Tropico - Test, Taktik & Strategie, PC

Tropico
01.05.2001, Jörg Luibl

Test: Tropico

Passend zum Sommerwetter präsentieren Euch die Macher von Railroad Tycoon 2 Ihr neuestes Werk: Tropico (ab 5,99€ bei kaufen). Eine kleine Karibikinsel, hoffnungsvolle Bewohner und ein Haufen Probleme warten auf einen Diktator mit Manager-Qualitäten. Ob der explosive Mix aus Wirtschafts-, Aufbau- und Politiksimulation die Spielspaßbombe platzen lässt, erfahrt Ihr in unserem Test!

Passend zum Sommerwetter präsentieren Euch die Macher von Railroad Tycoon 2 Ihr neuestes Werk: Tropico. Eine kleine Karibikinsel, hoffnungsvolle Bewohner und ein Haufen Probleme warten auf einen Diktator mit Manager-Qualitäten. Ob der explosive Mix aus Wirtschafts-, Aufbau- und Politiksimulation die Spielspaßbombe platzen lässt, erfahrt Ihr in unserem Test!

Viel Sonne, wenig Wohlstand: Irgendwo in der Karibik liegt eine kleine Insel. Gerade mal 40 Einwohner gehen Ihrem armseligen Tagewerk nach, pflanzen ein bisschen Mais und genießen abends ein Gläschen Rum in der zugigen Wellblechhütte. Es gibt keine Zeitung, keinen Strom, kein Krankenhaus, keine Perspektive. Doch dann naht Hoffnung am sonnenhellen Horizont: Ihr, der neue "El Presidente", übernehmt ab sofort die Regierungsgeschäfte! Es geht aufwärts - oder?

Story

Tropico bietet neben dem einführenden Tutorial zwei Spielmodi: In den Szenarien könnt Ihr Euch mit vorgefertigten Probleminseln beschäftigen, und im freien Spiel dürft Ihr dank zahlreicher Optionen z.B. selber entscheiden, wie groß die Insel, die Rohstoffvorkommen oder die Schwierigkeit ist.

Gameplay

Euer Titel lautet zwar "El Presidente", aber Ihr dürft Euch Euren Charakter gleich zu Beginn selbst aussuchen - wann kann man das schon! Rollenspiel-ähnlich könnt Ihr Euch zunächst ein passendes Bildchen wählen, von Fidel Castro, Evita Peron bis hin zu Lou Bega bietet die Palette für jeden und jede etwas. Wichtiger sind allerdings die Punkte Werdegang, Machterlangung, Stärken und Schwächen, aus denen Ihr Euren ganz persönlichen Diktator-Cocktail mixen dürft: Seid Ihr Revolutionär oder reicher Sohnemann? Plagt Euch die Spielsucht, oder greift Ihr des Öfteren zum Rum? Seid Ihr ein Mann des Volkes, oder geldscheffelnder Egoist? Eine Zusammenfassung präsentiert Euch dann alle positiven und negativen Einflüsse, die Ihr mit ins Spiel bringt; Unentschlossene können auch auf vorgefertigte Persönlichkeiten zurückgreifen.

Zwar ist die wirtschaftliche Lage zu Beginn der 50er Jahre sehr desolat (Maisfarmen, Wellblechhütten, keine Infrastrukur etc.), aber dafür gönnen Euch die positiv denkenden Bewohner einen gewissen Vertrauensvorschuss. Berieselt von karibischen Calypso-Klängen könnt Ihr Euch also ans Werk machen! Und um es gleich zu sagen: Tropico ist zwar sehr einfach zu spielen, aber gleichzeitig sehr komplex. Es gibt eine unglaubliche Entscheidungsvielfalt für den Jung-Diktatur, die im weiteren Spielverlauf stetig zunimmt.

durch die Anpflanzung einiger lukrativer Feldfrüchte (z.B. Ananas oder Papaya) für etwas Exportgewinn zu sorgen. Aber was soll aus der Insel werden? Eine streng überwachte Militärgesellschaft? Oder ein gewinnträchtiges Touristikparadies? Es liegt in Eurer Hand, und genau das ist der Reiz Tropicos - schalten und walten nach Herzenslust!

