SSX on Tour - Test, Sport, XBox, PlayStation2, GameCube, PSP

SSX on Tour
01.11.2005, Mathias Oertel

Test: SSX on Tour

Der Herbst verabschiedet sich, die Tage werden kürzer: Der Winter steht vor der Tür. Gibt es etwas Schöneres, als die kalte Jahreszeit mit Snowboard-Rennen und waghalsiger Akrobatik zu begrüßen? Oder verpasst SSX on Tour (ab 19,98€ bei kaufen) nach gut zwei Jahren Boarding-Pause den Anschluss an die Referenz-Vorgänger? Wir haben uns im Test den Berg hinunter gestürzt.

Ich muss zugeben: Wenn sich mir als bekennendem Vertreter der Metal-Fraktion bereits beim Intro Iron Maidens "Run to the Hills" in die Gehörgänge dröhnt, bin ich sofort bei der Sache und neige zu Euphorie. Doch die für meinen Geschmack exzellente Musik-Auswahl mit dem besten, was Heavy Metal und feiner HipHop zu bieten haben, ist nur einer der Grundsteine für eine durchweg gelungene Präsentation.

Run to the Hills

Auf den ersten Blick bietet SSX On Tour spielerisch "business as usual. Doch nach und nach entdeckt man immer mehr Neuerungen und Verbesserungen.
Denn wo die bisherigen SSX-Teile mit einem eher unterkühlten Look und einer sauberen Menüstruktur auf sich aufmerksam machten, ist bei SSX on Tour fast schon Chaos angesagt: Lade- und Auswahlbildschirme bestehen aus handgezeichneten Bildern, die von gelangweilten Schülern im Unterricht in die Hefte (oder noch besser: auf die Tische) gemalt werden. Da man sich über Geschmäcker bekanntlich streiten kann, wird der Stil sicherlich nicht jedem zusagen. Festzuhalten bleibt aber, dass die Optik (zumindest in den Menüs) mit zum Außergewöhnlichsten gehört, das die derzeitige Konsolengeneration erleben darf. Nein, ich habe während des Schreibens kein Heavy Metal gehört… Doch genug der Euphorie. Was kann das Spiel abgesehen von der Präsentation bieten?

Auch wenn zwei Jahre vergangen sind, heißt das nicht, dass EA das Snowboard-Rad, das sie auf der PS2 mit dem Ur-SSX ins Rollen gebracht haben, neu erfindet. Wieso auch? Immerhin gehört SSX 3 zu den Vorzeigetiteln im Funsport-Genre. Dementsprechend haben sich die Entwickler den Vorgänger gut angeschaut, die besten Elemente ausgebaut, in SSX on Tour implementiert und mit einigen neuen Features wie z.B. der angesprochenen Präsentation versehen. Doch was bedeutet das für den Spieler?

SSX as usual?

Veteranen wird es freuen, dass die Steuerung dank der Ähnlichkeit zu den Vorgängern genau so eingängig ist, wie man es von der SSX-Serie kennt. Dementsprechend hat man nach der ersten halben Stunde alle grundlegenden Möglichkeiten des Boarders (oder des neu hinzu gekommenen Skifahrers) verinnerlicht und ist fortan damit beschäftigt, immer neue Feinheiten zu entdecken und seine eigenen Fähigkeiten zu steigern. Dass es wie erwähnt, nun auch die Möglichkeit des Skifahrens gibt, wirkt sich nicht so nachhaltig aus, wie ich es gehofft habe. Trotz ein paar kleiner Unterschiede, wie der Möglichkeit, rückwärts zu fahren, steuern sich die "Zwei-Brett-Fahrer" nahezu identisch zu den Boardern.

