Face of Mankind - Test, Rollenspiel, PC

Face of Mankind
14.07.2006, Marcel Kleffmann

Test: Face of Mankind

Abseits solcher Online-Schwergewichte wie World of WarCraft oder EverQuest 2 starten immer mehr ambitionierte Konkurrenten in den profitablen Markt. Auch Face of Mankind (ab 1,95€ bei kaufen) möchte als selbsternanntes MMORPG ein Stück vom Online-Kuchen abhaben. Wie gut die Chancen stehen und warum der Begriff Rollenspiel eigentlich fehl am Platze ist, verrät der Test.

In rund 200 Jahren bricht die Menschheit in den Weltraum auf, da die Rohstoffe von Mutter Erde zur Neige gehen. Neue Kolonien werden gegründet und alles scheint in bester Ordnung, bis die Terraner in der Mitte des 24. Jahrhunderts auf eine aggressive Alienrasse treffen. Obwohl eine Spezialeinheit ins Leben gerufen wurde, waren die Außerirdischen überlegen, was letztlich das demokratische Regierungssystem ins Chaos stürzte, da nicht alle Menschen dem System treu waren. Schließlich kristallisierten sich acht große Fraktionen heraus, die eigene Ziele verfolgen und auf der Erde oder einer Kolonie vertreten sind. Soweit zur Hintergrundgeschichte, die abgesehen von den Fraktionen keinerlei Bezug auf die tatsächliche Spielwelt hat…

In knapp 15 bis 20 Minuten könnt ihr eine Stadt oder Kolonie komplett durchqueren. Echte Höhepunkte oder Orte, die im Gedächtnis kleben bleiben, machen sich sehr rar.


Zukunftsgeschichten

Das Cover von Face of Mankind verspricht das "ultimative Science Fiction PC-Online-Rollenspiel" und hinter der futuristischen Fassade versteckt sich nichts anderes als ein Online-Shooter mit spartanischen Rollenspiel-Einlagen. So gibt es keine Charakter-Werte, euer Avatar verbessert sich lediglich durch die Ausrüstung, ein Level-Up hat nahezu keinen Einfluss auf die Spielweise und umfangreiche Talentbäume sucht man ebenfalls vergeblich. Alles dreht sich um die Angehörigkeit zu den acht Fraktionen (Gesetzeshüter, Verbrecher, Rohstoffhersteller, Händler, etc.), die ihr gleich zu Beginn festlegt. Innerhalb dieser Gemeinschaft könnt ihr spezielle Ränge bekleiden, sofern euch die menschlichen Leiter aufsteigen lassen. Empfehlen könnt ihr euch für eine höhere Position beispielsweise durch die Erfüllung von Front- oder Produktionseinsätzen, die unter anderem von menschlichen Spielern eines höheren Ranges ins Leben gerufen werden. Trotzdem bleibt die Beförderung abhängig von der Sympathie beim Fraktionsleiter sowie deren Anwesenheit.

Rollenspiel oder doch nicht?

Habt ihr euch für eine Fraktion entschieden, folgt ohne Umschweife die Berufswahl: Kommandant, Kämpfer, Mediziner oder Händler. Als Kommandant leitet ihr z.B. kleinere Squads, während Kämpfer mit Waffen und Rüstungen besser umgehen können.

Nach dem textlastigen Tutorial findet ihr euch in eurer Wohnung wieder und teleportiert euch via ticketpflichtigen Vortex-Transporters in die entsprechende Kolonie.
Mediziner heilen andere Spieler und Händler bekommen einen Bonus beim schmucklosen Crafting an den Terminals. Richtig gelesen! Ihr "baut Rohstoffe ab" und "produziert Gegenstände", in dem ihr Computersysteme benutzt. Wollt ihr zum Beispiel eine Waffe herstellen, müsst ihr euch erst den Bauplan an einem Terminal kaufen, dann reist ihr zu einer Kolonie um die Rohstoffe an einem weiteren Bildschirm "abzubauen" und danach wird das Endprodukt wieder an einem Computer hergestellt. Klingt langweilig? Ist es auch!

Berufe und Crafting

Apropos Wirtschaftssystem: Anders als in vielen Onlinespielen ist das Handelssystem dynamisch und liegt vollkommen in den Händen der Spieler. Die Preise der Rohstoffe und Endprodukte werden von den Mitspielern festgelegt. Somit ist die Händler-Klasse kein bloßer Lückenfüller, sondern eine lohnende Alternative, wenn ihr nicht unbedingt nur kämpfen möchtet, was Crafter natürlich auch können. 

Die Verhältnisse unter den Fraktionen sind dynamisch und werden von den Anführern festgelegt. So kommt es mal zur friedlichen Koexistenz und dann wieder zu hasserfüllten Kämpfen. Da es in Face of Mankind kaum computergesteuerte NPCs gibt, stehen PvP-Gefechte (Spieler gegen Spieler) an der Tagesordnung. Level 1-Ratten oder Level 5-Amokroboter werdet ihr nicht auf eurer "Was ich erledigen muss"-Liste finden, stattdessen laufen euch bei den Missionen fast ausschließlich menschliche Kontrahenten über die Bildfläche, die in der Regel alles unter Beschuss nehmen, was humanoide Züge trägt und nicht von der eigenen Fraktion ist.

