Ghost Recon: Advanced Warfighter 2 - Test, Shooter, 360, GameCube, PlayStation3, PC, PSP

Ghost Recon: Advanced Warfighter 2
11.08.2007, Michael Krosta

Test: Ghost Recon: Advanced Warfighter 2

Die Ghosts kommen nicht zur Ruhe: Im Frühjahr hatte man die mexikanischen Rebellen bereits auf der Xbox 360 in Ghost Recon: Advanced Warfighter 2 (ab 40,08€ bei kaufen) erfolgreich bekämpft und die nukleare Bedrohung gegen die USA abgewendet. Im Herbst steht der gleiche Einsatz auf der PS3 an. Doch vorher müssen sich die Jungs am PC ihrer wohl größten Herausforderung stellen, denn hier rückt die richtige Taktik deutlich stärker in den Vordergrund als auf den Konsolen. Verdient das anspruchsvollere Spielprinzip ebenfalls unsere Hit-Auszeichnung?

Die Hintergrundgeschichte von einer Rebellion in Zentralamerika und gestohlenen Nuklearsprengköpfen ist identisch - genau wie die Ghost-Charaktere Captain Mitchell, Ramirez, Brown & Co. Auch einige Einsatzorte wie Juarez sowie Missionen, die z.B. auch auf dem PC das Sprengen von Luftabwehrgeschützen beinhalten, kommen 360-Veteranen bekannt vor. Trotzdem haben die schwedischen Entwickler von Grin ein vollkommen eigenes Spielerlebnis geschaffen, das sich von der 360-Version deutlich unterscheidet. Warum? Weil es auf dem PC sehr viel taktischer zugeht als auf den Konsolen! Hattet ihr dort das Kommando über euer dreiköpfiges Team nur als Ganzes, dürft ihr auf dem PC jedem einzelnen Mitglied individuelle Befehle erteilen. Als besonders nützlich erweist sich hier die taktische Karte, die ihrem Namen gerecht wird: Ihr legt nicht nur wie auf der Xbox 360 fest, welches Ziel angegriffen werden soll, sondern richtet u.a. sogar Marschrouten für jedes einzelne Teammitglied ein. Vor allem, wenn sich eure Truppe aus unterschiedlichen Klassen zusammensetzt, ist eine Aufteilung sinnvoll. So positioniert ihr die beiden Schützen z.B. an den Flanken, während ihr den Scharfschützen auf einem Dach postiert, damit dieser herannahende Feinde schon aus sicherer Entfernung ausschalten kann. Leider hat eure KI-Unterstützung mit einigen Macken zu kämpfen: Es dauert nicht nur eine ganze Weile, bis die Kameraden den Befehl umsetzen - auch mit der Wegfindung und Trefferquote haben sie so ihre Probleme. So ist es uns mehrmals passiert, dass sich ein Mitglied in den verwinkelten Landschaften verheddert hatte und ihr den Abtrünnigen wieder abholen musstet. Auch wurde ich öfters Zeuge, dass meine Jungs ihr Ziel selbst auf kurze Entfernung verfehlten. Und warum suchen sie sich nicht

Trotz des gehobenen Taktik-Anteils stehen die heftigen Feuergefechte immer noch im Mittelpunkt.
automatisch Deckung, wenn sie unter Beschuss geraten, sondern bleiben einfach aufrecht stehen? Hier hätte etwas mehr Eigeninitiative seitens der KI nicht geschadet, und auch wenn die Konsolenfassung diesbezüglich nicht perfekt war, hinterlässt sie einen ausgereifteren Eindruck als das PC-Pendant.

