Mario Strikers: Charged Football - Test, Sport, Wii
Mari-Mari-Mari-Marioooo, Mariooooooo, Marioooo-oooo-ooo! Sorry, ich bin kein militanter Klempnerfan, aber diese Fanchöre schallen euch im neuen Kick made by Nintendo entgegen. Schaltet man die Musik ab, kann man diese Gesänge von den
Rängen hören, die dem Spiel endlich etwas Zunder machen. Und nicht nur Mario wird von seinen Ultras unterstützt: Natürlich werden auch die anderen sieben Charaktere angefeuert, die euch als Kapitäne im ersten Wii-Fußballspiel zur Verfügung stehen. Und das hört sich nicht nur gut an, es sieht auch in Bewegung richtig gut aus.Italienische Ultras
Der Arcade-Kick wurde gegenüber dem GameCube-Vorgänger Mario Smash Football (MSF) grafisch poliert: Die Menüs sind stylischer, die Animationen sind feiner, die Stadien mit vielen feiernden Fans belebter und jede Grätsche, jeder Einschlag hinterlässt Spuren auf dem Rasen - wenn auch keine bleibenden. Es gibt lediglich Schwächen im Texturbereich, wenn die auf Wunsch statische oder dynamische Kamera richtig ranzoomt, aber das sind Peanuts. Die Kulisse wirkt insgesamt lebendiger, profitiert von Stürmen, vom Hitzeflimmern, von Meteoriteneinschlägen sowie dem Schwanken der Arenen.
Bei den Stadien serviert man neben allen klassischen aus MSF auch zehn neue: Ob Wüstengruft oder Gewitterinsel, Schlammloch, Klassenzimmer oder Asteroidengürtel - es wird überall gebolzt und jede Arena hat ihre eigenen Gesetze. Mal wackelt das Ganze wie auf hoher See, mal sorgen Kometen für brennende Flügelflitzer oder riesige Sandsteine donnern auf das Feld. Nimmt man die Spezialschüsse hinzu, ist teilweise so viel los, dass man den Ball nicht mehr erkennt. Es kann zu einer regelrechten Effekt- und Grätschorgie kommen, in der Spielzüge schon mal im Bombardement untergehen. Wenn ein Mega-Schuss vom Mega-Schüttler geblockt wird, ist das Arcadefußball in Explosivkultur.
Von der Wüste in den Matsch
Die Steuerung ist das heikelste Thema für schnelle Wii-Spiele, aber hier flutscht sie perfekt - ich brauch kein klassisches Gamepad, um präzise zu sein: Ihr bewegt die Spieler mit dem Analogstick des Nunchuk, passt und schießt mit den Buttons auf der Remote. Letztere wird geschüttelt, um eine Blutgrätsche einzuleiten, die den Gegner sofort von den Beinen holt. Alternativ könnt ihr auch das Steuerkreuz betätigen, um eine einfache Grätsche hinzulegen. Seid ihr in der Defensive erfolgreich, werden euch neue Items in die Charakterleiste geschoben, die ihr sofort auslösen könnt - von Vereisungen über Bomben bis hin zu Bananen ist alles dabei, was in das fiese Repertoire gehört.
Saubere Steuerung
In der Offensive sorgt das Digikreuz für eine Spezialbewegung: Das kann ein kurzer Spurt sein, ein Haken oder etwa ein plötzliches Eingraben. Schade ist, dass man darüber hinaus nur eine Finte über das umständliche Drücken zweier Knöpfe auslösen kann. Dafür sorgt ein längerer Druck auf die Schusstaste sowohl bei Kapitänen als auch normalen Feldspielern für besondere Aktionen. Die Spielmechanik gleicht trotz der Neuerungen in Sachen Steuerung dem GameCube-Vorgänger. Wer auf dem Würfel gekickt hat, wird sich auch hier schnell zurechtfinden - das ist ein Lob für die Präzision der Steuerung, aber gleichzeitig ein Tadel für den spieltechnischen Stillstand. Spaß macht's trotzdem, aber man wird dieses Add-On-Gefühl nicht los.
Gespielt wird immer noch fünf gegen fünf, entweder auf Zeit bis zu fünf Minuten oder auf Tore, wobei der Torwart wie schon in MSF automatisch gesteuert wird. Er verhält sich übrigens deutlich besser als anno dazumal, vor allem in der Nähe seines Sechzehners - da geht kaum mehr etwas rein, auch der spitze Winkel wird zugemacht. Allerdings sind manche Schüsse aus
der zweiten Reihe immer noch tödlich: Man kann wunderbar die Winkel anvisieren, um auch mit einfachen Schüssen zu treffen. Das ist auf lange Sicht jedoch kein Nachteil, sondern belebt das konventionelle Spiel abseits der zahlreichen Spezialangriffe.Waluigi oder Donkey Kong?
