaut man sich den Vorgänger an, ist vor allem ein Kritikpunkt immer wieder zu hören: Die Story ist zu kurz. Dieses Problems hat man sich angenommen und bietet nun eine stark erweiterte Karriere-Geschichte, die direkt an Day of Reckoning anschließt. Da es zusätzlich an bestimmten Punkten die Möglichkeit gibt, sich für alternative Routen innerhalb der Geschichte zu entscheiden, wird der Wiederspielwert im Vergleich zu Teil 1 etwas erhöht.

Verbesserte Story

Da die Entwickler aber auch gewaltig an der Grafik-Engine gearbeitet und die Wrestler mit deutlich mehr Polygonen ausgestattet haben, sind die Spielstände des Vorgängers nicht kompatibel mit Day of Reckoning 2. Bedauerlich für alle diejenigen, denen ihr selbst erstellter Held ans Herz gewachsen ist.

Day of Reckoning konnte bereits mit einem ausgefeilten Steuerungsmix irgendwo zwischen der Smackdown-Serie und dem N64-Klassiker WWF No Mercy punkten. Frei nach dem Motto "Never change a winning team" baut man dieses Jahr auf diesem gut funktionierenden System auf und spendiert nur ein paar kleine Zusätze ohne großartige Änderungen:

Doch dank des mächtigen Editors hat man auch für die neuen Geschichten rund um die WWE schnell eine passende Figur gebastelt.

Leider gibt es keine Möglichkeit, direkt mit einem der bereits existierenden Superstars die Geschichte in Angriff zu nehmen, so dass für die Story erst einmal eine Figur erstellt werden muss.

Verbesserte Kontrolle

Die Spielmechanik lässt bis auf die KI kaum Wünsche offen .
Umgearbeitet wurde z.B. das "Submission-System", das bei Haltegriffen eingesetzt wird: Über den linken Stick könnt ihr eine von vier Aktionen wählen, die jeweils andere Auswirkungen auf das Ergebnis des Griffes haben.

Doch auch ohne "Konter-Gegenkonter-Konter-und-Bodyslam"-Spielchen kommt Day of Reckoning einem echten Wrestling-Match recht nahe. Daran hat auch das neue "Ausdauer-System" seinen Anteil: Je nach Aktion (und Charakter-Wert) nimmt eure Ausdauer-Anzeige ab, so dass ihr im schlimmsten Fall (= keine Ausdauer) nahezu ohne Verteidigungsmöglichkeit alles über euch ergehen lassen müsst. Auffüllen kann man diesen Wert wiederum durch bestimmte Aktionen oder einfach nur durch Nichtstun. Durch diesen kleinen Kniff werdet ihr gezwungen, taktischer zu kämpfen, da es nun nicht mehr reicht, einen Power-Move nach dem anderen vom Stapel zu lassen, um bis zum Pin zu kommen.    

Gleichzeitig kann der Gegner (egal ob KI oder menschlich) versuchen, zu erraten, für was ihr euch entscheidet. Ahnt er richtig, wird der Griff nicht nur sofort unterbrochen, sondern kann unter Umständen sogar gekontert werden.

Apropos: das Konter-System funktioniert nach wie vor gut. Allerdings lassen sich keine richtigen "Konter-Ketten" aufbauen, wie es im neuen Smackdown-Teil vorgesehen ist.

Seit die WWE auf dem GameCube das erste Mal mit Wrestlemania X8 in Erscheinung getreten ist, hat die Optik diverse Metamorphosen durchgemacht, wobei Day of Reckoning 2 den Zenit darstellt und gleichzeitig suggeriert, dass der GameCube langsam von Yukes an die Grenze geführt wird.

Spektakuläre Aktionen sind in der WWE an der Tagesordnung.
Die ausgefeilten Wrestler-Modelle machen selbst den Spiele-Cousins auf den anderen Systemen Konkurrenz und brauchen sich auch in puncto Animations-Vielfalt und –Qualität nicht verstecken.

Technisch sauber

Und dass Wrestling-Spiele es wohl erst in der nächsten Generation schaffen werden, Clipping-Fehler auszumerzen, verzeiht man den Grafikern spätestens dann, wenn man in die prall gefüllte Arena schaut, die (zumindest in den ersten Sitzreihen) mit ansehnlichen Polygon-Figuren besetzt ist.

