Over G Fighters - Test, Simulation, 360

Over G Fighters
09.07.2006, Michael Krosta

Test: Over G Fighters

Simulationsfreudige (Bruch-)Piloten auf der Xbox 360 hatten bisher nur die Möglichkeit, sich mit Blazing Angels im Zweiten Weltkrieg auszutoben. In Over G Fighters (ab 32,18€ bei kaufen) erwarten euch dagegen moderne Kampfflugzeuge wie die F-16, mit denen ihr nicht nur um die Lufthoheit, sondern auch für die Freiheit der Welt kämpft. Erwartet uns hier endlich der erste gute Flugsimulator für die Xbox 360?

Ihr kenn doch sicher den Tony Scott-Film Top Gun, in dem sich Tom Cruise als Superpilot Maverick vor allem in die Herzen seiner weiblichen Fans spielte. Doch selbst wir Kerle konnten uns über mangelnde Action am Himmel nicht beklagen. Over G Fighters geht in eine ähnliche Richtung wie das Leinwand-Vorbild und vereinigt die besten Piloten der Welt in der Energy Air

Die Cockpits machen den Eindruck, als wären sie authentisch nachgebildet worden.
Force. Ihr Ziel: Die Bekämpfung militanter Gruppen, die die Gründung einer "Globalen Föderationsrates" und damit die Vereinigung zu einer Welt ohne Kriege verhindern wollen.

Top Gun 2006

Im Zentrum steht der Szenario-Modus: Eure Einsätze führen euch dabei rund um den Globus und reichen von Eskort-Missionen bis hin zu Luft- und Bodenkämpfen. Vor jeder Mission habt ihr die Möglichkeit, euch für eine Maschine und die Bewaffnung zu entscheiden – selbst die mitgeführte Kerosin-Menge liegt in euren Händen. Je weiter ihr im Spiel vorankommt, desto mehr von den insgesamt 30 Original-Kampfjets werden freigeschaltet. Vor jedem Start bekommt ihr angezeigt, ob sich das jeweilige Flugzeug für die Mission eignet: Selbstverständlich ist man mit einem schwer bewaffneten Bomber bei Angriffen auf Bodenziele besser beraten als mit einem nur spärlich ausgerüsteten Kampfjet.

Vereinigte Welt

Damit ihr euch nicht alleine der Übermacht an Feinde stellen müsst, werdet ihr von einem Flügelmann begleitet, den ihr euch selbst wählen dürft. Doch auch hier ist genau wie bei der Flugzeug-Auswahl Vorsicht geboten: Die Flügelmänner haben bestimmte Vorlieben und Fähigkeiten, so dass man sie nur in Maschinen einsetzen sollte, in denen sie sich auch wohl fühlen. Auch ihr baut eure Fähigkeiten immer weiter aus und bekommt ähnlich einem Rollenspiel Erfahrungspunkte in verschiedenen Bereichen wie mentale Verfassung, Umgang mit G-Kräften oder Schussgenauigkeit. Beim Flug gebt ihr den Begleitern sogar Anweisungen, die sowohl Angriffsaufforderungen auf Boden- und Luftziele als auch Hilfe bei der Deckung beinhalten. Zwar sind die Jungs und Mädels manchmal etwas langsam bei der Umsetzung der Befehle, doch leisten sie insgesamt gute Arbeit.

Schützenhilfe

Das kann man den Entwicklern des Spiels leider nicht bescheinigen: Mal abgesehen von der hohen Auflösung an einem HD-Gerät, wären die kargen Kulissen mit ihren verwaschenen und matschigen Texturen und grobpixeligen Landschaften selbst auf der PS2 ein Armutszeugnis – da sehen die Ace Combat-Serie oder selbst der betagte Konami-Flieger Deadly Skies (Xbox) heute noch besser aus als dieses grafisch schockierende Machwerk, das einer Next-Generation-Konsole unwürdig ist. Selbst die Maschinen erscheinen mit den pixelig nachmodellierten Cockpits sehr grob und wurden offensichtlich nur aus wenigen Polygonen zusammengeschustert. Einzig der Effekt, dass bei zu starken G-Kräften eure Sicht

Von oben mögen die Landschaften noch passabel aussehen. Doch sobald ihr euch dem Boden nähert, gibt es grobe Pixelsuppe.
beeinträchtigt wird, ist relativ gut gelungen – ganz im Gegensatz zu den lächerlichen Explosionen, von denen man selbst am Amiga 500 schon bessere zu Gesicht bekommen hat. Bei den Briefings werden sogar nur Standbilder eingeblendet, denen mehr schlechte als rechte (englische) Synchronsprecher vergeblich versuchen, Leben einzuhauchen.

Grausige Präsentation

Der Sound steht der Grafik in nichts nach und enttäuscht ebenfalls auf ganzer Linie: Seien es nun die nervigen Japano-Rockklänge, die euch in den Menüs, Wiederholungen oder vereinzelt auch während dem Flug begleiten, oder die leisen Triebwerke, die kaum die langweilige Stille durchbrechen können. Selbst Explosionen oder zischende Raketen vermögen nicht zu überzeugen – stattdessen dominiert das Gepiepse und Gekritschel, wenn ihr vom Feind als Ziel erfasst worden seid.

