Ridge Racer 7 - Test, Rennspiel, PlayStation3

Ridge Racer 7
09.03.2007, Michael Krosta

Test: Ridge Racer 7

Was darf zum Start einer Sony-Konsole nicht fehlen? Richtig: ein neues Ridge Racer! Nachdem Bandi Namco im vergangenen Jahr mit Ridge Racer 6 auf der Xbox 360 "fremd gegangen" ist, will man mit dem siebten Teil der beliebten Arcade-Serie auf der PlayStation 3 durchstarten. Knüpft Ridge Racer 7 (ab 25,78€ bei kaufen) an die Anfangserfolge an oder leidet es an den gleichen Durchschnittssymptomen der beiden Vorgänger?

Kenn ihr das Gefühl, wenn auf der Autobahn der Motor ins Stocken kommt? Ihr könnt zwar noch fahren, aber es läuft halt einfach nicht rund. Genau dieses Gefühl habt ihr bei Ridge Racer 7 auf der PS3! Lief der Vorgänger auf der Xbox 360 noch mit einer konstant hohen Framerate, bekommt ihr auf der Sony-Konsole nur ein konstantes Ruckeln! Ja, ihr habt richtig gelesen: Ridge Racer 7 hat mit dem Bildaufbau auf dem theoretisch stärksten Entertainment-System zu kämpfen! Vor allem bei Drifts durch die Kurven müsst ihr immer wieder mit ansehen, wie die Kulissen an euch vorbeizuckeln. Was hat sich

Das lässige Driften ist immer noch das A und O bei den Rennen.
Namco dabei gedacht, eine für ihr cooles Geschwinidgkeitsgefühl bekannte Serie so auszubremsen? Doch damit nicht genug: Neben den Framerate-Problemen sorgt auch extremes Kantenflimmern für Augenschmerzen - und Kopfschütteln. Technisch gesehen ist Ridge Racer 7 eine Enttäuschung!

Aussetzer

Die Strecken wie Midtown Parkway oder Lakeshore Drive dürften Xbox 360-Rasern bekannt vorkommen. Tatsächlich wurden die meisten Pisten 1:1 vom Vorgänger übernommen, gleichzeitig aber auch grafisch überarbeitet. Wo ihr auf der Xbox 360 meist in der Dämmerung unterwegs wart, geht ihr auf der PS3 bei strahlendem Sonnenlicht und etwas mehr Grafikdetails bei den Texturen sowie mehr beweglichen Objekten wie aufgewirbeltes Laub an den Start. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile: War das Bild bedingt durch die Tageszeit auf der 360 oft sehr dunkel, erstrahlen die PS3-Kurse in kräftigen Farben - und das auch bei den Nachtstrecken, in denen euch die bunten Leuchtreklamen und Lichter etwas satter entgegenstrahlen. Ein Nachteil ist jedoch, dass Kanten und das unangenehme Flimmern auf der PS3 deutlicher in den Vordergrund treten als auf der Xbox 360. Daneben wird auf der Microsoft-Konsole viel mehr mit Licht und Schatten gespielt, weshalb die Kurse in Ridge Racer 6 atmosphärischer wirken. Neben den recycelten Strecken, die für PlayStation-Only-Rennfahrer neu sind, wurden dem siebten Teil auch komplett neu designte Pisten spendiert, die mit eindrucksvollen Kulissen aufwarten: Wenn ihr einmal in "Lost Ruins" an Inka-Stätten und Statuen oder in "Mist Falls" durch eine Tropfsteinhöhle gebrettert seid und direkt neben euch ein Wasserfall niederprasselt, möchte man am liebsten anhalten und Bilder schießen. In diesen Momenten ist es schade, dass kein Fotomodus integriert wurde. Auch ein optisches Schadensmodell, wie es Genre-Kollegen wie Burnout Revenge mittlerweile bieten, sucht ihr hier vergebens.

Strecken-Recycling?

Neben Einzel- und Zeitrennen steht der Ridge State Grand Prix im Mittelpunkt: Hier schaltet ihr auf einer GT4-ähnlichen Karte neue Rennveranstaltungen frei, sichert euch die Unterstützung diverser Fahrzeughersteller oder kauft neue Tuningteile für euren fahrbaren Untersatz. Momental mal: Tuning? In Ridge Racer? Ja, im siebten Teil halten auch in dieser Serie Tuningmöglichkeiten ihren Einzug. Bevor sich Fans aber jetzt empört abwenden und einen Einstellungswahn eines Gran Turismo oder Forza befürchten, sei gesagt, dass das Tuning sehr oberflächlich ausfällt: Ihr kauft euch

Die fiktiven Modelle der Boliden überzeugen mit ihrem sportlichen Design.
in Paketen vorgefertigte Motorupgrades, Nitros, Fahrwerke und Reifen ohne euch mit Feineinstellungen befassen zu müssen. Außerdem dürft ihr die Optik eurer Kiste(n) u.a. mit breiten Seitenschürzen, Carbon-Motorhauben oder Aufklebern aufwerten. Leider ist es nicht möglich, eigene Logos anzufertigen, wie es noch bei Rage Racer auf der PSone der Fall war.

