Red Steel - Test, Shooter, Wii

Red Steel
12.12.2006, Jörg Luibl

Test: Red Steel

Wer familiengerechte Partyspiele sucht, wird mit Nintendos neuer Konsole gut bedient. Aber wie sieht es aus mit Unterhaltung für Erwachsene? Mager. Aber es gibt sie: Katana und Colt, Schrotflinte und Uzi - Red Steel (ab 14,38€ bei kaufen) verspricht exklusive Action, speziell für den Wii konzipiert. Kann die neue Steuerungstechnik begeistern? Wir haben uns durch Horden von Yakuza und Gangstern gekämpft.

Wer verlobt sich freiwillig mit einer Yakuza-Tochter? Und dann noch mit einer, deren Vater die Fahne des gerechten Kriminellen hoch hält? Ihr. In Red Steel bleibt euch keine Wahl, als die blutigen Konsequenzen eures asiatischen Techtelmechtels auszukämpfen. Als unfreiwilliger Held mit Katana, Pistole, Uzis und Granaten. Statt besinnlicher Sushi-Abende erwartet euch beim ersten Besuch des angehenden Schwiegervaters gleich ein projektilreicher Empfang. Der

Mit Tanto und Katana gegen die Yakuza: Die Schläge werden über die Bewegungen von Nunchuk und Remote im Raum simuliert. 
ergraute Boss soll von rivalisierenden Yakuza beseitigt werden. Und irgendwie scheint sein mysteriöses Katana "Giri" im Zentrum des Interesses zu stehen. Oder warum will man es nach Japan ausfliegen?

Das Problem: der Schwiegervater

Wie auch immer: In Red Steel gilt es fortan, den Vater zu schützen, die Tochter zu befreien, die Feinde zu töten. Und das im Dutzendpack, Level für Level, von Hotels und Garagen über Bars und Gassen, in Saunen und Kellern, auf Dächern und in Fluren, in Hangars und Dojos - die Abwechslung der Locations ist groß. Aber schnell wird deutlich, dass der Wii hier kaum Grafikmuskeln zeigt: Statt flirrender Lichtschächte oder bewegter Schatten gibt es hier sehr viel Statik in der Beleuchtung. Nur hier und da dampft, qualmt und zischt es. Der Wii deutet beim Funkenflug zerschossener Lampen, Flaschen und Neonreklame immerhin an, dass er mehr kann. Ansonsten: Matschige Texturen, kaum Hingucker, eben keine Next, sondern New Generation mit grafischem Durchschnitt. Auch wenn das Detail angesichts der Konzernphilosophie nicht im Mittelpunkt steht, hätte wenigstens das Drumherum edler designt sein können.

Die coolen Menüs mit ihren blinkenden japanischen Schriftzügen sind noch viel versprechend. Aber wer angesichts des asiatischen Themas eine packend servierte Tour de Yakuza erwartet, wird von der sterilen Präsentation enttäuscht. Statische Comic-Collagen, die ein wenig an Max Payne erinnern mögen, aber weit unter dessen erzählerischem und künstlerischen Niveau präsentiert werden, verbinden die Missionen. Eine Graphic Novel kann cool sein, Zeichnungen können Stimmung vermitteln, aber dieser Stil ist nicht ausdrucksstark genug - er wirkt sogar billig, wenn Autos reingeschoben werden. Schade, denn Red Steel hätte genug stylische Ansatzpunkte geboten, das asiatische Thema packender zu servieren.

