Mario Strikers: Charged Football - Test, Sport, Wii

Mario Strikers: Charged Football
18.05.2007, Jörg Luibl

Test: Mario Strikers: Charged Football

Rieseneier im Netz, Kometen am Fuß und die Zunge am Ball: Nintendo pfeift mit Mario, Luigo & Co die neue Fußballsaison an. Neben explosiven Arenen und jeder Menge fieser Attacken gibt es eine höchst interessante Premiere: Zum ersten Mal darf über den Wii auch online gespielt werden! Wir haben uns auf herrlich grünem Rasen, tosender Lava und abgehobenen Asteroiden bis zum Wertungsfinale gebolzt.

Mari-Mari-Mari-Marioooo, Mariooooooo, Marioooo-oooo-ooo! Sorry, ich bin kein militanter Klempnerfan, aber diese Fanchöre schallen euch im neuen Kick made by Nintendo entgegen. Schaltet man die Musik ab, kann man diese Gesänge von den

Ein Kapitän, ein Ziel: Den Strikerspokal gewinnen! Neben Training, VS-Matches und Herausforderungen wartet die Turnier-Karriere auf euch.
Rängen hören, die dem Spiel endlich etwas Zunder machen. Und nicht nur Mario wird von seinen Ultras unterstützt: Natürlich werden auch die anderen sieben Charaktere angefeuert, die euch als Kapitäne im ersten Wii-Fußballspiel zur Verfügung stehen. Und das hört sich nicht nur gut an, es sieht auch in Bewegung richtig gut aus.

Italienische Ultras

Der Arcade-Kick wurde gegenüber dem GameCube-Vorgänger Mario Smash Football (MSF) grafisch poliert: Die Menüs sind stylischer, die Animationen sind feiner, die Stadien mit vielen feiernden Fans belebter und jede Grätsche, jeder Einschlag hinterlässt Spuren auf dem Rasen - wenn auch keine bleibenden. Es gibt lediglich Schwächen im Texturbereich, wenn die auf Wunsch statische oder dynamische Kamera richtig ranzoomt, aber das sind Peanuts. Die Kulisse wirkt insgesamt lebendiger, profitiert von Stürmen, vom Hitzeflimmern, von Meteoriteneinschlägen sowie dem Schwanken der Arenen.

Bei den Stadien serviert man neben allen klassischen aus MSF auch zehn neue: Ob Wüstengruft oder Gewitterinsel, Schlammloch, Klassenzimmer oder Asteroidengürtel - es wird überall gebolzt und jede Arena hat ihre eigenen Gesetze. Mal wackelt das Ganze wie auf hoher See, mal sorgen Kometen für brennende Flügelflitzer oder riesige Sandsteine donnern auf das Feld. Nimmt man die Spezialschüsse hinzu, ist teilweise so viel los, dass man den Ball nicht mehr erkennt. Es kann zu einer regelrechten Effekt- und Grätschorgie kommen, in der Spielzüge schon mal im Bombardement untergehen. Wenn ein Mega-Schuss vom Mega-Schüttler geblockt wird, ist das Arcadefußball in Explosivkultur.

Von der Wüste in den Matsch

Yoshi zieht ab: Als ausgeglichener Kapitän ist er sowohl in der Defensive als auch Offensive eine gute Wahl.
Obwohl es unheimlich Spaß macht, dem Gegner Feuerbälle in den Allerwertesten zu donnern oder mit einem herrlich animierten Riesen-Mario alles platt zu walzen, was gegnerische Stutzen trägt, hätte man sich hier und da mehr Augenmerk für den spieltechnischen Fortschritt gewünscht. Der Ball rollt mit flachen oder hohen Pässen, kann geschossen oder geköpft werden - das war's. Leider gibt immer noch keine Doppelpässe, keine Trickfinessen oder abseits des Fallrückziehers Varianten im Luftraum. Vor allem die Situationen vor dem Torwart lassen Möglichkeiten wie eine schnelle Finte vermissen: Der Goalie hält in seinem Bereich nahezu alles. Die Herausforderung besteht hier nicht im taktischen Ausspielen, sondern im taktischen Ausknocken: Am besten serviert man ihm erst eine Bombe, die ihn benommen taumeln lässt, um dann einzunetzen - auch schön.

Die Steuerung ist das heikelste Thema für schnelle Wii-Spiele, aber hier flutscht sie perfekt - ich brauch kein klassisches Gamepad, um präzise zu sein: Ihr bewegt die Spieler mit dem Analogstick des Nunchuk, passt und schießt mit den Buttons auf der Remote. Letztere wird geschüttelt, um eine Blutgrätsche einzuleiten, die den Gegner sofort von den Beinen holt. Alternativ könnt ihr auch das Steuerkreuz betätigen, um eine einfache Grätsche hinzulegen. Seid ihr in der Defensive erfolgreich, werden euch neue Items in die Charakterleiste geschoben, die ihr sofort auslösen könnt - von Vereisungen über Bomben bis hin zu Bananen ist alles dabei, was in das fiese Repertoire gehört.

