The Outfit - Test, Action-Adventure, 360

The Outfit
05.05.2006, Michael Krosta

Test: The Outfit

Nazis sind böse! Und genau deshalb eignen sich die Hakenkreuz-Schergen immer wieder als perfektes Feindbild. Man denke nur an Indiana Jones, Wolfenstein oder die zahlreichen Spiele und Filme rund um den Zweiten Weltkrieg. The Outfit (ab 9,11€ bei kaufen) reiht sich nahtlos in diese Gruppe mit ein und lässt euch mit einem Team knallharter US-Soldaten und schweren Geschützen auf SS & Co los…

So langsam hatte ich die Hoffnung, dass sowohl Entwickler als auch Publisher eingesehen haben, dass die Thematik Zweiter Weltkrieg in Videospielen mittlerweile ziemlich ausgelutscht ist. Aber genau so könnte ich auf einen Lottogewinn hoffen, also

Mit der Bazooka lassen sich herannahende Fahrzeuge schnell zerstören.
werden wir uns wohl auch in Zukunft noch auf zahlreiche Schlachtfelder begeben und den Nazis den Garaus machen. Jetzt ist selbst Relic auf diesen Zug aufgesprungen, die mit Spielen wie Homeworld begeistert haben. Im Xbox 360-Titel The Outfit kämpft ihr euch in der Kampagne durch zwölf mehr oder weniger große Karten, die allesamt nach dem gleichen Prinzip aufgebaut sind: Ballert alles über den Haufen, was euch vor die Flinte läuft und erobert dabei strategisch wichtige Punkte wie Sendemasten und Fahrzeugfabriken, die euch neue Möglichkeiten eröffnen.

Der totale Krieg – schon wieder!

Ihr habt die Wahl zwischen drei Outfit-Mitgliedern, die sich bezüglich Bewaffnung, Lebensenergie und Ausdauer voneinander unterscheiden. Während Captain Deuce Williams mit Bazooka oder einem Panzerabwehrgewehr eher der Mann für grobe Einsätze gegen Fahrzeuge ist, schaltet Sergeant Macintyre mit Flammenwerfer und Maschinenpistolen das feindliche Fußvolk reihenweise aus. Ihr verfolgt das Kampfgeschehen immer aus der Schulterperspektive und nehmt mit dem Fadenkreuz die Gegner ins Visier, wobei euch das Zielen durch eine leider nicht abschaltbare Zielhilfe etwas vereinfacht wird. Doch allein würdet ihr der Übermacht an Nazisoldaten hilflos gegenüberstehen. Deshalb stehen euch vier weitere Begleiter zur Seite, die mit euch Seite an Seite kämpfen. Dabei habt ihr sogar die Möglichkeit, der Gruppe taktische Befehle wie Sperrfeuer oder den Angriff auf ein bestimmtes Ziele zu erteilen, auch wenn The Outfit insgesamt weniger ein Taktik-Shooter als viel mehr ein simples Arcade-Ballerspiel ist. Ihr verfügt über einen unbegrenzten Munitionsvorrat, die Lebensenergie regeneriert sich nach kurzer Zeit von selbst und sollten eure Begleiter vorzeitig im Kugelhagel sterben, fordert ihr einfach neue Kameraden an. Beißt ihr dagegen selbst ins Gras, könnt ihr immer wieder an verschiedenen Respawn-Punkten ins Spiel einsteigen und einen neuen Versuch starten. Folglich schert ihr euch in der Regel einen Dreck darum, ob ihr oder eure Kameraden überleben oder Opfer des Krieges werden. Ein Knopfdruck bzw. eine Wartezeit von fünf Sekunden genügt – und schon seid ihr wieder bereit für die wilde Baller-Action, die irgendwie ganz und gar nicht zu den Strategieexperten von Relic zu passen scheint. Allerdings hättet ihr auch viel zu tun, wenn ihr eure Begleiter beschützen müsstet, denn genau wie eure Gegner zeichnen sie sich mit

Alles Gute kommt von oben: So auch euer bestellter Nachschub.
dämlichen Harakiri-Aktionen nicht gerade durch einen hohen IQ aus und fügen sich in ihre Rolle als stupides Kanonenfutter ein. Trotzdem sind sie oft eine kleine Erleichterung, wenn sie feindliche Soldaten ablenken oder ihr sie auf ein bestimmtes Ziel ansetzt.