Max Payne für Arme

Die Story ist gerade zu Beginn mager, die Stimme der Verlobten zirpt schrill, man erfährt fast nichts über den Helden oder seine rot gewandete Lady Miyu und wird ohne packende Zwischensequenzen durch das Abenteuer gelotst. Wer von einem Shooter ein erzählerisches Fundament verlangt, wird hier ebenso wenig satt werden wie jemand, der sich in erster Linie für technisch hochklassige Action interessiert. Aber es gibt ab Tokyo einen Aufwärtstrend: Plötzlich hat man ein Hauptqaurtier im Keller einer Bar, mehrere Ansprechpartner und wird tatsächlich neugierig auf das Geheimnis des Schwertes. Warum wollen

Auch mit Schusswaffen von der Uzi über Pumpguns bis hin zu Sturm- und Scharfschützengewehren gehts zur Sache.
die Yakuza das Familienerbstück in ihre Finger kriegen? Und: Die Kulissen sind in der japanischen Hauptstadt einen Tick stimmungsvoller - der polierte Boden des Dojos glänzt mit Spiegelungen, die Straßen locken mit schriller Neonwerbung. Man hat plötzlich mehr Lust auf den Krieg mit Colt und Katana. Das liegt auch an der wirklich gelungenen Musik: Sie passt sich dynamisch allen Schussduellen an, wird in Tokyo von einheimischen Klängen bereichert und auch viele deutsche Sprecher sind gut gewählt. Nur bei den Kommentaren der Feinde geht's wieder abwärts: Wie oft muss man da Gaijin, Mörder & Co hören?

Es sind kleine Brüche, die das Spiel trotz einiger guter Ansätze nicht wie aus einem Guss wirken lassen. Die Figuren wirken mit ihren grauen Konturen z.B. wie künstlich ins Spiel geklebt, Mimik und Gestik spielen eine ebenso marginale Rolle wie plastische Texturen oder komplexe Animationen. Gerade in den Dialogszenen zeigt Red Steel Schwächen von der fehlenden Lippensynchronität bis hin zu zittrigen Körperhaltungen. Schade ist auf lange Sicht das Klonen: Viel zu schnell tauchen gleich angezogene, gleich bewaffnete Typen auf, die ihr nacheinander niedermähen könnt.

Grau umrandeter Scherenschnitt

Trotzdem hat Red Steel seine guten Momente, seine stimmungsvollen Szenen: Wenn man sich durch die wabernde Sauna ballert, auf einem Hinterhof einen Wagen nach dem anderen in die Luft jagt, Scheiben in tausend Splitter aufgehen lässt oder in einer Autowaschanlage vom Rücksitz eines Jeeps ballert, während man langsam Richtung Schaumbad tuckert - dann kommt Spaß auf. Man kann Flaschen zerschießen, Kisten in Trümmer legen, Kleinflugzeuge zerstören, Fässer und ganze Tankwagen detonieren lassen. Die gleißenden Explosionen und die Neonlichter sind die kleinen Highlights in einer ab und an dichten, aber alles andere als beeindruckenden Spielwelt, die ihre Figuren wie Scherenschnitte über eine Actionbühne laufen lässt. Sollte Nintendo nicht auch ein Interesse daran haben, dass man einfach mal in einem Actionspiel wie diesem die Power der Konsole zeigt, die theoretisch den GameCube mit seinem Resident Evil 4 in den Schatten stellen müsste?

       

Trotzdem kann Red Steel gewisse Actioninstinkte befriedigen, trotzdem rennt, springt, duckt und schlägt man sich von Speicherpunkt zu Speicherpunkt. Woran liegt das? Irgendwie reizt das Szenario, es gibt kleine Schalterspielchen und da ist ja die neue Steuerung: Die ist zwar noch verbesserungswürdig, noch zu statisch, aber das Wii-Konzept geht hier auf - und das ist wichtig, wenn man an den Rohrkrepierer an der Kriegsfront denkt.

Run & Gun & Katana

Kurz vor Tokyo bekommt ihr das Katana "Giri" und erlernt eine Kampftechnik von Samurai-Legende Musashi.
Call of Duty 3 ist für mich auf Nintendos neuer Konsole nicht genießbar. Nicht nur, weil mich der Zweite Weltkrieg anödet oder das Spiel auf der 360 zwei Welten besser aussieht, sondern weil die Steuerung einfach keinen Spielfluss aufkommen lässt. Es gibt keine Gegnerfixierung, das Umgreifen zu den Granaten ist hakelig und man hat nie das Gefühl der Waffenkontrolle. Ist das Prinzip Shooter auf dem Wii überhaupt realisierbar? Ja, es geht. Allerdings muss man die frischen Möglichkeiten von Nunchuk und Remote besser an die Action anpassen - so wie in Red Steel.

