Battlestations: Midway - Test, Simulation, 360, PC

Battlestations: Midway
02.02.2007, Michael Krosta

Test: Battlestations: Midway

Eigentlich solltet ihr bereits auf der ersten Xbox als US-Kommandant in den Pazifik-Krieg gegen Japan eintreten, doch wurde Battlestations Midway immer wieder verschoben. Jetzt hat das Warten ein Ende: Die Schlacht um Midway wird zwar nicht mehr auf Microsofts erster Konsole, dafür aber auf der Xbox 360 und dem PC ausgetragen! Verleiht die Mischung aus Action- und Echtzeitstrategiespiel dem WWII-Szenario neue Impulse oder wirkt mittlerweile nicht nur das Thema, sondern auch die Technik antiquiert?

Mächtige Zerstörer schießen aus allen Rohren, Flugzeuge liefern sich mit ratternden Maschinengewehren heiße Dogfights über dem Meer und in der Entfernung pirscht sich ein Periskop an die Wasseroberfläche. Mit dessen Hilfe visiert ein U-Boot das nächste Ziel an, bevor sich Torpedos wie hungrige Raubfische ihren Weg durch das Nass bahnen: Schiffrümpfe werden aufgerissen, Flugzeugträger von 1000 Pfund-Bomben zerfetzt und die Wracks der abgeschossenen Jäger fallen vom Himmel. Der Zweite Weltkrieg ist in vollem Gange und führt euch als US-Kämpfer angefangen beim japanischen Angriff auf Pearl Harbor über die Verteidigung der Philippinen bis hin zur entscheidenden Schlacht um die Inselgruppe Midway. Die Kampagne  erstreckt sich über elf Missionen, wobei die ersten vier kaum der Rede wert sind, da sie nicht nur einfach, sondern auch sehr kurz ausgefallen sind. Ab dem fünften Auftrag zieht der Schwierigkeitsgrad allerdings brutal an, so dass ihr mehrere Anläufe braucht, bis ihr eine Taktik erarbeitet habt, die zum Erfolg führt. Seid ihr über- oder unterfordert, dürft ihr vor jedem neuen Versuch den Schwierigkeitsgrad anpassen. Als

Ob über den Wolken, auf oder unter der Wasseroberfläche: ihr seid überall im Einsatz!
Anfänger marschiert ihr ohne große Gegenwehr durch, während ihr als Berufssoldat vor allem in späteren Missionen gefordert werdet. Veteranen müssen dagegen nicht nur brillante Taktiker sein, sondern auch die Steuerung und Waffensysteme der über 40 Einheiten perfekt beherrschen.

Schlachtengetümmel

 

Anstatt sich auf ein Genre festzulegen, haben sich die ungarischen Entwickler von Eidos bei Battlestations Midway für eine Mischung aus Echtzeitstrategie und Action entschieden. Strategen werden sich vor allem auf der Karte heimisch fühlen, denn hier könnt ihr Einheiten simple Befehle erteilen. So legt ihr z.B. fest, welche Ziele angegriffen oder beschützen werden sollen. Auf Wunsch übertragt ihr die Befehlsgewalt über Zerstörer, Flugzeugträger oder Bomber der KI, die nicht nur automatisch die Angriffsroute bestimmt, sondern sämtliche Waffen an Bord bedient. Meist erledigt sie ihren Job gut und zuverlässig, aber manchmal agiert sie idiotisch: Wo liegt z.B. der Sinn, eine Torpedo-Breitseite abzufeuern, die nach wenigen Metern an einer Insel zerschellt? Warum verharrt ein Zerstörer regungslos an einer Stelle, obwohl ich ihm ganz klar einen Angriffsbefehl erteilt habe? Trotzdem ist die Mithilfe der KI unerlässlich, da ihr selbstverständlich nicht alle Einheiten gleichzeitig bedienen könnt. Müsstet ihr euch wirklich um alles kümmern, wärt ihr hoffnungslos überfordert. Doch auch so habt ihr alle Hände voll zu tun und es fällt oft schwer, den Überblick zu behalten. Stellt euch folgende Situation vor: Ihr kommandiert eine kleine Flotte bestehend aus drei Zerstörern, die gegen sechs japanische Schlachtschiffe in die See sticht. Gleichzeitig müsst ihr nahende Kampfflugzeuge und Bomber abwehren, indem ihr auf dem Flugfeld bis zu vier Fliegerstaffeln samt Bewaffnung managt - da kommt man schnell ins Schwitzen. Wirklich kritisch wird es, wenn eure Schiffe im Eifer des Gefechts von Feuer, Lecks sowie Aussetzern der Waffensysteme und des Ruders heimgesucht werden. In diesem Fall müsst ihr manuell für jedes Schiff Prioritäten setzen, um welche Schäden sich die Matrosen zuerst kümmern sollen. Folglich springt ihr hektisch zwischen den Einheiten her, um verzweifelt zu retten, was noch zu retten ist. Ich empfand

Durch den Überraschungseffekt hatten die Japaner beim Angriff auf Pearl Harbor einen ungemeinen Vorteil.
diese Ablenkung vom eigentlichen Kampfgeschehen unnötig stressig, da man teilweise nur noch mit Reparaturen beschäftigt ist und keine Zeit mehr hat, sich um strategische Züge zu kümmern. Etwas Erleichterung schafft jedoch die Möglichkeit, Einheiten zu Verbänden zusammenzufassen.