Mit dem Skifahren öffnen sich neue Trickmöglichkeiten. Trotzdem sind die spielerischen Unterschiede zwischen den Stilen eher gering.
Zudem müsst ihr euch bereits vor dem Start der Tour, die dieses Jahr quasi den Karriere-Modus darstellt, für eine der Brett-Varianten entscheiden. Zum einen erhöht sich dadurch zwar der Wiederspielwert, da man nicht nur mit dem Boarder, sondern auch mit dem Ski-Spezialisten die Nr.1 der Rangliste erklimmen möchte. Doch da einem auf dem jeweiligen Weg zumeist die gleichen Herausforderungen begegnen, wird die Motivation wieder etwas eingedämmt.

Wo wir gerade bei Entscheidungen sind: Angesichts der umfangreichen Editoren, die in zahlreichen EA Sports-Spielen dieses Jahres vertreten sind, ist der Umfang der Charakter-Generierung in SSX on Tour ein schlechter Witz. Was das Aussehen betrifft, stehen zwar einige, aber letztlich im Vergleich verschwindend wenige Möglichkeiten zur Verfügung.

Um euch in der Tour und der damit verbundenen Rangliste nach oben zu arbeiten, müsst ihr euch Reputation in Form des so genannten "Hype" erarbeiten. Diesen Hype könnt ihr wiederum in zahlreichen Wettbewerben einkassieren, die auf einer übersichtlichen Karte auswählbar sind.

Dies wird im Laufe des Spiels jedoch durch ein umfangreiches Klamotten- und Equipment-Arsenal wieder etwas kompensiert.

Die Tour und du

 

Und hier ist schon der größte Unterschied zu SSX 3: Anstatt euch auf dem Berg irgendwo einen Startpunkt zu suchen und dann zu den Wettbewerben zu boarden (unter Umständen ein ziemlich zeitaufwändiges Unterfangen), könnt ihr nun direkt einsteigen, d.h. ihr seid umgehend mittendrin.

Bei den Aufgabenstellungen gibt man sich dieses Jahr ebenfalls variantenreicher. Angefangen bei einer bestimmten Anzahl an Metern, die ihr auf Rails entlang gleiten müsst (natürlich mit Zeitlimit)

Nur Fliegen ist schöner: Sprünge, in die Monstertricks eingebaut werden, gehören zu den optischen Highlights der Tour!
über Trickwettbewerbe, die alt bekannten Rennen bis hin zu Airtime und Duellen, in denen es nur darum geht, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes Betrag X an Vorsprung rauszufahren, scheinen die Entwickler alles aus dem Thema Schneerennen heraus zu holen. Insofern ist Dauerpower-Motivation während der Tour garantiert – zumal etwa ab Platz 100 (ihr startet auf 200) der Schwierigkeitsgrad einen kleinen Zacken zulegt, ohne ins Frustrierende abzurutschen. Aber mit insgesamt mehr als 100 Wettbewerben, mehr als 40 zu gewinnenden Medaillen, haufenweise freischaltbaren sowie im Shop kaufbaren Equipment (natürlich teilweise die Statistikwerte verbessernd), seid ihr lange beschäftigt.

Einigen mag die etwas abhanden gekommene Freiheit des Vorgängers sauer aufstoßen, doch mit den weitläufigen Abfahrtsgebieten, die nur so vor Geheimnissen und Alternativrouten bersten, wird hier ein kleiner Ausgleich geschaffen.

So sehr die allgemeine Präsentation überzeugt, so zweischneidig zeigt sich der Rest der Grafik: Während die Umgebungen äußerst abwechslungsreich sind und der Grafikmotor ein Geschwindigkeitsgefühl auf den Bildschirm zaubert, das Criterions Burnout-Serie alle Ehre macht, können die Figuren nicht so stark überzeugen.

Pistensau im Geschwindigkeitswahn

Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger fällt auf, dass die Charaktere allesamt nicht so detaillierte Texturen aufweisen, wie man es bislang von der Serie gewohnt war. Entschädigung folgt jedoch in Form von aufwändigen Animationen, die vollkommen übergangslos einen Trick nach dem anderen zeigen.