Auch wenn man neue Finessen im Spielaufbau vermisst, gibt es je nach Teamvariante genug Abwechslung. Dafür sorgen zunächst die Kapitäne: Zur Auswahl stehen anfänglich neben den italienischen Brüdern auch Waluigi, Donkey Kong, Bowser, Yoshi und Daisy - vier weitere lassen sich freispielen. Jeder dieser Kapitäne hat Werte in den Bereichen Bewegung, Schießen, Passen und Verteidigung sowie ganz eigene Spezialschüsse und Animationen. Während der mächtige Bowser langsam, aber schussgewaltig ist und die Arenen mit einem Tritt ins Wanken bringen kann, lässt die filigrane Daisy den Ball schneller und eleganter rollen.
Die Mannschaft ist erst komplett, wenn ihr drei zusätzliche Feldspieler aus acht Figuren gewählt habt: Ob Koopa oder Toad, Buu Huu oder Shy Guy - neu ist, dass sie einzeln Positionen besetzen können, um ihre Fähigkeiten als gemischte Mannschaft zu nutzen. Während sich die Knochenmänner z.B. als beinharte Verteidiger im Zentrum eignen, werfen die Hammer-Brüder im Angriff mit eben jenen um sich, um die Flanke frei zu machen. Schön ist, dass damit eine teamtaktische Komponente ins Spiel kommt, die gegenüber MSF für mehr Variation sorgt.
Fünf Freunde müsst ihr sein
Im Mittelpunkt stehen allerdings die Superschüsse der Kapitäne, denn mit ihnen lassen sich gleich ein halbes Dutzend Tore auf einmal erzielen. Wenn ihr die Schussanzeige voll aufladen könnt, katapultiert sich Mario in die Luft, um aus der Höhe abzuziehen. Sobald er oben ist, seht ihr eine kreisrunde Scheibe mit Drehanzeiger, die an das 2-Klick.System im Golf erinnert: Drückt ihr zwei mal rechtzeitig, wird zum einen die Anzahl der Bälle bis hoch auf sechs festgelegt, zum anderen die Geschwindigkeit der Schüsse. Die ist vor allem bei Partien gegen Freunde wichtig, denn die können eure Bälle in einem Minispiel abwehren.
Feuervolley aus 30 Metern
Leider wirken diese Spezialschüsse in den Spielen gegen den Computer nicht ganz ausgereift: Erstens ist die Torausbeute nicht immer nachvollziehbar. Obwohl man die zweite Anzeige gar nicht optimal trifft, gehen manchmal drei, vier oder fünf Schüsse rein. Hier scheint es ein Glücksspiel zu sein, ob der KI-Torwart sehr gut oder schlecht hält. Zweitens ist die Schussanimation immer dieselbe, egal ob ich die erste und zweite Anzeige optimal treffe. Sprich: Der Supervolley aus 30 Metern Höhe sieht immer gleich gut aus. Ich werde als Spieler nicht mit einer feineren, explosiveren oder einfach ansehnlicheren Bewegung belohnt, wenn ich perfekt abschließe - das ist schade. Der Spaß an der Sache entsteht jedoch im Verhindern dieser Mega-Schüsse: Es gibt nichts Schöneres, als einem schon in die Luft steigenden Mario in letzter Sekunde zwischen die Beine zu grätschen; einfach herrlich.
Zwölf Aufgaben
Endlich. Das erste Wii-Spiel, mit dem man über das Internet gegen Freunde spielen kann. Habt ihr eine WiFi-Verbindung aufgebaut und einen Mii erstellt, erscheint sein Konterfei in der Lobby und ihr könnt Freunde einladen - wenn ihr deren Code
eingebt. Es geht nur zum Spaß oder in Ranglistenspielen zur Sache, sogar kooperativ zu zweit gegen ein anderes Team aus menschlichen Gegnern. Zwar ist das offiziell nur innereuropäisch möglich, aber ihr könnt theoretisch auch Freunde aus Übersee zu einem Match einladen; allerdings garantiert Nintendo hier kein reibungsloses Spiel.Der Online-Modus
Wie sieht die Technik aus? Sehr gut. Wir haben in unseren Testspielen keine Lags bemerkt. Das Spiel läuft fast genau so flüssig wie im Offline-Bereich. Obwohl man seinen Gegner mit Items en masse torpedieren kann und ständig etwas in die Luft fliegt, ließen sich kaum Slowdowns bemerken. Selbst kooperative Matches, in denen wir zu zweit aus Deutschland gegen zwei Gegner aus Frankreich antraten, liefen problemlos. Es gibt zwar keine Turnierfunktion, aber dafür wird es neben Freundschaftsspielen auch Ranglisten diverser Art geben.
