Mario Smash Football - Test, Sport, GameCube
Eines muss man Nintendo lassen: die hauseigenen Helden werden nicht geschont. Auf den Plätzen von Mario Smash Football (MSF) geht es hart und gnadenlos zur Sache. Neben der einfachen Grätsche, diversen Bomben und der Blutgrätsche steht der Elektrozaun im Mittelpunkt der Gemeinheiten: Er ersetzt das Seitenaus und dient nebenbei als Grill mit Winselgarantie. Wenn Peach in seine Maschen befördert wird, verwandelt sie sch für einige flackernde Sekunden in ein kreischendes Brathühnchen - autsch!
Gemeiner Kick
Trotz aller Gemeinheiten steht das runde Leder im Mittelpunkt, denn die Brutzel- und Grätschorgien bringen euch keine Tore. Wer am Ende gewinnen will, muss den Ball laufen lassen, flanken, köpfen und schießen. Gespielt wird auf Zeit zwischen zwei und 15 Minuten, bei einem Unentschieden zählt das Golden Goal. Jedes Team besteht aus fünf Mann: ein automatisch agierender Torwart sowie drei manuell gesteuerte Feldspieler der Marke Toad, Hammer-Brüder, Birdos oder Koopas und natürlich euer Spielführer.
Arcade-Fußball pur
Ihr habt zunächst die Wahl unter acht Helden, die sich laut Anleitung zwar durch besondere Fähigkeiten wie Führung, Aggressivität oder Passen auszeichnen sollen, aber auf dem Platz wenig davon zeigen - alle passen, tricksen, schießen gleich. Und selbst eure kleinen Mitspieler zeigen nur kleine Eigenheiten wie etwa die Flugkopfbälle der Hammer-Brüder; auf Dauer vermisst man wesentliche Unterschiede, die sich auswirken.
Auch sonst gibt sich MSF nicht gerade üppig: Es gibt zwar ein freies Training mit Übungen, aber keine weiteren Minispiele. Warum hat man darauf verzichtet? Hauseigene Funsport-Titel wie Mario Power Tennis haben hier noch ganz tief in die Trickkiste gegriffen und deutlich mehr Langzeitmotivation geboten.
Schade ist auch, dass es nur Pokalwettbewerbe gibt und dass dort keine Tore zählen: Ihr gewinnt, wenn ihr dieselbe Punktzahl wie alle anderen Erstplatzierten erreicht.
Ihr könnt euch den Ball zwar nicht in die Tiefe, aber flach und hoch zuspielen. Kluges Pass-Spiel wird belohnt: Flankt ihr zu einem freien Mann in der Nähe des 16ers, setzt er zu einem besonders starken Zeitlupenschuss an. Ob er einen Seitfall- oder Fallrückzieher, einen Volley oder Flugkopfball aufs Parkett legt, wird anhand seiner Position und der Höhe des Zuspiels
automatisch bestimmt. Leider gibt es nur einen Drehtrick und keine weiteren Finessen am Ball - das ist angesichts des Arcade-Ansatzes enttäuschend. Wer Zidane-Dreher, Dropkick-Zuspiele oder fiese Lupfer sucht, wird eher bei FIFA Street fündig. Und trotz der Möglichkeit des schnellen Direktspiels vermist man auch den Doppelpass. Tempowechsel kann man immerhin über die Spurttaste einleiten.Spielmechanik im Visier
Ihr könnt Schüsse anschneiden, mit mehr Energie aufladen oder sie gezielt hoch über den Torwart schießen. Den effektivsten Abschluss beherrscht nur euer Kapitän: Mario, Luigi & Co können die Schusstaste so lange drücken, bis sie sich in die Luft begeben, um einen Spezialtreffer der Marke Feuerfuss, Raketenrumms oder Powerpranke zu verwandeln - jeder Held besitzt eine dieser fulminanten Visitenkarten. Allerdings ist das nicht ganz einfach, denn zum einen könnt ihr während der Ausführung gestört werden und zum anderen müsst ihr ähnlich wie beim Golfen in einer Zwei-Klick-Methode die grünen Bereiche markieren. Das ist hektisch, knifflig, aber unheimlich lukrativ, denn die Treffer zählen für zwei Tore. Nur sieht man sich auch sehr schnell an ihnen satt.
MSF erreicht bei aller Attraktivität nie die taktische Tiefe der Arcade-Konkurrenten Red Card 20-03 oder die eines Sega Soccer Slam. Der Spielspaß wird dennoch von zwei Eckpfeilen gehalten: Erstens sorgen wüste Grätschorgien in Gegner ohne Ball dafür, dass er eines von neun mächtigen Power-Ups erhält. Diese Panzer, Bomben und Pilze kann man auf Knopfdruck einsetzen und enorme Vorteile gewinnen: Wenn euch ein Stürmer davon läuft, schickt ihr ihm einfach ein Paar rote Panzer hinterher. Und wenn ihr verfolgt werdet, lasst ihr es Bananen regnen. Wer Mario Kart & Co kennt, wird sich sofort heimisch fühlen - selbst der Stern der Unverwundbarkeit ist dabei.
Spielbalance & Stadionkulisse
Zweitens halten die Krokodilskeeper recht gut und schirmen ihren Strafraum automatisch mit knackigen Ellbogenstößen ab. Es gibt zwar immer wieder seltsame Weitschüsse, die sie durchlassen, aber im Großen und Ganzen halten sie den Kasten sauber - vor allem auf den höheren Schwerigkeitsgraden. Falls ihr keine Lust auf Spezialtreffer, Bowser oder Items habt, könnt ihr den ganzen Schnickschnack auch abschalten. Allerdings zeigt sich dann erst recht die Gleichförmigkeit der Mannschaften. Wer mit Freunden gegeneinander oder kooperativ in Teams spielt, wird denoch seinen Spaß haben; reine Solisten können von der Wertung ruhig zehn Prozent abziehen.
Fazit
Als ich im Sommer zum ersten Mal bei Nintendo Mario Smash Football anspielen konnte, war ich vom Klempner im Trikot enttäuscht - der Rhythmus war zu träge, der Spielspaßfunke wollte nicht überspringen. Aber das, was die Japaner jetzt abliefern, kann sich sehen lassen: rasanter und herrlich gemeiner Arcade-Fußball in explosiver Kulisse. Ihr könnt Peach in einen Elektrozaun grätschen und mit Yoshi zum Zeitlupen-Fallrückzieher ansetzen. Und vor allem zwischendurch mit Freunden macht's immer wieder Spaß. Allerdings kommt das Spiel zum einen nicht an das abwechslungsreichere Sega Soccer Slam heran und leidet zum anderen unter fehlender Variation - man erkennt kaum Unterschiede zwischen den Teams, man kann kaum etwas freischalten und Minispiele sucht man vergeblich. All das wäre notwendig gewesen, um in die erste Liga des Arcade-Fußballs aufsteigen und auf lange Sicht motivieren zu können. Unterm Strich dennoch ein guter Kick.
Pro
- klasse Kulisse
- rasantes Spielgefühl
- herausfordernde KI
- vier Schwierigkeitsgrade
- explosive Spezialaktionen
- hervorragende Animationen
- spektakuläre Tore & Zeitlupen
- herrlich gemeine Abwehrattacken
- Multiplayer mit bis zu vier Spielern
Kontra
- Teams spielen sich zu ähnlich
- keine Minispiele oder Spezialmodi
- einige nicht nachvollziehbare Tore
- keine Doppelpässe oder Trickfinessen
- Torverhältnis spielt keine Rolle im Pokal
- erschreckend wenig freizuspielen