   

       

…muss die Langeweile wohl grenzenlos sein. Zumindest, wenn man mit Over G abhebt. Gerade die ersten der insgesamt 75 Kampagnen-Aufträge sind ein gutes Beispiel dafür, was man beim Mission-Design alles falsch machen kann. Die meisten Einsätze laufen nach diesem Prinzip ab: Ihr startet oder befindet euch bereits in der Luft und seht sowohl auf dem Radar als auch auf dem Bildschirm ein markiertes Ziel. Ihr drückt den Y-Knopf, wechselt auf die Luft-Luft-Raketen und drückt ab, sobald auf dem Bildschirm das Wort "Shoot" über der Markierung eingeblendet wird. Dann seht ihr der Rakete zu, wie sie ihrem weit entfernten Ziel entgegen zischt und betrachtet die mickrige Explosion. Das macht ihr zwei bis drei Mal - und die Mission ist geschafft. Wirklich. Ohne Witz. Manche Missionen habe ich unter einer Minute abgeschlossen! Erst später, wenn die Gegner in deutlicher Überzahl sind und Raketen auf euch loslassen, kommt ein Hauch von Spannung auf, wenn ihr mit

Vor manchen Missionen müsst ihr manuell starten und landen.
Düppeln und Ausweichmanövern versucht, dem drohenden Schicksal zu entgehen. Echte "Dogfights" kommen hier nur mit Raketen, nicht aber mit Flugzeugen zustande. Allerdings fällt gerade dabei auf, dass sich die Maschinen sehr behäbig und schwerfällig steuern, so dass ihr oft keine Chance mehr habt, Raketen auszuweichen. Zwar könnt ihr zwischen Arcade- und Simulationssteuerung wählen, doch besteht der Unterschied lediglich darin, dass ihr bei der Simulation noch das Höhenruder mit den beiden Triggern bedienen müsst. Trotzdem tendiert Over G sehr stark zu einer einfachen Arcade-Steuerung - egal, welcher Modus gewählt wurde. In den mittelprächtigen Wiederholungen könnt ihr euch nach dem vorzeitigen Ableben auf Fehlersuche begeben, euch an Erfolgen erfreuen oder die Mission neu starten. Aber will man das – sich wieder in diese öden Luftkämpfe stürzen, bei denen überhaupt kein Geschwindigkeitsgefühl aufkommt und der Puls zu keinem Zeitpunkt wirklich erhöht wird? Eigentlich nicht, aber vielleicht macht der Flug über Xbox Live ja mehr Spaß?

Über den Wolken…

Online kämpfen im Arena-Modus vier Teams und damit insgesamt maximal acht Piloten um die Vorherrschaft am Himmel. Stellt euch das Ganze einfach wie eine Art Team-Deathmatch vor, bei dem ihr nach einem Abschuss einfach wieder ins Spiel einsteigen könnt. Solltet ihr länger überleben, müsst ihr zwischendurch aber auch landen, um frische Munition abzuholen. Daneben gibt es noch den Duell-Modus, in dem nur zwei Teams zum Schlagabtausch über den Wolken antreten. Beide Modi stehen außerdem als Ranked-Matches zur Auswahl, so dass ihr euch in der Weltrangliste nach oben arbeiten könnt. Auch offline habt ihr in der Challenge die Möglichkeit, euch zusammen mit zwei Flügelmännern in Teamduelle zu stürzen oder euch selbst Angriffseinsätze zu basteln, in denen ihr die Anzahl der Gegner-Wellen selbst festlegt. Tatsächlich vermag der Onlinemodus etwas mehr Flugspaß zu bereiten als die Kampagne, doch wünscht man sich auch hier vergebens eine bessere Steuerung, Grafik auf Next-Generation-Niveau und packende Dogfights in einer traumhaften 5.1-Soundkulisse.     

Online-Scharmützel

Fazit

Sieht so aus, als müssten Xbox 360-Piloten weiterhin auf einen anständigen Flugsimulator für ihre Konsole warten. Dabei bringt Over G Fighters mit seinen 30 modernen Kampf-Jets und globalen Einsätzen theoretisch einiges mit, was positiv stimmt. Leider ist die praktische Umsetzung alles andere als gelungen: Grafisch bewegen sich die kargen Kulissen auf schlechtem PS2-Niveau, während der Sound mit einer praktisch nicht vorhandenen 5.1-Abmischung, nervigen Soundeffekten und schaurigen Rock-Songs abstürzt. Viel schlimmer ist jedoch, dass sich mit der schwerfälligen Steuerung kein echtes Flug-Gefühl einstellen will und sich die Missionen häufig auf langweilige Raketenangriffe aus der Entfernung beschränken, ohne packende Dogfights liefern zu können. Wer auf der Xbox 360 unbedingt abheben will, sollte lieber auf Blazing Angels zurückgreifen oder hoffen, dass sich ein anderer Hersteller der gebeulten 360-Piloten erbarmt und der Konsole endlich einen wahren Next-Gen-Flugsimulator beschert.

Pro

  • 30 originalgetreue Kampfjets
  • viele moderne Waffen
  • Online-Fliegerei über Xbox Live
  • grafische Berücksichtigung der G-Kräfte
  • ausreichend Innen- und Außenpersektiven

Kontra

  • miserable Präsentation
  • verwaschene, detailarme Texturen
  • kein Geschwindigkeitsgefühl
  • schlechtes, langweiliges Missionsdesign
  • kaum packende Dogfights
  • lächerliche Explosions-Effekte
  • nervige Rockklänge und Soundeffekte
  • kein merklicher Raumklang
  • schwerfällige Steuerung  

Wertung

360