Ultimate Ghosts'n Goblins - Test, Plattformer, PSP

Ultimate Ghosts'n Goblins
06.09.2006, Paul Kautz

Test: Ultimate Ghosts'n Goblins

In der heutigen Spielewelt ist es gar nicht so einfach, alle Geschmäcker möglichst gleich gut zu bedienen: der eine will mehr Action, der andere eine virtuelle Familie großziehen, der nächste legt auf Edelgrafik oder den Blutgehalt wert. Muss man wirklich alle Interessen bedienen? Ultimate Ghosts'n Goblins (ab 209,80€ bei kaufen) ist das alles wurscht, es zieht seine Oldschool-Linie mit einer beneidenswerten Konsequenz durch. Das hat Vorteile - aber natürlich auch Nachteile.

Das Leben eines Ritters: Drachen schlitzen, Prinzessinnen retten, anmutig auf edlem Ross durch grüne Landschaften galoppieren, Lanzen werfen. Arthur ist einer von ihnen, aber einer mit Prinzipien - er rettet nur eine Prinzessin, die dafür aber immer wieder! Denn das weibliche Sorgenkind der Ghosts'n Goblins-Saga, die mittlerweile volle 20 Jahre auf dem Buckel hat, fällt wie ihr Mario-Pendant Prinzessin Peach durch eine überaus hohe Entführtwerden-Quote auf. Der dunkle Princessnapper hat sich das Blondchen mal wieder geschnappt, Arthur klappert den beiden in seiner Rüstung hinterher. Zwischen dem Beginn und dem finalen Im-Arm-Halten liegen fünf große Welten plus vier Zwischenabschnitte,

Huch, wie peinlich: Ist die Rüstung erstmal futsch, trennt Arthur nur noch eine Gegner-Berührung von der Verskelettierung.
in denen ihr um den Zugang zu den Hauptlevels kämpft. Ihr trabt über einen Friedhof, durch eine Schleimhöhle, eine schummrige Burg, eine Bergwelt, in der ständig die Decke herunterkommt, einen organisch blubbernden Wasserlevel, einen Abschnitt voller Lava - und natürlich den Palast des Bösen, in dem das fulminante Finale stattfindet.

Armes blaues Blut

Neben den vielen, vielen, abwechslungsreichen und witzig animierten Standardgegnern begegnet ihr auf eurer meist von links nach rechts scrollenden Tour de Force auch regelmäßig extradicken Obermotzen - etwa einem fliegenden Etwas, das komplett aus Partikeln zusammengesetzt ist und somit fleißig überall herumwirbelt. Oder einem Sauron-kompatiblen Feuerauge, aus dessen umgebendem Flammenring brutzelige Greifarme kriechen und nach Arthur grabschen. Nicht zu vergessen der Schleimfrosch, der wuchtige Wasserdrache oder der eklige Käferdämon.

Diesen Bedrohungen steht ihr gleich mit mehreren Waffen gegenüber: Zum einen wäre da die offensive Variante, die aus Lanze, Dolch, Armbrust, Dornenpeitsche, zielsuchenden Messern, Feuerflaschen, explosiven Beuteln oder einer Bumerang-Sense besteht, mit denen ihr für Schrecken sorgt und die ihr in alle Himmelsrichtungen schießen könnt. Etwas defensiver wird's mit Arthurs bewährter Rüstung, die dieses Mal mehr als einen Treffer verträgt: Ihr sammelt verschiedene Ritterkübel, die euch unterschiedliche Eigenschaften verleihen und davor bewahren, in euren Herzchen-Boxershorts herumzulaufen oder als Gerippe in euch zusammenzuklappen - die eine ist stabiler, die nächste lässt euch höher hopsen, mit einer besonders seltenen dürft ihr sogar kurz fliegen. Dazu gibt es noch verschiedene Schilde, die euch 

Die Bosskämpfe sind fulminant inszeniert.
einige Male gegen Magie oder gegnerische Angriffe schützen (und in einer speziellen Form ebenfalls kurz fliegen lassen) - natürlich auch gegen die des gefürchteten Magiers, der immer wieder mal auftaucht und Arthur in eine hopsende Grille, eine dicke Hausfrau, ein Huhn mit Krone oder ein wackeliges Skelett zu verwandeln sucht. Immerhin könnt auch magisch zurückschlagen - etwa eine Explosion um euch herum erzeugen oder Gegner in Stein verwandeln (und als Plattform benutzen). Allerdings muss die meiste Zauberei erst gefunden werden.

Wer »Ghosts'n Goblins« sagt, meint eigentlich »Aaaaarghhhh!!11« - nicht umsonst trägt die Serie den Ruf, einer der fiesesten Joypad-Killer zu sein. Capcom hat sich in der Neuauflage dahin gehend nicht allzu weit aus dem Fenster gelehnt, bietet Neulingen aber ein paar Kompromisse an: Namentlich wären da die drei Schwierigkeitsgrade, von denen der einfachste tatsächlich alles andere als einfach ist (Leveldesign und Gegnerdichte ist zu den anderen Varianten identisch), aber einige Komfortfunktionen bietet. So gibt es mehr Leben, sehr faire Continuepunkte (statt ständig am Abschnittsanfang beginnen zu müssen) oder unendlich viele Continues.        