Saubere Steuerung

In der Offensive sorgt das Digikreuz für eine Spezialbewegung: Das kann ein kurzer Spurt sein, ein Haken oder etwa ein plötzliches Eingraben. Schade ist, dass man darüber hinaus nur eine Finte über das umständliche Drücken zweier Knöpfe auslösen kann. Dafür sorgt ein längerer Druck auf die Schusstaste sowohl bei Kapitänen als auch normalen Feldspielern für besondere Aktionen. Die Spielmechanik gleicht trotz der Neuerungen in Sachen Steuerung dem GameCube-Vorgänger. Wer auf dem Würfel gekickt hat, wird sich auch hier schnell zurechtfinden - das ist ein Lob für die Präzision der Steuerung, aber gleichzeitig ein Tadel für den spieltechnischen Stillstand. Spaß macht's trotzdem, aber man wird dieses Add-On-Gefühl nicht los.

          

Gespielt wird immer noch fünf gegen fünf, entweder auf Zeit bis zu fünf Minuten oder auf Tore, wobei der Torwart wie schon in MSF automatisch gesteuert wird. Er verhält sich übrigens deutlich besser als anno dazumal, vor allem in der Nähe seines Sechzehners - da geht kaum mehr etwas rein, auch der spitze Winkel wird zugemacht. Allerdings sind manche Schüsse aus

Fette Explosionen gehören zum Alltag auf dem Platz: Es kracht und wackelt immer und überall!
der zweiten Reihe immer noch tödlich: Man kann wunderbar die Winkel anvisieren, um auch mit einfachen Schüssen zu treffen. Das ist auf lange Sicht jedoch kein Nachteil, sondern belebt das konventionelle Spiel abseits der zahlreichen Spezialangriffe.

Waluigi oder Donkey Kong?

Auch wenn man neue Finessen im Spielaufbau vermisst, gibt es je nach Teamvariante genug Abwechslung. Dafür sorgen zunächst die Kapitäne: Zur Auswahl stehen anfänglich neben den italienischen Brüdern auch Waluigi, Donkey Kong, Bowser, Yoshi und Daisy - vier weitere lassen sich freispielen. Jeder dieser Kapitäne hat Werte in den Bereichen Bewegung, Schießen, Passen und Verteidigung sowie ganz eigene Spezialschüsse und Animationen. Während der mächtige Bowser langsam, aber schussgewaltig ist und die Arenen mit einem Tritt ins Wanken bringen kann, lässt die filigrane Daisy den Ball schneller und eleganter rollen.

Die Mannschaft ist erst komplett, wenn ihr drei zusätzliche Feldspieler aus acht Figuren gewählt habt: Ob Koopa oder Toad, Buu Huu oder Shy Guy - neu ist, dass sie einzeln Positionen besetzen können, um ihre Fähigkeiten als gemischte Mannschaft zu nutzen. Während sich die Knochenmänner z.B. als beinharte Verteidiger im Zentrum eignen, werfen die Hammer-Brüder im Angriff mit eben jenen um sich, um die Flanke frei zu machen. Schön ist, dass damit eine teamtaktische Komponente ins Spiel kommt, die gegenüber MSF für mehr Variation sorgt.

Fünf Freunde müsst ihr sein

Big Mario is crushing you: Der Klempner walzt als Riese alles platt.
Noch schöner ist, dass auch diese Nebenfiguren mit speziellen Schusstechniken und Animationen begeistern. Besonders gelungen ist der Tunnelbohrer von Monty Maulwurf : Er gräbt sich ein, wühlt die Erde auf und kommt ein paar Meter weiter wieder raus, um den Ball ins Tor zu rammen - das sieht einfach cool aus! Oder nehmen wir Shy Guy: Der setzt sich auf eine Riesenrakete und jagt Richtung Kasten, um den Torwart in die Bewusstlosigkeit zu sprengen. Oder Trötennase Birdo: Die Dame spuckt ein dermaßen großes Eis aus, dass der Torwart gleich mit über die Linie gerollt wird. Da das fast immer zu einem Torerfolg führt, dürfte sich Birdo sehr schnell großer Beliebtheit erfreuen.

