Crashday - Test, Rennspiel, PC

Crashday
06.03.2006, Paul Kautz

Test: Crashday

Ist es nicht ärgerlich, wenn man in anderen Rennspielen für das beherzte Rammen eines Konkurrenten oder den einen oder anderen rein zufällig passierten Auffahrunfall Strafpunkte aufgebrummt oder gleich vom Rennen ausgeschlossen ist? Nicht so bei Crashday (ab 14,95€ bei kaufen): Wie der Titel ziemlich unsubtil andeutet, ist hier das Zerdeppern von gut poliertem Blech nicht nur gern gesehen, sondern ein Muss!

Man stelle sich vor, in der Formel 1 wären Raketen zugelassen: Schon beim Start würde das Feld von hinten nach vorne ordentlich gejätet! Zweite Runde, Schumi liegt vorn, was? Hahaaaa, klick, zisch, Buuuuuuuumm - oooch, war das deine Wagenhälfte? Das tut mir ja soo& hey, was hast du mit diesem MG vor? Ratatatatatatata! Keine Reifen mehr, wie? Tja. Würde das den Rennen nicht ordentlich Feuer unterm Hintern machen?

In den Wrecking Matches gibt es keine Freunde - hier kracht das Blech im Sekundentakt!
Was in der wirklichen Welt wohl nur in der Phantasie von Apokalypse-Autoren existiert, gehört bei Crashday zur Tagesordnung: Rammen, Ballern, spektakuläre Sprünge, zerberstende Wagenteile - definitiv kein Rennspiel wie jedes andere!

Es wird rabiat

Während im Hauptmenü schwere Gitarren schrammeln und ein hochglanzpoliertes Muscle Car von allen Seiten mit der Kamera abgefahren wird, haben wir genug Gelegenheit, einen ausführlichen Blick auf die vielen, vielen Menüpunkte zu werfen - alleine für Solo-Pistenrowdies hat Crashday einiges in petto. Da wäre das Einzelrennen, das mehrfach unterteilt ist: Wrecking Match (Gegner möglichst effektiv zerschrotten), Stunt Show (je mehr coole Stunts, desto besser), Hold the Flag (Flagge schnappen, Checkpunkte abfahren), normales Rennen, Pass the Bomb (Bombe weitergeben), Bomb Run (wie bei Speed: sobald man eine bestimmte Geschwindigkeit unterschreitet, gibt's Altblech) und die Testfahrt laden zum Zeitvertreib ein. Die Minigames beherbergen kurzweiligen Solisten-Spaß, denn hier dürft ihr euch ähnlich wie in FlatOut mit kurzen Wettbewerben immer höhere Highscorelisten-Einträge sichern: Nitro-beschleunigte Flüge beim Weitsprung, einen rasanten Abheber in der Autobombe und die gute alte Checkpointjagd - jeweils in zwei Varianten, wobei Letztere erst in der Karriere freizuspielen sind.

Die Karriere ist das Herz von Crashday: Die 24 Missionen werden als Rückblende von einer professionellen Stimme eingeleitet und  bieten ebenfalls mehrere Spielvarianten. Auch hier müsst ihr eine bestimmte Gegnerzahl als Erster schrotten, innerhalb eines Zeitlimits 

Die Landschaft ist eher zweckdienlich als wirklich schön anzusehen.
so viele Stunts wie möglich machen, auf der Strecke oder querfeldein alle Checkpunkte abklappern oder das Ziel in einer bestimmten Zeit erreichen. Für jedes gewonnene Rennen kassiert ihr Preisgelder und Respekt-Punkte - beides unerlässlich für neue Karren und fetzige Tuningteile. Das Aufmotzen eures Garageninhalts ist allerdings eine sehr teure und somit sehr langwierige Angelegenheit, während die Karriere selbst ein eher kurzes Vergnügen ist - die Missionen sind, der fiesen KI und der strengen Zeitlimits zum Trotz, eine Sache von einem Nachmittag. Die insgesamt zwölf Kisten vom rasanten Sportwagen bis zum bulligen Hummer-Verschnitt fahren sich durch die Bank unterschiedlich und sind damit mehr oder weniger für die unterschiedlichen Missionstypen geeignet - Ausprobieren ist also angesagt.

