Medal of Honor: Heroes - Test, Shooter, PSP
Um die Einleitung aufzugreifen: Natürlich gab es einige coole Handheld-Ego-Shooter - Doom z.B. Aber spätestens seit mouselook=1 ist die Sache knifflig, denn die dreidimensionale Steuerung, Bewegung und Umsehen gleichzeitig, ist bei gerade mal einem Richtungsangabemedium, und mehr hat kein erfolgreicher Handheld,
nicht so einfach umzusetzen. Und auch wenn Heroes das Problem recht elegant löst, ist das Ergebnis alles andere als intuitiv: Ihr bewegt euch mit dem Analogstick in alle Richtungen, während ihr den Blick über die vier Standard-Buttons der PSP steuert - das Ganze könnt ihr im Optionsmenü auch umdrehen. Die rechte Schultertaste dient zum Schießen, die linke bewirkt angestupst einen Kinnbrecher mit dem Gewehrkolben bzw. gedrückt ein Zielen über Kimme und Korn. Mit dem Digipad scrollt ihr durch die Waffen, kniet euch nieder und ladet nach, mit der Select-Taste (!) wird gesprungen - außerdem könnt ihr euch durch Doppeldrücken der Tasten schnell drehen bzw. sprinten. Klingt holprig, ist es die ersten paar Stunden auch, außerdem hat das Ganze den, nun, sagen wir Nachteil, dass das Spiel sehr gemütlich abläuft. Als einfache Faustregel sollten sich potenzielle Käufer vor Augen halten, dass die meisten PC-Spieler schon irre viel Schwierigkeiten mit der Pad-Steuerung von Shootern auf Konsole haben - und hier wird's nochmal einen ganzen Schritt fieser!I can be your hero!
Ihr lest noch mit? Dann interessiert ihr euch ja wirklich fürs Spiel! In der Kampagne erwarten euch drei Soldaten, die je fünf Missionen ihr Eigen nennen. Diese sehr amerikanischen Helden dürften Fans der Serie bekannt vorkommen, waren sie doch durch die Bank bereits Protagonisten anderer MoH-Spiele: Sergeant John Baker (MoH: Breakthrough) ist Teil der Operation Avalanche in Italien, der u.a. eine Enigma-Maschine auftreiben oder einen Leuchtturm zerstören muss. Lieutenant Jimmy Patterson ist für Spieler von MoH: Frontline ein alter Bekannter, der in den Niederlanden im Zuge der Operation Market Garden wichtige Dokumente stehlen oder noch wichtigere Regionen wie die Brücke von Veghel besetzen und halten muss. Dritter im Bunde ist schließlich Lieutenant William Holt, bekannt aus MoH: European Assault, der in
Belgien sein Unwesen treibt. Mit ihm müsst ihr u.a. eine deutsche Kommandozentrale erobern und ebenfalls wichtige Dokumente beschaffen. Kenner der Serie werden feststellen, dass wir uns in recht frischen Szenarien außerhalb von Stalingrad & Co tummeln. Allerdings sind die »Helden« leider völlig austauschbar, denn weder bekommt man sie, abgesehen von krümeligen Fotos im Briefing, mal zu sehen, noch melden sie sich irgendwann zu Wort, noch spielt es auch nur die geringste Rolle, wer sie sind - der Protagonist könnte genauso gut Robert Wurst aus Wanne-Eickel sein, da gäbe es keinen Unterschied.Die 15 Missionen der Kampagne folgen einer recht einfachen Aufteilung in primäre und sekundäre Missionen: Erstere müssen erledigt werden, Letztere machen sich gut in eurem Lebenslauf und erhöhen die Wahrscheinlichkeit von freigespielten Goodies. Es obliegt euch selbst, in welcher Reihenfolge ihr die Aufträge abklappert, allerdings solltet ihr euch auf viele Wiederholungen einstellen: Es gibt nur eine Hand voll unterschiedlicher Missionen - entweder müsst ihr etwas stehlen, etwas zerstören oder Gebiete erobern, indem ihr wie bei Battlefield 2142 um eine Fahne herumsteht, und so lange heranstürmende Feinde abwehrt, bis das Areal als annektiert gilt. Die meisten Missionen sind sehr kurz, nur selten seid ihr mit einem Auftrag länger als 15
Minuten beschäftigt - und das beinhaltet schon alle Sekundärobjekte! Auf der anderen Seite kommt diese Kürze dem Handheld-Konzept des schnellen Spiels für zwischendurch ganz entgegen, außerdem sind die Aufträge durchaus knackig: Drei Schwierigkeitsgrade stehen zur Wahl, schon auf dem mittleren ist die Herausforderung hoch. Leider nicht aufgrund der Intelligenz der Gegner, die de facto nicht vorhanden ist, sondern eher aufgrund ihrer Masse sowie fieser Respawn-Angewohnheiten - gern wird man mitten auf einem soeben befriedeten Gebiet im Rücken beschossen, weil aus dem Nichts deutsche Schergen auftauchen!Der Feind, der aus dem Nichts kam
Die sind zwar doof wie Pappe (rennen z.B. ganz gern mal an einem vorbei), aber dafür ganz gute Schützen - und die Zahl möglicher Medikits ist beschränkt! Zu dumm, dass die eigenen Kameraden da keine große Hilfe sind:
