Tenchu: Time of the Assassins - Test, Action-Adventure, PSP

Tenchu: Time of the Assassins
08.07.2006, Benjamin Schmädig

Test: Tenchu: Time of the Assassins

Wem Sam Fisher zu amerikanisch und Solid Snake zu modern ist, der greift seit fast zehn Jahren zu Tenchu, denn hier schleicht und mordet ihr im alten Japan. Leider hat sich die Serie zuletzt kaum entwickelt und es ist fraglich, ob ausgerechnet die PSP-Umsetzung den Attentätern neuen Schwung verleihen wird. Fest steht aber: Es hat sich einiges geändert im Land der Schwerter und Shurikans…

Wie konnte ich da "Nein" sagen? Als Fan des Schleichens und Liebhaber japanischer Einflüsse war meine Hand ruckzuck in der Luft, als eine Testfassung von Time of the Assassins in die Redaktion flatterte. Schleichen, meucheln, altes Japan – ich komme! Meinetwegen: Tenchu konnte die Erwartungen an erstklassige PS2- und Xbox-Nachfolger nie halten. Gespannt war ich aber trotzdem, die UMD verschwand im Handumdrehen in der PSP, ein toller Film stimmt mich auf die coolen Aspekte des Attentäter-Daseins ein und ich springe Hals über Kopf in die erste Mission.

"Ja"-Sager

Die Dame meiner ersten Wahl heißt Ayame. Rikimaru ist ebenfalls dabei, ebenso Rin und Tesshu. Außerdem erlebt ihr die Handlung diesmal auch aus Sicht ihres Widersachers Onikage, nachdem ihr die voneinander getrennten Geschichten der anderen Akteure beendet habt. Welcher Attentäter ihr seid macht dabei kaum einen Unterschied. Zwar beherrscht jeder seinen eigenen Kampfstil, spielerische Auswirkungen hat das aber nicht, denn alle Schlagen oder Stechen etwas gleich stark. Und beim Blocken habe ich mich gefragt, weshalb der Klang zweier aufeinander treffender Klingen ertönt, wenn ich mit Tesshus bloßen Händen einen Hieb abwehre. Aber die Geräusche enttäuschen ohnehin: Künstliche

Eine nette Perspektive. Leider ist sie nutzlos, wenn euer Gegner um euch herum tanzt.
Schritte hallen durch die Abschnitte, während Körpertreffer mit einem seltsamen Zischen quittiert werden.

Aber schon lange bevor ich das überhaupt realisiert hatte, sah ich nur noch schwarz – und zwar buchstäblich. Höchstens zehn Meter vor meiner Position verschwindet die Umwelt im absoluten Dunkel. Kein Nebel, keine vagen Umrisse, nichts. Und sonst? Einfarbige Wände, graue Tapeten, kaum Verzierungen, ausgewaschene Raumteiler, eckige Wälder, ein bisschen Wasser, durchsichtige Mauern – mehr bekommt ihr nicht zu Gesicht. Ganz zu schweigen davon, dass auf sämtlichen in Quadrate unterteilten Schauplätzen die immer gleichen Objekte stehen. Durch kleine Lampen lauft ihr sogar einfach hindurch.

Schwarzmaler

Was um alles in der Welt ist passiert? Die Faszination Tenchu ringt so verzweifelt nach Luft, dass sie im Keim erstickt. Von feudaler Atmosphäre keine Spur, Japan adé. Meine Augen schreien um Hilfe. Dabei könnte ich mit der miserablen Kulisse gut leben, wenn das Schleichen spannend wäre. Die Sichtweite ist allerdings so eingeschränkt, dass ihr den Feind oft erst dann erspäht, wenn er mit gezückter Klinge auf euch zustürmt. Und selbst falls ihr weiter sehen könntet: die Kamera zeigt sowieso woanders hin. Meist bestaunt ihr den Boden, manchmal schaut ihr nach hinten, zur Seite oder direkt auf euer Alter Ego. Das hilft alles nichts, wenn die Gegner direkt vor euch stehen! Mit einem Tastendruck richtet ihr die Kamera zwar nach vorne oder bleibt stehen, um sie zu drehen, aber sobald ihr eine Kurve schlagt, hält die Sicht weiter in die vorherige Richtung. Richtig ätzend wird es, wenn ihr mitten im Kampf von oben auf Ayame & Co. starrt, während euch ein Gegner umtänzelt.         

