War on Terror - Test, Taktik & Strategie, PC

War on Terror
02.05.2006, Bodo Naser

Test: War on Terror

Ich bin ganz ehrlich: Ich habe die Nase voll vom x-ten Echtzeit-Strategiespiel selber Machart mit pseudorealistischem Hintergrund - egal ob es nun im Zweiten Weltkrieg, in der Moderne oder im Hindukusch spielt. Wenn es euch vielleicht ähnlich ergeht, werft dennoch zusammen mit mir einen Blick auf War on Terror (ab 9,99€ bei kaufen) von Digital Reality. Was bietet es, das uns letztlich doch noch hinterm Ofen hervorlocken könnte?

Die Story liefert einen netten, aber leider wenig einfallsreichen Rahmen für das Spielgeschehen: Im Jahr 2008 tobt nicht nur der Krieg der hochgerüsteten World Forces (WOFOR), die auch gut "US-geführte Koalition" heißen könnte,

Wer kämpft hier gegen wen? Die Terroristen des Ordens verüben Anschläge, aber warum? Ein bisschen mehr Erzähltiefe wäre wünschenswert.  
gegen die postsowjetisch ausgestattete Terrorgruppe "Orden", die mit ihren "Terrorzellen" entfernt an Al-Kaida erinnert. Es droht auch noch gleichzeitig ein Krieg im fernen Osten zwischen China und Erzfeind Nordkorea. Die Terroristen bereiten eine Reihe von Anschlägen rund um den Globus vor, während die Guten im Irak gegen die arabisch angehauchten Guerillakämpfer vorgehen. Die chinesische Volksbefreiungsarmee versucht, die eingesickerten Feindkräfte des kommunistischen Bruders und Nachbarn wieder loszuwerden.

Kriegsgott über...

Kritische Untertöne sind leider nur selten zu vernehmen, etwa wenn die World Forces unschuldige Kinder und Frauen bombardieren sollen, wogegen sich sogar Protest bei der virtuellen Armee regt. Dieses Hinterfragen des Krieges wäre ein guter Aufhänger gewesen, den die Macher aber ungenutzt verstreichen lassen - schade. Insgesamt kommt die Story trotz dreier Helden nicht an den viel packenderen Tiberium-Konflikt zwischen NOD und GDI heran, auch weil alles etwas zu oberflächlich abläuft. Trotz Anleihen aus der Realität wie etwa dem Krieg im Irak, bleibt es mir letztlich egal, was abgeht. Die Missionen stehen im Vordergrund und nicht eine spannende Geschichte mit interessanten Charakteren.

Drei Kampagnen im Irak, Mittelamerika und Ostasien sind spielbar, die insgesamt 23 Missionen umfassen. Diese sind dank verschiedener Ziele, Bonusaufgaben und unerwarteten Ereignissen abwechslungsreich genug, um

Einsatz in der Verbotenen Stadt. Wer hier Feindkontakte vermeidet, der bekommt Bonuspunkte. 
nicht sogleich wieder langweilig zu werden, auch wenn es im Grunde immer wieder ums Abklappern von leuchtenden Punkten auf der Karte geht. Bei den Bonuszielen habt ihr die Wahl: So könnt ihr euch mit den chinesischen Rotgardisten nicht nur normal den Weg freiballern, sondern versuchen, ohne Feindberührung die Wachposten zu umkurven, was Extrapunkte bringt. Der Bau von Basen kommt übrigens nicht vor, da alle Missionen taktischer Natur sind. Es gibt drei Schwierigkeitsgrade, von denen der mittlere schon recht happig ist.

Spielumfang

Da ihr die Möglichkeit habt, nach eigenem Gusto Verstärkung anzufordern, ist die Herausforderung allerdings etwas abgemildert. So wird auch verhindert, dass ihr eine Mission nicht mehr meistern könnt, weil etwa der Mechaniker das Zeitliche gesegnet hat, den ihr für den Sieg braucht: Ihr lasst einfach einen neuen einfliegen. Vor jeder Mission bekommt ihr ein Punktekonto, mit dem ihr Soldaten und Waffen einkaufen könnt. Ihr könnt euch also hier eure ganz spezielle Truppe zusammenstellen. Und wenn euch das zu viel wird, dann nehmt ihr einfach die vorgefertigte Armee, die es auch gibt. Auch während der Missionen kommt öftes Nachschub, was automatisch abläuft, wenn ihr einen Punkt erreich habt.

