Lunar Knights - Test, Action-Adventure, NDS
Böse Beißer
Aber es regt sich Widerstand: Da ist einmal die so genannte "Zunft", die sich dem ehrenhaften Kampf gegen das Böse verschrieben hat. Ihr gehört ein Junge namens Aaron an, der mit seiner Pistole attackiert. Und da ist ein wütender Einzelgänger namens Lucian, der sich die Rache am Tod seines Vaters aufs dunkle Schwert geschrieben hat. Diese beiden Helden sollen die Vampirfürsten jagen, den Sonnenschirm zerstören und die Erde retten. Ab dem dritten Kapitel könnt ihr jederzeit zwischen ihnen wechseln - allerdings gibt es keine Teambildung wie in Castlevania; man steuert immer nur einen Helden.
Das Besondere ist nämlich: Aaron kann die Kraft der Sonne für starke Angriffe nutzen, Lucian die des Mondes. Das geschieht, indem sie ihre Begleiter zu sich rufen. Zu Beginn steht Lucian z.B. die fliegende Katze Nero zur Seite. Sobald sie ihn flankiert, schlägt ihr Meister deutlich stärker mit dunkler Kraft zu, aber verbraucht dabei auch Energie. Später kann er auch Wesen mit Erd-, Frost-, Feuer- oder Wolkenkraft rufen. Dadurch kommt nicht nur eine angenehme taktische Note hinzu, diese Sidekicks sehen auch cool aus und man kann mit ihnen verschmelzen!
Sonne und Mond
Und das sieht richtig gut aus: Hat man über Kämpfe seine Tranceleiste gefüllt, verwandelt man sich auf Knopfdruck in eine schlagkräftige Kreatur mit mächtigen Angriffen. Lucian wird ein Biest mit Klauenrundumschlag oder gezielter Energieklauattacke. In diesen Momenten kann man verheerenden Schaden anrichten, bis die Tranceleiste auf Null gesunken ist. Gerade in den Bosskämpfen ist man in der Gestalt wesentlich effektiver als mit normalen Waffen.
Es gibt aber abseits der Verschmelzung noch einen Vorteil beim Wechsel der Begleitwesen: Jedes Monster ist ja einer Kraft bzw. einem Element zugeordnet. Und wenn Lucian sein Schwert dank des Feuerwesens auflädt, trifft er ein Eiswesen damit deutlich stärker. Ganz wichtig wird das in den späteren Bosskämpfen, denn auch die Vampirfürsten haben eine Ausrichtung. Gefährlich ist nur der Energieverlust, aber in den Schlössern und Katakomben gibt es immer wieder kleine Flecken mit Sonnen- oder Mondlicht, auf denen man diese auffüllen kann.
In den ersten beiden Kapiteln müsst ihr dafür jedoch die Voraussetzung erschaffen: Erste Risse in den Sonnenschirm bringen! Das gelingt nur, wenn ihr euch durch ein Dungeon bis hin zum Boss kämpft und diesen besiegt. Aber damit nicht
genug: Da sich die Vampirfürsten mit einem Kastenanzug schützen, müssen sie sehr starkem Licht ausgesetzt werden, um vernichtet zu werden. Da es das auf der Erde nicht gibt, müsst ihr sie im Weltraum der Strahlung eines Satelliten aussetzen. Also nichts wie hin!Kastenanzug im Toaster
Im All serviert euch Lunar Knights ein cooles Ballerspiel, das Reflexe und Timing erfordert: Ihr steuert ein Raumschiff mit dem Stift, müsst schnell feindliche Flieger beschießen, Meteoriten ausweichen und am Ende gegen ein besonders starkes Raumschiff bestehen. Erst wenn ihr dieses in spannenden Ausweich- und Schussgefechten besiegt, ist der Weg zur Solarstation und der gleißend inszenierten Vernichtung des Vampirs frei! Was zu Beginn noch relativ einfach ist, wird später richtig knifflig - und das ist gut so. Das Schöne ist: Ihr könnt diese Dogfights in einem Simulator trainieren.
Waffen & Zubehör
Auch all die Pistolen lassen sich mit bizarren Dingen wie Stahl, Linsen, Gashebel & Co verbessern. Rüstet ihr eine Schusswaffe auf, gibt es statt der Kombo z.B. geballte Projektilpower. Es gibt zig Arten von diesen Zubehörteilen, aber auch diverse Rüstungen, Amulette, Stiefel, Helme, Capes oder Tränke. Und Lunar Knights geht bei den Gegenständen noch weiter als Castlevania: Je nach Klima haben sie ein anderes Verfallsdatum. Also gilt es, sie möglichst zügig und klug einzusetzen.