Fraktionierte Spielereien

Solche "großen" Scharmützel halten sich in Grenzen. Viel häufiger kommt es vor, dass manche "Gangs" am Ausgang von Vortex-Röhren campen...
 Welche Partei gerade mit euch im Clinch liegt, ist aus dem übersichtlichen Menü ersichtlich und sofern andere Spieler online sein sollten, könntet ihr euch über den Fraktionschat mit Gleichgesinnten verabreden. Dabei fällt allerdings auf, dass sich kaum Spieler im Face of Mankind-Universum herumtreiben. Es kann vorkommen, dass ihr zur Hauptspielenszeit mutterseelenallein durch eine Metropole spaziert und nur mit viel Glück einen anderen menschlichen Zocker zu Gesicht bekommt. Diese unerfreuliche Tatsache liegt erstens an der verschachtelten Architektur der Städte/Kolonien und zweitens an der kleinen Spielerzahl für solch ein aus 30 persistenten Kolonien bestehendes Universum.

Trefft ihr früher oder später auf Kontrahenten, könnt ihr euren Charakter je nach Vorliebe aus einer übersichtlichen Third-Person-Perspektive oder aus der Ego-Shooter-Ansicht steuern. Hierbei orientiert sich das Kontrollschema an Unreal bzw. Unreal Tournament (Springen, Ducken, Strafen, etc.), allerdings mit einem langsameren Kampftempo und fünf Basiswerten wie Gesundheit, Ausdauer, Bioenergie, Panzerung und Bewusstsein. Diese Charakter-Werte werden von der Ausrüstung sowie Implantaten beeinflusst und sind ständig in einem hässlichen Interface oben links in der Ecke zu sehen. Stirbt euer Charakter, so ist er wirklich tot, es sei denn ihr habt vorher eine kostenpflichtige Klonversicherung abgeschlossen, die euren Fortbestand sichert.

Sci-Fi-Shooter

Die Verkaufsversion von Face of Mankind enthält zwei kostenlose Monate, die ihr auf einer speziellen Website (siehe Handbuchfaltblatt) freischalten könnt - habt ihr bereits einen FoM-Account, ist es unmöglich die freien Monate auf diesen Account gutzuschreiben. Nach der Registrierung (und der in meinem Fall knapp 18 Stunden später folgenden Bestätigung) müsst ihr eine gültige Zahlungsmethode angeben. Ohne die Registrierung mit Kreditkarte, Bezahlung per Handy oder PayPal könnt ihr die kostenlose Spielzeit nicht nutzen. Pro Monat schlägt das Sci-Fi-Rollenspiel mit 9,95 Euro zu Buche.

Technisches Grundgerüst

Monatliche Gebühr

Trotz bekannter Schauplätze auf der Erde wie Tokyo, Berlin oder New York, fällt die optische Präsentation von Face of Mankind ins Wasser. In den futuristischen Metropolen stehen zwar schön anzusehende gläserne Hochhäuser, aber im Gegensatz dazu müsst ihr euch permanent durch Dutzende karger, kaum mit Gegenständen ausgestatteten Räumen und Gassen quälen, in denen trostlose Grau-, Braun- oder Silbertöne vorherrschen. Selbst der "zerstörte" Central Park kann keine atmosphärischen Belange erzeugen, was zumindest der Freiheitsstatue (umgeben von hässlichen Bäumen) in Ansätzen gelingt. Die gesamte Welt, egal ob auf der Erde oder in den Kolonien, wirkt trostlos, kalt und ungastlich. Selbst die netten, actionreichen Duelle öden aufgrund der sterilen Umgebung an. Nicht viel besser sehen im Endeffekt die Charakter-Modelle aus, die enorm viele Ecken und Kanten aufweisen und sich hölzern bewegen. Insgesamt könnte das Spiel vom Aussehen her eine alte UT-Modifikation sein.

Fazit

Face of Mankind wird es schwer haben, obwohl sich das Szenario erfrischend vom Fantasy-Einerlei abhebt. Einerseits ist das Fraktionssystem durchdacht, clever implementiert und bindet die Spieler aktiv an die eigene Partei, andererseits ist die Spielwelt so dermaßen steril und langweilig, dass selbst Deus Ex 1 mehr Leben und vor allem mehr Interaktionsmöglichkeiten bot. Zwar liegt das Wirtschaftssystem von den Rohstoffen bis zum Endprodukt in den Händen der Spieler und sogar eigene Missionen können geschaffen werden, aber was bringen solch gute Ideen, wenn in der Sci-Fi-Welt nichts los ist, alle Aktionen mit langweiligen Computerterminals erledigt werden und sich die wenigen Spieler in den hässlich Levellabyrinthen verlaufen. Auch die Kämpfe der langsameren Sorte und das gut gemeinte Klassensystem bauen keine nachhaltige Spielfreude auf, was wohl daran liegt, dass die sonst so motivierende Verbesserung des Charakters seltsamerweise flachfällt. Nur die Erfüllung einiger Missionen für die Fraktion lassen Spielspaß aufkeimen, aber eine wirkliche Alternative zu Neocron oder PlanetSide ist Face of Mankind nicht.

Pro

  • nettes Szenario…
  • Wirtschaftssystem in den Händen der Spieler
  • durchdachtes Fraktionssystem
  • Spieler können eigene Missionen erstellen
  • vier Klassen mit leichten Vor- und Nachteilen
  • deutsche Übersetzung

Kontra

  • …das langweilig, steril und öde umgesetzt wurde
  • langer Einstieg
  • viel zu große, teils labyrinthartige Areale
  • triste Grafik
  • langweiliges, passives Crafting
  • sehr magerer Charakter-Ausbau
  • Aufstieg in der Fraktion nur durch den menschlichen Anführer möglich
  • kaum Strafen für marodierende PvP-Spieler
  • häufige Tode durch besser ausgerüstete Spieler
  • umständliche Konto-Verwaltung
  • Charakter-Verlust ohne Versicherung
  • schlechtes "Handbuch"

Wertung

PC