NHL 08 - Test, Sport, 360, PlayStation3, PC, PlayStation2

NHL 08
21.09.2007, Jörg Luibl

Test: NHL 08

Letztes Jahr feierte NHL 07 eine wenig spektakuläre Premiere auf der Xbox 360. Mit der Analogsteuerung konnte man zwar endlich ein neues Spielgefühl etablieren, aber es fehlten Präzision, Abwechslung und Krachen auf dem Eis. Unterm Strich blieb es bei einer Wertung von 79% und einem großen Abstand zum Spitzenreiter NHL 2K7. Kann EA wieder aufholen? Und wie schlagen sich PC- und PS3-Fassung?

Lebendige Bank: Auf 360 und PS3 überzeugen Gesichter, Animationen und Spielfiguren auf ganzer Linie. In der Dynastie könnt ihr euer Team inkl. Moral, Trainingsplan, Transfers und Eigentümervertrauen an die Spitze führen.
Der erste Blick kann entlarvend sein. Wenn man sich dieses Eishockey anschaut, wird man jedenfalls nicht sofort erkennen, dass es sich um NHL 08 (ab 6,28€ bei kaufen) handelt. Es könnte auch NHL 07 sein. Beide sehen ähnlich gut aus, beide hören sich ähnlich gut an - die Fortschritte in Sachen Kulisse und Publikum halten sich in Grenzen. Das ist allerdings der Fluch aller Sportspiele, egal ob Pro Evolution Soccer 2008 oder Madden NFL 08.

Schönes Eis?

Nur macht es einen gewaltigen Unterschied, ob ich mir das Spiel auf Xbox 360 und PS3 einerseits und daneben auf PC anschaue. Während die beiden neuen Konsolen wie fein geschliffene Eisperlen wirken, sieht das Geschehen auf dem Rechner einfach veraltet aus. Die maximale Auflösung von 1024x768 entlarvt gröbere Figuren, eckige Trainer und im Vergleich

Die Karriere gibt es auch in der  PC-Fassung, aber leider kann sie  technisch nicht mithalten: Selbst mit einem Highend-Rechner wird man feststellen, dass die Grafikengine einfach veraltet ist. Trainer und Figuren wirken grob und kantig.
zu den Konsolen abgehacktere Animationen. Da schlummert Alienware-Power in unseren Rechnern und auf dem Monitor wird man im Zeitalter von DirextX10 dermaßen enttäuscht.

Dass die PS2-Fassung mittlerweile am Limit ist und kaum Unterschiede zeigt, ist verständlich - leider fehlt uns da allerdings noch die Testfassung. Dass die PC-Fassung von EA dermaßen lieblos umgesetzt wird, ist eine Frechheit: Da wird im eigenen Hause die PC-Technik mit einem Crysis auf ein neues Niveau gehievt, aber gleichzeitig speist man die Sportspieler mit veralteter Kulisse ab. Da hilft es auch nicht, dass nicht nur erstmals die AHL sowie der Einsatz des Analogsticks als Schussauslöser, sondern auch die DEL dabei ist und man die Hamburg Freezers in die Arena schicken kann. Setzt man sich vor eine Xbox 360, sieht das Ganze einfach eine Welt besser aus - und hinzu kommt, dass es sich auch besser spielt.

Der Rechner, das Stiefkind?

Immerhin

Auf der 360 gibt es zudem ein simulationslastigeres Spielgefühl: Die Torhüter halten richtig gut, One-Timer kommen kaum durch und man muss sich jedes Tor hart erarbeiten - auf dem PC kracht es wesentlich öfter.
stimmt die Stimmung in den Hallen - egal ob Konsole oder PC: Kommentatoren, Fans und Bandenchecks hören sich gut an. Wichtiger als das spektakuläre Drumherum, das euch mit Zurufen auf dem Eis und jubelnden Zuschauern sehr schnell in Hallenstimmung versetzt, ist natürlich die Spielmechanik. Wenn man Hand an das Gamepad legt (auf dem PC lässt sich immer noch alternativ mit Tastatur loslegen), braucht man ebenfalls einige Zeit, um Unterschiede zu finden. Also stöbert man etwas tiefer im Handbuch oder schaut sich Feature-Trailer an, um zu erfahren, was dieses Jahr neu sein soll...

...aha, die Analogstick-Kontrolle gibt es jetzt in Version 2.0! Und die Torhüter halten besser! Außerdem kann man die Laufwege editieren! Okay, schauen wir uns die Neuerungen mal genauer an.