Wer sich vor der Statik der ewigen Bestenlisten scheut, darf aufatmen: Hier wird quasi jede Woche eine neue Saison gestartet, so dass man sich nach Ablauf wieder neu motivieren kann. Damit ist jeder Tag ein wichtiger Spieltag; die aktuellen Führenden werden sofort angezeigt und es gibt hier nur
Zufallsmatches. Das Besondere daran ist, dass ihr in einem Best-of-3 immer eine Serie von drei Matches gegen diesen Kontrahenten bestreiten müsst - also im besten Fall nur zwei Spiele. Punkte gibt es sowohl für den Sieger als auch Verlierer, auch die Tore werden zusätzlich gewertet.Vorbildlich ist zudem die Abfrage der Verbindungsqualität vor einem Match: Sternchen von einem bis vier zeigen euch an, wie gut die Leitung ist. Und vor dem Anpfiff könnt ihr entscheiden, ob ihr so überhaupt spielen wollt - diesen Service bietet Pro Evolution Soccer 6 über Xbox Live nicht. Hier hat man einfach Pech, wenn jemand mit schwacher Anbindung loslegt. Ihr könnt vor einem Spiel die Zeit von zwei bis fünf Minuten einstellen und diverse Handicaps aktivieren.
Fazit
Na also! Geht doch, Nintendo! Mal abgesehen davon, dass die Steuerung herrlich präzise und intuitiv ist: Das ist der wichtige Schritt hin zum Multiplayerspaß der aktuellen Generation. Ich frage mich, wieso das bei Mario Kart & Co noch nicht geht? Aber wichtig ist hier nur aufm Platz und da geht die Post ab: Freut euch auf hoch explosiven Arcade-Fußball, der schnell und gnadenlos nicht nur offline, sondern auch online für herrlich gemeine Bolzereien sorgt. Und dank der frei wählbaren Mitspieler samt Spezialfähigkeiten kommt auch eine teamtaktische Komponente hinzu. Allerdings fehlt Marios Kick zum einen der spieltechnische Fortschritt gegenüber der GameCube-Fassung - ich vermisse Trickfinessen, Doppelpässe und Spielkultur abseits der Grätsch- und Bombenorgien. Man kann über Spezialfähigkeiten variieren, aber es ist schwer, sich Tore wirklich zu erspielen, denn statt gutem Spielaufbau wird eher kluges und massives Ausknocken belohnt. Das macht vor allem zu zweit auch Laune, aber vielleicht hätte man sich nicht so sklavisch am Vorgänger, sondern auch am anspruchsvolleren Sega Soccer Slam orientieren sollen. Und zum anderen hat man das Prinzip der spektakulären Mega-Schüsse nicht konsequent genug ausgereizt. Sie sehen anfangs klasse aus, aber das nutzt sich mit der Zeit ab, zumal die Auswirkungen gegen die Torwart-KI nicht immer nachvollziehbar sind. Egal: Unter dem ersten Strich ist dieses Spiel besser als der Vorgänger. Unter dem zweiten ist es ein richtig guter Arcade-Kick. Und unter dem dritten ist es das erste Online-Spiel für Wii - also Helm auf, Stutzen raus und Feuer frei!
Pro
- online spielbar
- klasse Animationen
- präzise Steuerung
- explosive Kulissen
- jede Arena mit Eigenheiten
- herausfordernde KI
- herrlich gemeine Items
- spektakuläre Spezialschüsse
- gemeine Abwehrattacken
- coole Fangesänge
- endlich mehr Teamtaktik
- kooperativ spielbar
- wöchentliche Online-Saison
- neuer Herausforderungsmodus
Kontra
- spielt sich wie Mario Smash Football 1.5
- kann zur Grätsch
- & Explosionsorgie ausarten: wo ist der Ball?
- unausbalancierte Superschüsse
- keine Doppelpässe oder Trickfinessen
- Torwart in 1-on-1 kaum zu schlagen
- kein Speichern im Pokalmodus
- zu wenig Spieltaktik möglich