Die halsbrecherische Geschwindigkeit lässt einen den Kopf einziehen und kann Criterions Burnout-Serie Konkurrenz machen.
Besonderes Lob gilt dieses Jahr wieder einmal der Soundkulisse. Insgesamt bietet sie in punkto Umfang und Qualität der Effekte nichts, was nicht auch andere haben. Doch ein Feature wurde wieder integriert, das in dieser Form bereits im allerersten SSX auftauchte: Na? Erinnert ihr euch? Damals wurde die Musik umso intensiver, je weiter ihr in den Rennen vorne lagt. Bei SSX on Tour bedient man sich eines ähnlichen Stilmittels und verzerrt die Musikuntermalung, während ihr bei einem enormen Sprung euer Trickrepertoire abfackelt. Eine einfache, aber äußerst effektiv eingesetzte Methode, um euch noch weiter ins rasante SSX-Geschehen zu ziehen.

Die bei den Figuren eingesparten Details wurden dazu genutzt, die Pisten auch mit unschuldigen Fahrern zu bevölkern, die aber letztlich nur dazu da sind um (wieder eine Parallele zu Burnout) sie umzufahren und so die Boost-Anzeige weiter zu füllen.

Gleichzeitig wurden die Lichteffekte gewaltig aufgepeppt, so dass man letztlich über die etwas verhaltener designten Figuren hinweg sehen kann.

Da keine der Konsolenfassungen über einen Online-Modus verfügt, ist es für Multiplattform-Besitzer nahezu egal, welche Fassung ihr euch besorgt – zumal alle mit gewissen Vor- und Nachteilen belegt wurden. Während die Xbox-Fassung am besten aussieht, hat die PS2-Fassung auf Grund der Dual-Schulterknöpfe in punkto Steuerung die Nase leicht vorn. Und dass der GameCube immer wieder mit leichten (allerdings nicht das Spiel beeinflussenden) Rucklern aufmuckt, wird durch Gastauftritte der Nintendo All-Stars Mario, Luigi und Peach kompensiert, die nach ihren Basketball-Eskapaden in NBA Street V3 nun auch die Pisten unsicher machen.

Versionsunterschiede

   

Fazit

Es ist schon ein gutes Weilchen her, seitdem EA uns mit SSX 3 den Berg hinunter rasen ließ. Und auf den ersten Blick würde man bei SSX on Tour sagen: "Okay, der Grafikstil in den Menüs ist abgefahren. Ach ja, Skifahren geht jetzt auch. Aber sonst ist das doch SSX 3.5". Doch mit vielen kleinen Verbesserungen im Bereich der Steuerung, stark ausgebauten Aufgabenstellungen bei der Tour als Hauptspielmodus sowie einer wahnsinnigen Geschwindigkeit, die den Ausgleich für das etwas vernachlässigte Freiheitsgefühl aus SSX 3 kompensiert, ist On Tour mehr als nur eine lahme Fortsetzung. Und ja: Der Menü-Grafikstil ist nicht nur abgefahren, sondern entspricht mehr dem Genre als sämtlich Versuche der Tony Hawk’s-Serie. Das Skifahren hingegen ist für mich nicht mehr als eine nette Ergänzung eines ohnehin ausgereiften Gameplay-Prinzips. Abgesehen von dem etwas schwachbrüstigen Charaktererstellungs-Tool, dem fehlenden Online-Modus sowie den sporadischen Rucklern, die in der GameCube-Version auftauchen, ist SSX on Tour eine konsequente und empfehlenswerte Weiterentwicklung.

Pro

  • abgefahrene, extrem coole Präsentation
  • satter Soundtrack
  • eingängige Steuerung
  • Skifahren und Snowboarden
  • fettes Trickrepertoire
  • umfangreicher Karrieremodus
  • extremer Geschwindigkeitswahn
  • schöne Animationen
  • viel zu entdecken
  • klasse Soundeffekte
  • Nintendo-Allstars dabei (GameCube)

Kontra

  • kein Online-Modus
  • leichte grafische Defizite (GameCube)
  • rudimentäre Charakter-Erstellung
  • Figuren nicht sehr detailliert

Wertung

XBox

PlayStation2

GameCube