Die laufen wie Lemminge mitten in Feindeshorden, liefern sich hoffnungslose Gefechte, nutzen keine Deckung und finden direkt vor ihnen zischende Granaten scheinbar unterhaltsam, statt sie wegzukicken. Außerdem arbeiten sie nur selten zuverlässig als Team - wagt man mal ein ausgefallenes Manöver wie den Sprung von einem Balkon, kann man sich darauf einstellen, den Rest des Levels allein zu bestreiten, weil die restliche Bande den Rückweg nicht findet. All das ergibt schlussendlich die Erkenntnis, dass Rambo-Vorgehen hier völlig fehl am Platze ist: geordnetes Schleichen mit Gewehr vor dem Auge führt zum Erfolg. Gespeichert wird übrigens ausschließlich zwischen den Levels, und das auch nur automatisch.Außerhalb der Kampagne wartet noch das »Gefecht«, in dem ihr in den bereits freigeschalteten Levels gegen die Zeit und bis zu 16 KI-Gegner eine Art Offline-Mehrspielermodus spielt. Viel lustiger wird's natürlich online, denn dort sind bis zu 32 Feinde unterwegs - das dürfte PSP-Rekord sein! Nach einer schnellen Registrierung beim EA-Onlineservice erwarten euch sechs Spielmodi, wobei fünf davon auf Teams ausgelegt sind. Zwar ist die Koordination eines solchen mangels Sprachmöglichkeiten so eine Sache, dennoch ist der Spaß groß - zumal keine Lags oder Ruckler das Spielvergnügen trüben. Außerdem solltet ihr euch darauf einstellen, dass menschliche Mit- bzw. Gegenspieler erheblich mehr drauf haben als die schlafmützige KI - was in Kombination mit der erwähnten Steuerung ein recht kniffliges Mehrspielererlebnis garantiert. Falls ihr lieber gegen Menschen spielt, die ihr in eurer Nähe habt, dürft ihr euch denselben Spaß auch acht Mann
hoch lokal liefern. Natürlich benötigt jeder eine eigene UMD, außerdem sollten möglichst viele anwesend sein: Die 15 Karten sind sehr groß, mit weniger als acht Spielern läuft man sich nur eher zufällig mal über den Weg. Schade außerdem, dass es keinerlei Koop-Variante gibt.Gebt einem PS2-MoH-Spieler eine PSP mit Heroes in die Hand, und ihr erntet Sprüche wie »Hossa!« - technisch ist das Teil erste Sahne: Die Levels flutschen, von sehr seltenen Miniruckel-Einlagen mal abgesehen, nur so dahin, die Schlachtfelder (die meisten Missionen spielen innerhalb zerbombter Städte, aber gelegentlich geht's auch mal raus aufs Land) sind beeindruckend detailliert und glaubwürdig dargestellt. Schöne Effekte, vom pladdernden Regen über rasante Verzerrungen, wenn eine Granate in der Nähe birst, bis zu dicken Explosionen, verleihen der Kulisse Leben - und das Ganze wird, gerade für PSP-Verhältnisse, erschreckend schnell geladen. Aber natürlich gibt's auch allerlei zu meckern: Die Texturen, speziell an den Soldaten, sind teils scheußlich niedrig aufgelöst, manchmal hat man das Gefühl, mitten durch ein Meer von braunem Matsch zu waten. Es gibt deutlich weniger geskriptete Szenen als in anderen MoH-Games und teilweise bizarre Probleme mit der Kollisionsabfrage, die u.a. dazu führen, dass man durch Häuser hindurch erschossen wird oder Figuren in Wänden verschwinden.
Medal of Brilliance
Fazit
Also eines muss man den Jungs von EA Canada lassen: Technisch holen sie aus der PSP einiges heraus! Die Geschwindigkeit und Detailfülle der Grafik sind so beeindruckend, dass man gerne über matschige Texturen und Clippingfehler hinwegsieht. Und auch die Steuerung, so furchtbar sie auf den ersten Blick scheint, funktioniert nach einiger Zeit sehr gut - wesentlich besser als z.B. bei Call of Duty 3, das auf dem Wii ebenfalls neue Kontrollwege ging. Doch das sind nicht die Hauptprobleme von Heroes - die Missionen sind es! Im Grunde macht ihr die ganze Zeit dasselbe: Zum 20ten Mal um eine Fahne herumzustehen, während hirnlose Gegner auf einen zustürmen, die gerne auch mal aus dem Nichts erscheinen, und man von Kameraden begleitet wird, die kämpferisch genauso viel drauf haben wie Axel Schulz, ist nicht der Gipfel neuzeitlichen Missionsdesigns. Doch die Action stimmt, der Spaß stimmt und, falls ihr darauf Wert legt, der Mehrspielermodus stimmt auf jeden Fall. Operation Handheld-Egoshooter ist nach wie vor nicht optimal geglückt, aber immerhin ist EA einen Schritt in die richtige Richtung gegangen.
Pro
- schöne Grafik
- toller Mehrspielermodus
- dramatische Sounduntermalung
- fühlt sich wie ein echtes MoH an
- gute Sprachausgabe
- flotte Ladezeiten
- gut ansteigender Schwierigkeitsgrad
Kontra
- gewöhnungsbedürftige Steuerung
- abwechslungsarme Missionen
- ziemlich kurz
- Probleme mit der Kollisionsabfrage
- dumpfe KI
- lästig respawnende Gegner
- keine Musik im Spiel