Die Siedler: Aufstieg eines Königreichs - Test, Taktik & Strategie, PC

Die Siedler: Aufstieg eines Königreichs
26.09.2007, Jörg Luibl

Test: Die Siedler: Aufstieg eines Königreichs

Wirtschaftswunder, Exportweltmeister, Baumarktfetisch - Deutschland ist für seine Aufbautugenden bekannt. Aber nicht nur im realen Alltag wird gerne gehämmert, gesägt und gewerkelt, sondern auch virtuell in aller Pracht vor dem heimischen Monitor. Natürlich spielt man auch gerne Krieg, aber noch viel lieber zimmert man in teutonischer Gemütlichkeit an seinem ganz eigenen Reich. Wie fühlt man sich als König in einem fiktiven Mittelalter?



Ehrgeiziger Ritter

Bunt, voll und prächtig: Freut euch auf ein reges Treiben auf dem Marktplatz.Aller Anfang ist schwer. Vor allem, wenn man ein Königreich aufbauen will und nicht mehr als den Rang eines Ritters vorzuweisen hat. Zwar sitzt man hoch zu Ross, darf Steuern eintreiben und das Land erkunden. Aber mit diesem ersten von sieben erreichbaren Titeln lassen sich weder Wirtshäuser oder Apotheken anlegen noch Schwertkämpfer ausbilden, Diebe anheuern oder Katapulte errichten. Außerdem naht der Winter und das Lager muss gefüllt werden. Verflixt aber auch...

Der Ehrgeiz stellt gleich die erste Frage: Wie kann man bloß Titel gewinnen? Indem man in seiner kleinen Stadt wichtige Bedürfnisse nach Nahrung, Hygiene oder Dekoration befriedigt und die Kerngebäude fleißig ausbaut. Man braucht Gold, Steine, Siedler und natürlich was zu futtern - am besten von allem etwas. Hört sich nach einer Menge Arbeit an? Ist es auch! Aber erstens macht sie Spaß und zweitens gewöhnt sich der gestählte Ritter nach wenigen Mausklicks daran. Der Schritt auf die nächste Stufe der Karriereleiter ist dank der damit verbundenen Rechte immer motivierend, aber

Insgesamt gibt es sechs Anführer, die als einfache Ritter starten und sieben Ränge aufsteigen können. Jeder verfügt über eine passive und aktive Spezialfähigkeit. Unter Alandra spenden die Leute eifriger und sie kann kranke Siedler heilen.
läuft auch immer nach demselben Schema ab.

Egal ob Kampagne, Mission oder freies Spiel - zu Beginn gibt es immer ein hilfreiches Startpaket für ehrgeizige Monarchen: Eine kleine Burg, eine Kirche, ein Lagerhaus mit ein paar Steinen und Holz, dazu ein Marktplatz mit Brunnen. Das ist doch schon mal eine ordentliche Basis! Außerdem darf man gleich Holzfäller und Jäger in die Wälder schicken, damit erste Rohstoffe im Lager landen. Die erlegten Tiere lassen sich zu Wurst und Kleidung verarbeiten, das Holz braucht man für nahezu alle Bauwerke. Dann kommen Steine, Eisen, Wolle und so weiter und so fort - der seit Jahren bekannte Kreislauf aus Abbau, Verarbeitung und Handel kann beginnen.

Und genau dieses Gefühl der Wiederholung raubt diesem prächtigen Spiel mit seiner wunderschönen Musik - wer Hakim als Anführer wählt, darf sich auf ein orientalisches Orchester der Extraklasse freuen - irgendwann die Chancen auf einen Award.

Wer darf es ein? In der Kampagne, die euch über vier Kapitel mit dem Schicksal des fiktiven darionischen Reiches betraut, habt ihr vor jeder Mission die Wahl zwischen Anführern.
Was auf den ersten Blick unheimlich idyllisch wirkt und sowohl alte Wuselinstinkte weckt als auch neugierig mit der Kamera zwischen Wald und Wiesen hantieren lässt, spielt sich auf lange Sicht zu ähnlich. Außerdem bietet es in den Bereichen Diplomatie und Warenkreislauf zu wenig Tiefgang. In unserer Vorschau waren wir nach drei Stunden noch sehr angetan, aber wenn man zehn auf dem Buckel hat, erkennt man diese gefährlichen Routinen, die die Faszination irgendwann trüben.

Idylle kontra Wiederholung

Kulisse, Komfort und Einsteigerfreundlichkeit stehen dann der fehlenden Komplexität gegenüber, die ein Anno 1701 so auszeichnet - das erschreckend schmale Handbüchlein ist ein erstes Symbol dafür. Trotzdem macht diese Aufbaukarriere Spaß und gerade in den ersten Stunden kann man sich kaum davon losreißen. Entscheidet man sich für den Skalden, darf man seinen Gesängen am Marktplatz lauschen! Entscheidet man sich für den Händler, kann man hungrige Bewohner füttern! Gerade diese Ritter mit ihrer aktiven und passiven Fähigkeit laden zum Experimentieren ein. Sie sind nicht so mächtig wie im Vorgänger, aber können die ein oder andere Situation besser lösen und dabei aufsteigen - das war eine notwendige und gute Designentscheidung, denn jetzt können sie nur mit guter Unterstützung in den Kampf ziehen und wirken nicht wie Supermänner.