Ihr könnt Euch erstmal darauf beschränken, mit Hilfe des Wohnungsbaus die hässlichen Wellblechhütten verschwinden zu lassen und

Tropico wird Euch bereits nach einigen Regierungsjahren mit einem äußerst detaillierten und komplexen Inselleben konfrontieren. Jede Eurer Entscheidungen hat natürlich Konsequenzen. Am wichtigsten für Eure Karriere ist es, die Gunst der sechs politischen Lager zu gewinnen: Kommunisten, Kapitalisten, Umweltschützer, Intellektuelle, Religiöse und Militaristen - dieser explosive Mix verlangt wirklich Fingerspitzengefühl von Euch. Und wenn Wahlen anstehen, kommt es auf jede Stimme an. Ihr könnt natürlich Stimmzettel manipulieren, oder Wahlen gar nicht erst abhalten, aber dazu bedarf es schon einer sehr starken Stellung. Hier empfiehlt sich eher eines der zahlreichen Edikte: Ein Karnevals-Fest ist zwar kostspielig aber motiviert die lebenslustigen Inselbewohner - noch motivierender wäre natürlich eine deftige Steuerrückzahlung, aber danach dürfte im Präsidentenpalast Aschermittwochs-Stimmung herrschen.

Ihr könnt Löhne erhöhen, Arbeitsbedingungen verbessern, Schulen und Unis gründen, die Schadstoffbelastung herabsetzen, oder Euren Nachwuchs mit militärischem Drill erziehen. Leider ist des einen Freud, auch meist des anderen Leid: Gleicht Ihr die Löhne an, sind die Kapitalisten sauer; baut Ihr ein E-Werk, fordern Umweltschützer schadstoffarme Gasenergie; vergesst Ihr den militärischen Nachwuchs, empört sich das Offizierskorps. Nicht zu vergessen die Rolle der Außenpolitik: Die USA und Russland beobachten Euer Treiben und reagieren auf Eure Politik mit Finanzspritzen, Ignoranz oder gar militärischen Interventionen. Haltet Ihr zu Ehren Russlands ein Fest, verprellt Ihr die Amerikaner.

Tropico gibt Euch zahlreiche Möglichkeiten, auf Stimmenfang zu gehen:

Und wie behält man das Ganze im Auge? PopTop spendiert Euch eine dermaßen herrliche Statistikvielfalt samt grafischer Diagramme, dass allen Simulations-Fans ganz warm ums Herz werden dürfte: Alles, aber auch wirklich alles lässt sich auf einfachste Weise observieren, in Verbindung bringen und nachvollziehen. Wie viele Bewohner sind zufrieden? Wie hoch ist der Export? Was halten die Kommunisten von Euch? Was gefällt Bauarbeiter Miguel Peron nicht? Ihr könnt nicht nur die Aktivitäten jedes einzelnen der bis zu 500 Bewohner beobachten, sondern seine ganze Persönlichkeit durchleuchten - Datenschutz gibts auf Tropico nicht: Mit wem ist er verheiratet? Hat er Kinder? Wo wohnt er? Welche Partei unterstützt er? Was denkt er gerade? Insgesamt hat jeder Einwohner bis zu 50 Eigenschaften.

Sollte Ihr aber mal in Bedrängnis kommen, könnt Ihr auch zu eher unschönen Mitteln greifen: Bestechung, Wahlbetrug, Inhaftierung von Regimefeinden oder gar Mordaufträge sind möglich. Doch Vorsicht: Ein Tyrann zu sein ist auf Tropico mindestens ebenso schwer, wie den Gönner raushängen zu lassen. Lasst Ihr z.B. jemanden umbringen, hassen Euch seine nächsten Verwandten und wenn das Ganze noch recht unprofessionell abgeht, könnt Ihr Euch der Verachtung der Inselbewohner gewiss sein.

Leider ist nicht alles karibisch schön: Bei der Lohnverteilung hätte ein Gesamtmenü für alle Farmen oder Fabriken nicht geschadet, so dass man zwecks Gehaltserhöhung nicht jede Farm einzeln ansteuern muss - das wird gerade kurz vor Wahlen kritisch, und im späteren Spielverlauf angesichts 30 oder mehr verschiedener Arbeitsplätze etwas nervig.

ein Aufbauspiel im Stile von SimCity: Straßenbau, Städtebau und sogar die Bepflanzung liegt in Eurer Hand. Es gibt eine Vielzahl an Gebäuden, die von einfachen Wohnbuden, Luxusappartements, Tabakfabriken bis hin zu Flughäfen reichen. Leider sind nicht alle Gebäude drehbar, so dass man seinem Städtebau nicht immer ganz die persönliche Note verpassen kann. Auch das Wegesystem nervt manchmal, da man einmal angelegte Straßenzüge nicht mehr entfernen kann. Dasselbe gilt für versehentlich erteilte Gebäudeaufträge, die leider nicht in der Planung, sondern erst später eingestampft werden können.