Ubisoft hat in dieser Hinsicht einen guten Job gemacht. Ich habe mich sehr schnell mit der Steuerung angefreundet: Erstens kann man die Sensibilität der Zielerfassung den eigenen Bedürfnissen anpassen - ich empfehle die niedrigste Stufe, dann kann man mit der Remote sehr gut Feinde anvisieren und die Kamera drehen, ohne die Sicht vorschnell zu rotieren. Zweitens lässt sich für den Schwertkampf eine kurze oder ausholende Variante festlegen. Wer im Stehen spielt und das Katana richtig schwingen will, sollte Letztere wählen; Erstere eignet sich wunderbar für Spiele von der Couch aus. In diesem Service ist Red Steel vorbildlich.

Der Schwertkampf ist zwar immer aufgezwungen, weil die Duelle vorher festgelegt sind und die Kamera dann automatisch an den Feind ranzoomt, und noch nicht so dynamisch, wie man ihn sich wünschen würde, aber er würzt das Spiel mit einer bisher unbekannten Note: Man erkennt, wo die eigenen Schläge landen, kann aktiv teilnehmen, den Block fast spüren und sich über Treffer freuen. Die Steuerung der Schwerthiebe wird gut simuliert und eine wichtige Prise Taktik ist dabei: Ihr habt in der Verteidigung z.B. die Wahl, ob ihr Schlägen nach rechts oder links ausweicht oder ob ihr sie mit euren Klingen blockt. Solltet ihr erfolgreich sein, könnt ihr den Gegner danach besser treffen.

Schwertkampfduelle

Und ihr müsst variieren: Steht euch ein Rüpel mit schwerem Knüppel gegenüber, solltet ihr nicht mit dem filigranen Tanto blocken, sonder euch wegdrehen. Da die Bewegungen hier über den Stick des Nunchuk laufen und die Hiebe über die Remote, kommt man schnell in einen angenehmen Rhythmus. Man kann sich zwar nicht frei im Raum bewegen, aber so entsteht ein gewisses Arenagefühl, wenn man Auge in Auge um den Gegner tanzt. Nur hat Ubisoft diese Momente nicht packend genug inszeniert, man vermisst den letzten Schliff, dieses Herzklopfen des Nahkampfs - vielleicht auch noch mehr Simulationscharakter. Die Katana-Kämpfe hier sollte man als Arcade-Action verstehen, nicht als Ansatz, den asiatischen Schwertkampf authentisch abzubilden, so wie es z.B. Kengo auf der PS2 versucht.

Obwohl man Texturfeinheiten, Partikeleffekte & Co vermisst, gibt es durchaus stimmungsvolle Locations. Nur darf man nirgends die Next-Gen-Faszination suchen...
Und: Man hat die Kniffe sehr schnell durchschaut und wird später kaum gefordert. Das liegt leider auch daran, dass man im Angriff meist durch einfache schnelle Hiebstafetten gewinnen kann. Sprich: Remote nehmen, Augen verbinden und zügig in allen horizontalen und vertikalen Varianten zuschlagen, dann wird der Gegner schon Lebenspunkte verlieren. Leider hat Ubisoft dieser wilden Variante keinen Riegel vorgeschoben, denn der Gegner hat kaum eine Chance, euch überhaupt zu attackieren, wenn ihr nur schnell genug die Remote zucken lasst.

