Diddy Kong Racing - Test, Rennspiel, NDS, N64

Diddy Kong Racing
01.05.2007, Paul Kautz

Test: Diddy Kong Racing

Déjà-vu-Alarm: Vor zehn Jahren fand schon einmal ein Kart-Wettkampf zwischen Diddy Kong und Mario statt - allerdings auf dem N64. Schafft es Nintendos ehemaliger Haus-und-Hof-Entwickler Rare dieses Mal, dem rasenden Klempner kompetent Paroli zu bieten? Oder reicht es auch auf dem DS nur für einen bitteren zweiten Platz?

Rares erster DS-Ausflug ist nicht nur spielerisch an den Vorgänger angelehnt - die meisten Spielelemente und Strecken kennt man vom N64-Flitzer, allerdings gibt es auch Neuzugänge: Neue Figuren, neue Spielmodi, Online-Rennen und einigen Touchscreen-Spielereien, die man sich besser zwei Mal überlegt hätte. Die umfangreichste und leider wichtigste Spielvariante ist das Adventure: Ihr wählt aus

Grundsätzlich entspricht Diddy Kong Racing (ab 34,11€ bei kaufen)s Aufbau dem bekannten Mario Kart-Standard: Oben die Action, unten die umschaltbare Karte.
acht knuffigen Figuren (vier weitere sind freispielbar, wobei leider Conker und Banjo, im Original noch vorhanden, dieses Mal dem Kader fernbleiben), die gegeneinander rasen. Warum? Spielt doch keine Rolle, oder? Für Rare scheinbar schon, denn es musste unbedingt eine Story um den Bösewicht Wizpig drumherum geschrieben werden, die weder den geringsten Sinn ergibt noch sonderlich unterhaltsam ist. Sei's drum, denn ihr findet euch flugs auf einem grünen Eiland wieder, auf dem euch der blaue, auf einem fliegenden Teppich reitende Elefant Taj darüber unterrichtet, was euch erwartet. Aber ich wollte doch einfach nur Kart fahren! Ja, darfst du ja auch gleich. Aber finde erstmal eine Strecke!

Abenteuer-Qualen

Wer von Mario Kart DS das Einschalten-Loslegen gewohnt ist, sieht sich hier einer ungewohnten Nervenstrapaze gegenüber: Ihr kullert über die Insel, auf der Suche nach einer Strecke, die ihr befahren dürft. Denn das Gebiet ist in bestimmte Bereiche unterteilt, die ihrerseits wiederum Strecken beherbergen, die man nur befahren darf, wenn man genug Ballons hat. Für jedes gewonnene Rennen (nur der Sieger bekommt etwas) gibt es einen weiteren, der den Zugang zu neuen Arenen ermöglicht. Sind alle Rennen in einem Abschnitt geschafft, dürft ihr den Bossgegner des Areals herausfordern. Hat auch der euren Staub geschluckt, reitet ihr auf Tajs Flugteppich aus der Ego-Perspektive durch die Levels und sammelt via Stylus Ballons und Geldstücke auf. Ist das geschafft, verlangt erneut der Bossgegner nach einer Extrarunde. Und dann nehmt ihr nochmals die bekannten Strecken in Angriff, dieses Mal allerdings aus einer Vogelperspektive mit nochmals verschrecklichter Touchpad-Steuerung! Kurzfassung: Bäh! Leider gibt es nur hier Geld aufzusammeln, mit dem ihr bei Taj zu absurden Preisen nicht nur eure Karren pimpen, sondern auch zusätzliche Strecken und Spielmodi freischalten könnt. Außerdem gibt es dort interessante Sonderfunktionen wie einen Leveleditor oder einen Soundrekorder, mit dem ihr eurer Spielfigur eure eigene Stimme verpassen dürft, zu erwerben. Nichtsdestotrotz: Wer einfach nur ein bisschen rasen will, der ist im Einzelrennen deutlich besser aufgehoben.

Während sich die Mario-Sippe auf den reinen Kart-Spaß beschränkt, bietet die Affenbande mehr Auswahl: Neben den kleinen Flitzern dürft ihr auch hinters Steuer eines Flugzeugs bzw. eines Luftkissenfahrzeugs steigen. Alle Maschinen steuern sich spürbar anders, außerdem ist das Streckendesign clever genug, um jeder Kiste spezielle Vorteile zu bieten - manche Streckenabschnitte und Items sind nur mit einer bestimmten Maschine erreichbar. Leider gibt es keine Möglichkeit, diese Maschinen bei einem Rennen zu mischen, auch nicht im ansonsten fabelhaft gelungenen Mehrspielermodus: Bis zu acht Spieler dürfen sich lokale Rennen liefern, wobei insgesamt nur eine Karte gebraucht wird. Wer lieber gegen Affenmenschen aus aller Welt antritt, kann das via Nintendos WiFi-Service auch tun - allerdings ist hier die Spielerzahl auf sechs beschränkt. Dafür flutscht die Verbindung größtenteils lagfrei, außerdem bietet das Spiel eine prima Lobby, die auch ohne Freundescodes auskommt.