   

Gemeinsam gegen das Böse

Ihr zieht nicht nur zu Fuß gegen die feindlichen Truppen ins Feld: Mit bewaffneten Jeeps, Kettenfahrzeugen, schweren Panzern und anderen Vehikeln macht ihr euren Feinden das Leben zur Hölle, zerstört Absperrungen oder jagt ganze Gebäude in die Luft. Stehen nicht zufällig unbenutzte Fahrzeuge auf den Schlachtfeldern herum, könnt ihr diese auch selbst anfordern. Voraussetzung ist jedoch, dass ihr zuvor bereits den Fuhrpark der Nazis eingenommen habt und über genügend Kleingeld verfügt. Letzteres bekommt ihr für jede getötete Einheit sowie das Erreichen von Missionszielen auf einem Konto gutgeschrieben. Neben Fahrzeugen habt ihr zudem die Möglichkeit, Flak-, MG- und Artillerie-Geschütze zu kaufen, mit denen sich bereits eroberte Gebiete optimal verteidigen lassen. Schöner Nebeneffekt: Jedes Geschütz kommt mit einem weiteren Soldaten daher, so dass euch neben den vier Begleitern weitere Man-Power zur Verfügung steht. Sämtliche Einheiten werden umgehend durch die Luftunterstützung geliefert und stehen bereits innerhalb weniger Sekunden zur Verfügung. Doch auch die Nazis verfügen über eine hervorragende Logistik und erfreuen sich ebenfalls an kontinuierlichem Nachschub aus der Luft – seien es Soldaten oder Fahrzeuge. Folglich ist auf dem Schlachtfeld immer was los und es knallt, brummt und schreit aus allen fünf Soundkanälen, so dass ihr jederzeit den Eindruck habt, euch mitten im Krieg zu befinden. Für einige Lacher sorgt dabei die Synchronisierung: Eigentlich stehen neben der gelungenen englischen Sprachausgabe lediglich übersetzte, aber durch den Hintergrund manchmal schlecht lesbare Untertitel zur Verfügung. Da ihr jedoch gegen Deutsche kämpft, haben es sich die Entwickler nicht nehmen lassen, die Feinde in unserer Muttersprache sprechen und vor allem fluchen zu lassen, wobei ihr verdächtig oft das bekannte S-Wort zu hören bekommt.

Ein Hauch von Command & Conquer

    

Seid ihr zu Fuß unterwegs, habt ihr euren Charakter gut unter Kontrolle. Zwar erfordert es eine kurze Eingewöhnungszeit, bis ihr den Durchblick über das Einkaufen und Platzieren von Einheiten habt, doch geht die Steuerung danach schnell in

Ist der Sendemast erobert, könnt ihr Luftschläge anfordern.
Fleisch und Blut über, so dass ihr euch problemlos durch die Straßen der Stadt oder ländliche Gebiete schlagt. Die Fahrzeuge lassen sich dagegen jedoch sehr schlecht kontrollieren und verfügen über ein lächerliches Fahrmodell, das kaum der Rede wert ist. Zudem ist es etwas unglücklich, dass ihr die Vehikel komplett mit dem linken Analogstick steuert, was gerade beim Lenken oder Rückwärtsfahren mehr schlecht als recht funktioniert – vor allem, wenn ihr in engen Straßen jonglieren müsst. Auch das Zielsystem ist etwas nervig, da ihr vor allem auf weite Distanz eure Widersacher trotz Zoom-Funktion kaum trefft, während ihr selbst Treffer einstecken müsst.

