Hour of Victory - Test, Shooter, 360, PC

Hour of Victory
22.07.2007, Jan Wöbbeking

Test: Hour of Victory

Manch ein Gelegenheitszocker mag sich in den letzten Tagen vor dem Spieleregal des örtlichen Flächenmarktes gewundert haben: Hour Of Victory (ab 29,90€ bei kaufen)? War das nicht dieses spannende Ballerspiel im Zweiten Weltkrieg? Oder hieß das Medal of Duty? Vorsicht, nicht jeder Shooter mit zwei Hauptworten und einem Artikel im Namen ist auch sein Geld wert! Und Hour of Victory gehört ganz gewiss nicht dazu.

Um die Frage aufzulösen: Die erfolgreiche Serie von Activision heißt Call of Duty, das Pendant von Electronic Arts hört auf den Namen Medal of Honor. Außerdem hat Ubisoft noch die taktisch angehauchte Reihe Brothers in Arms im Programm.

Auf den ersten Blick wirkt die Grafik mit ihren Oberflächenstrukturen recht ansehnlich - bis ihr einen der zahlreichen Bugs zu Gesicht bekommt.
Doch während man bei den besagten Vorbildern meist viel Spaß für's Geld bekommt, solltet ihr bei Hour of Victory auf euer gesundes Misstrauen hören. Midway nutzt die Namensverwirrung, um seinen eigenen Weltkriegs-Shooter unter die Leute zu bringen. Leider verbirgt sich dahinter keine Spielspaßgranate.

Keine Tapferkeitsmedaille

Dabei wirkt der erste Eindruck gar nicht so schlecht: Ihr lauft als alliierter Soldat durch eine Wüstenstadt und liefert euch einfache, aber actionreiche Gefechte mit euren Gegnern. Das Spielgefühl ist in etwa vergleichbar mit dem Solomodus eines bekannten ID-Spiels auf der Xbox, nur ohne Aliens und clevere Gegner. Im späteren Spielverlauf fahrt ihr übrigens sogar mit der Gondel auf's Schloss Schreckenstein - pardon - Schloss Felsenburg. Ihr dürft zwischen jeder Mission aus drei Charakteren wählen. Der Scharfschütze klettert an Seilen empor und nimmt die Feinde vom Dach aufs Korn, der Sam Fisher-Verschnitt kann seinen Gegner aus dem Schatten heraus überraschen und Zäune durchschneiden. Der Kommandosoldat mit dem starken britischen Akzent schließlich kann am meisten Kugeln einstecken und schwere Objekte bewegen, um sich Deckung zu schaffen.

Das alles klingt in der Theorie gut, doch im Spielablauf könnt ihr die Spezialfähigkeiten nur sehr selten einsetzen. Stattdessen lauft ihr durch die linearen Levels und knallt Horden strohdummer Gegner ab. Wenn es auf den höheren Schwierigkeitsgraden happig wird, dann nur, weil die Gegner Zielwasser getrunken haben oder euch durch schiere Übermacht gefährlich werden.

In der zweiten Mission führt euch das Dauerfeuergemetzel ins verschneite Deutschland.
Für Leute wie mich, die durchaus Spaß an simpler Action haben, ist das für ein, zwei Stunden sogar recht unterhaltsam, doch irgendwann wird es monoton. Auch die gelegentlichen Panzerfahrten bringen keine willkommene Abwechslung ins Spiel. Die Kolosse steuern sich schlecht und der hohe Schwierigkeitsgrad in diesen Sequenzen sorgt für Frust.

Virtuelle Schießbude

Doch wer die Zähne zusammenbeißt, kann sich an einem Abend durch das komplette Spiel arbeiten. Wenn ihr euch das Ganze nicht noch mal auf einem höheren Schwierigkeitsgrad antun wollt, bleibt nur noch der Online-Modus. Und der hat überraschenderweise einzigartige Features zu bieten: Panzer, die in das massive Straßenpflaster eintauchen und darin hängen beleiben; Spieler, die dank Lags von einer Stelle zur anderen teleportieren und vieles Sonderbares mehr. Okay, zumindest das letzte trat nicht auf, wenn ich mit Europäern zusammenspielte. Aber auch dann war die unscharfe Grafik deutlich hässlicher als im Solomodus. In der Kampagne wirkt das Spiel ebenfalls unfertig: Viele Gegner sehen aus, als hätten sie Verbrennungen dritten Grades am Kopf erlitten, bei den übrigen flimmern die Texturen munter im Gesicht herum. Manche überlisten sogar die Schwerkraft und schweben über dem Boden. Oder aber ein und derselbe Sprachsample wird fünfzehn mal innerhalb von zwei Sekunden abgespielt, klingt super! Im Online-Modus wird dagegen ständig der selbe unvollständige Fanfaren-Sound abgespielt, was schon nach kürzester Zeit tierisch auf die Nerven geht.      

Fazit

Offenbar hat wieder einmal ein eingehaltener Veröffentlichungstermin die Qualitätskontrolle ersetzt. Hour of Victory wirkt wie eine noch nicht fertig gestellte Beta-Version. Panzer bleiben im Boden hängen, ganze Gegnergruppen laufen bereitwillig in euer Gewehrfeuer oder schweben in der Luft. Auch spielerisch bietet der Titel nur Magerkost. Für einen Moment ist es zwar recht unterhaltsam, sich durch hirnlose Horden von Gegnern zu ballern, aber nach ein paar Stunden hatte ich Probleme, die Augen offen zu halten. Auch der Online-Modus hat kaum etwas zu bieten: Lediglich ein Team-Deathmatch, ein Capture-the-Flag-Modus und eine Spielvariante für Bombenleger warten auf euch. Alle spielen sich ziemlich öde und Lags sind an der Tagesordnung. Immerhin darf man sich an unfreiwillig komischen Sprüchen prominenter deutscher Sprecher wie Sascha Draeger (Tim von TKKG) erfreuen. Im Schloss Felsenburg wird z.B. mit übertrieben energischer Stimme durch einen Lautsprecher geschmettert, dass sich die Regeln für den Postverkehr geändert haben. Also: Trash-Fans warten, bis das Spiel auf den Grabbeltisch wandert. Alle anderen greifen zu einem der zahlreichen besseren Shooter auf der Xbox 360.

Pro

  • + unkomplizierte Shooter-Action unterhält ein paar Stunden+ ansehnliche Oberflächenstrukturen und Glanzeffekte

Kontra

  • auf Dauer sehr monoton
  • nach wenigen Stunden durchgezockt
  • Spiel wirkt insgesamt unfertig
  • schrecklich dämliche KI
  • Spezialfähigkeiten nehmen kaum Einfluss auf den Spielablauf
  • Manche Gegner haben ein schwarz verkohltes Gesicht
  • Gesichtstexturen flimmern
  • starker Blur-Effekt macht den Hintergrund sehr unscharf
  • Soldaten bleiben mitunter in der Luft hängen
  • Panzer versinken im Straßenpflaster
  • öder Online-Modus mit starken Lags
  • lediglich ein einfaches Ranking
  • Schussgeräusche übertönen alles andere
  • brutal unscharfe und öde Grafik auf den Multiplayer-Maps

Wertung

360

Unfertig auf den Markt geschmissener Weltkriegs-Shooter, der unter fehlender KI und monotonem Spielablauf leidet.