Ein Schwachpunkt von Lunar Knights mag das etwas sterile Menüdesign sein. Aber die vielen kleinen Mangafilme, die witzigen Nebenfiguren und die wirklich gelungenen Filme bei den Finalkämpfen sorgen für einen guten erzählerischen Rahmen. Obwohl viele Dialoge manchmal nicht mehr als oberflächliches Gequatsche beinhalten, punkten sie doch hin und wieder mit Witz. Am unterhaltsamsten sind die Sprüche des zynischen Einzelgängers Lucian, der eigentlich nichts mit der Zunft und den anderen zu tun haben will. Er ist im Gegensatz zum netten Aaron ein angenehmer Antiheld mit einem Hang zu Arroganz und Verachtung. Da beide nur zusammen erfolgreich sein können, gibt das der Story eine gewisse Spannung.
Story & Rollenspiel
Der Rollenspielaspekt kommt auf der Weltkarte zur Geltung. Die ist zwar ungemein hässlich designt, aber hier könnt ihr euch frei bewegen. Ihr könnt noch mal in jedes Dungeon gehen oder Städte besuchen, um z.B. in Tavernen Gerüchte zu erfahren - ein Gespräch mit dem Barkeeper kann so manchen nützlichen Hinweis bringen, wie z.B. Antworten auf die Fragen der Wiederbelebung, der Vergiftung oder Verwirrung.
Überaus nützlich ist auch ein Besuch des Info-Händlers, der eine Monsterbibliothek führt und euch dort z.B. erklärt, dass ein "Chloroformer" dem Element Dunkelheit angehört und durch das Saugen von Blut angreift. Also solltet ihr dieses Wesen möglichst mit Aarons Lichtpistole angreifen! Es gibt sechs Kategorien von Monstern, von einfachen Skeletten ohne
Elementzugehörigkeit über Vermehrungskreaturen, Patrouilleläufer wie Hunde und Mittelbosse wie den Ameisenlöwen bis hin zu den sieben Bossen wie Vampirfürst Rymer.Dort gibt's es auch kleine Quests, die abseits der sechs Kapitel der Hauptstory für Abwechslung sorgen. Und ihr könnt natürlich in Kramläden alles kaufen und verkaufen. Das Schöne ist: Hier gibt es sogar Sprachausgabe! Die Besitzer begrüßen euch oder fragen, was ihr wollt. Wer es lockerer angehen lassen will, kann auch einfach nur Musik hören oder sich ausruhen. Unterm Strich ist die akustische Seite von Lunar Knights auch dank der schönen Melodien stärker als die grafische. Manche Levels wirken doch etwas zu karg, da kann der DS mehr!
Aufladen & Klima wechseln
Zum anderen lässt sich auf der Weltkarte auch das Klima wechseln: Ab dem dritten Kapitel stehen euch zum Beispiel Wüste und Subtropen zur Verfügung. Ein Wechsel des Wetters kann euch auch in Dungeons neue Wege öffnen: Ein See versperrt euch den Weg? Dann trocknet ihn aus, indem ihr die Temperaturen über das Wüstenklima steigen lasst! Gerade diese kleinen Rätsel lockern das Abenteuer angenehm auf. Und sie sorgen dafür, dass man die Dungeons auch später gerne besucht, denn man schaltet erst langsam andere Klimazonen frei. Trotzdem gibt es unterm Strich zu wenig Kopfnüsse, man wünscht sich hier und da mehr Rätsel.
Immerhin beeinflusst das Klima auch die Wahrscheinlichkeit des gerade aktiven Wetters. Das kann nämlich plötzlich wechseln. Ihr habt immer eine Anzeige über die aktuelle Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windstärke. Aber plötzlich ziehen Wolken auf, es regnet, schneit, Meteoriten jagen vom Himmel. Die Auswirkungen sind nicht immer sofort spürbar, aber bei einem Regenbogen steigt z.B. die Rate der von Monstern hinterlassenen Gegenstände um 45%, bei Hagel werden sowohl Spieler als auch Monster verletzt - all das sorgt für ein überaus lebendiges Spielgefühl. Allerdings wird Boktai-Kenner stören, dass es hier keinen Echtweltsensor gibt, der das aktuelle Wetter ins Spiel überträgt - das ist ein kleiner Rückschritt.
