Atelier Iris 3: Grand Phantasm - Test, Rollenspiel, PlayStation2

Atelier Iris 3: Grand Phantasm
13.08.2007, Jens Bischoff

Test: Atelier Iris 3: Grand Phantasm

Rollenspiel-Alchemisten freut es sicher, dass THQ mit Grand Phantasm bereits den dritten Atelier Iris-Spross nach Deutschland bringt - und das erneut zum Portemonnaie-freundlichen Budget-Preis. Im Vergleich zu den beiden Vorgängern hat sich sogar einiges geändert. Wir verraten, ob zum Guten oder zum Schlechten...

Nach den Abenteuern von Klein Kiesling und den Geschwistern Blanchimont, verdingt ihr euch in Atelier Iris 3 als Auftragsabenteurer Edge und Iris bei der örtlichen Raider-Gilde. Seid ihr anfangs noch mit harmlosen Boten- und Erkundungsgängen beschäftigt, avanciert ihr mit der Zeit zu wahren Helden, die jede noch so gefährliche Herausforderung annehmen und nebenbei die Fragmente eines legendären Alchemistenbuchs zusammentragen. 

Charmante Retro-Optik: Der malerische Bitmap-Look erinnert an längst vergangene Zeiten.
Durch das ständige Absolvieren ausgeschriebener Quests tritt die eigentliche Story jedoch in den Hintergrund. Das wäre vielleicht nicht weiter tragisch, wenn die Quests währenddessen für Spannung und Stimmung sorgen würden. Dem ist aber leider nicht so, da die meisten Aufgaben nur darin bestehen, bestimmte Objekte zu sammeln bzw. im heimischen Alchemietopf herzustellen, sowie wenig spektakuläre Kreaturen zur Strecke zu bringen.

Quests, Quests, Quests

Was anfangs noch Spaß macht, nutzt sich mit der Zeit jedoch merklich ab. Das liegt aber nicht nur an der immer gleichen Art der Einsätze, sondern auch an der vergleichsweise bescheidenen Spielwelt, die eigentlich nur aus einer Stadt und einer Reihe von kompakten Dungeons besteht, die ihr über nach und nach zugängliche Portale betretet, und in denen ihr euch immer nur zeitlich begrenzt aufhalten könnt. Immerhin wurden die einzelnen Spielabschnitte sehr abwechslungsreich gestaltet und gewähren euch mit der Zeit Zutritt zu vormals versperrten Bereichen und neuen Gegnern. Trotzdem durchstreift ihr quasi dieselben Orte immer und immer wieder, was auf Dauer einfach eintönig wird.

Allerdings gibt es einige nette Ideen, die wieder für Versöhnung sorgen: Zum einen könnt ihr in den einzelnen Spielabschnitten nicht nur Gegner vermöbeln und Items sammeln, sondern auch diversen Nebenbeschäftigungen nachgehen.

Dynamische Auseinandersetzungen: Die Zugfolge im Kampf lässt sich auf viele Weisen beeinflussen.
So dürft ihr an bestimmten Stellen etwa eure Angelrute auswerfen, um zu fischen oder geheimnisvolle Samen pflanzen, um später kostbare Gewächse zu ernten. Zudem legt ihr mit eurer Klinge zugewachsene Wege frei, zerschmettert mit einem Hammer steinige Hindernisse oder bringt mit einer Art Flammenwerfer unüberwindbare Eisblöcke zum Schmelzen. Auch sonst seid ihr eher wie in einem Action-Adventure unterwegs, springt gekonnt über kleinere Abgründe, zeigt euch kletterfreudig und haltet nach den Aufenthalt verlängernden Sanduhren sowie versteckten Schatzkisten Ausschau.

Action-Adventure oder RPG?

Die erstmals sichtbar als bunte Blasen durch die Levels streunenden Gegner untermauern den Action-Adventure-Aspekt sogar noch. So könnt ihr potenziellen Widersachern nicht nur ausweichen, sondern bei entsprechender Größe auch über sie hinweg springen oder sie ab einer gewissen Überlegenheit mit einem einzigen Schwerthieb ins Jenseits befördern. In der Regel werden Kämpfe jedoch in einem separaten Gefechtsbildschirm ausgetragen, sobald euer Charakter in eine entsprechende Monsterblase hinein läuft. Bei blauen Blasen handelt es sich um harmlose, bei weißen Blasen um gleichwertige, bei lila Blasen um questspezifische und bei roten Blasen um besonders mächtige Widersacher.        

Die so initiierten Kämpfe laufen zwar rundenbasiert, aber sehr dynamisch ab. Auf einer an Grandia erinnernden Zugfolgenleiste seht ihr wann die einzelnen Partymitglieder und Gegner zum Zug kommen und wie weit sie durch entsprechende Aktionen zurückfallen. Auch bestimmte Angriffe können den Gegner zurückwerfen oder ihn mit der Zeit benommen machen, wodurch ihr deutlich mehr Schaden anrichtet und er seinen Zug komplett verliert. 

Jetzt gibt's Haue: Aktiviert ihr den neuen Burst-Modus, fliegen ordentlich die Fetzen.
Natürlich könnt ihr euch auch verteidigen, Items einsetzen oder einen Fluchtversuch unternehmen. Zauber und Spezialattacken lassen sich hingegen nur mit Skill-Punkten ausführen, die sich nur langsam wieder regenerieren. Um besonders zähe Brocken zur Strecke zu bringen ist es daher ratsam mit möglichst langen Combos den neuen Burst-Modus zu aktivieren, der eure Skill-Punkte maximiert, Gegner zurückwirft und euch vorübergehend noch mehr Schaden verursachen lässt.