                

Dank der erweiterten Skillstick-Steuerung lassen sich nicht nur Verteidiger besser austricksen, auch die Torhüter kann man schnell in Verlegenheit bringen. (360)
Dass man mit dem rechten Stick während das Skatens nach links und rechts antäuschen kann, ist aus dem Vorjahr bekannt. Neu ist, dass man bei gleichzeitigem Drücken des linken Bumpers und der Betätigung des rechten Sticks elegante Körpertäuschungen aufs Eis legen kann, die den Verteidiger alt aussehen lassen. Der Vorteil dieser erweiterten Dekes: Sie sehen gut aus und 1gegen1-Situationen lassen sich damit wesentlich besser lösen. Euer Spieler legt den Puck dabei etwas zur Seite und kurvt um den Gegner herum. Nur auf dem PC kommt man leider nicht an die Präzision der Konsolenmechanik heran - hier hat man oft das Gefühl, dass irgendetwas automatisiert oder gar nicht ausgeführt wird; außerdem fühlen sich die Dekes aufgrund der weniger akzentuierten Animationen nicht so gut an.

Der erweiterte Skill-Stick

Die analoge Steuerung hat allerdings auch auf Konsolen noch ihre Tücken - vor allem beim Abschluss: Es passiert noch zu

Dass man nur auf dem PC in die Kufen der DEL-Teams (hier die Hamburg Freezers) steigen kann, tröstet nur wenig über die technische Enttäuschung der Rechnerversion hinweg. Neu ist auch die American Hockey League (AHL) mit 29 Teams.
oft, dass man bei einem One-Timer am Puck vorbei zimmert oder dass aus einem Schlagschuss eine unfreiwillige Täuschung wird. Übung macht hier natürlich den Meister, aber gerade das Versenken von Querpässen sollte einfacher ablaufen.    Außerdem ist es etwas unglücklich, dass man mit dem linken Stick, der ja auch für das Skaten zuständig ist, gleichzeitig zielen muss. Sprich: Ich skate nach schräg oben links, will das Hartgummi aber nach oben rechts auf den Kasten zimmern, muss also schnell für den Schuss wechseln. Knifflig, knifflig, wenn linke und rechte Gehirnhälfte hier beim schnellsten Mannschaftssport der Welt kooperieren müssen. Aber dafür riecht es hier im Gegensatz zum PC angenehm nach dem Schweiß einer realistischen Sportdarstellung.

Im Gegensatz zum Vorjahr hat nämlich auch die KI auf 360 und PS3 zugelegt - man muss sich jedes Tor hart erarbeiten, die Goalies halten hervorragend und fangen viel ab.

Auch wenn die PC-Fassung nicht schlecht aussieht, wird in einem Direktvergleich schnell klar, dass die Analogstick-Kontrolle des Pucks hier nicht so präzise ausfällt wie auf 360 oder PS3. Alternativ lässt sich das Ganze jedoch auch klassisch steuern.
Muss man sich auf den Konsolen also jedes Tor im Stile einer Simulation herausspielen und die Checks gut vorbereiten, rappelt und kracht es auf dem PC fast im Sekundentakt. Fast jeder Schuss sitzt, fast jeder Pass kommt an und wird verwertet, kaum ein Gegner landet nicht in der Bande. Das macht auch Spaß, aber das ist Arcade pur und zeigt keine Fortschritte gegenüber dem Vorjahr. Wer hier nicht viele Regler verschiebt, das Zielen und Passen auf manuell stellt und auf den schweren Modus schaltet, wird kaum gefordert. 

Ihr seid es Leid, dass ihr die taktischen Routinen eurer Offensive auswendig lernen müsst, um zu wissen, wohin gespielt werden soll? Ihr wollt selber bestimmen, wer wann wohin skaten soll? Dann ran an den neuen Editor, den es frecher Weise nur auf Konsolen gibt: Hier könnt ihr komplette Spielzüge anlegen, abspeichern und im Spiel aufrufen. Ihr wählt einfach einen Offensivmann, skatet mit ihm von der blauen Linie genau so Richtung Kasten, wie ihr das später sehen wollt, und eine rote Linie markiert genau diese Route. Dann wählt ihr einen anderen und so weiter und so weiter, bis die ganze Reihe dran war - das Ganze schaut ihr euch dann parallel an und könnt es vor dem Einsatz trainieren oder weiter verfeinern. Das ist eine klasse Idee für alle Eishockeycracks, die dem Gegner ihre eigene Taktik aufzwingen wollen.

Laufwege & Training

Fassen wir zusammen: Die erweiterte analoge Steuerung fühlt sich im Ansatz sehr intuitiv, beim erfolgreichen Abschluss sogar richtig gut an und sollte in Zukunft verfeinert werden. Schön ist, dass man das auch erstmals im vierstufigen Training (Schuss, Schlittschuh, Team, Torhüter) versuchen kann - hier lässt sich das genaue Anvisieren, das elegante Skaten um scharfe Kurven und alles andere erlernen. Diese Übungsfinessen, die die Konkurrenz von 2K Sports mit Spielen wie NHL 2K7 schon seit Jahren bietet, halten endlich auch bei EA Einzug - Gratulation! Aber jetzt ratet mal, wo es dieses Training nicht gibt? Richtig: Auf dem PC. Warum nicht? Während ich auf 360 und PS3 wunderbar die Torecken anvisieren und um Hütchen sprinten kann, bleibt es hier nur bei den bekannten Modi: Schnelles Spiel, knackige Saison oder Play-Offs, Karriere in der Dynasty, Online-Matches oder Minispiele wie ein Shootout gegen den Torwart mit unterschiedlichen Gewinnoptionen.