Tropico ist aber nicht nur Wirtschafts- und Politiksimulation, sondern auch

Angesichts dieser Fülle an Möglichkeiten lohnt der Blick in das amüsante Handbuch, das seinen Namen ausnahmsweise auch verdient: Die wertvollen Tipps von "Fast Frederico" sollte sich kein Jung-Diktator entgehen lassen.

Tropico präsentiert sich optisch mit einer aufgepeppten Version der Railroad Tycoon 2-Engine. Die Benutzeroberfläche ist übersichtlich und äußerst leicht zu bedienen: Mit wenigen Klicks könnt Ihr Euch die diversen Statistiken in Eurem Notizbuch anzeigen lassen, Gebäude errichten, Straßen anlegen und die Perspektive in 90-Grad-Schritten drehen. Das bunte Inseltreiben lässt sich in sechs Zoomstufen beobachten: In der ersten Zoomstufe könnt Ihr Eure im Comic-Stil animierten Einwohner aus der Nähe betrachten: 46 verschiedene Charaktere wuseln auf der Insel, vom Hafenarbeiter bis zum Callgirl. Das Südseegewusel gehört zu den Highlights des Spiels, erinnert positiv an den Aquarium-Effekt der Siedler-Reihe, ist aber im Gameplay eher selten notwendig. Das Gleiche gilt für die äußersten beiden Zoomstufen, die ebenso interessant wie uneffektiv sind. Für den Inselaufbau empfehlen sich die mittleren Zoomstufen. Aber auch wenn Ihr optisch ansprechend in die Südsee katalputiert werdert, kann man insgesamt nicht von Grafikpracht sprechen.

Grafik

Sound

Die musiklische Untermalung von Tropico dürfte schon bald Kultstatus erreichen: Die herrlich-relaxten Calypso-Klänge wirken wie Balsam auf die stressige Diktatorenseele und dürften selbst Aufbaumuffel motivieren.

Und wo andere Games die Gehörmuschel dank eintöniger Dudelei frustrieren, erfreut Tropico mit abwechslungsreichen Beats, mal schneller, mal langsamer, mal instrumental, mal von schönen Gesängen begleitet.

Hinzu kommt die sehr gute Lokalisation, die Euch einen deutschen Kommentator mit passendem spanischen Akzent beschert. Einzig und allein der Sound des Bulldozers nervt, gerade wenn man ein Dutzend Gebäude dem Erdboden gleichmacht.

Pro:

  • abwechslungsreiche Charaktergenerierung


  • enorme Entscheidungsvielfalt


  • ausgeklügeltes Statistiksystem


  • herrliche Musikuntermalung


  • intelligente Menüführung


  • gelungene Lokalisation


  • tolles Handbuch


  • drehbare Karte


  • Kontra:

  • drei überflüssige Zoomstufen


  • durchschnittliche Grafik


  • nerviger Straßenbau


  • Hardwarehunger


  • Vergleichbar mit:

    Railraod Tycoon 2, SimCity, Patrizier 2

    Fazit

    Zieht das Hawaiihemd über und stellt den Bacardi kalt! Tropico ist eine faszinierende Wirtschafts- und Aufbausimulation, die sowohl Einsteiger als auch Genrekenner begeistern wird. Die Entwickler haben es geschafft, unbeschwertes Karibik-Flair auf das Spiel zu übertragen: Tropico spielt sich trotz der enormen Spieltiefe locker und leicht. Dank der relaxten Südseeklänge, der übersichtlichen und intuitiven Statistiken sowie der im Comicstil animierten Inselbewohner wird das harte Geschäft zum entspannenden Spielspaß! Nur kleine Schönheitsfehler verwehren PopTop den 4P-Award: Grafisch fehlt einfach die Pracht, kleine Unstimmigkeiten nerven den Spielfluss und der Hardwarehunger ist einfach zu groß.

    Wertung

    PC