Ultimate Spider-Man - Test, Action-Adventure, PlayStation2, XBox, PC, GameCube

Ultimate Spider-Man
27.10.2005, Paul Kautz

Test: Ultimate Spider-Man

Letztes Jahr sprang Spider-Man passend zum zweiten Kinofilm auf alle möglichen Plattformen – und zeigte auf den großen Konsolen, wie unterhaltsam Schwing-n-Klopp sein kann. Dieses Jahr gibt es zwar keinen Leinwandauftritt, aber dafür spinnt sich Spidey aus den Comics auf die Bildschirme. Konnte sich Entwickler Treyarch nochmals steigern?

Der Comic Ultimate Spider-Man wurde vor fünf Jahren ins Leben gerufen: Der Bestseller verfolgt eine alternative Realität im Leben des jungen Peter Parker, in der er versucht, die Arbeit seines verstorbenen Vaters an einem 

Die Figuren könnten direkt den Comics entsprungen sein.
Krebs heilenden Bio-Anzug weiterzuführen. Leider entpuppt sich diese Klamotte als kontraproduktiver Lebenssauger, dem Peter nur knapp entkommt. Als sein Freund Eddie Brock, dessen Vater ebenfalls an der Entstehung des Anzugs beteiligt war, von Peters Versuch erfährt, wird er so sauer, dass er das Gebräu an sich ausprobiert. Als Ergebnis kam das mächtige Monster Venom heraus, das nur noch den Tod Spider-Mans im Sinn hat.

Von Helden und Parasiten

Entwickler Treyarch legt höchsten Wert auf Authentizität seiner Charaktere und Treue zur Comiclinie. Um das zu gewährleisten, wurden die Original-Autoren Brian Michael Bendis und Mark Bagley von Anfang an in die Entwicklung involviert – die beiden waren für Konzeptzeichnungen, Storyverlauf und Dialoge zuständig. Das Resultat ist ein Spiel, das näher an einem Comic ist als jedes andere zuvor – selbst Comix Zone und XIII können da nicht mithalten.

Ihr übernehmt dieses Mal nicht nur die Kontrolle über den Netzschwinger, sondern auch über Venom. Die beiden steuern sich recht ähnlich, allerdings mit einigen Unterschieden:

Venom benötigt immer wieder einen Passantensnack, um seine Lebensenergie aufzufrischen.
Venom kann nicht schwingen, dafür aber gigantische Sätze springen. Außerdem kann er schwere Dinge anheben und damit nach anderen schweren Dingen oder Personen werfen – der Autowurf nach einem Helikopter erinnert etwas an »The Incredible Hulk – Ultimate Destruction«, allerdings sind Venoms Möglichkeiten lange nicht so ausgefeilt. Er verlässt sich weniger auf Geschwindigkeit, sondern vielmehr auf rohe Kraft. Und zu schmackhafter Letzt muss Venom ständig auf seine Lebensenergie achten: Der Blut saugende Anzug knabbert stetig an der Leiste, die sich mit einem knackigen Passantensnack wieder auffüllen lässt.

Wie in Spider-Man 2 erwartet euch auch hier wieder eine frei begehbare Stadt. Doch obwohl Manhattan um Queens erweitert wurde, ist die Stadt insgesamt kompakter und nicht mehr vollständig am realen Vorbild orientiert. Wanderer erkennen zwar viele vertraute Straßenzüge und Touristenattraktionen, aber Comic-Erweiterungen wie die Empire State-Universität oder das Baxter Building sind fiktiver Natur. Nichtsdestotrotz ist die schiere

Ihr könnt euch frei durch die gigantische Stadt schwingen.
Größe nach wie vor beeindruckend; Ihr könnt etliche Viertelstunden einfach nur mit dem Schwingen durch die Straßen und Hochhausschluchten verbringen, auf gigantische Gebäude klettern und euch von dort runterfallen lassen – das Höhengefühl ist trotz des deutlichen Comic-Touches, der sich vom Realismus-Anspruch des Vorgängers abwendet, immer noch fantastisch. Detaillierte, von Bäumen und Laternen gesäumte  Straßenzüge voller Verkehr und Fußgänger sorgen für Leben, das nur auf der PS2 an seine Grenzen stößt – hier gibt es immer wieder Ruckler und speziell von hohen Gebäuden sieht die Umgebung kahl und texturarm aus.