Die Präsentation mit den realistischen Einmärschen, nur in seltensten Fällen zickender Kamera und beeindruckenden Pyro-Effekten wird nur durch die eher durchschnittliche Soundkulisse geschwächt. Denn abgesehen von den Musiken der Wrestler, den obligatorisch passenden Soundeffekten sowie einer Ringansage hört ihr… gar nichts! Wo die letzten Auflagen auf PS2 und Xbox mit umfangreicher Sprachausgabe punkten konnten, muss der GameCube bedingt durch das kleinere Speichermedium in diesem Bereich Zugeständnisse machen. Die WWE-typische Dramatik und Sports Entertainment-Spannung wird zwar auch durch die Texte transportiert, doch Abzüge in der B-Note lassen sich nicht vermeiden.

Angesichts richtig hübscher Optik ist es bedauerlich, dass es nur vier Diven ins Spiel geschafft haben.
Zum Beispiel: Eure Figur liegt am Boden. Dann kann es entweder passieren, dass der KI-Athlet quasi eine Endlosschleife beginnt, aus der es kaum ein Entrinnen gibt. Oder aber (für euch natürlich angenehmer) er steht direkt über euch und macht GAR NICHTS!

Ein weiteres Problem, das den Einzelspieler-Modus plagt, ist im KI-Bereich zu finden, die im negativsten Sinne unberechenbar ist. Man findet nicht einmal spielerische Richtlinien, nach denen die Dummheits-Routinen eurer Gegner arbeiten.

Wiederum ein anderes Mal bemüht sich euer Gegner, ein optisch ansprechendes Match fortzuführen und wechselt in seinem Bewegungsarsenal fleißig Tempo, Stärke und Form seiner Angriffe. Dieser Idealfall wird euch zwar in etwa 75 bis 80 Prozent der Einzelspieler-Matches begegnen, doch Abweichungen nach oben und unten sorgen sofort für einen Atmosphäre-Einbruch.

In Mehrspieler-Duellen hingegen braucht man sich um solche Probleme nicht kümmern und kann sich (Gleichgesinnte vorausgesetzt) den zahlreich vorhandenen Matchtypen und der ausgeklügelten Steuerung hingeben, so dass Fans mit den insgesamt fast 50 Wrestlern nicht nur aktuelle WWE-Geschehnisse nachspielen können, sondern auch die jüngere Geschichte des Sports Entertainment nach ihren Wünschen verändern können.    

Schlimmer wird dieses Problem allerdings in einem Tag Team-Match: Hier kümmert sich euer Partner nicht um Allianzen und wird euch (ob gewollt oder ungewollt) häufiger treffen, als euch lieb ist.

Fazit

Day of Reckoning 2 macht genau da weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat – zumindest im Hinblick auf die Storyline im stark verlängerten Karriere-Modus, der dieses Jahr auch kleinere Einflussmöglichkeiten erlaubt. Mit einer nochmals verfeinerten Steuerung sowie einer gewaltig aufgebohrten Grafik und Präsentation stünden die Zeichen dieses Jahr endlich auch für Einzelspieler auf "Hit". Wenn, ja wenn die KI sich nicht immer wieder kapitale Schnitzer leisten würde. Und dass die Wrestler im Gegensatz zu den PS2- und Xbox-Kollegen bis auf Ringeinmärsche vollkommen ohne Sprachausgabe auskommen, mussten die Würfel-Ringer ja bereits letztes Jahr stillschweigend schlucken. Anhänger von Mehrspieler-Duellen hingegen finden mit Day of Reckoning 2 das optisch und spielerisch eindrucksvollste Wrestling-Spiel, das der GameCube zu bieten hat. Doch obwohl die simulativere Spielmechanik durchaus das Zeug hat, den Kollegen auf der PS2 den Rang abzulaufen, ist das Gesamtpaket einfach nicht so attraktiv wie bei der Smackdown-Serie.

Pro

  • gute Steuerung
  • grafisch opulent
  • gute Musikuntermalung
  • umfangreicher Editor
  • neues Haltegriff-Feature
  • erweiterter Karriere-Modus
  • über 40 Athleten
  • gute Auswahl an Matchtypen
  • feine Mehrspieler-Klopperei
  • Legenden (z.B. The Rock, Hulk Hogan)

Kontra

  • keinerlei Sprachausgabe
  • erstellte Wrestler aus dem Vorgänger nicht kompatibel
  • wenig Diven
  • KI mit Aussetzern
  • Story nur mit selbst erstelltem Wrestler spielbar

Wertung

GameCube

Das beste Wrestling-Spiel für den GameCube - leider mit ein paar KI-Problemen behaftet!