Heroes of Mana - Test, Taktik & Strategie, NDS

Heroes of Mana
12.09.2007, Jörg Luibl

Test: Heroes of Mana

In Nintendos Miniformat ist ja vieles möglich: Hundetraining, Gehirnjogging, Rundentaktik und Roboteraction. Aber klassische Echtzeit-Strategie? Also Rohstoffe abbauen, gleichzeitig Truppen befehligen und kämpfen? Das Team von Square Enix wagt sich mit alten Erzähltugenden und neuen Spielmechaniken auf dieses unbekannte Terrain. Leider verirren sich die Japaner im Steuerungsnebel…

Eure gelben Helfer sammeln zwei Rohstoffarten, die ihr für die Beschwörung neuer Wesen braucht. Lust auf Spielszenen? Ab zum Video!
Kleine gelbe Sammler wackeln wie Puddingstücke über eine idyllische Landschaft. Sie werden beschützt von Roget, Yurchael und D`Kelli - das sind drei tapfere Helden mit Kulleraugen, die die Welt vor der Dunkelheit schützen sollen. Noch wissen sie zwar nicht, dass eine uralte Hexe das Unheil über die Königreiche bringen will, aber die ersten Anzeichen für Konflikte sind bereits zu erkennen: Warum wird die Festung der Biestmenschen z.B. vom eigenen Reich angegriffen? War die eigene Scoutmission nur ein Vorwand? Fragen über Fragen, die die Geschichte in 27 episch angelegten Kapiteln beantwortet.

Epische Aufbauzeit

Dass die Japaner erzählen können, ist nichts Neues: Square Enix webt wie immer einen roten Faden aus Intrigen, Verschwörungen und vielen kleinen Beziehungen zwischen putzigen Charakteren. Das Ganze erinnert inhaltlich ein wenig an Fire Emblem und dürfte alle Freunde charmanter Dialoge und episch angelegter Geschichten durchaus unterhalten. Klischees und vorhersehbare Wendungen lassen den Spannungsbogen zwar schnell erschlaffen, aber die vielen Figuren, Zeichnungen, Zwischensequenzen wirken edel und ansehnlich, die Menüs bieten vorbildlich viel Raum zum Wühlen, Ausrüsten und Recherchieren.

Und die Echtzeit-Strategie? Vor den großen Schlachten steht der sanfte Einstieg: Die Sammler gelangen irgendwann an eine Gaiaquelle oder einen Treant und pflücken fleißig Steine bzw. Beeren. Diese bringen sie zurück zum verankerten

Zwischensequenzen für Animefreunde: Square Enix lässt sich nicht lumpen und inszeniert auch im Miniformat eine epische Story rund um Verrat und Krieg.
Transportschiff, das als Aufbaubasis dient und bei Bedarf auch woanders landen kann. Euch wird es zu heiß am Startpunkt? Dann fliegt zum nächsten Ankerplatz! Ein Klick genügt und ihr könnt in seinem Inneren an bis zu acht Stellen Gebäude erreichten. Die Steuerung wirkt zunächst einfach und intuitiv, gestaltet sich aber später als Motivationsbremse, wenn es ernst und voll im Manaland wird.

Sammeln & Erobern

Zu Beginn gibt es lediglich Sammlernester und einfache Kasernen für Pilzkopfkämpfer. Irgendwann im sechsten Kapitel öffnet sich dann der Technologiebaum: Ihr könnt Flugbasen bauen, Geister ausrüsten und Magie einsetzen - plötzlich hat man zig Möglichkeiten, was die Neugier weckt. Außerdem steigt die Zahl der wählbaren Helden auf neun an. Ihr könnt sie alle mit Ringen, Ketten, Armbändern oder auch Folgegeistern ausrüsten. Leider geht das nicht so weit, dass man auch noch Waffen und Kleidung wechseln kann. Aber wenn man nur ein paar Helden mitnehmen kann, steigt dennoch vor jedem Auftrag die Qual der Wahl.     

Nur die Anleitung spricht Deutsch: In den vielen Dialogen geht es angelsächsisch zur Sache.
All das sorgt für einen Motivationsschub, aber was bringen mir all die taktischen Aussichten, wenn es auf dem Schlachtfeld einfach zu chaotisch zugeht? Dabei fängt alles so beruhigend an: Wie in anderen Echtzeit-Strategiespielen erscheinen eure beschworenen Kreaturen sofort vor eurer Basis. Dort könnt ihr ihnen aber nur grundlegende Befehle wie das Sammeln oder Gruppieren geben. Ihr könnt zwar auch zwischen Typen durchschalten, also auf Knopf- oder Symboldruck von den Bogenschützen zu den Helden gelangen, aber leider vermisst man einfache Routinen wie z.B. das gezielte Patrouillieren oder Bewachen. So muss man sich um alles selber kümmern und im Notfall zwischen den Kartenteilen hin und her wechseln. Die sind zwar nicht übergroß, aber durchaus lang und dabei leider nicht interaktiv. Sprich: Ihr könnt Truppen nicht über einen Klick auf die Karte manövrieren. Das ist schade, denn gerade hier hat man die beste Übersicht. Immerhin lässt sich die Karte drehen und einfach vom oberen auf den unteren Schirm ziehen.