Willkommen in Ridge State

Die Rennveranstaltungen gliedern sich in drei große Kategorien: Grand Prix, Hersteller-Rennen und UFRA(United Federation of Ridge Racers Association)-Events. Bei einem Grand Prix fahrt ihr mindestens drei Rennen hintereinander und sammelt je nach Position zwischen null und zehn Punkten. In den Hersteller-Rennen geht es dagegen primär darum, euch durch einen Rennsieg die Unterstützung der Wagenbauer einzufahren. Dabei bekommt ihr nicht nur neue Boliden unterschiedlicher Klassen, sondern auch zusätzliche Tuningteile. Immer wieder werdet ihr auch zu UFRA-Veranstaltungen eingeladen, in denen ihr bestimmte Vorgaben erfüllen müsst: Dazu zählen Zeitrennen oder die Aufgabe, innerhalb von drei Runden 13 Fahrzeuge zu überholen - was im Prinzip nichts anderes ist als ein Standardrennen, das ihr gewinnen müsst.  

Seltsamerweise tretet ihr in Grand Prix-Veranstaltungen dagegen nur gegen sieben KI-Fahrer an, die jedoch bei Überholvorgängen kaum Gegenwehr leisten und auch insgesamt sehr undynamisch auf das Geschehen reagieren. Trotzdem stellen sie in späteren Rennen durchaus eine Herausforderung da, was aber mehr an ihrem zunehmenden Tempo und Nitroeinsatz und als ihrem fahrerischen Können liegt. Neu ist die Möglichkeit, sich im Windschatten an das Heck der vorausfahrenden Karossen heranzusaugen. Allerdings verliert durch dieses Feature der Nitro an Wirkung: Ich konnte mich mehrmals im Windschatten an das Fahrzeug vor mir heransaugen, obwohl es im Gegensatz zu mir einen Nitro gezündet hatte.

        

Die Fahrphysik ist ganz klar auf Spaß ausgelegt: Wie immer bei Ridge Racer steht auch bei diesem Teil das Driften ganz oben auf der Liste, wenn ihr über die Strecken heizt. Mit diesem leichtgängigen Manöver kommt ihr nicht nur schneller um die z.T. engen Kurven, sondern ladet gleichzeitig auch eure Boost-Leiste auf, in der ihr entweder bis zu drei Nitros sammeln oder eine einzige Leiste nach eigenem Ermessen aufbrauchen könnt. Die Steuerung funktioniert wie gehabt präzise und einfach - sofern ihr ohne die Bewegungssensoren lenkt. Ja, auch Ridge Racer 7 macht Gebrauch von den neuartigen Sixaxis-Fähigkeiten, aber auch hier kenn die Lenkung via Motionsensoren nicht mit der Präzision der Analogsticks mithalten

Mit dem Nitro bekommt ihr einen enormen Geschwindigkeitsschub.
- vor allem, wenn ihr bei den Drifts gegenlenken müsst. Einfacher gestaltet sich da schon das manuelle Schalten via Bewegung, denn hier müsst ihr den Controller bloß ruckartig nach vorne oder hinten neigen. Nette Idee, aber das sind Features, die man weder braucht noch das Spielgefühl verbessern. 

Driften: Der Schlüssel zum Sieg

Es gibt Momente, da möchte man auch virtuellen Figuren am liebsten ein Pflaster über den Mund kleben oder deren Lippen gleich mit Sekundenkleber versiegeln. Dieser Wunsch überkam mich auch bei Ridge Racer 7: Dass die DJs schon seit einigen Teilen mit ihren dämlichen Kommentaren auf die Nerven gehen, ist mittlerweile bekannt. Was man in der US-Version noch halbwegs ertragen kann, verkommt in der deutschen Lokalisierung zu einer Zumutung: Vor allem der weibliche Quakstimme wollte ich schon nach dem ersten Wort vor dem Start die Stimmbänder lang ziehen. Kennt ihr noch Janice aus der TV-Serie Friends? Dann bekommt ihr eine Vorstellung, was euch erwartet! Wer ist denn so schmerzfrei und castet eine solch penetrante Stimme, die dermaßen unangenehm in den Ohren klingelt? Zum Glück lassen sich die Kommentare aber leise drehen - genau wie die Musik. Ich weiß nicht, was los ist, aber seit dem vierten Teil geht es meiner Meinung nach musikalisch mit der Serie  bergab. Wo sich früher coole Techno-Beats in euer Gehirn hämmerten und die rasante Geschwindigkeit eurer Boliden in BPM umzuwandeln schienen, begleiten euch heute nur noch stupide Elektroklänge, die dumpf im Hintergrund dümpeln aber nicht mehr mitreißen. Unter dem Menüpunkt "Net CD" soll es eigentlich möglich sein, auch eigene Soundtracks ins Spiel zu integrieren. Leider haben wir es nicht geschafft, eigene Songs von der Festplatte zu importieren und auch die Anleitung schweigt sich zu diesem Thema aus. So richtig übel wird es allerdings bei den Motorengeräuschen: Ich habe ständig das Gefühl, in einem ferngesteuerten Elektroauto oder auf einem Rasenmäher zu sitzen, wenn die eigentlich PS-starken