Im Mittelpunkt stehen allerdings die Superschüsse der Kapitäne, denn mit ihnen lassen sich gleich ein halbes Dutzend Tore auf einmal erzielen. Wenn ihr die Schussanzeige voll aufladen könnt, katapultiert sich Mario in die Luft, um aus der Höhe abzuziehen. Sobald er oben ist, seht ihr eine kreisrunde Scheibe mit Drehanzeiger, die an das 2-Klick.System im Golf erinnert: Drückt ihr zwei mal rechtzeitig, wird zum einen die Anzahl der Bälle bis hoch auf sechs festgelegt, zum anderen die Geschwindigkeit der Schüsse. Die ist vor allem bei Partien gegen Freunde wichtig, denn die können eure Bälle in einem Minispiel abwehren.

Feuervolley aus 30 Metern

In der Wüste regnet es schon mal Felsen mit bösem Blick: Wer da steht, wird zerstampft.
Dazu müssen sie die Remote rechtzeitig auf die Bälle bewegen und die A-Taste für die Zerstörung der Bälle drücken. Je schneller eure Geschosse kommen, desto schwieriger wird das natürlich. Nur wenn ihr nicht optimal trefft, können Torhüter mit guter Hand-Auge-Koordination auch mal alle sechs Schüsse halten. Dieses System ist einfach, aber durchaus unterhaltsam, zumal man dadurch selbst bei einem hohen Rückstand noch ein Spiel drehen kann.

Leider wirken diese Spezialschüsse in den Spielen gegen den Computer nicht ganz ausgereift: Erstens ist die Torausbeute nicht immer nachvollziehbar. Obwohl man die zweite Anzeige gar nicht optimal trifft, gehen manchmal drei, vier oder fünf Schüsse rein. Hier scheint es ein Glücksspiel zu sein, ob der KI-Torwart sehr gut oder schlecht hält. Zweitens ist die Schussanimation immer dieselbe, egal ob ich die erste und zweite Anzeige optimal treffe. Sprich: Der Supervolley aus 30 Metern Höhe sieht immer gleich gut aus. Ich werde als Spieler nicht mit einer feineren, explosiveren oder einfach ansehnlicheren Bewegung belohnt, wenn ich perfekt abschließe - das ist schade. Der Spaß an der Sache entsteht jedoch im Verhindern dieser Mega-Schüsse: Es gibt nichts Schöneres, als einem schon in die Luft steigenden Mario in letzter Sekunde zwischen die Beine zu grätschen; einfach herrlich.

  

Euer Mii sucht in der Lobby nach Mitspielern. Freunde werden per Code eingeladen.
Zwar hat Nintendo immer noch keine Minispiele eingebaut, aber dafür gibt es neben der Pokalkarriere, die aufgrund einer fehlenden Speicherfunktion frustrieren kann (man fliegt nach der Vorrunde vielleicht raus und alles beginnt von vorn),   jetzt einen Challenge-Modus, in dem ihr euch in speziellen Situation beweisen müsst, um Belohnungen zu kassieren. Anfänger starten damit, ein einfaches Match durch Golden Goal zu gewinnen und bekommen dafür den Klassikmodus. Aktiviert ihr diesen Cheat, könnt ihr Spiele ohne Superschüsse & Co absolvieren. Mal müsst ihr mit einem schnell benommenen Torwart gewinnen, mal mit einem Spieler weniger klarkommen, einen kleinen Rückstand aufholen oder gar sieben Tore in Folge erzielen. Diese Herausforderungen steigern sich im Anspruch bis hin zum Schwierigkeitsgrad Legende und schalten Schritt für Schritt Ergänzungen in den Bereichen Umgebung, Items und Spieler frei. Bis dahin sollte man allerdings kräftig üben: Nintendo serviert Einsteigern dafür ein mehrstufiges Training.

Zwölf Aufgaben

Endlich. Das erste Wii-Spiel, mit dem man über das Internet gegen Freunde spielen kann. Habt ihr eine WiFi-Verbindung aufgebaut und einen Mii erstellt, erscheint sein Konterfei in der Lobby und ihr könnt Freunde einladen - wenn ihr deren Code

Die Online-Technik ist eine gute: Trotz zahlreicher Explosionen bleibt das Spiel flüssig.
eingebt. Es geht nur zum Spaß oder in Ranglistenspielen zur Sache, sogar kooperativ zu zweit gegen ein anderes Team aus menschlichen Gegnern. Zwar ist das offiziell nur innereuropäisch möglich, aber ihr könnt theoretisch auch Freunde aus Übersee zu einem Match einladen; allerdings garantiert Nintendo hier kein reibungsloses Spiel.