Es sind aber auch die Kleinigkeiten, die begeistern: Wenn ihr z.B. den Schild vor euch aufbaut, um heranstürmende Gegner zu
blocken und auf den Boden zu schicken, verliert er Substanz. Das heißt, ihr könnt ihn nicht unbegrenzt einsetzen, um abzuwehren - eine gute Idee. So muss man ab und zu eben geschickt ausweichen. Auch hier gibt es eine gute Möglichkeit: Der Doppeldruck aufs Digikreuz lässt euch sprinten, was auch ideal für eine Flucht ist. Allerdings kostet euch das erstens Energie, zweitens seid ihr in diesem Zustand schwer verwundbar.Kleinigkeiten
Gerade Veteranen werden sich über all diese Mechanismen freuen, die nicht nur der Spielbalance zugute kommen, sondern auch verhindern, dass man sich lustlos durchklickt. Lunar Knights ist erfrischend mehr als ein Hack'n Slay. Man muss im Gegensatz zum actionlastigeren Castlevania wesentlich öfter über seine Taktik nachdenken. Auch hier wird natürlich gemetzelt, auch hier kehren Gegner in Levels wieder, aber hier muss man mit etwas mehr Verstand vorgehen und auch mal fliehen.
Es weht sogar ein Hauch von Metal Gear Solid: Das Team von Kojima konnte es sich nicht verkneifen, einige bekannte Codec- und Piepstöne aus Solids Abenteuer zu integrieren. Außerdem gibt es tatsächlich Ähnlichkeiten im Patrouillenverhalten der Monster: Sie sind entweder alarmiert, wenn sie euch sehen, oder ein Fragezeichen über ihrem Kopf deutet an, dass sie ihre Suche aufgeben.
Solid lässt grüßen
Ihr müsst in manchen Aufgaben Monster umgehen und euch als Schleicher beweisen. Dabei kommt sogar das Mikro des DS zum Einsatz: Ein Hund versperrt euch den Weg? Pfeift einfach hinein und er wird abgelenkt seinen Posten verlassen - danach könnt ihr vorbei. Diese kleine Hommage an die Stealth-Action-Wurzeln nimmt zwar nicht viel Spielraum ein, aber ist nichtsdestotrotz eine willkommene Abwechslung.
Es ist zwar schade, dass man die Story nicht kooperativ spielen kann, aber dafür serviert euch Konami im Multiplayer knackige Matches für bis zu vier Mann. Ihr tretet auf Zeit gegeneinander an, bis nur noch einer überlebt und den Pokal abräumt. Das ist zwar nur zwischendurch interessant, aber immerhin braucht nicht unbedingt jeder ein Modul - es geht auch mit einem, nur dass man dann weniger Waffen und Karten zur Auswahl hat. Sehr interessant für Boktai-Fans: Ihr könnt euer GBA-Modul einstecken und einige Echtzeitfeatures aus Boktai für Lunar Knights nutzen: Die Sonnen- und Mondanzeige kann z.B. dank des Sonnensensors je nach aktueller Lage gefüllt werden. Draußen strahlt die Sonne? Dann füllt sich auch im Spiel eure Anzeige! Außerdem gibt es mehr Gegenstände in den Kramläden.
Multiplayer für alle
Fazit
Was für ein Einstand für Hideo Kojima auf dem DS! Unter der vermeintlich seichten Manga-Oberfläche verbirgt sich ein überraschend komplexes, angenehm durchdachtes und kreatives Abenteuer. Denkt man in der ersten Stunde noch, es handelt sich einfach um ein Castlevania für Arme in Draufsicht mit sterilem Grafikdesign, wird man spätestens ab dem dritten Kapitel vom Tiefgang fasziniert. Es ist nicht nur das Kämpfen, Sammeln und Ausrüsten, sondern vor allem das Spiel mit Licht und Dunkelheit, mit den elementaren Kräften der Begleiter, das auch taktisch fordert. Man kann sich in große Monster verwandeln, hinzu kommen coole Weltraum-Dogfights. Und je länger man spielt, desto mehr sinnvolle Kleinigkeiten entdeckt man. Gerade die Rollenspielelemente auf der freien Weltkarte verleihen dem Spiel eine angenehme Note - es gibt Gerüchte, Nebenquests, Rätsel und Tavernen. Habe ich schon erwähnt, dass das Wetter wechselt? Dass euch Hagel treffen kann? Dass man unzugängliche Wege über den Klimawechsel freimacht? Dass es Schleichpassagen gibt? Dass die Mangafilme klasse sind? Für mich ist Lunar Knights das derzeit beste und innovativste Action-Adventure auf dem DS. Selbst Castlevania lasse ich dafür derzeit liegen.
Pro
- zwei spielbare Helden
- sehr gute Steuerung
- angenehmes Rollenspielflair
- Spiel mit Licht & Dunkelheit
- interessantes Klimasystem
- klasse Kreaturverwandlungen
- taktischer Anspruch im Kampf
- coole Begleitwesen
- gute Dramaturgie über Mangafilme
- Kampf, Rätsel & Erkundung
- packende Weltraumgefechte mit Stift
- jederzeit speicherbar
- Multiplayer mit einem Modul
Kontra
- hässliche Weltkarte
- etwas zu wenig Rätsel
- einige karge Levels
- kein Echtzeit-Sonnensensor