Die meisten Kurse wurden direkt aus dem Vorgänger übernommen.
Fantasieflitzer so vollkommen unspektakulär vor sich hin summen. Manche Kollegen fühlten sich bei dieser Motorklangkulisse gar wieder in die Amigazeit zurückversetzt. Ich will die Power hören, die da angeblich unter der virtuellen Haube steckt! Oder wird hier einfach nur das pure Understatement klanglich auf die Spitze getrieben?

Pflaster gesucht!

Im Multiplayer-Bereich lohnt es sich vor allem online, auf's Gas zu treten. Mit bis zu 14 Teilnehmern liefert ihr euch über Sonys Onlineservice Einzel- oder Teamrennen, wobei ihr bei Letzteren sowohl in zwei großen als auch mehreren Zweierteams antreten dürft. Weitere Modi wie "Ausscheiden" oder "Eroberung" wie man sie z.B. aus PGR 3 kennt, findet ihr in der Welt von Ridge Racer leider nicht. Dafür habt ihr die Wahl, um Preisgelder zu fahren - die bei einer Niederlage von eurem Konto abgebucht werden. In unseren Testsessions machte der Onlinemodus eine gute Figur und überzeugte durch lagfreie Rennaction. Praktisch: In der Lobby könnt ihr beim Chat schnell vorgefertigte Nachrichten wie "Gutes Rennen" anklicken und diese entweder an alle im Raum oder nur bestimmte Teilnehmer richten. Offline wird die Drehzahl dagegen deutlich runter gefahren: Zwar dürft ihr im Splitscreen mit einem Freund Einzel- und Zeitrennen bestreiten, doch werden die Grafikdetails dermaßen runtergefahren, dass die ohnehin von Kanten und Flimmern gezeichneten Kulissen nur noch hässlich und grob erscheinen.     

Netzwerk-Raserei

Fazit

Hmmm, drehen wir die Zeit doch mal ins Jahr 1996 zurück: Als eingefleischter PC-Spieler wäre es mir nicht mal im Traum eingefallen, mir eine Videospielkonsole zuzulegen - bis ich Ridge Racer Revolution bei einem Kumpel gezockt habe und deshalb eine eigene PlayStation her musste. Wenn ich heute vor einer Kaufentscheidung für die Anschaffung einer PS3 stehen und dabei all meine Hoffnungen in Ridge Racer 7 legen würde, hätte sich das Thema ganz schnell für mich erledigt. So ändern sich die Zeiten! Ich kann mir nicht erklären, warum die Entwickler nicht alles daran gesetzt habe, eine ebenso konstante und flüssige Framerate zu realisieren wie beim Vorgänger auf der Xbox 360. Die starke Kantenbildung, eine mäßige KI, nervige (aber abschaltbare) DJs sowie die flimmernden Texturen sind zwar nicht schön, aber es sind Dinge, mit denen ich notgedrungen leben kann – mit konstanten Ruckeleinlagen während des Renngeschehens dagegen nicht! Dabei hätte so viel Potenzial in Ridge Racer 7 gesteckt, um den Vorgänger zu übertreffen: Features wie Windschatten und Tuning sind eine echte Bereicherung und auch der Onlinemodus weiß trotz weniger Spielmodi zu gefallen. Auch wurden die leicht sterilen Strecken insgesamt gut designt und das Fahrgefühl mit den ansehnlichen Fantasie-Boliden ist nach wie vor top – sofern ihr wie gehabt mit dem Analogstick lenkt und die Bewegungssensoren höchstens zum Schalten benutzt. Im direkten Performance-Vergleich mit dem Xbox 360-Vorgänger muss man sich jedoch leider eingestehen, dass Ridge Racer 7 trotz der neuen Ideen und überzeugenden Neuzugängen bei den Kursen einen technischen Rückschritt darstellt. Das hat die PS3 nicht verdient!

Pro

  • leicht zugängliche Arcade-Steuerung
  • Windschatten
  • gut designte Kurse
  • lagfreier Onlinemodus
  • viele Rennveranstaltungen
  • Tuning-Möglichkeiten

Kontra

  • keine flüssige Darstellung
  • starkes Kanten-/Texturenflimmern
  • schwacher Splitscreenmodus
  • üble Motorengeräusche (Summen statt Brummen)
  • mäßige KI

Wertung

PlayStation3

Die alte Ridge Racer-Rasanz kommt aufgrund technischer Probleme leider nur im Ansatz rüber!