Tetris DS - Test, Logik & Kreativität, NDS

Tetris DS
28.04.2006, Paul Kautz

Test: Tetris DS

Eine lange Vorrede ersparen wir uns dieses Mal, wer Tetris nicht kennt, hat die Bezeichnung »Zocker« nicht verdient. Tetris ist ein Meilenstein der virtuellen Unterhaltung, ein Klassiker, ein Evergreen – und nur die wenigsten Spiele verdienen es, mit ihm in einem Atemzug genannt zu werden. Starker Tobak, eh? Klar, dass da die Erwartungen an Tetris DS ziemlich hoch sind. Ob sie wohl erfüllt werden können?

1989 war ein wichtiges Jahr für die Videospielewelt: Zum einen revolutionierte Nintendo mit dem Game Boy das mobile Zocken auf immer, zum anderen erblickte Tetris endlich das Licht jenseits des eisernen Vorhangs. Das Beste an der Sache: Beides passierte gleichzeitig! Einen besseren Starttitel als das simple Puzzle der russischen Mathematiker Alexej Pajitnov und Vadim Gerasimov hätte Nintendo nicht als Starttitel für den kleinen grauen Kasten haben können, alleine dieses Spiel sorgte für Millionenverkäufe der Hardware und noch mehr qualmende Köpfe – bis heute! 

Im Standard-Modus wird unten geklotzt, während Mario im oberen Fenster durch klassische Levels hopst.
Unter diesem Gesichtspunkt wirkt es schon irgendwie merkwürdig, dass es 17 lange Jahre dauern musste, bis die Gewinnerkombination Handheld +  Tetris wiederaufersteht. Und es ist nicht allein, nein, es hat noch viele Spielmodi und jede Menge Nintendo-Helden dabei!

Pimp my Klotz

Statt Zwiebeltürme und alter russischer Volksweisen erwarten euch die wichtigsten Herzöge von Big N: Mario, Samus Aran, Link, Donkey Kong oder Yoshi, jeder repräsentiert eine Spielvariante. Die wichtigste und nach wie vor süchtig machende ist »Standard« - Tetris in Reinkultur! Na, wem sagt »Level 9, High 5« noch was? Hier klotzt ihr einfach nur, bis der Bildschirm vollgemüllt ist, hier wartet die Dauerattacke auf die Adrenalin-Rezeptoren in eurem Gehirn. Das blockige Geschehen findet dabei auf dem unteren Schirm statt, während sich auf dem oberen Klein-Mario durch Original-Levels aus SMB und SMB 3 hopst – je effektiver ihr vorgeht, desto weiter kommt er! Das ist nicht nur extrem ablenkend (fiese Falle!), sondern schaltet auch zusätzliche Musikstücke für die Jukebox frei. In diesem Modus lernt ihr auch die neuen Features kennen, die nicht nur Tetris-Könnern das Leben vereinfachen: Ihr könnt wie gewohnt die Steine schneller gen Boden ziehen, oder, wenn ihr euch eurer Aktion sicher seid, ihn direkt dorthin kicken – ein Geschwindigkeitsvorteil, der besonders im Mehrspielermodus an Bedeutung gewinnt! Passt euch ein Block gerade gar nicht ins Konzept, könnt ihr ihn auch gewissermaßen auf Halde legen und später gegen einen anderen tauschen. Der Übersicht und langfristigen Planung dienlich ist die Tatsache, dass euch nicht nur das nächstfolgende Teil, sondern gleich die nächsten sechs (!) angezeigt werden. Und zu guter Letzt wird die Fallposition des aktuellen Blocks auf den Bildschirmboden angezeigt - keine »Argh, da wollte ich doch gar nicht hin!!«-Patzer mehr. Zwei dieser Features, das blitzartige Herunterziehen und die Positionsanzeige, lassen sich in den Optionen deaktivieren. Dennoch nimmt gerade die perlenschnurartige Anzeige der folgenden Teile dem Spiel viel von seinem Glückselement und macht es dadurch verhältnismäßig einfach.

Ob die 17 Jahre Wartezeit wohl für das Ausknobeln neuer Spielmodi draufgingen? Jedenfalls zeugt Tetris DS mehr als jeder andere Klon von Kreativität der Entwickler: Bei »Fang« habt ihr wie bei Katamari eine Art klebrigen Klotz, von oben regnen die üblichen Teile herab. Während ihr also einen vertikalen Metroid-Level durchscrollt, pappen die Teile am Klebeklotz an, der sich in 90°-Winkeln drehen lässt. Bildet ihr eine große Gruppe, löst sie sich in Wohlgefallen auf und bringt Punkte.       

Link? Samus? Kong? Ihr hier?