Action und Taktik

Obwohl ich mich eigentlich mehr zur Action-Fraktion zähle, habe ich es bei Battlestations Midway vorgezogen, in die Rolle des Taktikers zu schlüpfen. Tatsächlich könnt ihr die Missionen abschließen, ohne ein einziges Mal selbst eine der Waffen wie Torpedos, Wasserbomben sowie Flak- oder Artelleriegeschütze abzufeuern. Umgekehrt wird es da schon schwieriger: Zwar könnt ihr den Einheiten eine uneingeschränkte Bewegungsfreiheit einräumen, doch da sich die KI auch hier oft in sinnlose Positionen manövriert, werdet ihr auch als Action-Junkie nicht um die ein oder andere taktische Anweisung herum kommen. Was mich ebenfalls mehr in die Rolle des Strategen gedrängt hat, ist die mitunter komplexe Steuerung, bei der man sich je nach Einheit immer wieder stark umorientieren muss. Erst nach einer Einarbeitungszeit schaltet ihr nicht nur auf dem Digitalkreuz, sondern auch im Kopf blitzschnell zwischen Flugzeug, Zerstörer und U-Boot um. Obwohl sich die Missionsziele oft wiederholen und auf ein simples "Zerstöre alle feindlichen Einheiten" hinauslaufen, ist aufgrund der vielen Einheiten für Abwechslung gesorgt: Springt von der taktischen Karte direkt ins Cockpit eines Sturzbombers und heizt den japanischen Piloten mit MG-Salven ein, bevor ihr im Sturzflug euren tödlichen Torpedo auf die Reise schickt. Genug Höhenluft geschnuppert? Dann ab auf das Schlachtschiff, wo ihr mit Artelleriegeschützen Frachter und feindliche Kreuzer versenkt. Dies lässt sich auch prima unter der Wasseroberfläche bewerkstelligen, indem ihr euch mit einem U-Boot unauffällig heranschleicht, auf Periskophöhe geht und unerwartet angreift. Zusammen mit dem Piepen des Sonars und donnernden Wasserbomben kommt hier die Stimmung auf, wie man sie aus Filmen wie "Das Boot" oder "U-571" kennt. Neben der Kampagne warten zusätzliche Herausforderungen auf euch, in denen ihr auch in die Rolle der Japaner schlüpfen dürft und die jeweils speziell auf den Einsatz von Schiffen, Flugzeugen und U-Booten zugeschnitten sind. Allerdings richten sich diese vier Zusatzaufträge pro Einheitentyp eher an Profis.

Verwirrung

           

Bevor ihr einen Kampfeinsatz in Angriff nehmt, solltet ihr ohnehin die Marineakademie über euch ergehen lassen. Zwar gestaltet sich das gut 30-minütige Tutorial mit seinem demotiviert wirkenden deutschen Sprecher etwas zäh, doch bekommt ihr hier dennoch einen guten Überblick und sinnvolle Einführungen in die Einheiten sowie deren Bewaffnung und Handhabung. Dies ist übrigens der einzige Abschnitt, in dem deutsche Sprache aus den Lautsprechern ertönt. Im Spiel und

Hier hat ein Bomber seine feurige Ladung auf einem Flugzeugträger "abgeladen".
den guten, wenn auch zu künstlich auf alt getrimmten Zwischensequenzen müsst ihr euch mit englischer Sprachausgabe und deutschen Untertiteln begnügen. Angesichts des lahmen Tutorial-Sprechers war diese Entscheidung vielleicht die bessere Wahl.

Am Anfang war das Tutorial

Technisch merkt man Battlestations die lange Entwicklungszeit an. Vor allem, wenn das Kampfgebiet in der Nähe von Inselgruppen mit Flugfeldern und Häfen angesiedelt ist, bestimmen grobe Texturen und karge Objekte wie vereinzelte Bäume die Kulissen, die nicht mehr zeitgemäß wirken. Auch die sterilen Hintergründe, bei denen z.B. Wolken oder Rauchsäulen regungslos am Horizont verharren, trüben die Präsentation. Dem entgegen stehen neben der gelungenen Wasserdarstellung die liebevoll modellierten Einheiten, auf denen sich teilweise sogar kleine Figürchen tummeln. Allerdings frage ich mich, warum Offiziere und Matrosen mitten in einem brenzligen Gefecht in aller Seelenruhe über das Deck wandern als wären sie auf einem gemütlichen Kreuzfahrtschiff. Hier hätte man das Chaos des Krieges vielleicht etwas besser und vor allem glaubwürdiger inszenieren können. Zwar wirkt Battlestations Midway nicht hoffnungslos veraltet, doch wissen wir, dass sowohl auf dem PC als auch auf der Xbox 360