Der andere Ansatz

Die Steuerung mit Maus und Tastatur wirkt anhand der vielen Möglichkeiten auf den ersten Blick komplex, geht in der Praxis aber sehr einfach und intuitiv von der Hand. Von zentraler Bedeutung ist das Mausrad samt mittlerem Knopf: Im ersten Schritt wählt ihr, welchem Ghost oder welcher Unterstützungseinheit ihr den Befehl geben wollt - alternativ dürft ihr euer Team auch sofort als Gruppe auswählen. Ein Druck auf die mittlere Maustaste führt euch ins Befehlsmenü, in dem euch mehrere Anweisungen zur Auswahl stehen: Neben dem Marschbefehl, bei dem sich die KI auf die Position begibt, die ihr mit dem Mauszeiger markiert, erteilt ihr auch Angriffs- und Deckungsorder. Wollt ihr die Spitze übernehmen und eure Kameraden als Unterstützung hinter euch wissen, gebt ihr die Anweisung, euch neu zu formieren. In diesem Fall folgen sie euch automatisch überall hin. Durch den Befehl "Anhalten" unterbindet ihr die Verfolgung, und die KI bleibt an der aktuellen Position. Genau wie auf der Xbox 360 könnt ihr auch auf dem PC euer Team in zwei Bereitschaftszustände versetzen: Sind sie als Aufklärer unterwegs, gehen sie behutsam vor, melden Feindpositionen, aber greifen nur dann an, wenn sie selbst unter Beschuss geraten. Im Sturm-Modus eröffnen eure Jungs dagegen umgehend das Feuer, sobald sie einen Gegner erspähen. Da ihr auf dem PC im Gegensatz zur Vorlage nur in der Ego-Perspektive unterwegs seid, wurde das Deckungssystem überarbeitet - oder anders gesagt: Es wurde schlichtweg abgeschafft. Ihr habt nur noch die Möglichkeit, leicht um Ecken zu spähen und

Ist der Bereich gesichert, holt euch meist ein Hubschrauber in der Abholzone.
aus dieser Position heraus zu schießen. Ich persönlich hätte hier ein Deckungssystem nach dem Vorbild von R6: Vegas bevorzug, bei dem an Wänden und anderen Schutzmöglichkeiten auf eine Schulteransicht umgeschaltet wird.

Einfache Handhabung

Im Vergleich zur 360-Version haben die Entwickler das Tempo auf dem PC merklich gedrosselt. Ihr bewegt euch schon im aufrechten Gang langsam, geht ihr in die zwei geduckten Stellungen über oder kriecht auf dem Boden, geht es noch gemächlicher voran. Nur beim Sprint, den ihr auf dem PC extra per Tastendruck aktivieren müsst, rennt Mitchell los - allerdings kann er in diesem Zustand nicht schießen. Über mangelnde Kondition braucht ihr euch keine Sorgen zu machen: Euer Mann ist anscheinend dermaßen fit, dass er trotz des schweren Gepäcks vermutlich stundenlang durch die Gegend sprinten könnte. Es empfiehlt sich allerdings, besser mit Vorsicht vorzugehen, denn GRAW 2 ist auf dem PC eine ganze Nummer härter als auf der Konsole. Extrem hart sogar - ein Spiel der tausend Tode, bei dem die Frustgrenze schnell überschritten wird. Ich gehöre als Spieler eigentlich eh zu denjenigen, die sehr bedacht und übervorsichtig vorgehen. Selbst bei einem normalen Shooter versuche ich, mir schon aus der Distanz ein gutes Bild zu machen und die Augen nach strategisch sinnvollen Punkten offen zu halten. Aber was mich hier erwartet hat, war die Hölle - selbst auf dem normalen der vier Schwierigkeitsgrade. Vor allem die fies platzierten Scharfschützen der Rebellen haben mir das Leben immer wieder unnötig schwer gemacht und es schneller beendet als erwartet. Dabei ist die Gegner-KI in den meisten Fällen dumm wie Stroh: Es kam mehrmals vor, dass ich die ersten zwei bis drei Rebellen (ohne Schalldämpfer) ausgeschaltet habe und nur ein paar Meter weiter auf die nächste Gegnertruppe treffe, die mit dem Rücken zu mir hinter Sandsäcken lauert. Sind die etwa taub und haben die Schießerei direkt neben ihnen nicht gehört? Wenn sie dann aber erstmal auf euch aufmerksam werden, feuern sie treffsicher aus allen Rohren, wechseln geschickt die Positionen und knipsen euch schnell das Lebenslicht aus.