Steuerung mit Macken

Spielerisch hat The Outfit mit der immer gleichen Missionsstruktur und simplen Massen-Ballereien schon nicht viel zu bieten, aber was sich in technischer Hinsicht auf unserem (HD-)Fernseher gezeigt hat, sieht alles andere als nach einem Next-Generation-Titel aus. Gerade verglichen mit Call of Duty 2 oder GRAW wirken die Texturen und abwechslungsarmen Kulissen sehr grob und an allen Ecken und Enden ploppen neue Objekte ins Bild – und das nicht nur am fernen Horizont, sondern auch unmittelbar vor euren Füßen. Auch die Rauch- und Explosionseffekte sind eher unterer Durchschnitt, so dass The Outfit abgesehen von der höheren HD-Auflösung auch ohne weiteres als Xbox-Spiel durchgehen könnte. Eine Warnung geht an dieser Stelle an alle Besitzer älterer Fernsehgeräte: Obwohl sich auf der Verpackung kein Hinweis befindet, läuft The Outfit ausschließlich unter 60Hz! Seltsamerweise muss die Xbox 360 auch dann auf den 60Hz-Modus eingestellt sein, wenn ihr an einem HD-Gerät spielen wollt – warum auch immer. Sollte dies bei euch nicht der Fall sein, müsst ihr also zunächst den Schalter an eurem HD-Kabel

In diesem Menü wählt ihr aus, welche Unterstützungseinheiten ihr kaufen wollt.
umlegen und im normalen TV-Modus in den PAL-Einstellungen auf 60Hz schalten, um anschließend in HD loslegen zu können.

Die alte Generation

Neben der Kampagne könnt ihr euch auch in Multiplayer-Gefechten in den Krieg stürzen. Offline messt ihr euch mit einem weiteren Mitspieler im Splitscreen in Standard-Modi wie Deathmatch, Zerstörung oder Strategischer Sieg, bei dem ihr die Mehrzahl an strategisch wichtigen Objekten kontrollieren müsst. Über Xbox Live oder System Link dürfen sich dagegen bis zu acht Teilnehmer die Hölle heiß machen, wobei online auch Ranglisten-Spiele möglich sind. Daneben besteht die Möglichkeit, in einem Koop-Modus die Kampagne erneut in Angriff zu nehmen, wobei nur Aufträge zur Verfügung stehen, die alle Spieler bereits erreicht haben. An die Attraktivität und Vielfalt eines Battlefield kommt The Outfit allerdings nicht heran.

Multiplayer-Krieg

  

Fazit

Relics Versuch, 3rd-Person-Action mit Echtzeitstrategie zu vermischen, ist leider daneben gegangen, denn dafür beherrscht die stupide Baller-Action einfach zu sehr das grafisch für Next-Generation sehr unspektakulär inszenierte Kampfgeschehen. Und wo bleibt die Spannung, wenn ich nach meinem Ableben jederzeit fünf Sekunden später mit dem Helden meiner Wahl auf das Schlachtfeld zurückkehren kann, als wäre nichts gewesen? Zwar ist die Kampagne mit ihren zwölf Karten relativ umfangreich ausgefallen, doch sind die Missionen immer nach der gleichen Struktur aufgebaut, so dass sich schnell Langeweile einstellt. Positiv ist jedoch die Anzahl an Einheiten vom Panzer bis zum Flak-Geschütz, die dem Titel zumindest einen Hauch von Taktik vermitteln. Auch der Multiplayer-Modus geht in Ordnung, obwohl bis auf die Koop-Kampagne lediglich wenige Standard-Modi geboten werden und die z.T. großen Karten auch mehr als maximal acht Spieler vertragen würden. Steht ihr auf anspruchslose Non-Stop-Action und könnt einem im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Szenario immer noch etwas abgewinnen, solltet ihr ein Probespiel wagen. Wer sich von The Outfit dagegen taktisch anspruchsvollere Kämpfe mit Next-Gen-Optik verspricht, sollte sich lieber nach Alternativen wie Ghost Recon: Advanced Warfighter umsehen.

Pro

  • viele Kriegsgeräte und Vehikel
  • umfangreiche Kampagne
  • gelungener Multiplayer-Modus
  • für Action-Fans ein Ballerfest
  • gute engl. Sprachausgabe
  • packende Soundkulisse

Kontra

  • nervige Fahrzeugsteuerung
  • immer gleiche Missionsstruktur
  • Taktik versinkt in der Action
  • insgesamt enttäuschende Kulisse
  • Pop-Ups ohne Ende
  • leichte Slowdowns
  • schlampige PAL-/HDTV-Anpassung (nur 60Hz)
  • unendliche Respawn-Möglichkeiten
  • Untertitel manchmal schlecht lesbar
  • nur dt. Untertitel   

Wertung

360