Kurz vor seinem Tod habt ihr die Wahl, ob ihr ihn leben lasst oder tötet - Ersteres bringt euch Punkte der Ehre. Richtig packend wird es vielleicht auch deshalb nicht, weil man einfach gegen eine Hitpointleiste kämpft, also keine Trefferzonen mit entsprechenden Auswirkungen beschädigt. Blut ist ebenso Fehlanzeige wie abgeschlagene Körperteile. Was wirklich fehlt, ist jedoch einfach eine bessere KI der Feinde, die euer Gefuchtel mal konsequent kontert. Also muss man sich so reinsteigern, dass man die Blöd-gewinnt-Methode einfach nicht anwendet: Wenn man langsam kämpft und sich auf den Schlagabtausch mit Blocks und Ausweichen einlässt, kann man durchaus unterschiedliche Kampfstile entdecken und Spaß haben - das Blocken hinter dem Rücken sieht klasse aus und auch das Neigen des Körpers kurz vor dem Auftreffen der Klinge wird gut inszeniert. Zumal es ab Tokyo eine weitere Kampftechnik gibt: den Hammerschlag. Hier werden Tanto und Katana gleichzeitig von oben nach unten geschlagen - ein mächtiger Hieb, der viele Gegner direkt in die Knie zwingt.

Mir gefällt auch der Einsatz des Nunchuk als Nachladegerät, Türöffner, Tischumwerfer und Parierklinge: Einfach schütteln, dann werden Magazine eingelegt; einfach nach unten schlagen, dann werden Türen geöffnet, einfach nach oben ziehen, dann kippt der Tisch - auch die Waffenaufnahme und das Schalter umlegen funktioniert so. Im Gefecht mit dem Katana dient der

Online geht gar nichts, nur im Splitscreen könnt ihr mit bis zu vier Mann loslegen. Allerdings wird es erstens räumlich eng vorm Fernseher und zweitens auf dem Bildschirm mickrig klein...
Nunchuk dazu, Hiebe zu blocken oder, falls ein Feind mit Feuerwaffe zu nah kommt, mit dem Tanto schnell zuzuschlagen. Auch der Einsatz der Granaten, die ihr über eine Aufwärtsbewegung des Nunchuk werfen oder über eine Abwärtsbewegung rollen könnt, läuft einwandfrei - man sollte nur auf Hindernisse achten. Detonieren die kleinen Bomben, können sie ganze Lieferwagen in die Luft fliegen lassen.

Im Schatten des Verrisses

Hat man sich erstmal an die Möglichkeiten gewöhnt, lässt sich Red Steel erstaunlich gut steuern. Natürlich braucht es mehr Konzentration, natürlich hat man keine Maussicherheit - aber dieses Ungewisse des Anvisierens hat auch seine Reize. Allerdings gibt es neben dem akzeptablen Schwenken der Waffe, die beim Wii ja authentisch in der Hand liegt, auch inakzeptable Momente: Leider kann es dazu kommen, dass man die Kamera so verreißt, dass sie gen Himmel zeigt. Man schleicht mit der Schrotflinte umher, visiert etwas zu hoch an und schwups nimmt man die Wolken aufs Korn. Hier hätte jetzt eine einfache Rücksetzperspektive helfen müssen, damit man schnell wieder in die Ausgangslage kommt - aber die gibt es nicht. So muss man sich manuell helfen, was in Hektik ausarten kann und dem Feind genug Zeit gibt, euch aufs Korn zu nehmen.

Außerdem fehlt eine schnelle Drehung um 180 Grad: Wenn man in späteren Levels Feinde im Rücken hat, dauert das Umdrehen einfach zu lange. Hier hätte Red Steel eine dynamischere Alternative als das zähe Schwenken der Remote anbieten müssen - einfach ein Knopfdruck. Übrigens empfiehlt sich der Multiplayer-Modus im Splitscreen nur bei viel Raum, Beamer und Fehlertoleranz. In hektischen Duellen auf Minibildschirmen kommt angesichts der vier Karten kaum langfristige Freude auf, wenn man einmal in seinem Leben einen Online-Shooter gespielt hat. Man probiert es aus, ballert ein wenig im Deatmatch alleine oder im Team um sich und hört dann auf. Einzig und allein der in diesen Tagen politisch höchst inkorrekte "Killer"-Modus hat seine Reize: Hier bekommt jeder ein geheimes Ziel über die Remote-Lautsprecher. Aber: Dieser Modus ist tatsächlich nur mit vier Freunden spielbar... 