Vorsicht: Flugaffen!

Neben Kart und Luftkissenfahrzeug dürft ihr auch kleine Flugzeuge besteigen - und gelegentlich auch fliegende Teppiche.
Natürlich ist Diddy Kong Racing im Mehrspielermodus am interessantesten, auch wenn auch hier der Witz von Mario Kart fehlt: Zwar gibt es keine fiesen Items wie den blauen Panzer; dadurch wird das Ganze zwar ausbalancierter, aber auch langweiliger. Generell mangelt es den Items an Spritzigkeit: Turboboost hier, Ölpfütze da - achtet bitte auf eure Herzfrequenz! Immerhin könnt ihr durch das stetige Aufsammeln gleicher Items (repräsentiert durch, natürlich, Ballons) die aktuelle Waffe verbessern, und so aus einer ungelenkten Rakete gleich fünf oder eine zielsuchende machen.

Aus irgendeinem Grund dachten sich die Rare-Jungs, dass es da draußen zu wenige Kart-Games gibt, die alle DS-Spezialfunktionen nutzen. Nun, die Erfahrung lehrt uns, dass Touchpad und Mikrofon nur in sehr wenigen Games sinnvoll einzusetzen sind - zu denen reaktionsschnelle Rennspiele wohl kaum zählen. Und so kommt's, wie's kommen musste: Euch erwarten Steuerungsqualen! Der Blitzstart wird am Kart z.B. ausgelöst, indem ihr auf dem Touchpad auf einer immer schneller rotierendes Rad schabt, bis es losgeht. Problem: Es gibt keinen Countdown, so dass ihr zum Start schnell vom Touchpad auf die Digibuttons hetzen müsst, was meist den Geschwindigkeitsvorteil auffrisst. Mindestens genauso blöd ist die Idee, zum Start des Hovercrafts ins Mikro zu pusten. Oder in der Fackel-Herausforderung von Taj unter Zeitdruck sehr nahe an die flackernden Kerzen heranfahren zu müssen, um sie per stetigem Luftstrom ins Mikro auszublasen. Bei einem Arcade-Racer will ich eigentlich nur eines: arcadig racen. Und nicht eine rote Birne riskieren, weil die vermaledeite Fackel auf dem Bildschirm einfach nicht verlöschen will!

Mikrofon-Pein

Technisch liefert Rare solide Arbeit ab: Bunte, flotte Grafik mit matschigen Texturen und etwas krümeligen Figuren - nett, aber auch hier mindestens eine Klasse von Mario Kart entfernt. Auch die Soundabteilung hat solide Arbeit geleistet; die meisten der fröhlich düdelnden Stücke kennt man schon vom N64, dazu gibt's brummelige Effekte sowie ein paar Sprachfetzen. Darüber hinaus ist Diddy Kong Racing eines der wenigen Spiele, die Nintendos rumpeliges Rumble Pak unterstützen - was sich, wie bei jedem anderen Spiel, das dieses Feature nutzt, als weniger gefühlsecht als vielmehr ziemlich doof und nutzneutral entpuppt.     

Fazit

Diddy Kong Racing hatte es noch nie leicht: Auf dem N64 musste es gegen ein übermächtiges Mario Kart 64 antreten, auf dem DS wiederholt sich das Spielchen - und damals wie heute zieht der Affe den Kürzeren. Im Jahre 2007 liegt das hauptsächlich daran, dass Rare einfach zu viel wollte: Die Nutzung der DS-Sonderfeatures reicht von »nette Idee« bis »völliger Schwachsinn«, in den meisten Fällen wäre deutlich weniger deutlich mehr gewesen. Auch der teilweise völlig abstrus designte Adventure-Modus fällt in die Kategorie »Auf dem Papier gut, in der Praxis hingegen...« - immerhin lassen die Entwickler beim sehr gelungenen Mehrspielermodus ihre Muskeln spielen, auch technisch ist das affige Rennen mindestens kompetent. Doch unterm Strich bleibt leider nur die Erkenntnis, dass das göttliche Mario Kart DS, das auch nach knapp anderthalb Jahren nach wie vor zuverlässig jeden Tag (gesegnet sei die S-Bahn!) seinen Weg in meinen DS findet, einfach immer noch keine Konkurrenz hat. Um aus dessen Windschatten hervorzutreten, braucht's mehr als Mikropust- und Touchpadkratz-Spielchen, die keiner haben will. Der nächste bitte.

Pro

  • bunte, flotte Grafik
  • guter Mehrspielermodus
  • einfache Digi-Steuerung
  • abwechslungsreiche Strecken

Kontra

  • aufgezwungen wirkende Touchpad-Nutzung
  • dumme Mikrofon-Einbindung
  • nett gemeinter, aber schlecht umgesetzter Adventure-Modus
  • hässliche Animationen
  • nervende Level-Wiederholungen

Wertung

NDS