Forbidden Siren 2 - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Forbidden Siren 2
28.07.2006, Jens Bischoff

Test: Forbidden Siren 2

Vor gut zwei Jahren spendierte Sony der PS2 mit Forbidden Siren ein genauso einmaliges wie frustrierendes Survival-Horror-Abenteuer, das die Nerven auf eine harte Belastungsprobe stellte. Jetzt gibt es einen Nachfolger, der den originellen Wurzeln treu bleiben und die Nerven eher kitzeln als belasten will - zumindest auf dem Papier. Unser Test verrät, ob dem wirklich so ist!

In Forbidden Siren 2 verschlägt es euch auf die sagenumwobene Insel Yamijima vor der Küste Japans, wo vor 29 Jahren alle Einwohner spurlos verschwanden. Bevor ihr Recherchen über das noch immer ungeklärte Verschwinden aufnehmen könnt, bricht auf der Insel die Hölle los: Eine Sirene erklingt, das Meer färbt sich blutrot und untote Kreaturen beginnen die Jagd auf euch!

Schau mir in die Augen, Kleines: Gesichter und Mimik der Charaktere setzen auf der PS2 Maßstäbe.
Wie im Vorgänger schlüpft ihr während des spannend inszenierten Survival-Horror-Trips jedoch nicht in die Haut eines einzelnen Protagonisten, sondern wechselt zwischen einer bunt gemischten Charakterriege zeit- und ortsabhängig hin und her. Mal seid ihr als junger Mistery-Redakteur, mal als blinder Schriftsteller, mal als übersinnliche Wahrsagerin und dann wiederum als notgelandeter Soldat unterwegs.

Mysteriöses Eiland

Die Schicksale der einzelnen Figuren sind dabei eng miteinander verknüpft, jedoch werden euch durch geschickte Zeit- und Ortswechsel viele Zusammenhänge erst später klar. Manchmal seid ihr sogar zu zweit unterwegs und müsst versuchen neben eurer eigenen Haut auch die eures KI-Gefährten, dem ihr erneut simple Anweisungen erteilen könnt, zu retten. In der Regel solltet ihr dabei Auseinandersetzungen mit Zombies und Geistern vermeiden, da euch diese meist kräfte- und zahlenmäßig überlegen sind und ihr nur selten effektive Waffen findet, um sie zu bekämpfen. Mit Taschenlampe und Schusswaffen kommt ihr mit den Untoten zwar oft ganz gut klar, aber Munition ist rar gesät und besiegte Gegner erwachen nach kurzer Zeit wieder zum Leben, wodurch ihr quasi ständig zur Flucht gezwungen werdet.

Einfach nur Augen zu und die Beine in die Hand nehmen ist jedoch keine gute Idee, da die Gegner zielsicher und tödlich sind. Also heißt es wie schon im ersten Teil behutsam voranpirschen und sich im richtigen Moment an der untoten Brut vorbeischleichen. Um dies möglichst effektiv bewerkstelligen zu können, habt ihr erneut die Möglichkeit, euch in die Köpfe eurer Jäger zu versetzen, um deren Blickfelder und Laufwege zu studieren. Bestimmte Charaktere können sogar in die Vergangenheit blicken oder kurzzeitig die Kontrolle über ihre Zielperson übernehmen. Originell sind auch die Abschnitte, in denen ihr die Kontrolle über den sehbehinderten Schriftsteller Shu Mikami übernehmt, den ihr quasi nur durch die Augen seines Blindenhundes ans Ziel lotst.

Faulige Umarmung: Wenn euch ein untoter Gegner um den Hals fällt, hilft nur noch heftiges Stick-Rütteln.
 Trotz des erweiterten Sight-Jackings und einer verbesserten Kartenfunktion, auf der ihr endlich auch eure genaue Position ablesen könnt, ist jedoch nach wie vor viel Trial&Error angesagt, das euch jede Menge Tode und Frust bescheren wird.