Die Units sind an echte Militäreinheiten der Jetztzeit angelehnt, wie den Hummer-Jeep, den BTR-70 Schützenpanzer oder den Mi 24 "Hind"-Kampfhubschrauber. Es gibt allerdings auch Weiterentwicklungen und

Das Waffenarsenal ist aktuell bis futuristisch, wobei die Technik nicht aus der Luft gegriffen ist. 
Prototypen wie den superfetten Belagerungspanzer "Red Eagle" HST der Chinesen, die pure Fiktion sind. Das erinnert dann schon eher an die stählernen Ungetüme der Harkonnen aus Dune, als an echte Waffen. Trotzdem existiert insgesamt eine gelungene Mischung aus realem und erfundenem Gerät. Neugierig macht mich auch, dass die Vehikel erst nach und nach in der Kampagne kommen. Jedes Fahrzeug, sogar die normalen Autos auf der Straße, lässt sich wieder mit Mannschaft bestücken, wie ihr es vielleicht noch von Digital Realitys Afrika Korps-Reihe kennt.

Modernes Gerät

Die Bewaffnung der drei Parteien ist recht ausgeglichen, wobei der Schwerpunkt bei den World Forces eher auf ausgefuchster Technik, beim Orden eher auf Wendigkeit und Tarnung und bei den Chinesen auf schwerem Gerät wie Panzern und Kampfhubschraubern liegt. So spielen sie sich weniger unterschiedlich, als die teils exotischen Einheiten zunächst vermuten lassen. Die meist nach Skript agierenden Feinde sind aggressiv und zahlreich genug, um euch in Verlegenheit bringen zu können. Leider feuern eure eigenen Einheiten nur bei manueller Anleitung richtig, dass sie ihr automatisches Feuer nicht konzentrieren. Eine frei agierende KI kommt jedoch nicht vor, da es auch keine freien Spiele gibt.

                      

Wichtiger sind allerdings die vielen Fußsoldaten, die allerhand Spezialfähigkeiten bieten. Diese sind es oft, die den Sieg bringen oder dafür sorgen, dass ihr ein Bonusziel letztlich erreicht. Die Söldnerinnen des Ordens

Der Arzt ist nicht nur zum Heilen da. Die Einheiten besitzen Spezialfähigkeiten, die ihr nicht immer alle braucht.
 etwa sind nicht nur geübte Scharfschützinnen, die sich selbst perfekt tarnen können, sie sorgen auch dafür, dass alle anderen Truppen nicht zu sehen sind. Die Mediziner retten nicht nur das Leben von Verletzten, sie können auch eine Kampfdroge verabreichen. Alle Einheiten gewinnen an Erfahrung, können diese aber in der Mehrzahl nicht in die nächste Mission mitnehmen, da ihr die Armee nicht komplett weiter führt. Erhalten bleiben euch die erfahrenen Helden, die unbedingt überleben müssen.

Ein-Mann-Armee

Die Steuerung der Einheiten funktioniert leider nicht immer ganz so rund, obwohl eine Minikarte für Übersicht sorgt. So betreten eure Einheiten schon mal ein Gebäude, ohne dass ihr es wollt, weil die Häuser in der Nahansicht durchsichtig sind, aber trotzdem noch zählen. Dann könnt ihr lange klicken, ohne dass ihr auf eine Straße gelangt. Oftmals sind die Truppen nur schlecht auszumachen, da sie getarnt oder versteckt sind. Auch die Wegfindung ist nicht immer vom Feinsten, da mancher Soldat lange Umwege macht. Sonderaktionen lassen sich nicht durchführen: Die Scharfschützin feuert ihre Sender nicht auf die Fahrzeuge, der Bau von Barrikaden ginge auch weniger umständlich und der gekidnappte Präsident will partout nicht mitkommen. Die Flugobjekte anzuklicken, ist nicht einfach und erfordert viel Übung.

Der Multiplayer umfasst rund 20 Karten, auf denen bis zu acht Feldherren gegeneinander im LAN und Internet spielen können. Es gibt die typischen Modi von Eroberung über Deathmatch, Capture the Flag, Steal the Flag, Konvoi, König des Hügels bis zum Überleben. Allerdings: Was nützt die schönste Online-Funktion über GameSpy, wenn sich niemand in der Internet-Lobby herumtreibt, der mit euch spielen will? Mit der Bekanntheit ist es also nicht weit her. Denn ein ordentlicher Multiplayer braucht menschliche Mitspieler, die sich hier viel zu selten einfinden wollen. Ist beim viel bekannteren Act of War bisweilen schon Warten auf Mitspieler angesagt, herrscht hier tote Hose.