"Sie sind tot"

Konntet ihr euch auf dem 360 zurückziehen und nach kurzer Zeit eure Lebensenergie automatisch auffrischen, erwartet euch auf dem PC eine knappe Leiste, die während der oft langen Missionen zu keinem Zeitpunkt durch Medi-Kits aufgefrischt werden kann. Werdet ihr schon zu Beginn einer Mission verletzt, müsst ihr euch bis zum Ende mit der restlichen Energie durchschlagen, oder ihr startet den Auftrag besser gleich von vorne. Warum hat man hier nicht die neuen Sanitäter der Konsolenfassung eingebaut, die den extrem hohen Schwierigkeitsgrad etwas entschärft hätten? Auch wenn eure Kameraden kampfunfähig gemacht werden, habt ihr keine Chance mehr, sie medizinisch zu versorgen, sondern müsst ohne sie weiter machen. Aber zum Glück gibt es auf dem PC ja die Quicksave-Funktion! Dumm nur, dass ein Speichern während unseres Tests (mit der Retail-Version) an vielen Stellen aus unerfindlichen Gründen nicht möglich war. So musste ich einige extrem haarige Abschnitte mehrmals in Angriff nehmen und fühlte mich durch diese nicht nachvollziehbare Einschränkung an ein Checkpoint-System erinnert. Schade ist zudem, dass es die coolen Railgun-Sequenzen an Bord eines Hubschraubers auf dem PC nicht mehr gibt.   

Konntet ihr auf der Xbox 360 öfters auf Hilfsmittel wie die Drohne oder Unterstützungseinheiten in Form von Panzern, Luftschlägen oder Helikoptern zurückgreifen, seid ihr auf dem PC meist auf euch allein gestellt. Angesichts des schwachen Cross-Coms der PC-Version ist der mangelnde Drohnen- oder Mule-Einsatz allerdings kein großer Verlust: Wo ihr euch auf der Konsole noch die Helmkameras eurer Kameraden sowie Drohnenaufnahmen in farbigen Bildern ansehen konntet, erscheinen auf dem PC nur schemenhafte Umrisse, auf denen ihr kaum etwas erkennt. Auch dürft ihr euch hier nicht direkt die Kameraaufnahmen im Vollbild anzeigen lassen, indem ihr eure Teamkameraden durchschaltet, um eine etwas direktere Kontrolle über sie zu haben. Dies war eines der neuen Features der 360-Fassung. So ist das Cross-Com auf dem PC relativ überflüssig, da auch die taktische Karte einen hervorragenden Überblick liefert. Das Waffenarsenal ist vergleichbar mit der Konsolenversion und bietet eine große Auswahl an Gewehren und Pistolen, die ebenfalls mit Gadgets wie Zielfernrohr, Schalldämpfer

Das Abhängen auf der Ladefläche sieht zwar locker aus, aber schon hinter dem nächsten Hügel können wieder Kugeln durch die Luft pfeifen.
oder Griffen zum verbesserten Halt ausgerüstet werden können. Allerdings spielt auf dem PC auch das Gewicht der Ausrüstung eine Rolle, so dass ihr gewissen Beschränkungen unterliegt. Obwohl das Spiel bereits automatisch eine ideale Ausrüstung zusammenstellt, dürft ihr auch jedes einzelne Teammitglied selbst ausstatten.