Mit den Augen des Feindes

Zwar gibt es nun eine großzügigere Checkpoint-Verteilung und drei Schwierigkeitsgrade - aber selbst auf der leichtesten Stufe verlangt euch der Titel noch einiges ab. Gewissenhafte Strategen und Veteranen aus Teil eins werden zwar dennoch recht zügig voran kommen, aber ungeduldige Neulinge dürften schon nach kurzer Zeit frustriert die Flinte ins Korn werfen, während der höchste Schwierigkeitsgrad selbst für Profis an Masochismus grenzt. Ein großes Ärgernis ist auch die hakelige Steuerung, die in Verbindung mit der bockigen Kamera und schwammigen Kollisionsabfrage teils gewaltig an den Nerven zehrt. Zumindest muss man dank kontextsensitiver Aktionstaste jetzt nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit ins Befehlsmenü gehen. Dadurch gewinnt das Gameplay etwas an Dynamik, wobei die Kämpfe immer noch recht statisch ablaufen. Eure KI-Gefährten haben ebenfalls dazu gelernt - wirklich intelligent verhalten sie sich aber immer noch nicht.       

Interessant ist auch die aktivierbare Ego-Perspektive, die eure Bewegungen und Aktionen realistisch mit einbezieht und euch einen guten Überblick gibt. Allerdings ist die Stickabfrage viel zu zappelig, die Daueraktivierung mühsam und die automatische Zentrierung ein nicht abschaltbares Übel. Trotzdem würde ich mir wünschen, wenn Sony dieses Feature in Zukunft noch weiter ausbauen und ihm die nötige Sorgfalt erweisen würde. Verbesserungswürdig sind auch die Animationen der Spielfiguren.  Wenn euer Alter Ego etwa eine Treppe erklimmt, wirkt dies eher wie ein epileptischer Anfall aus als eine natürliche Bewegung

Tristes grau in graus: Bei der grafischen Präsentation der Spielumgebungen wäre weit mehr drin gewesen.
und auch sonst scheinen die Charaktere unter akutem Rheuma und fortgeschrittener Gicht zu leiden. Überhaupt wirkt Forbidden Siren 2 wie schon sein Vorgänger grafisch antiquiert. Gelungene Farb-, Filter- und Effektspielereien sorgen dennoch für ein stimmungsvolles Allgemeinbild. Die Gesichtszüge der Charaktere inklusive Mimik setzen auf der PS2 sogar Maßstäbe. Schade nur, dass Bewegungen und Gestik damit nicht wirklich harmonieren und teils wie Fremdkörper wirken.

Licht und Schatten

Ähnliches gilt für die Soundkulisse, die mit herrlich verschrobenen Klängen und Effekten aufwartet, während die englischen Sprecher krampfhaft versuchen, japanische Akzente zu setzen und dabei klingen als wären sie unter Drogen oder auf dem Klo. Zum Glück kann man jedoch auch den deutlich authentischeren japanischen Originalton aktivieren und dem Inhalt der Gespräche über größtenteils solide eingedeutschte Untertitel folgen. Eine Option auf deutsche Sprachausgabe suchen lesefaule Spieler jedoch vergeblich. Aber ob faul oder nicht, mit teils unklaren Missionsbeschreibungen und Hinweisen muss sich jeder abfinden - egal, welche Sprache er wählt. Und auch die Karte gibt nicht immer Aufschluss darüber, wo man eigentlich hin muss oder was zu erledigen ist. Das nervt auf Dauer und hätte einfach nicht sein müssen. Immerhin fällt die Orientierung leichter als beim Vorgänger. Aber das ist nur ein schwacher Trost.

Irgendwie kommt es einem vor, als hätten die Entwickler genau gewusst, woran der Erstling seinerzeit gekrankt hatte. Doch statt die Mankos auszubügeln hat man sie nur mehr oder weniger leicht abgemildert... Nicht beklagen kann man sich hingegen bezüglich der Spannungs- und Schockmomente. Hier steht Sonys virtueller Alptraum einem Silent Hill oder Project Zero nicht nach.