Die Sage vom zerfetzten Gamepad

Nichtsdestotrotz: Stetig nachwachsende Feinde und fiese Sprungeinlagen machen aus der kleinen UMD einen Hort der Frustration, der Nicht-Oldschoolern durchaus die PSP sowie einige Millionen Nerven kosten könnte - denn nach wie vor lässt sich Arthur in der Luft nicht steuern, ist er einmal abgesprungen, gibt es kein Zurück mehr. Das bleibt

Gegner links, Gegner rechts, Gegner überall - das Ritterleben ist eines der schwersten.
den Traditionen treu, dürfte aber verwöhnte Spieler mehr als nur verwirren. Immerhin dürft ihr euch jetzt an Kanten und Vorsprüngen festhalten, falls ihr mal daneben gehopst seid - früher ein Garant für den frühen Tod. Netterweise dürft ihr auch zwischen den Levels euren Spielstand sichern.

Neben den schmückenden Neuerungen gibt es auch frische Items, allen voran die Warpstäbe: Diese glitzernden Gesellen sind überall versteckt. Findet ihr sie, könnt ihr zu einem späteren Zeitpunkt schnell an einen bestimmten Punkt springen. Das mag auf den ersten Blick sinnlos wirken, hat aber zwei Vorteile: Erstens könnt ihr euch damit schnell aus einer brenzligen Situation herausbeamen - etwa, wenn ihr in Unterhosen vor einem dicken Bossgegner steht und lieber noch ein paar Items sammeln würdet. Zum anderen dürft ihr den finalen Level erst betreten, wenn ihr eine bestimmte Anzahl goldener Ringe gesammelt habt - und um die zu finden, müsst ihr ein paar Mal im Spiel hin- und her springen, ansonsten werdet ihr vor dem finalen großen Tor zum Spielbeginn zurückgeschickt, ganz ähnlich wie bei früheren Teilen. Die Ringe haben überdies noch Einfluss auf die Art der Endsequenz; je nachdem, wie gewissenhaft ihr beim Sammeln wart, gibt's einen anderen Abschluss zu sehen.

Magie ahoi: Mit dem richtigen Zauberspruch könnt ihr euch das Leben erheblich erleichtern.
 Ultimate Ghosts'n Goblins ist eines der wenigen Spiele, das sich akustisch fast ausschließlich auf die Musik verlässt: Keine Sprachausgabe, nur wenige Soundeffekte - dafür umso bessere Kompositionen! Das altbekannte, slapstickartige und von meiner Seite aus geliebte Hauptthema schmettert gleich zu Spielbeginn auf des Zockers Gehörgang hernieder - wundervoll, pompös instrumentiert, beschwingt zu hören. Auch die restlichen Kompositionen, eine gesunde Mischung aus orchestralen und albernen Stücken, verwurzeln schnell in den Lauschern, auch wenn sie nicht mit der Wucht der Hauptmelodie mithalten können.

Bunte Finsternis

Optisch bietet UGnG einen wundervoll bunten Sack voll Verrücktheiten: Freund und Feind sind comichaft animiert und erstrahlen in leuchtenden Farben, in den Welten erwarten euch wabernder Rauch, blubbernde Lava, dichter Nebel und fauchend-farbenprächtige Explosionen, die Bossgegner gehen in einem Effektfeuerwerk unter, bei dem der ganze Bildschirm wackelt und verzerrt wird. Die Lanzenspitze der Kulisse ist jedoch die Detailverliebtheit: Bäume rascheln im Wind, Gegner materialisieren aus wattigen Puffwolken, Hexen (für die ihr kleinere Adventure-Einlagen erledigen könnt) gackern beim Zaubertrank-Kochen leise vor sich her.       

Fazit

Eine Warnung vorweg: Ultimate Ghosts'n Goblins ist keinesfalls ein Spiel für alle! Das hier ist kein Mario, das hier ist ein höllisch schwerer Belastungstest für Mensch und Maschine, der selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad für Frust und Verzweiflungsschreie sorgt. Diese Warnung ist somit gleichzeitig eine von Ausrufezeichen umringte Kaufempfehlung für alle Oldschool-Zocker, die ihre Freude an den MegaMan-Remakes hatten und jetzt nach neuem Futter für ihre gebeutelte PSP suchen: super Präsentation, wunderbarer Sound, pompös inszenierte Bossfights, wundervoll knifflige Sprungpassagen. UGnG ist keine Evolution der Serie, sondern vielmehr eine verschönerte Hommage an die gute alte 16Bit-Zeit. Klar gibt's Erweiterungen wie die nicht-lineare Levelstruktur, das Mini-RPG-System, frische Rüstungen und Waffen, Adventure-Einlagen sowie Flugeigenschaften. Aber im Grunde seines Herzens ist auch der PSP-Arthur ganz der Alte, der sich im Sprung nach wie vor genauso wenig kontrollieren lässt wie gehabt. Ein herrlich nostalgisches Spielerlebnis alter Schule, mit dem ich heute genauso herrlich leide wie damals!

Pro

  • super Oldschool-Spielgefühl
  • ideen- und abwechslungsreiche Kulisse
  • großartiger Soundtrack
  • drei Schwierigkeitsgrade
  • tolle Bossfights
  • kurze Ladezeiten
  • guter Wiederspielwert
  • intelligente Neuerungen

Kontra

  • höllisch schwer
  • recht kurz
  • gewöhnungsbedürftige Sprungsteuerung
  • dauernd nachwachsende Gegner

Wertung

PSP

Frustrierend, motivierend und wunderschön - ein anspruchsvoller Geschicklichkeitstest für Retro-Profis.