Weniger Hilfsmittel

Auf der Xbox 360 war GRAW 2 mit seinen genialen Explosionen, den detailverliebten Kulissen sowie gelungenen Licht- und Raucheffekten ein echter Hingucker. Und wie sieht es auf dem PC aus? In der Vorschau wir die Grafik eher enttäuschend, wenn man vorher bereits die Konsolenfassung in Aktion erleben durfte. Aber Grin hat die Zeit für Verbesserungen genutzt und so sehen vor allem die Explosionen jetzt ein ganzes Stück besser aus als in der Vorschau-Version. Trotzdem kommt die PC-Fassung nicht ans Vorbild heran. Im direkten Vergleich bietet sie weniger Details und leidet unter Pop-Ups sowie vereinzelten Clippingfehlern, die es so auf der 360 nicht zu sehen gab.

Die taktische Karte ist enorm nützlich, um das weitere Vorgehen zu planen.
Der interaktive Soundtrack sowie die meist gut synchronisierten Dialoge und Filmschnipsel stammen dagegen direkt von der Konsole und machen auch hier eine gute Figur.

Technik-Wunder?

Auch im Mehrspielermodus wurden viele Features direkt von der 360 übernommen. Dazu zählen die typischen Modi wie (Team-)Deathmatch, Capture the Flag & Co, in denen ihr euch auf dem PC sogar mit bis zu 32 Spielern messen könnt. Die meisten Karten dürften Konsoleros bekannt vorkommen, wurden aber durch die gestiegene Anzahl an Maximalspielern vergrößert. Wer nur wenige Spieler zusammentrommeln kann, wird sich hier oft verloren kommen, da die meiste Zeit für das Suchen draufgeht anstatt in heißen Feuerwechseln. Eine gute Alternative ist in diesem Fall die separate Koop-Kampagne, die ebenfalls den Weg in die PC-Umsetzung gefunden hat. Auf eine echte Karriere, bei der ihr durch Beförderungen neue Uniformen und Waffen verdient müsst ihr hier jedoch genau so verzichten wie auf die Möglichkeit, euer eigenes Gesicht auf die Polygonmodelle zu pappen. 

Starker Multiplayer

Fazit

Ghost Recon: Advanced Warfighter 2 hätte auch auf dem PC das Potenzial zum Hit gehabt. Mehr noch: Es hätte die Konsolenfassung sogar noch überflügeln können! Vor allem die taktische Tiefe und die damit verbundenen Planungsmöglichkeiten sind der wesentlich actionorientierteren 360-Fassung haushoch überlegen und machen die PC-Version zu einem echten Taktik-Shooter, der diese Bezeichnung auch verdient hat. Aber warum musste man die ganze Sache so verdammt bockschwer machen? Des Realismus' wegen? Gut, aber dann hätten auch die üblen KI-Schnitzer nicht sein dürfen, die sowohl bei euren Kameraden als auch den Feinden immer wieder für Kopfschütteln sorgen. Auch frage ich mich, warum die Quicksave-Funktion immer wieder blockiert wurde. Entweder ich erlaube dieses Feature oder ich erlaube es nicht! Auch beim Deckungssystem wäre mehr drin gewesen, wenn sich Grin etwas mehr an den Kollegen von R6: Vegas oder der Konsolenversion orientiert hätte. So bleibt GRAW 2 auf dem PC unterm Strich "nur" noch ein guter Taktik-Shooter mit gelungenem Mehrspielermodus und einer hammerharten Kampagne, der sich aufgrund des extrem hohen Schwierigkeitsgrades vornehmlich an Profis oder extrem frustresistente Ghost-Anwärter richtet.

Pro

  • verbesserte taktische Tiefe
  • viele Ausrüstungsgegenstände
  • übersichtliche taktische Karte
  • Team-Aufteilung möglich
  • gelungener Mehrspielermodus
  • sehr gute, intuitive Steuerung+ atmosphärische Kulissen

Kontra

  • sehr hoher Schwierigkeitsgrad
  • keine Medi-Kits
  • z.T. böse KI-Schnitzer
  • schwaches Cross-Com
  • keine Railgun-Sequenzen mehr
  • Quicksave oft nicht möglich

Wertung

PC

Deutlich taktischer als auf den Konsolen. KI-Schnitzer und der hohe Schwierigkeitsgrad kosten aber die Hit-Auszeichnung.