    

Action gibt es aber auch im Solomodus satt und man kommt trotz so mancher Beschränkungen in einen Spielfluss: Feinde kommen durch Türen, verstecken sich hinter Autos oder tauchen hinter Scheiben auf. Sie visieren euch aus oberen Stockwerken an oder ballern aus der Deckung. Es ist allerdings die Masse, die die Schussgefechte in üppige Projektilschlachten ausarten lässt, weniger

In Japan gewinnt das Szenario dank Neonbeleuchtung und Fahrstuhlpop an Reiz.
die Intelligenz der Feinde. Manchmal fühlt man sich in eine Schießbude versetzt, die einen suizidfreudigen Gegner nach dem anderen serviert - mal links, mal rechts, mal oben. Zwar bewegen sie sich ab und zu, kommen aus der Deckung heraus, aber von KI kann keine Rede sein. Zu statisch verharren viele an ihren schlecht geschützten Positionen, zu einfach lassen sie sich dank ihrer suizidalen Attacken wegpusten.

Schießbudencharakter

Der Tod ist dennoch allgegenwärtig: Es gibt bis auf das Ducken quasi keine Deckungsmöglichkeit - also kein An-die-Wand-Lehnen, kein Um-die-Ecke-Spähen. Trotzdem gelingt es mit der Steuerung, sich geschickt in geduckter Haltung um Hindernisse zu bewegen, über Kisten zu springen oder den Feind langsam aufs Korn zu nehmen. Dazu gibt es drei Möglichkeiten: Entweder man schießt, sobald sich der weiße Zielpunkt rot färbt oder man drückt A und fixiert das Ziel in einem Fadenkreuz oder man zoomt mit dem Vorrücken der Remote noch weiter ran, um ganz sicher zu gehen - allerdings ist das etwas sensibel, zumal man den Arm dann rausstrecken muss.

Auch das Snipern hat so seine Tücken, denn hier bewegt sich das Fadenkreuz im totalen Zoom sehr nervös. Ruhiger wird es erst im Focus Time-Modus: Diese Ninja-Technik der "Tiefenkonzentration" hält die Zeit an und erlaubt euch, mehrere Gegner hintereinander ins Visier zu nehmen. Ihr habt je nach Energieleiste einen Zeitrahmen, in dem ihr sie markieren könnt. Danach werden die Ziele in Echtzeit in einem Schuss-Stakkato attackiert. Das ist zwar keine ganz so packend inszenierte Methode wie etwa die Zeitlupe aus Max Paye, aber das Spiel gewinnt dadurch an Reiz.

Das liegt auch daran, dass ihr später die Wahl habt, ob ihr Feinde töten oder mit einem gezielten Schuss auf die Waffe entwaffnen wollt. Könnt ihr gar einem Anführer einer Bande die Pistole aus der Hand schießen, legen eventuelle alle Untergebenen die Waffen weg. Hier muss man nur nach einem Treffer rechtzeitig die Remote schütteln, um den Schergen das Zeichen zum Niederknien zu geben. Wenn diese Einschüchterungen klappen, erspart man sich lange Schussduelle und gewinnt natürlich Ehre.

Fässer, Fahrzeuge, Flugzeuge - ihr könnt alles in die Luft jagen.
Alle Varianten des Anvisierens bis hin zum Zeitanhalten funktionieren ganz gut, aber in der Spielpraxis reicht oft die erste und einfachste vollkommen aus - selbst auf weite Distanz. Denn die Treffertoleranz ist eine große; sprich: Die Feinde werden auch dann getroffen, wenn ihr leicht daneben zielt; Headshots sind sofort tödlich. Das mag Realismusfan stören, aber ist in diesem Fall sogar ein Pluspunkt für Red Steel, denn so kommt man trotz der Konzentration, die die neue Steuerung verlangt, schnell in einen projektilreichen Spielfluss. Man kann seine Schrotflinte zücken und auch mal aufrecht loslegen...