Treffer: Da besiegte Gegner nie lange tot bleiben, solltet ihr mit der knappen Munition sparsam umgehen.
 Das Gefühl ständiger Bedrohung mit einem Schuss Hilflosigkeit wurde gut eingefangen. Wenn man durch die Augen eines Zombies mit anschaut, wie jemand zu Tode kommt ohne dass man angreifen kann oder man versehentlich eine Katze aufscheucht, die plötzlich ein ganzes Rudel blutrünstiger Jäger alarmiert, gerät man schon mal in Panik.

Panische Momente

Gut hinbekommen haben die Entwickler auch die Entfaltung der Story über die verzweigte, nicht-lineare Missionsstruktur. Diese erlaubt euch sogar, durch bestimmte Erfolge oder Funde neue Verbindungen und optionale Spielabschnitte zu entdecken. Dadurch und durch das Sammeln zahlreicher Bonus-Gegenstände dürfte euch Forbidden Siren 2 eine ganze Weile beschäftigen. Neben dem Freischalten des dritten und höchsten Schwierigkeitsgrades erwarten euch am Ende auch noch diverse Extras wie Missionen unter Zeitdruck oder Einsätze als Untoter. Hinter dem Steuer diverser Fahrzeuge könnt ihr hingegen schon früher Platz nehmen. Doch Vorsicht: Statt sich einfach überfahren zu lassen, springen manche Gegner beherzt auf und versuchen euch aus dem Fahrzeug zu zerren. Zudem sind nicht alle Gegner mit Waffengewalt zu bezwingen. Bei Geistern erweist euch eine grelle Taschenlampe weit größere Dienste als jede Schuss- oder Schlagwaffe, von denen ein breites Spektrum zur Verfügung steht.     

Fazit

Zugegeben: Forbidden Siren 2 ist weit weniger frustrierend und nicht so sperrig wie der Vorgänger. Es gibt zahlreiche größere und kleinere Verbesserungen, die insgesamt für ein angenehmeres und ausgewogenes Spielerlebnis sorgen. Trotzdem gibt es immer noch viele unnötige Frustmomente, technische Schwächen und reichlich Platz für Verbesserungen. Vor allem Steuerung und KI sind trotz Facelifting teils nach wie vor ein Graus. Auch die Präsentation lässt vielerorts sehr zu wünschen übrig: Die Texturen sind matschig, viele Animationen geradezu peinlich und die englische Synchro mit ihren Pseudoakzenten ein echter Atmosphärekiller. Zum Glück kann man jedoch alternativ auf japanischen Originalton mit soliden deutschen Untertiteln umschalten. Gegen die hakelige Kollisionsabfrage und bockige Kamera ist hingegen kein Kraut gewachsen und der Schwierigkeitsgrad ist selbst auf der leichtesten Stufe eine ziemliche Herausforderung. Die originelle Funktion, sich in die Köpfe eurer Gegner zu versetzen sowie die nicht-lineare Missionsstruktur wurden hingegen konsequent weiterentwickelt. So erwartet euch auch in Teil 2 ein Wechselbad aus Frust, Spannung und Faszination, verbunden mit dem Wunsch, dass beim nächsten Teil endlich alle Mängel behoben werden.

Pro

  • variabler Schwierigkeitsgrad
  • kontextsensitive Aktionssteuerung
  • interessante Story-/Missionsstruktur
  • nette Schock- & Spannungsmomente
  • sehr authentische Gesichtszüge & Mimik
  • nach wie vor originelles Gegnersicht-Feature

Kontra

  • bockige Kamera
  • durchwachsene KI
  • hakelige Steuerung
  • hohes Frustpotential
  • schwache Animationen
  • oft unklare Missionsziele
  • mäßige englische Synchro

Wertung

PlayStation2

Origineller, aber technisch und spielerisch durchwachsener Survival-Horror-Trip.