MotorStorm - Test, Rennspiel, PlayStation3

MotorStorm
09.03.2007, Michael Krosta

Test: MotorStorm

Motorstorm (ab 23,94€ bei kaufen), die Offroad-Schlacht der Evolution Studios, ist einer der Hoffnungsträger im Start-Lineup der PlayStation 3. Der fulminante E3-Trailer aus dem Jahr 2005 hatte bereits hohe Erwartungen geschürt.  Heute ist der Tag der Wahrheit: Zeigt die staubige Arcade-Raserei endlich das Potenzial der neuen Sony-Konsole und lässt die Konkurrenz alt aussehen?

"Dürfte ich bitte Ihr Ticket sehen?" Diese freundliche Aufforderung dürfte jeder von uns schon einmal gehört haben. Egal, ob beim Eintritt ins Fußballstadion, in der S-Bahn, vor einem Konzertbesuch oder beim Einchecken am Flughafen: Tickets regieren die Welt! Auch im Karrieremodus von  Motorstorm dreht sich alles um die bedruckten Papierfetzen, mit denen ihr euch Zugang zu den Rennveranstaltungen verschafft. Insgesamt warten 21 Tickets auf euch, die ihr durch Erfolge automatisch erwerbt. Das hört sich nicht gerade nach einem großen Umfang an? Richtig. Bedenkt man

Eine kleine Unachtsamkeit genügt und schon werden leichte Boliden aus der Spur geworfen.
aber, dass ihr pro Eintrittskarte an bis zu vier Rennen teilnehmen könnt, relativiert sich das Ganze schon wieder. Trotzdem hätte man mehr als gerade mal acht Strecken anbieten müssen. Außerdem finden alle Rennen  im Monument Valley mitten in der Wüste statt. Wo bleibt da die Abwechslung?

Tickets

Beim Motorstorm-Festival dreht sich eine Woche lang alles um Racing, laute Rockmusik und Partys. Doch wer will schon saufen, wenn er stattdessen auf Motorrädern, Quads, in Renntrucks oder anderen Offroad-Vehikeln in den Kampf gegen die Felsen ziehen kann? Motorstorm ist ein Arcade-Racer in Reinkultur: Schert euch nicht um Einstellungen, Schäden oder eine zu komplexe Fahrzeugphysik. Ihr braucht nicht mal zu wissen, wie schnell ihr überhaupt unterwegs seid, denn eine Tacho-Anzeige, wie man sie aus anderen Rennspielen kennt, findet ihr hier nicht. Stattdessen folgt ihr einfach den angeborenen Rennfahrerinstinkten: Gas geben, mit dem Turbo noch mehr Gas geben und hoffen, dass man bei all den Unebenheiten, Hindernissen und nicht zuletzt dem Positionskampf mit den anderen Fahrern heil ins Ziel kommt! Allerdings müsst ihr beim Einsatz des Turbos aufpassen, die Taste rechtzeitig wieder loszulassen, bevor sich der Motor erhitzt und hoch geht. Das sieht zwar spektakulär aus, wenn die Einzelteile wie Karosserie-Splitter, Räder, kleine Federn und sogar ein Ragdoll-Modell des Piloten in Zeitlupe durch die Luft fliegen, aber den Rennsieg bringen euch diese Unfälle sicher nicht näher. Die meisten Crashs passieren jedoch aufgrund des schroffen Geländes: An jeder Ecke kann eine fatale Unebenheit auf euch warten, die euren Untersatz aus dem Gleichgewicht wirft und im schlimmsten Fall gegen die nächste Felswand krachen lässt. Weniger Probleme bereitet dagegen die KI, die das Fahrerfeld durch den umstrittenen Gummibandeffekt schön dich beieinander hält. Doch auch dumme Fehler bescheren euch hin und wieder Positionsgewinne: So konnten wir auf einer Strecke beobachten,

Rad an Rad, Stoßstange an Stoßstange: Die Positionskämpfe sind sehr intensiv.
dass die KI-Fahrer immer wieder nach einer Kurve in einen Felsen gerast sind - und das Runde für Runde. Allerdings sind solche derben Aussetzer die Ausnahme, so dass ihr euch in der Regel aufregende Kämpfe mit den anderen Fahrern liefert.

Party-Tal

Die Evolution Studios haben bereits mit ihren WRC-Spielen auf der PS2 bewiesen, dass sie ihr Offroad-Handwerk beherrschen. Mit Motorstorm zeigen sie, dass sie auch ohne Simulations-Elemente und Lizenzen ordentlich Staub aufwirbeln können. Die Inszenierung der brachialen Fahrten über Stock und Stein ist schlichtweg hervorragend: Sowohl in der Außen- als auch in der Innenansicht fühlt ihr euch jederzeit mitten in die Racing-Action hineinversetzt und scheint auch ohne Rumble-Effekt den harten Aufschlag nach einem Sprung durch die Wackelkamera zu spüren. Trotzdem wäre der Rüttel-Effekt gerade hier ein tolles Plus gewesen! Insgesamt sehen die Kulissen und die Boliden samt zunehmender Verschmutzung hervorragend aus, bieten herrlich-matschige Partikeleffekte und zeigen, wie ein Titel auf der PS3 optisch begeistern kann. Das bei vielen Launch-Titeln bemängelte Kantenflimmern ist hier kaum vorhanden, die Framerate konstant hoch und die grafischen Details wie Staub, Schmutz oder die Fahrwerke der Boliden lassen kaum Wünsche offen. Ein klein wenig Kritik gibt es dennoch: Vereinzelt erkennt ihr den Bildaufbau, wenn Objekte auf dem Boden aufploppen und auch zweidimensionale Pappaufsteller als Zuschauer zu missbrauchen, sollte so langsam der Vergangenheit angehören. Zwar erreicht man damit insgesamt nicht ganz die Qualität des berüchtigten E3-Trailers, doch kommt man dem schon sehr nahe. Die Erwartungen, die der Trailer durch mitreißende Positionskämpfe, spektakuläre Unfälle und unebenes Terrain bezüglich des Spielgefühls geschürt hat, werden dagegen vollends erfüllt.        