Baut ihr Mist, könnt ihr auch mit einem vorbeirauschenden Metroid kollidieren, der den ganzen Haufen sprengt – aber auch gleichzeitig an eurer Lebensenergie nascht. Ist die verbraucht, ist das Spiel vorbei. Das »Puzzle« spielt im Ambiente des 92er »Yoshi’s Cookie«: Hier müsst ihr in wenigen Zügen und nur mit vorgegebenen Klötzen die gesamten Bildschirm entblocken - 200 Puzzles lang, die anfangs kinderleicht sind, aber schnell den Kopf qualmen lassen – immerhin hetzt euch hier kein 

Der Missions-Modus stellt euch vor immer kniffliger werdende Aufgaben.
Zeitlimit. Die »Mission« findet im fernen Hyrule statt: Hier bekommt ihr eine Aufgabe  wie »Baue mit diesem Teil zwei Reihen gleichzeitig ab« oder »Beseitige alle Reihen, ohne ein Teil zu drehen«, und habt dann ein mit stetig weniger werdenden Zelda-Herzen dargestelltes Limit Zeit, selbiges zu lösen. Bei »Touch« kommt endlich mal der Stylus zum Zuge, denn hier sollt ihr einen bestehenden Klotz-Berg von unten abbauen, indem ihr mit dem Stift die Teile so verschiebt, dass sie nachrutschen und verschwinden. Auch dieser Modus ist nichts für Hektiker, stattdessen solltet ihr euch für die Entscheidungen Zeit lassen – man ist schneller zugebaut, als man denkt! Der letzte Modus ist schließlich der von Gastgeber Donkey Kong präsentierte »Druck«, eine Art Tetris-Battle: Ihr beginnt in der Mitte des Spielfelds und versucht den Gegner, KI oder Mensch, mit geschickt abgebauten Klötzen auf seine Seite zu schieben – wer zuerst dort landet, hat verloren. Hektik pur! Jeder Modus ist seinerseits noch teilweise in leicht andere Varianten unterteilt, so dass nicht so schnell Langeweile aufkommen sollte.

Ein Mehrspielermodus ist nichts Neues im Land der Klötze – schon am Game Boy konnte man per Linkkabel zwei Tiefstapler hoch gegeneinander antreten. Doch jetzt klotzt Nintendo wirklich: Wie wäre es mit einem Zehn-Mann-Tetris-Deathmatch? Da staunt ihr Klötze, was? Und das Ganze auch noch mit nur einem Modul, großzügigem Singlepak-System sei Dank. Habt ihr also neun Freunde mit DS und etwas Langeweile zur Hand, sind die nächsten Stunden hoffnungslos verplant - zumal ihr auch noch Items benutzen dürft, die zeitweise z.B. die Fallgeschwindigkeit erhöhen, ein Teile-Drehen verhindern oder nur eine Sorte Steine zulassen. Brillant! Nicht ganz so ausgefuchst wird online gewerkelt, hier dürfen nur zwei (Druck-Modus) oder bis zu vier Spieler in der Standard-Variante gegeneinander antreten. Witzig, aber kein Vergleich zum möglichen Gezeter, das zehn in einem Raum befindliche Spieler anrichten können…

Du klotzt nicht allein

Die Präsentation ist so gut, wie es bei Tetris eben möglich ist: Vielfarbige Klötze gesellen sich zu klassischen Nintendo-Figuren der 8Bit-Ära – nicht spektakulär, aber zweckdienlich. Etwas aufwändiger ist da schon die Akustik: In jeder Spielvariante erklingen andere, gut bis witzig geremixte Nintendo-Melodien und teilweise auch altbekannte Tetris-Weisen, die sich auch einzeln in der Jukebox anhören lassen. Ebenso wie auch bei Mario Kart DS vermisst man hier allerdings schmerzlich eine Chat-Funktion über das eingebaute Mikro – die regelmäßig einsetzenden Wutanfälle über das Netz zu übertragen wäre ein willkommener Bonus gewesen.       

Fazit

Seht in mein Profil – Tetris ist mein unangefochtener All-Time-Favorite! Nimmt Tetris DS jetzt souverän den zweiten Platz ein? Nein, aber das ist auch gar nicht so ohne weiteres möglich. Dem Spiel kann man es aber nicht vorhalten, denn es macht fast alles richtig: Das klassische Prinzip wird ohne große Experimente auf den DS übertragen, interessante Ableger verbergen sich in den zusätzlichen Modi – das ist wirklich durchdacht! Allerdings finde ich es schade, dass sich nicht alle Vereinfachungen deaktivieren lassen, gerade die Vorschau der nächsten sechs Teile erleichtert das Abräumen erheblich! Und die Online-Modi – okay, sie funktionieren gut, sind aber arg entschlackt. Nichtsdestotrotz: Alleine mit Fang, Puzzle und Mission seid ihr monatelang beschäftigt, und die Standard-Variante könnte das Zeug dazu haben, auf Jahre hinaus an den DS zu fesseln. Für mich ist Tetris DS neben Meteos der wichtigste Puzzler der Neuzeit!

Pro

  • schwer süchtig machend!
  • grooviger Soundtrack
  • massig Spielmodi, die meisten davon sehr gut
  • großartiger lokaler Mehrspielermodus mit nur einem Modul
  • witzige Fensternutzung
  • nette Retro-Präsentation

Kontra

  • Standard-Modus für Tetris-Könner viel zu einfach
  • eine Chat-Funktion wäre super
  • arg entschlackte Online-Modi

Wertung

NDS

Einer der intelligentesten Puzzler unserer Zeit!