Durchwachsener Multiplayer

Optisch hat War on Terror Einiges zu bieten, allen voran die gleißenden Explosionen, die den Bildschirm fast zum Erzittern bringen - eine moderne 3D-

Wer ganz auf die Straße runterzoomt, bekommt detailreiche Einsichten spendiert.  
Engine mit verbesserten Partikeleffekten macht's möglich. Ihr könnt ganz runter zoomen bis in die Gesichter der Soldaten und auf den Asphalt, wo die Waffen sprechen. Die Fahrzeuge sind realistisch abgebildet und werfen einen Schatten. Das umfahren der Bäume sieht aber bei Act of War besser aus. Außerdem gibt es eine Menge Details, die das Spiel authentisch machen: So findet ihr auf den lehmfarbenen Wänden Graffitis, die aus der Ferne gar nicht so erkennen sind. Das Ganze wird nett präsentiert mit gezeichneten Zwischensequenzen und Sprachausgabe, dennoch kann es nicht mit der durchgehend filmreifen Aufmachung von Act of War mithalten, da die Sequenzen nur am Anfang kommen.

Edel-Grafik

Diese Grafikpracht schlägt sich leider auf die Performance nieder, denn wer keine Grafikkarte mit 256 MB Speicher hat, wird mit Rucklern und Standbilder leben müssen. Besonders dann, wenn auf dem Bildschirm die Hölle los ist, wie das bei den Kämpfen ständig der Fall ist.

Auch an den Geräuschen gibt es wenig auszusetzen - sie bieten euch den typischen Gefechtslärm. Hier peitschen Schüsse durch die Gassen, dort erschallen Befehle und hier drüben rumpelt ein Panzer durch den Staub. Geht ihr ganz nah ran, hört ihr sogar das Brummen der Motoren im Leerlauf. Die gemischte Musik ist weniger prickelnd, immerhin passt die Metal-Musik einigermaßen zu den explosiven Missionen des Ordens. Es gibt Sprachausgabe, die sehr überzeugend rüberkommt: Klickt ihr auf einen Rotgardisten, so gibt der chinesische Klänge von sich. Von den Helden gibt es Deutsch mit arabischem oder südamerikanischem Zungenschlag, was besser klingt, als es sich hier liest. Die Sprache ist insgesamt professionell aufgenommen, kommt aber nur am Anfang vor; später heißt es: selber lesen. 

          

Fazit

Nichts Neues also im Staate Echtzeit-Taktik. War on Terror gibt sich alle Mühe aufzutrumpfen, aber bei mir will der Funke nicht so richtig überspringen. Trotz realistischer Bewaffnung, Verstärkung anfordern, Armeen selbst einkaufen und toller 3D-Gefechtsgrafik. Leider gibt es dabei nichts, was es nicht schon so oder so ähnlich bei anderen Echtzeit-Taktikspielen gegeben hat. Und sei es nur die Funktion, dass ihr Fahrzeuge bemannen könnt, was spätestens seit Afrika Korps keinen mehr überrascht. Mit der guten alten Afrika Korps-Reihe hat das Spiel übrigens nichts mehr gemein. Die Missionen der Terroristen hängen leider zu sehr in der Luft: Wieso soll ich mich für die Terrorgruppe stark machen? Da fehlt mir trotz Helden und Einführung einfach die Identifikation. Außerdem ist die Bedienung alles andere als eingängig, was für Frust sorgen kann. Den Multiplayer könnt ihr getrost links liegen lassen, denn er ist weder interessant, noch findet ihr ausreichend Mitspieler. Auch hier stellt sich daher die berechtigte Frage: Warum soll sich jemand War on Terror kaufen, wenn er Act of War oder Command & Conquer haben kann?

Pro

  • drei Kampagnen
  • alle Fahrzeuge besetzen
  • in Pause Befehle erteilen
  • Truppen selbst zusammenstellen
  • Verstärkung anfordern
  • Einheiten werden erfahrener
  • wuchtige Explosionen
  • original Gefechtslärm
  • nette Aufmachung
  • Karten-Editor

Kontra

  • altbekanntes Prinzip
  • teils ungenaue Bedienung
  • gewisser Hardware-Hunger
  • Einheiten machen Umwege
  • automatisches Feuer unkoordiniert
  • nur Helden in nächste Missionen mitnehmen
  • Kopierschutz nervt
  • kaum Leute für Online-Multiplayer

Wertung

PC

Ein Echtzeit-Taktikspiel wie viele andere, bei dem ihr auch die Terroristen spielen könnt.