Zugegeben: Eigentlich sollt ihr die Ninjas ja auch umgehen. Doch erstens funktioniert das Versteckspiel aufgrund der geringen Sichtweite nicht und zweitens kommt ihr ohne zähes Heranschleichen sogar besser vorwärts. Klappt einfach die Karte auf, sucht den Ausgang und rennte schnurstracks darauf zu. Wahlweise lauft ihr an den Feinden vorbei oder streckt sie in zähnen, aber einfachen Auseinandersetzungen nieder. Hier lässt Time of the Assassins immerhin ein paar Muskeln spielen, da gelungene Kombos zu einigen coolen Schwerthieben führen. Erledigt ihr einen Widersacher, ohne bemerkt zu werden, schneidet ihr ihm die Kehle entzwei oder bohrt euer Schwert durch seinen Magen. Das ist schön martialisch und tut dem Attentäter-Motiv gut. Herausfordernd ist das 

Die hanebüchenen Dialoge erzählen langweilige Geschichten.
Angreifen und Verteidigen mit nur zwei Knöpfen jedoch nie. Selbst Endgegner liegen lächerlich schnell im Staub.

Vorsicht vor dem Flusse!

Das liegt vor allem an der Dummheit eurer Gegenüber, denn wenn euch Ninjas in einen Fluss folgen (was sie ohne nachzudenken tun), segnen sie sofort das Zeitliche. Sollten sie auf euch aufmerksam werden, folgen sie nicht dem Geräusch und sobald sie sich im Kampf umdrehen, müssen sie euch erst wieder suchen. Versucht außerdem mal, mit Shurikans auf die Bösewichter zu zielen: Dann weichen sie nur noch seitwärts aus, greifen euch aber so lange nicht an, wie ihr die Wurfsterne in der Hand haltet. Sega hetzt euch auf hirntote Zombies, die ähnlich viel Langeweile erzeugen wie die Handlung. Da zerquatschen sich Erzfeinde in einer öden Welt des Pathos bis zur Erschöpfung, einzelne Wörter werden abgehackt, Schreibfehler stören in Dialogen, die Sprache ("Spar dir dein Gejammer, ich muss los.") passt nicht ins Ambiente  – ich langweile mich.

Immerhin trällert die Musik mal ruhig, mal tosend im klassischen japanischen Stil. Das Thema zwischen den Aufträgen ist sogar klasse. Und so wenig das Konzept vom lautlosen Killer auch aufgeht: Wer will, schwingt sich trotzdem per Wurfseil über Dächer, schleicht an Wänden entlang und genießt den einen oder anderen lautlosen Mord. Größter Pluspunkt ist der Missionsbaukasten, mit dem ihr vom Aussehen über Position der Ninjas bis hin zu den Dialogen komplette Aufträge basteln und über WiFi verbreiten könnt. Apropos drahtlos: Im Multiplayer zieht ihr auch mit einem Kumpel ins alte Japan.   

Fazit

Wieso habe ich nicht "Nein!" gesagt? Ich hätte mich mit Händen und Füßen wehren sollen. Lasst es euch eine Lehre sein und schleicht klammheimlich um das Regal mit Time of the Assassins herum! Selbst wenn die wichtigsten Bausteine der Stealth-Action vorhanden sind: Die furchtbare Kulisse tut in den Augen weh, lässt euch nicht weit genug sehen und die Kamera zeigt selten das Geschehen. Daher rechtfertigt selbst der Editor die Anschaffung nicht. Schließlich seid ihr nach dem langwierigen Erstellen umfangreiche Missionen in derselben Welt unterwegs, die im Story-Modus so lieblos in Szene gesetzt wurde. Der spröden Geschichte fehlen interessante Ereignisse und erwachsene Dialoge. Atmosphäre kommt nur mit dem stimmungsvollen Soundtrack auf. Aber das ist ein verdammt schwacher Trost.

Pro

  • abwechslungsreiche japanische Musik
  • coole lautlose Morde
  • Anschleichen oder Stürmen
  • umfangreicher Editor

Kontra

  • künstliche Geräusche
  • langweilige Handlung
  • zähe Kämpfe
  • nur je eine Taste für Block bzw. Angriff
  • pathetische Dialoge
  • eintönige Kulisse
  • nur zehn Meter Sichtweite
  • schlechte Kameraführung
  • strohdumme Gegner
  • Clippingfehler
  • unpassende Texte
  • viel zu leicht
  • keine deutsche Sprachausgabe

Wertung

PSP