Chaos auf dem Schlachtfeld

Viele Helden, viel Klunker: Ihr könnt zig Ringe, Armbändern und Ketten anlegen, die euch mal mehr Stärke, Geschwindigkeit oder Reichweite verleihen. Auch die Magie kommt nicht zu kurz. 
Viel ärgerlicher ist jedoch, dass die Wegfindung in der Schlacht störrisch bis katastrophal ist: Gebt ihr einen Angriffsbefehl, dackeln eure Krieger überaus seltsam Richtung Ziel. Wie in einem Rundenstrategiespiel mit Rasterkarte nehmen sie teilweise rechtwinklige (!) Routen anstatt direkt zum Feind zu gehen. Und sobald mehr als zwölf Einheiten gleichzeitig aktiv sind, kann es auch deshalb ein Wusel- und Klickchaos geben, weil sich die Truppentypen nicht klug genug postieren - also Fernkämpfer hinten, Nahkämpfer vorne. Ihr könnt das auch nicht manuell leisten, denn es gibt keine Formationen.

Also heißt es: Den Stylus flitzen lassen. Da vorne greifen Flieger an? Also schnell die Bogenschützen anklicken und hinschicken! Da kommen schwere Ritter? Also schnell die eigenen Flieger dahin! Da kommen größere Gegner? Also schnell die Helden drauf! Das Schere-Stein-Papier-Prinzip funktioniert zwar wunderbar, da jede Gattung ihren militärischen Gegenpart besitzt, aber in der Praxis lassen sich die effektiven Antworten auf feindliche Invasoren nicht komfortabel genug geben.

Ein Stylus, viel Unordnung

Zur Not könnt ihr das Geschehen zwar auch einfrieren und einen Kreis um alle sichtbaren Einheiten ziehen, die danach aktiv und führbar sind. Blöd ist nur, dass man in dieser Ruhephase keine einzelnen Angriffsbefehle geben kann - warum nicht? Hätte das nicht das ganze Problem lösen können? Dass man sich dennoch erfolgreich durch die Missionen schlägt, liegt übrigens daran, dass Square Enix einen sehr sanft ansteigenden Schwierigkeitsgrad bei gleichzeitiger Totalverdummung der Gegner serviert. Wundert euch nicht, warum ihr trotz Sichtkontakt manchmal nicht angegriffen werdet...    

Fazit

Kann man klassische Echtzeit-Strategie inklusive Basisbau und Rohstoffernte unterhaltsam auf dem DS inszenieren? Vielleicht ist das mal möglich. Aber Square Enix scheitert daran. Weder die epische Story mit ihrem Beziehungsgeflecht noch die edle Menüführung können darüber hinweg täuschen, dass es auf dem Schlachtfeld hinten und vorne nicht passt. Man kann sich zwar mit Geduld und Konzentration durchkämpfen. Man kann sich auch an so mancher Spezialattacke erfreuen, seine Helden aufrüsten, Magie nutzen und sich vom Konflikt der Reiche durchaus unterhalten lassen. Aber im Jahr 2007 und auf einem System wie dem DS muss einfach mehr möglich sein als Einheitenbabysitting ohne Steuerungskomfort: Gebt mir mehr Befehlsgewalt, mehr Karteninteraktion, mehr Formationsverhalten und weniger Chaos! Ich hätte für mehr Möglichkeiten in der Spielmechanik gerne auf die Story mit all ihren hübsch inszenierten, aber belanglosen Dialogen verzichtet. Da spiele ich lieber Advance Wars DS oder Age of Empires DS.

Pro

  • sehr guter Soundtrack
  • stimmungsvolles Intro
  • epische Story, viele Dialoge
  • sanft ansteigender Schwierigkeitsgrad+ Duelle mit Freunden über WiFi

Kontra

  • schlechte Wegfindung
  • teilweise chaotische Steuerung
  • zu wenig Ordnungsbefehle
  • viele belanglose Dialoge
  • keine Formationsmanöver
  • strunzdumme KI-Gegner
  • Spiel auf Englisch (nur deutsche Anleitung)

Wertung

NDS

Gute Story, schlechte Steuerung - so sollte Echtzeit-Strategie auf dem DS nicht aussehen.