Wie im Trailer?

      

Motorstorm lässt sich meiner Meinung nach am besten als ein "Offroad-Burnout" beschreiben: Das Geschwindigkeitsgefühl ist vor allem in der Innenansicht Dank Motionblur-Effekten brillant, die Rangeleien mit der KI sind unterhaltsam und die Unfälle - auch wenn sie aufgrund des fehlenden Crash-Breakers nicht ganz den Wumms der Criterion-Serie bieten -  immer wieder schön anzusehen. Das würde sicher auch für Wiederholungen zählen, doch hat man auf dieses Feature leider verzichtet. Allerdings hat ein anderes Element den Weg ins Spiel gefunden, das auch beim neuen Sega Rally zum Einsatz kommen wird und für mich ein wichtiges Next-Generation-Feature darstellt: Deformierbare Oberflächen! Auch bei Motorstorm verändert sich die Strecke mit jeder Runde, da sich die Reifen in die vielen matschigen Abschnitten hineingraben und dadurch die

Tja, sowas passiert, wenn man nicht aufpasst - oder abgedrängt wird!
Oberflächenstruktur verändern. Dies wirkt sich auch auf das Fahrverhalten aus und ihr werdet merken, dass euer Vehikel nicht nur durch die Spurrillen ausgebremst werden, sondern auch unruhiger und unberechenbarer auf Lenkbewegungen reagiert.

Insgesamt stehen euch sieben Vehikelklassen zur Auswahl, die von flinken Motorrädern und Quads über gut gefederte Buggys und Rallye-Autos bis hin zu schwerfälligen LKWs reichen. Dabei besitzt jede Klasse ihr Vor- und Nachteile: Mit einem mächtigen Truck fahrt ihr Motorräder und Quads schnell über den Haufen oder schubst sie in das nächste Hindernis. Dafür haben die Brummis mit harten Kurven zu kämpfen und können aufgrund ihres Gewichts nicht jede Rampe für eine Abkürzung nutzen. Kleinere Flitzer haben nicht mit solchen Problemen zu kämpfen, allerdings sind sie durch ihr geringes Gewicht meist anfälliger, bei Unebenheiten unberechenbar zu reagieren. Mit der präzisen Steuerung habt ihr die Boliden gut im Griff, wobei Sony es sich auch hier nicht hat nehmen lassen, die Bewegungssensoren alternativ zum Einsatz

Die Motorräder sind schnell und wendig - aber auch sehr verwundbar.
kommen zu lassen. Genau wie bei Ridge Racer 7 dürft ihr die Fahrzeuge optional mit den Lenkbewegungen des Controllers steuern. Das Ergebnis ist das gleiche: Eine nette Spielerei, die man nicht haben muss und auch hier nicht an die Präzision der Analogsticks heranreicht. Punkt.

Vom Bike bis zum Truck

Erwähnenswert ist noch der Soundtrack, der mit Künstlern und Bands wie Nirvana, Kings of Leon, Slipknot und Queens of the Stone Age äußerst rocklastig ausgefallen ist, aber die Schlammschlachten hervorragend untermalt. Schade nur, dass man optional keine eigenen Songs von der Festplatte importieren kann. Die Soundeffekte mit ihren Motoren- und Crash-Geräuschen gehen ebenfalls voll in Ordnung.

Rock around the World

Wer sich nicht alleine in den Matsch stürzen will, kann sich lediglich online mit bis zu elf Rallye-Fahrern messen - einen Splitscreen-Modus gibt es nicht. Da die Server noch nicht stehen, müssen wir euch die Spielerfahrung über das PlayStation-Netzwerk später nachreichen.     

Fazit

Einsteigen, losfahren, Spaß haben! Mehr braucht man über Motorstorm eigentlich nicht zu sagen. Zwar hat Evolutions Offroad-Titel nur wenige Strecken zu bieten, doch entschädigt der enorme Spielspaß auf den mit vielen alternativen Routen gesegneten Pisten dieses Manko. Zudem deutet die PlayStation 3 hier endlich an, welches Potenzial in ihr steckt: Trotz kleiner Kritikpunkte wie vereinzelten Pop-Ups, Papp-Aufstellern und KI-Schwächen ist Motorstorm für mich DER Vorzeigetitel des Start-Lineups: Hier wird nicht nur technisch gezeigt, was machbar ist, sondern auch der Spielspaß kommt trotz oder gerade wegen der einfachen Mechanik nicht zu kurz. Zwar ist Motorstorm für mich noch nicht die Killer-Application, für die ich mir eine PS3 zulegen würde. Doch hätte ich die Konsole zu Hause stehen, wäre Motorstorm definitiv meine erste Wahl für den Spielekauf!

Pro

  • ein echter Grafikschmaus
  • hervorragendes Offroad-Feeling
  • Fahrspaß pur
  • sieben Fahrzeugklassen
  • cooler Rock-Soundtrack
  • simple Arcade-Physik
  • spektakuläre Unfälle
  • Onlinemodus
  • leicht zugängliche Steuerung
  • gelungene Partikel- und Motion-Blur-Effekte

Kontra

  • nur acht Strecken
  • lediglich ein (Wüsten-)Setting
  • kein Splitscreen-Modus

Wertung

PlayStation3

Einsteigen, losfahren, Spaß haben! Motorstorm zeigt, wie eine staubige Arcade-Raserei auf der PS3 auszusehen hat!