Der Schwinger von nebenan

Wer noch nie ein Spider-Man-Game gespielt hat, wird über das anfängliche Tutorial sehr dankbar sein. Das wird dieses Mal allerdings nicht kommentiert geleitet, sondern wirft euch in einen Kampf gegen Venom, in dem ihr alles über Schläge und Kicks. Danach geht es als Peter Parker über die Dächer der Stadt, wobei ihr die Netzsteuerung, Doppelsprünge, Wandkrabbeleien und Spideys sonstige akrobatische Aktivitäten kennen lernt. Wenn ihr hingegen den Vorgänger in- und auswendig kennt, dann solltet ihr euch auf einige Änderungen gefasst machen: Ihr könnt jetzt z.B. keine Gebäude mehr hochrennen –

Spideys Kampfmöglichkeiten sind im Vergleich zu vorher etwas eingeschränkter.
nur noch krabbeln. Ihr dürft im Kampf zwar alle möglichen Angriffsarten kombinieren, aber insgesamt gibt es weniger und weniger verrückte Kombos als gehabt. Immerhin ist der Kampf insgesamt rasanter und comicartiger geworden: Ihr könnt Ziele wechseln, von Wand zu Wand und von Feind zu Feind springen, Bösewichter einspinnen und zum Ausdünsten an Laternen aufknüpfen. Auch das Netz ist nicht mehr so vielfältig einsetzbar: keine Netzhandschuhe mehr, kein Netzschild, keine kaufbaren Upgrades. All das lässt sich durchaus mit dem Comic-Ursprung erklären, schließlich steht Spider-Man hier noch am Anfang seiner Entwicklung und hat schlicht noch nicht soviel drauf. Vom spielerischen Standpunkt hingegen ist es schon etwas verwunderlich, in einem Nachfolger in seinen Möglichkeiten eingeschränkter zu sein als noch im Vorgänger. Das gilt leider auch für das, womit ihr die meiste Zeit verbringen werdet: das Schwingen. Es geht einfach nicht mehr so leicht und flüssig von der Hand wie noch in Spider-Man 2. Das liegt zum einen daran, dass ihr mit dem

Test: GBA-VersionNetz nicht mehr so viel machen könnt. Auch das relaxte Pendel-Gefühl ist nicht mehr so ausgeprägt – das sanfte Gleiten durch die Stadt macht zwar immer noch sehr viel Spaß, jetzt allerdings auch etwas Arbeit. Und das ist neu.            

Zusätzlich empfehlen wir:

Test: NDS-Version

Ihr liebt Comics? Ihr liebt die Art und Weise, wie die Figuren allein durch rasante Zeichnungen und geniale Farbgebung zu leben erwachen? Herzlichen Glückwunsch:

Die Story wird über großartig inszenierte Comic-Panele weitergeführt.
Ihr werdet Ultimate Spider-Man lieben! Denn die Figuren sind nicht nur großartig designt und animiert, sondern scheinen dank einer speziellen Shading-Technik direkt einem Comicband entsprungen zu sein: die Farben, die Farbverläufe, die Schattierungen – sehr viel näher kann man an einen interaktiven Comic kaum rankommen. Die Story wird über eine fantastische Bild-in-Bild-Technik erzählt, die rasanter und aufregender inszeniert ist als bei 24 oder XIII. Und das Erstaunlichste am Ganzen sind die Ladezeiten: Selbst auf der PS2 wartet ihr nur auf das Hauptmenü etwas länger. Seid ihr im Spiel wird nur zum Missionsstart oder zu einer Zwischensequenz kurz der Ladebalken eingeblendet – ansonsten könnt ihr so lange durch die Stadt schwingen, bis euer blau-roter Anzug Schimmel ansetzt, ohne unterbrochen zu werden.

Boss-Haudrauf

In Sachen Missionsdesign bietet UMS dasselbe Prinzip wie der Vorgänger: eine große Stadt, in der neben den für die Story relevanten Aufträge auch um die 60 Bonusmissionen lauern. Die drehen sich in den allermeisten Fällen entweder um Rennen oder Prügeleien, dazu müsst ihr noch Autos verfolgen, Banküberfälle vereiteln oder Personen retten, die aus irgendwelchen Gründen hilflos an Gebäuden herumbaumeln. Die Missionen werden euch entweder auf der Minimap oder auf der zuschaltbaren Gesamtkarte angezeigt, die in Echtzeit die ganze Umgebung abbildet – beeindruckend! Die Standard-Aufträge drehen sich um ähnliche Ziele, führen aber über kurz oder lang zu den mannigfaltigen Bosskämpfen. Die Rangeleien mit Shocker, Rhino, Green Goblin oder Electro sind großartig inszeniert und ziehen sich oftmals über mehrere Instanzen. Meist von einer

