Sonic und die Geheimen Ringe - Test, Geschicklichkeit, Wii

Sonic und die Geheimen Ringe
08.03.2007, Jens Bischoff

Test: Sonic und die Geheimen Ringe

Was ist nur mit Segas Kult-Maskottchen los? Nach dem Sonic the Hedgehog-Debakel auf 360 und PS3 wollte ich den blauen Igel eigentlich schon endgültig abschreiben... Andererseits: Schlimmer kann's kaum werden. Oder doch? Na ja, geben wir ihm nochmals eine Chance und schauen, ob er auf Nintendos Wii vielleicht zu alter Stärke zurückfindet. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt!

Sieben Weltenringe muss Sonic finden, um den bösen Flaschengeist Erazor zu bezwingen. Ja, richtig gelesen, nicht Dr. Eggman, sondern ein teuflischer Djinn ist dieses Mal der Gegner des blauen Igels. Das ist jedoch nicht verwunderlich, denn das Abenteuer spielt im Orient.

Wii-Grafik vom Feinsten: Die butterweich scrollenden Orientkulissen sehen phantastisch aus.
Genauer gesagt im Buch Tausend und eine Nacht, dessen Geschichten von Erazor manipuliert werden, um ihm einen Ausbruch in die Wirklichkeit zu verschaffen. Doch keine Angst, Sonics eigentlicher Erzrivale und seine Freunde sind auch hier. Allerdings mimen sie dort andere Rollen. Fuchskumpel Tails tritt z.B. als Räuber Ali Baba auf, während Dr. Eggman als König Shahryar gar euer Verbündeter ist.

Abenteuer im Orient

Euer Ziel ist es, unter der Leitung von Ringgeist Shahra dem fiesen Erazor das Handwerk zu legen. Dazu bereist ihr acht Welten des Buches, in denen es über hundert Missionen zu meistern gibt, bei denen ihr meist unter bestimmten Auflagen wie "Sammle 99 Ringe", "Besiege 20 Gegner" oder "Zerbreche keine Vasen" das Ziel erreichen müsst. Um die in comicartigen Standbildern präsentierte und eher beiläufig erzählte Story voranzutreiben, müsst ihr allerdings nur einen Teil der Missionen bestreiten. Der Rest dient dazu, Extras freizuschalten und zusätzliche Fertigkeiten zu erwerben. Letztere dürft ihr vor jedem Einsatz frei zuteilen, um in den Missionen spezielle Vorteile zu genießen. Sonic erhält für erfolgreich absolvierte Einsätze nämlich Erfahrungspunkte, die ihm bei einem Level-Up wiederum Fähigkeiten bescheren, die ihr jederzeit an oder ausschalten könnt.

Da die zum Aktivieren nötigen Fertigkeitspunkte jedoch beschränkt sind, könnt ihr nur selten alle Fertigkeiten nutzen und müsst so von Level zu Level entscheiden, worauf ihr verzichten wollt und worauf nicht. Ihr könnt den Igel mit diversen Beschleunigern ausrüsten, um bessere Chancen bei Wettrennen zu haben, ihn mit Schutz- und Angriffsboni versehen, um bei kampfbetonten Herausforderungen die Oberhand zu behalten, ihn wendiger machen, um ihn besser dirigieren zu können usw. Im Prinzip kommt ihr auch ohne zusätzliche Fertigkeiten ans Ziel. Wer allerdings jeden Level mit einer Goldmedaille abschließen will, um sämtliche Extras freizuspielen, hat ohne das richtige Setup kaum eine Chance.

Pimp my Skills

So oder so ist das Erlangen und Experimentieren mit verschiedenen Fertigkeiten eine motivierende und lohnende Angelegenheit, welche auch über den recht kurzen Storyverlauf hinaus an die Remote fesselt. Apropos: die Steuerung von Sonic gestaltet sich erfreulich einfach und doch facettenreich. Zum Spielen müsst ihr die Fernbedienung horizontal halten und den selbstständig nach vorn preschenden Igel durch Kippbewegungen nach rechts und links dirigieren. Ein Druck auf die 1-Taste bremst den stacheligen Läufer ab, mit der 2-Taste setzt er zu einem Sprung an und durch ein Kippen nach hinten könnt ihr sogar rückwärts laufen. Um Gegner zu bekämpfen, lasst ihr Sonic in der Luft durch ruckartige Vorwärtsbewegungen klassische Verfolgungsangriffe ausführen, sobald der Gegner von der automatischen Zielerfassung aufs Korn genommen wurde.             

An die Handhabung habt ihr euch schnell gewöhnt. Auch Grinds, Kletterpartien oder Katapultflüge gehen locker von der Hand. Allerdings ist die Steuerung nicht immer so direkt und präzise, wie man es sich wünschen würde und hin und wieder werden Eingaben sogar komplett verweigert. Das ist ärgerlich und sorgt teils für unnötigen Frust. Die meiste Zeit habt ihr aber alles recht gut im Griff, auch wenn das Leveldesign sehr häufig auf Trial&-Error-Passagen setzt.