Flotte Rundentaktik

Zudem habt ihr je nach ausgerüsteter Waffengattung individuelle Spezialattacken in petto, die ihr durch exzessives Benutzen der jeweiligen Waffenart nach und nach freischaltet. Ausrüstungswechsel sind zwar jederzeit, Änderungen der momentan zugeteilten Waffengattung aber nur in den heimischen vier Wänden möglich. Das ist auch der einzige Ort, wo ihr euren Spielstand speichern dürft. Da ihr nach jedem Dungeon-Besuch automatisch hierher zurückkehrt bzw. jederzeit einen Dungeon vorzeitig verlassen könnt, ist das aber nicht weiter tragisch. Zudem ist eure Bude Dreh- und Angelpunkt für Iris' alchemistischen Experimente: Wie in jedem Atelier Iris wird nämlich nicht nur gekämpft und gesammelt, sondern auch fleißig gecraftet.

Allerdings verwandelt ihr in Grand Phantasm nicht mehr eure Umgebung in elementare Reagenzien, um damit neue Items herzustellen, sondern kombiniert Items neuerdings direkt miteinander zu neuen. Das Sammeln und Kombinieren sorgt zwar nach wie vor für jede Menge Motivation, irgendwie fehlt dem Ganzen aber das alchemistische Flair. Auch die Mana-Geister, die euch mit den Alchemie-Experimenten halfen, gehören der Vergangenheit an. 

Kombinieren ohne Flair: Das serientypische Crafting-System hat deutlich Federn gelassen...
Stattdessen könnt ihr sie nur noch im Kampf beschwören, um ihre elementaren Kräfte zu nutzen. Ansonsten braucht ihr aber wie eh und je vorgegebene Rezepte, um bestimmte Items herzustellen. Diese findet ihr in Dungeons, Geschäften oder bekommt sie als Belohnung. Manchmal handelt es sich allerdings nur um Rezeptideen, die erst dann konkrete Formen annehmen, wenn Iris bestimmte Orte besucht, die sie entsprechend inspirieren.

Alchemie mit Abstrichen

Eine praktische Kartenfunktion, in der auch Quest-relevante Zielorte automatisch markiert werden, hilft euch neuerdings bei der Orientierung, während das dicke Lexikon, das neben zahlreichen Tutorials auch alles Wissenswerte über erlernte Skills, erlegte Gegner, gefundene Items und mehr enthält, schon in den Vorgängern zum Stöbern einlud. Auch der Umfang geht mit zehn Story-Kapiteln, zwei verschiedenen Enden und zahlreichen vorgegebenen sowie optionalen Quests in Ordnung. Grafisch wird abermals malerische, wenn auch antiquierte Bitmap-Optik geboten, während die Soundkulisse auf angestaubt wirkende Effekte und abwechslungsreiche Synthie-Rhythmen setzt. Schade nur, dass auch Atelier Iris 3 nicht wenigstens deutsche Untertitel bietet. Dafür könnt ihr aber nicht nur der gelungenen, wenn auch nicht durchgehenden englischen Synchro, sondern auch dem japanischen Originalton lauschen, während ein 60Hz-Modus lästige PAL-Balken vertreibt.      

Fazit

Auch das dritte hierzulande erschienene Atelier Iris ist ein klassisches Japan-RPG mit flotten Kämpfen, auflockernden Action-Adventure-Elementen und motivierenden Crafting-Einlagen. Zufallsbegegnungen gehören jedoch der Vergangenheit an - eure Gegner ziehen in abstrakter Blasenform direkt durch die Spielwelt, lassen sich umgehen und bei entsprechender Schwäche sogar kampflos eliminieren. Definitiv eine Veränderung zum Guten. Weniger gut hingegen das neue Quest-System: Ihr erledigt immer wieder sehr ähnliche Aufgaben für die örtliche Gilde, bis ihr befördert werdet und die nächste Story-Mission absolvieren müsst. Dadurch wird die ohnehin nicht allzu spektakuläre Haupthandlung immer wieder längere Zeit unterbrochen und in den Hintergrund gedrängt. Zudem ist eure Spielwiese recht überschaubar, so dass ihr immer und immer wieder dieselben Orte bereist, an denen ihr euch zudem nur zeitlich begrenzt aufhalten könnt. Auch das neue Crafting-System wirkt im Gegensatz zum Vorgänger recht unspektakulär: Das Verwandeln von Umgebungsobjekten in Reagenzien wurde komplett gestrichen, stattdessen werden einfach nur gesammelte Items zu neuen kombiniert. Das macht zwar ebenfalls Laune, war zuvor aber besser gelöst - und auch den Humor der Vorgänger habe ich vermisst. Schade außerdem, dass das Spiel einmal mehr nicht lokalisiert wurde. Dafür ist der Preis jedoch äußerst fair und der Umfang mehr als ordentlich. Zudem gibt es wieder optionale japanische Sprachausgabe und endlich eine Automap. Nicht das beste, aber immer noch ein solides Atelier Iris für Fans klassischer Bitmap-RPGs.

Pro

  • flottes Kampfsystem
  • malerische Bitmap-Optik
  • individuelle Waffen-Skills
  • motivierendes Crafting-System
  • nette Action-Adventure-Elemente

Kontra

  • überschaubare Spielwelt
  • auf Dauer monotones Quest-System
  • wenig Freiraum bei der Item-Erstellung

Wertung

PlayStation2

Charmantes Oldschool-RPG mit flotten Kämpfen, aber monotonen Quests.