Meist dreht es sich bei den Aufträgen um reine Seegefechte.
mehr geht - grafisch sind beide Fassungen nahezu identisch. Löblich sind die vielen vorgefertigten Controllerkonfigurationen der PC-Version: Egal, ob ihr mit Maus-/Tastatur, Xbox (360-)Controller oder diversen Pads von Logitech oder Saitek in die Schlacht ziehen wollt, findet ihr in den Optionen sinnvolle Belegungen für das jeweilige Steuerungsgerät.

Der Zahn der Zeit

Online oder via LAN dürft ihr euch mit bis zu acht Spielern in die Schlachten stürzen, wobei ihr nicht länger nur amerikanische, sondern auch japanische Truppen kontrolliert. Jedem Spieler werden nach der Teamwahl bestimmte Einheiten zugewiesen, wodurch sich der Spielablauf sehr interessant und abwechslungsreich gestaltet. Ihr erbittet z.B.  Luftunterstützung  für eure Schiffe oder startet mit U-Booten nach Absprache fiese Angriffe aus dem Hinterhalt. Allerdings stehen nicht immer alle Einheiten zur Verfügung: Genau wie in der Singleplayer-Kampagne entscheiden auch hier die Missionsanforderungen, welches Kriegsgerät ihr für den Kampf einsetzen dürft. Zwar stehen euch lediglich neun Multiplayer-Karten zur Auswahl, doch dauern die Kämpfe je nach Anzahl der Spieler und Einheiten locker über eine Stunde. Etwas unrealistisch ist jedoch die Handhabung bei den Flugzeugträgern: Hier habt ihr anscheinend einen unendlichen Nachschub an Jägern und Bombern, falls es eure Staffeln erwischt. Ich habe mich selbst dabei ertappt, die letzten Überbleibsel meiner angeschlagenen Geschwader in den sicheren Tod zu schicken, um möglichst schnell wieder frische Piloten in die Luft zu schicken. Das Ende vom Lied: Ich lieferte mir eine halbe Ewigkeit einen Stellungskrieg mit meinem Gegner, indem wir uns beiden immer wieder Geschwader auf den Hals hetzten - ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Hier wäre es besser gewesen, die Anzahl der verfügbaren Einheiten auf ein bestimmtes Limit festzulegen.

Online-Schlachten

      

Fazit

Battlestations Midway hat mich positiv überrascht: Nach den ersten Trailern und dem doch sehr zähen Tutorial hatte ich schon mit einer Schlaftablette einschließlich unangenehmer Nebenwirkungen gerechnet. Doch hat man sich mit der anfänglich komplexen Steuerung vertraut gemacht und sich entweder als Stratege, Kämpfer oder beides in den Pazifikkrieg gestürzt, kann man über kleine Mängel wie die altbackene Präsentation hinwegsehen. Allerdings wirkt mir das Geschehen teilweise zu hektisch – vor allem, wenn es an die Reparaturen der Schiffe während eines Gefechts geht. Und auch wenn die KI ihren Job meist zuverlässig erledigt, liegt sie mit ihren Entscheidungen ab und an vollkommen daneben, was euch leicht den Sieg kosten kann. Hier gilt es abzuwägen, wie viel Kompetenzen ihr der KI einräumen wollt und zu welchen Aufgaben ihr euch selbst imstande fühlt. Auch die persönlichen Vorlieben, sei es nun der Strategie- oder Actionbereich, spielt hier eine Rolle. Auf jeden Fall ist den Ungarn die Mischung beider Genres gut gelungen, die sich vom typischen Ego-Shooter oder reinen Flugsimulator erfrischend abhebt.

Pro

  • gelungene Mischung aus Strategie und Action
  • zahlreiche Einheiten umfassen Marine- & Lufteinheiten
  • packende Gefechte
  • gelungener Multiplayer
  • detaillierte Modelle
  • massig vorgefertigte Padkonfigurationen (PC)
  • gute (englische) Sprachausgabe

Kontra

  • teilweise zu hektisch
  • Anfangsmissionen arg kurz
  • unverständliche KI-Aktionen
  • komplexe Steuerung(en)
  • grafisch teilweise altbacken
  • zähes Tutorial
  • nur deutsche Untertitel
  • nur neun Multiplayer-Karten
  • unendlicher Nachschub an Flugzeugen im Multiplayer

Wertung

360

Gelungener Mix aus Action und Strategie. Technisch allerdings etwas veraltet.

PC