Der Online-Modus

Wie sieht die Technik aus? Sehr gut. Wir haben in unseren Testspielen keine Lags bemerkt. Das Spiel läuft fast genau so flüssig wie im Offline-Bereich. Obwohl man seinen Gegner mit Items en masse torpedieren kann und ständig etwas in die Luft fliegt, ließen sich kaum Slowdowns bemerken. Selbst kooperative Matches, in denen wir zu zweit aus Deutschland gegen zwei Gegner aus Frankreich antraten, liefen problemlos. Es gibt zwar keine Turnierfunktion, aber dafür wird es neben Freundschaftsspielen auch Ranglisten diverser Art geben.

Wer sich vor der Statik der ewigen Bestenlisten scheut, darf aufatmen: Hier wird quasi jede Woche eine neue Saison gestartet, so dass man sich nach Ablauf wieder neu motivieren kann. Damit ist jeder Tag ein wichtiger Spieltag; die aktuellen Führenden werden sofort angezeigt und es gibt hier nur

Schön, dass die Verbindungsqualität vor jedem Match in Sternen von einem bis vier angezeigt wird. Ihr könnt dann schon vorher ablehnen.
Zufallsmatches. Das Besondere daran ist, dass ihr in einem Best-of-3 immer eine Serie von drei Matches gegen diesen Kontrahenten bestreiten müsst - also im besten Fall nur zwei Spiele. Punkte gibt es sowohl für den Sieger als auch Verlierer, auch die Tore werden zusätzlich gewertet.

Vorbildlich ist zudem die Abfrage der Verbindungsqualität vor einem Match: Sternchen von einem bis vier zeigen euch an, wie gut die Leitung ist. Und vor dem Anpfiff könnt ihr entscheiden, ob ihr so überhaupt spielen wollt - diesen Service bietet Pro Evolution Soccer 6 über Xbox Live nicht. Hier hat man einfach Pech, wenn jemand mit schwacher Anbindung loslegt. Ihr könnt vor einem Spiel die Zeit von zwei bis fünf Minuten einstellen und diverse Handicaps aktivieren.

  

Fazit

Na also! Geht doch, Nintendo! Mal abgesehen davon, dass die Steuerung herrlich präzise und intuitiv ist: Das ist der wichtige Schritt hin zum Multiplayerspaß der aktuellen Generation. Ich frage mich, wieso das bei Mario Kart & Co noch nicht geht? Aber wichtig ist hier nur aufm Platz und da geht die Post ab: Freut euch auf hoch explosiven Arcade-Fußball, der schnell und gnadenlos nicht nur offline, sondern auch online für herrlich gemeine Bolzereien sorgt. Und dank der frei wählbaren Mitspieler samt Spezialfähigkeiten kommt auch eine teamtaktische Komponente hinzu. Allerdings fehlt Marios Kick zum einen der spieltechnische Fortschritt gegenüber der GameCube-Fassung - ich vermisse Trickfinessen, Doppelpässe und Spielkultur abseits der Grätsch- und Bombenorgien. Man kann über Spezialfähigkeiten variieren, aber es ist schwer, sich Tore wirklich zu erspielen, denn statt gutem Spielaufbau wird eher kluges und massives Ausknocken belohnt. Das macht vor allem zu zweit auch Laune, aber vielleicht hätte man sich nicht so sklavisch am Vorgänger, sondern auch am anspruchsvolleren Sega Soccer Slam orientieren sollen. Und zum anderen hat man das Prinzip der spektakulären Mega-Schüsse nicht konsequent genug ausgereizt. Sie sehen anfangs klasse aus, aber das nutzt sich mit der Zeit ab, zumal die Auswirkungen gegen die Torwart-KI nicht immer nachvollziehbar sind. Egal: Unter dem ersten Strich ist dieses Spiel besser als der Vorgänger. Unter dem zweiten ist es ein richtig guter Arcade-Kick. Und unter dem dritten ist es das erste Online-Spiel für Wii - also Helm auf, Stutzen raus und Feuer frei!

Pro

  • online spielbar
  • klasse Animationen
  • präzise Steuerung
  • explosive Kulissen
  • jede Arena mit Eigenheiten
  • herausfordernde KI
  • herrlich gemeine Items
  • spektakuläre Spezialschüsse
  • gemeine Abwehrattacken
  • coole Fangesänge
  • endlich mehr Teamtaktik
  • kooperativ spielbar
  • wöchentliche Online-Saison
  • neuer Herausforderungsmodus

Kontra

  • spielt sich wie Mario Smash Football 1.5
  • kann zur Grätsch
  • & Explosionsorgie ausarten: wo ist der Ball?
  • unausbalancierte Superschüsse
  • keine Doppelpässe oder Trickfinessen
  • Torwart in 1-on-1 kaum zu schlagen
  • kein Speichern im Pokalmodus
  • zu wenig Spieltaktik möglich

Wertung

Wii

Das ist das erste Online-Spiel für Wii. Und das ist Arcade-Fußball der explosiven Sorte!