           

Fazit

Die analoge Steuerung wurde verfeinert, endlich gibt es umfangreiches Training und endlich sind Dekes effektiver. EA hat an den richtigen Stellen Feintuning angesetzt, so dass dieses Eishockey gegenüber dem Vorjahr an Qualität gewonnen hat. Es ist auf einem guten Weg Richtung anspruchsvolle Simulation - dazu trägt auch der gelungene Laufwege-Editor bei. Aber sieht es wesentlich besser aus? Nein. Fühlt es sich wesentlich anders an? Nein, aber etwas besser. Unterm Strich bietet die Spielmechanik noch zu wenig, um für ausgezeichnete Unterhaltung zu sorgen und der Konkurrenz von NHL 2K8 wirklich Paroli zu bieten. Das liegt zum einen am rudimentären Pass-System, das noch zu wenige Finessen erlaubt. Und zum anderen an der immer noch nicht ganz intuitiven Analog-Steuerung. Ja, man kann auf die klassischen Buttons umstellen, aber das haben wir bei Fight Night Round 2 auch nicht gemacht. Warum nicht? Weil es da einfach besser noch besser funktionierte. Trotzdem macht die Puckjagd auf den Konsolen wieder richtig Spaß - schade nur, dass das Hartgummi auf der PS3 nicht ganz so flüssig läuft wie auf der Xbox 360.

Und auf dem PC? Ach du Schreck! Hier gibts weder das neue Training noch den Laufwege-Editor, weder eine verbesserte KI noch dieselben feinen Skate-, Bank- und Trainer-Animationen. Im Zeitalter von Direct x10 und angesichts der Brillanz der Konsolenkulisse ist dieses NHL mittlerweile ein technisches Armutszeugnis. Es geht gar nicht mehr um Stillstand, sondern um einen technischen Rückschritt, wenn man parallel Microsofts und Sonys Konsole laufen lässt. Inhaltlich fühlt sich das Eishockey auf dem Rechner immer noch wie ein Arcadespiel an - viele Tore, noch mehr Checks, rasanter Sport. Muss man sich auf der Xbox 360 aufgrund komplexerer KI-Routinen und gnadenlos guter Goalies jedes Tor erarbeiten, kracht es hier im Sekundentakt nach alter One-Timer-Manier. Und zwar genau so wie im Vorgänger, der immerhin noch nicht dermaßen in Sachen Umfang und Präsentation von den Konsolen überrollt wurde. Braucht man dieses Spiel? Nein. Wer NHL 07 im Schrank hat, aktualisiert seine Kader und spart sich die Euros. Im Vergleich zum Eistanz auf den Konsolen sorgt dieses Spiel gerade noch für ausreichende Pausenunterhaltung.

(Die deutsche PS2-Version lag uns zum Testzeitpunkt noch nicht vor. Anm. d. Red.)

Pro

  • offizielle Lizenz
  • inklusive AHL & DEL (PC)
  • inklusive Nationalteams & WM
  • Dynasty-Modus inkl. Verträge & Transfers
  • klasse Fan- & Hallenakustik+ erweiterter Online-Modus (Ligen)
  • umfangreiches Training
  • neuer Laufwege-Editor
  • eigene Spielzüge kreieren
  • verbesserte Torwart-KI
  • endlich auch mit Skill-Stick (PC,PS2)
  • coole 1on1-Dekes

Kontra

  • Ruckler (PS3)
  • keine DEL (360,PS3)
  • One-Timer kaum möglich (360,PS3)
  • es fehlen Pass-Finessen
  • viel zu viele Tore (PC)
  • kaum verbesserte KI (PC)
  • keine grafischen Fortschritte (PC)
  • kein umfangreiches Training (PC)
  • kein Laufwege-Editor (PC)
  • max. Auflösung 1024x768 (PC)
  • Trainer & Publikum veraltet (PC)
  • Stick-Kontrolle nicht präzise genug (PC)

Wertung

360

Gutes Eishockey mit verbesserter Skillstick-Steuerung! Jetzt müsste es nur mehr Pass-Finessen geben...

PlayStation3

Auch auf PS3 ein gutes Spiel, nur die Ruckler stören im Vergleich zur flüssigeren 360-Variante.

PC

Technisch veraltet, spielerisch den Konsolen unterlegen. Warum lässt EA den PC so hängen?