Mein Lieblingslooping

Wer bei Trackmania schon nicht genug vom Streckenbaukasten bekommen hat, der wird die Finger kaum von Crashday lassen können: Auch hier erwartet euch ein mächtiger, aber extrem simpel zu bedienender Leveleditor, mit dem ihr in wenigen Minuten eure Traumstrecke malen könnt. Ja, malen - denn ihr wählt einfach aus fast 300 Objekten wie Straßen, Loopings, Sprungschanzen, Häusern oder Bäumen, setzt einen Startpunkt und zieht mit der Maus eure Runden. Per Druck auf die Enter-Taste könnt ihr euer Meisterwerk gleich ausprobieren, wenn ihr mit dem Ergebnis zufrieden seid, könnt ihr die wenige Kilobyte kleinen Dateien auch

Das Schadensmodell ist einfach genial - bei einem Crash fliegen ordentlich die Fetzen!
weitergeben - und natürlich auch im Mehrspielermodus unters Volk bringen! Via Internet oder LAN dürfen bis zu acht Raser in den Einzelspiel-Modi gegeneinander antreten. Leider ist gerade die Internet-Variante noch sehr instabil und absturzfreudig, aber sonst machen die destruktiven Rennen eine irre Menge Spaß!

Der rockige Ansatz aus dem Hauptmenü wird im Spiel konsequent weitergeführt, der Soundtrack besteht aus einer guten Mischung aus harten und chilligen Klängen sowie gut treibenden Beats. Im Vergleich dazu schwächeln die Soundeffekte, besonders die Motorengeräusche jaulen belanglos vor sich her. Die optik sammelt da schon mehr Pluspunkte, speziell die Automodelle sind extrem gut gelungen: schnittig, sauber animiert und cool designt versprühen die von echten Wagen inspirierten Karren jede Menge Rasanz. Und gehen herrlich zu Bruch, denn das Schadensmodell mit seinen Massen herumfliegender Wrackteile, zerberstenden Scheiben, absprengenden Wagenteilen und richtig fetten Explosionen, die ein sehr befriedigendes KRAWATZ!-Gefühl vermitteln, ist spitze. Um den Schrott-Gaffer endgültig zufrieden zu stellen lässt Entwickler Moonbyte im Pause-Modus die Kamera um den eingefrorenen Wagen rotieren - prima für Screenshots, noch besser für spektakuläre Ansichten explodierender Dinge.

Krawumm und Co.

Für den Rest der Grafik müssen die Superlative etwas zurückgekurbelt werden: durch das Baukastenprinzip sehen die Strecken ganz Tony Hawk-ähnlich recht klotzig und eckig aus, die Schatten sind ein farbarmer Klecks unter den Wagen. Nicht schlimm, aber natürlich kein Vergleich zu Hochglanz-Rennpferden wie NfS: Most Wanted

Fazit

Gar nicht blöd: Die Moonbyte Studios haben sich Konkurrenten wie Trackmania, Destruction Derby, Midnight Club 2 oder FlatOut sehr genau angesehen und die besten Zutaten daraus extrahiert, eine sehr kompetente Grafikengine um das Ergebnis gestrickt und einen coolen Editor dazugebastelt. Das Resultat könnte eine perfekte Mischung aus allem sein, doch leider ist die Suppe nicht würzig genug: Die arcadige Fahrphysik ist ziemlich schwammig, die Gegner-KI zwar rammfreudig, aber ziemlich berechenbar – außerdem ist die Solo-Karriere etwas sehr kurz geraten. Dennoch gerade im Mehrspieler- und Minigamemodus ein großer Spaß, den Fans von Arcade-Racern unbedingt ausprobieren sollten.

Pro

  • etliche Spielmodi
  • cooles Schadensmodell
  • kraftvolle Crashes
  • guter Soundtrack
  • gelungene Sprachausgabe
  • cooler Mehrspielermodus
  • sehr guter Streckeneditor

Kontra

  • mäßige Umgebungsgrafik
  • schlaffe Soundeffekte
  • crashfreudiger Internet-Modus
  • kurzer Solo-Modus
  • solala-Fahrphysik

Wertung

PC

Fetziger Arcade-Racer mit grandiosen Crashes, aber Macken bei Physik und KI.