Nach einem Sprung werden Gegner automatisch erfasst und per Wiimote-Schubser attackiert.
 Dafür sind die einzelnen Spielabschnitte aber ungemein hübsch und aufwändig gestaltet und versetzen euch immer wieder gekonnt in einen Geschwindigkeitsrausch. Wer's noch schneller mag, kann später auch Hypersprints vom Stapel lassen, mit denen selbst Gegner und einfache Hindernisse überrannt werden. Alternativ könnt ihr das Spielgeschehen mit einem Zeitstopp aber auch in Zeitlupe ablaufen lassen, um Feinde und Fallen elegant zu umgehen.

Alles im Griff?

Akustisch wird das Ganze leider nur selten von passenden Klängen untermalt. Stattdessen, dröhnt die meiste Zeit serientypische Rockmucke aus den Boxen, die nicht wirklich zum orientalischen Szenario passt und teils sogar gewaltig auf die Nerven gehen kann. Auch die englische Sprachausgabe wirkt eher peinlich als rühmlich. Wer will kann alternativ dem japanischen Originalton lauschen, eine deutsche Synchro sucht ihr jedoch vergeblich. Das ist dank solide übersetzter Texte zwar nicht weiter tragisch, aber wer des Englischen oder Japanischen überhaupt nicht mächtig ist, muss auch bei Anweisungen während des Spiels auf die Untertitel schielen, was angesichts des oft recht hohen Tempos durchaus mit unfreiwilligen Stürzen oder Kollisionen enden kann...

Wer mal eine Auszeit vom Jump'n'Run-Alltag nehmen will, wechselt einfach in den Party-Modus, wo bis zu vier Teilnehmer in bester Mario Party-Tradition einen Minispiel-Marathon veranstalten können. Insgesamt warten hier 40 Disziplinen auf euch, bei denen ihr entweder nach einander oder alle gemeinsam antretet, um den Sieg zu erringen.

Im Hypersprint-Modus rauschen die Spielumgebungen mit einem Affenzahn an euch vorbei.
 Zudem stehen euch verschiedene Wettkämpfe zur Verfügung bei denen ihr nicht nur Minispiele bestreitet, sondern auch auf Schatzsuche geht, eine ereignisreiche Regatta veranstaltet oder auf einem Bazar Teppiche ersteigert. Ihr seht schon, dieser Modus ist weit mehr als nur eine nette Beilage und hätte durchaus auch als eigenständiges Spiel erscheinen können. Persönlich habe ich sogar weit mehr Zeit mit Hämmern, Rudern oder Bogenschießen verbracht als mit Sonics eigentlichem Abenteuer.

It's Party-Time!

Wer auf Spiele wie Mario Party, Rayman: Raving Rabbids oder Wario Ware: Smooth Moves steht und oft verspielten Besuch zu Gast hat, wird wohl ähnlich positiv überrascht sein. Zwar müssen einige Minispiele und Turniere erst im Story-Modus frei gespielt werden, aber selbst zu Beginn ist das Angebot bereits sehr umfang- und abwechslungsreich. Auch die Qualität der meist recht simpel gehaltenen Wettstreite ist für einen Zusatzmodus mehr als ordentlich. Die Palette reicht von Reaktions- und Geschicklichkeitstests über Sammelorgien bis hin zu Merk-, Schätz- und Erkennungsspielchen inklusive Stimmung anheizender Zufallsereignisse und Spielerinteraktionen. Auch die Steuerung klappt meist einwandfrei; allerdings nicht immer, wodurch manche Disziplinen deutlich an Reiz verlieren. Wenn ihr z.B. Objekte mit einem Netz einfangen müsst, das wie ein Zitteraal über den Bildschirm ruckelt oder Bewegungen falsch erkannt werden, ist das einfach ärgerlich. Insgesamt und vor allem zu viert ist der Party-Modus aber trotzdem eine Mordsgaudi!         

Fazit

In Sonic und die geheimen Ringe macht der blaue Igel eine unerwartet gute Figur: Abwechslungsreiches Leveldesign, tolles Geschwindigkeitsgefühl sowie eine schnell in Fleisch und Blut übergehende Handhabung sorgen für kurzweilige Jump'n'Run-Action vor traumhafter Orientkulisse. Allerdings hält das virtuelle Tausend und eine Nacht-Abenteuer auch einige Frustmomente parat: Steuerung und Kamera zicken gelegentlich und um die zahlreichen Aufgaben zu erfüllen, zahlt ihr jede Menge Trial&Error-Lehrgeld. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird jedoch gut unterhalten, auch wenn die im Comic-Stil erzählte Story keinen Blumentopf gewinnt und einem die Soundkulisse mit ihren unpassenden Rockklängen ziemlich auf die Nerven gehen kann. Dafür gibt es neben etlichen freispielbaren Fertigkeiten und Extras auch noch einen ziemlich spaßigen Mehrspielermodus, bei dem euch in verschiedenen Wettbewerben im Stil von Mario Party & Co. über drei Dutzend Minispiele erwarten. Kein Meilenstein, aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung - weiter so, Sonic!

Pro

  • sehr hübsche Optik
  • spaßiger Party-Modus
  • solide Highspeed-Action

Kontra

  • jede Menge Trial&Error
  • teils hakelige Steuerung
  • maue Story & Sequenzen

Wertung

Wii

Rasante Jump&Run-Action mit tollem Partyspielbonus.