Anvisieren & Treffertoleranz

Wer knackige Shooter wie Rainbow Six: Vegas kennt, wird sich hier zunächst wie auf einem arcadigen Spaziergang fühlen. Trotzdem ist Red Steel gerade kurz vor und nach Tokyo kein Zuckerschlecken - ihr werdet sehr viele Szenen wiederholen müssen, wenn ihr von Snipern ins Visier genommen und gleichzeitig von hinten attackiert werdet. Man darf auch hier nicht so einfach nach vorne stürmen, denn nach ein paar Treffern geht man verwundet zu Boden. Hier reicht es dann, sich für ein paar Augenblicke in Deckung zu begeben, um die Gesundheitsleiste wieder aufzuladen. In den Levels finden sich zudem Schutzwesten, die einiges an Treffern absorbieren. Die Speicherpunkte liegen dankbarer Weise nicht weit auseinander, denn es gibt auch einige knifflige Trial&Error-Passagen gegen die Zeit.

   

Fazit

Red Steel macht in Sachen Steuerung alles besser als Call of Duty 3 und beschert euch ein gewöhnungsbedürftiges, nicht immer präzises, aber dafür neues Spielgefühl. Mir gefallen die Schwertkämpfe, ich mag das Nachladegeräusch des Colts, ich komme mit Nunchuk und Remote prima zurecht. Ja, die Kulisse ist im Detail fade, man vermisst komplexe Licht- und Partikeleffekte, aber die fetten Explosionen und die ausgezeichnete Musik bilden kleine Rettungsanker. Und eigentlich hätte das Yakuza-Szenario als motivierende Würze hinzu kommen müssen. Aber die Story wird trotz einiger stimmungsvoller Ansätze zu billig präsentiert, die Figuren sehen mit ihrem grauen Rand wie ausgeschnitten aus und tauchen oft als geklonte Feinde ohne Hirn auf. In Sachen KI und Technik hinkt Red Steel dem Genre weit hinterher und verströmt trotz einiger dynamischer Überfallszenen noch zu viel Schießbudencharakter. Man fühlt sich manchmal in einen Shooter der Frühzeit zurückversetzt. Aber auch das kann Spaß machen. Ich bin nicht so angetan, wie ich es nach der Ankündigung und den ersten Probespielen war. Aber ich bin auch nicht so enttäuscht wie andere. Man kann diesem Spiel locker unter 60% geben, wenn man mit der Steuerung nicht klar kommt oder Texturen vergöttert. Aber da sind diese Katana-Kämpfe, die ein Gefühl von dem vermitteln, was der Wii in Zukunft leisten könnte - das Blocken und Ausweichen, die gezielten Hiebe. Noch ist da viel Luft nach oben, aber der Weg ist richtig. Und trotz der technischen Schwächen habe ich Red Steel wieder und wieder gespielt. Ich mag die Schüsse zur Entwaffnung, die Neonlichter Tokyos, die Musik. Es ist letztlich das Neue, das erfrischend Andere in der Steuerung, das das Actionerlebnis für mich unterm Strich befriedigend macht.

Pro

  • neues Spielgefühl
  • fette Explosionen
  • sehr gute Musik
  • cooles asiatisches Flair
  • Entwaffnen von Gegnern
  • Zeit anhalten & schießen
  • schöne Neonbeleuchtungen
  • intuitiver Schwertkampf
  • gute Waffenhandhabung
  • abwechslungsreiche Orte
  • gute deutsche Sprecher
  • Feinde verschonen bringt Ehre
  • Steuerung in Stufen anpassbar
  • drei Mehrspielermodi

Kontra

  • schwache KI
  • schwache Story
  • fade Präsentation
  • viele gleiche Figuren
  • durchschnittliche Kulissen
  • Steuerung neigt zu Ausreißern
  • schmeckt oft nach Lightgun-Shooter
  • Multiplayer nur im Splitscreen
  • Schwertkämpfe mit einfachem Gefuchtel zu meistern
  • keine schnelle 180-Grad-Drehung
  • Killer-Modus nur zu viert spielbar

Wertung

Wii

Mir gefallen die Schwertkämpfe, ich mag das Nachladegeräusch des Colts - unterm Strich ein solides Actionerlebnis.