Die aufregenden Bosskämpfe ziehen sich meist über mehrere Instanzen.
Verfolgungsjagd eingeleitet müsst ihr nicht nur mit dem fliehenden Boss Schritt halten, sondern auch oft genug die Opfer des Pfades seiner Zerstörung retten – was natürlich die Verfolgung erschwert. Dafür drehen die Entwickler gerade in den Boss-Zwischensequenzen gehörig an der Humorschraube, denn wie in den Comics lässt es sich Spidey auch hier nicht nehmen, seine Widersacher gehörig zu beleidigen – ein Quell steter Freude, auch in der deutschen Version. Die englische Variante gibt es nur wahlweise auf dem PC zu hören, alle anderen Versionen sind rein Deutsch bzw. Französisch. Venom hingegen hält sich nicht lang mit Dialogen auf: entweder frisst er seine Gegner einfach oder er haut sie und die nähere Umgebung einfach zu Klump.

In Sachen Akustik folgt das Spiel leider dem in dieser Hinsicht wenig rühmlichen Vorgänger: Musik gibt es nur im Ausnahmefall, normalerweise seid ihr mit New York allein. Und so fühlt man sich recht oft, denn abgesehen von etwas Verkehrsrauschen und gelegentlich brabbelnden Passanten gibt es nichts zu hören – eigentlichsollte man doch annehmen, dass in einer derartigen Großstadt akustisch mehr Leben vorherrscht! Immerhin wird 

Ultimate Spider-Man ist das erste wahre Comic-Game, das dieses Namens würdig ist.
sehr viel gesprochen: Von Peter Marker, von Mary Jane, den Bossgegnern und von Bonusfiguren, auf die man im Spider-Universum eigentlich sonst selten trifft. Ihr begegnet Johnny Storm (Die Fantastischen Vier), Wolverine (X-Men), Silver Sable oder S.H.I.E.L.D.-Agent Nick Fury. Dafür gibt es von anderen, die man eigentlich erwarten dürfte, gar nichts zu sehen - Tante May oder J. Jonah Jameson sind im ganzen Spiel nicht zu finden.

Die Stille der Großstadt

Suchfreudige Naturen bekommen wieder viel Spürnasen-Futter: In der ganzen Stadt sind allerlei Bonusicons versteckt, die Comic-Cover, Artworks und weitere Boni freischalten. Ihr könnt auch neue Kostüme gewinnen, die leider reichlich unspektakulär ausgefallen sind.         

Fazit

Zwei enthusiastisch erhobene Daumen für die großartige Präsentation! Ultimate Spider-Man ist tatsächlich -der- spielbare Comic, die fantastisch designten und schattierten Figuren, die farbenprächtige Stadt, die grandios in Szene gesetzten Zwischensequenzen – so was gab es in derartiger Güte bislang nicht zu sehen! Spielerisch kann das Game leider nicht das Tempo der Grafik halten, tatsächlich geht das Spiel nach Spider-Man 2 sogar einen Schritt zurück: Das Missionsdesign ist abwechslungsärmer, die Spidey-Möglichkeiten eingeschränkter, das Schwingen nicht mehr so intuitiv wie gehabt. Und die Auftritte von Venom haben zwar eine gewisse Coolness, spielen sich aber lascher als die von Spider-Man. Insgesamt also für Fans des Comics ein Muss, für Liebhaber des Vorgängers aber evtl. eine kleinere Enttäuschung.

Pro

  • umwerfende Comicgrafik
  • gut inszenierte Story
  • sehr kurze Ladezeiten
  • toller Humor
  • freies Speichern
  • gigantische, frei beschwingbare Stadt
  • viele Kombo-Möglichkeiten
  • dramatische Bosskämpfe

Kontra

  • fummelige Venom-Missionen
  • gewöhnungsbedürftige Kampf-Steuerung
  • gelegentliches Ruckeln (PS2)
  • wenige Angriffsmöglichkeiten
  • immergleiche Nebenmissionen
  • Schwingen nicht mehr so intuitiv wie gehabt
  • kurzer Storymodus
  • lasche Umgebungssounds
  • gelegentliche Kameraprobleme
  • krampfige Tastatursteuerung (PC)

Wertung

PlayStation2

XBox

PC

GameCube