Stream: Ubidays Trailer 07Das sorgt für Identifikationspunkte mit den Helden und die Aussicht auf spezielle Boni, wie etwa weniger Kosten beim Gebäudebau, der Rekrutierung oder einfach mehr Steuereinnahmen. Und noch ein Pluspunkt: Diese Siedler kehren, wenn auch deutlich entschlackt und damit nur auf halber Strecke (keine Träger, keine Fahnen, keine Mühlen oder Sägewerke etc.), zu ihren Wurzeln zurück und erinnern damit an alte Tugenden der Pionierzeit. Kleinigkeiten wie die Tatsache, dass Hunde herumstromern, Leute auf offener Straße plaudern oder Steuereintreiber tatsächlich aus der Burg Richtung Bewohner traben und danach die Kasse klingelt, sorgen sofort für neugieriges Scrollen. Und selbst wenn Frauen nur als Fortpflanzungs-Upgrade auf Festen auftauchen, sorgen die Flirts auf dem Marktplatz doch dafür, dass man mal hinschaut und der Haushalt der Verheirateten später effektiver geführt wird. Kurzum: Das Spiel ist besser, schöner und motivierender als Die Siedler: Das Erbe der Könige. Aber was Einsteigern gefallen wird, wird Veteranen auf lange

Interview mit Producer Benedikt Grindel
Sicht noch nicht konsequent gegnug sein - und sind nicht alle Einsteiger nach zehn Stunden auch Veteranen?



Weitere Videos:

Stream: Spielszenen 1 (Erste Aufbauschritte)

Stream: Spielszenen 2 (Siedler bei der Arbeit)

Stream: Gebäude Upgrade

Stream: Hygiene

Stream: Marktplatz

Stream: Wüstenklima

Stream: Mediterranes Klima

Stream: Gemäßigtes Klima

                

So spielt sich der mittelalterliche Aufbau - schade nur, dass er immer auf dieselbe Art abläuft.Zunächst werden allerdings beide Parteien verwöhnt. Schon der erste Blick in diese mittelalterliche Welt ist ein zauberhafter: Prächtige Städte mit Fachwerk, bunten Schildern und geschäftigen Leuten. Nur erinnern die weniger an die putzigen Siedlerfigürchen der Anfangszeit als vielmehr realistisch angehauchte Liliputaner aus Gullivers Reisen - vor allem die Helden mit ihren viel zu großen Köpfen. Aber man gewöhnt sich an diesen Stil und er hat auch seine Berechtigung: Schließlich geht es nicht nur um knuffiges Häusle bauen, sondern auch ums nackte Überleben - witzige Animationen inklusive. Wenn man mit der Kamera auf Entdeckungsreise geht, wird man neben grasenden Rehen und hoppelnden Hasen auch streunende Wolfsrudel oder vor sich hin brummende Braunbären finden. Vorsicht: Die greifen an! Der Held muss gerade bei den ersten Ausritten auf der Hut sein. Die Landschaft begeistert gerade noch mit ihren satten Herbsttönen und goldenen Feldern, irgendwann rieseln dann die ersten Schneeflocken hinab und tauchen alles in ein flockiges Weiß. Und das Vereisen der Flüsse sieht einfach fantastisch aus...

Erster kontra zweiter Blick

Die Level- und Gebäudedesigner haben wirklich sehr gute Arbeit geleistet - märchenhafte Anmut und mittelalterliche Architektur geben sich ein idyllisches Stelldichein. Der zweite Blick entlarvt allerdings auch Schwächen, denn obwohl das Treiben üppig, ansehnlich und bunt ist, vermisst man grafisch noch mehr Einzelheiten sowie Individualität und in Sachen Benutzeroberfläche bessere Hinweise: Warum gibt es keine interaktive Hilfe, wenn man in der Kampagne nicht an die Wolle kommt? Oder wenn die wirklich gute deutsche Sprachausgabe plötzlich etwas von "Ein Imker

Lebendige Landschaften, schöne Wälder und idyllische Ausblicke - in Sachen Design sieht auf den ersten Blick alles klasse aus.
hat keine Bienenstöcke mehr" erzählt, obwohl ich drei (!) habe? Leider kann man das rote Fragezeichen nicht anklicken, um zu erfahren, woran es hapert - das wird auch Einsteiger ärgern.

Das ist allerdings kein großes Manko, denn dieses Spiel ist ansonsten sehr gut zu steuern; etwas mehr Interaktivität hätte nicht geschadet. Dass die Kamera beim Schwenk in dicht bevölkerte Städte oder Scrollen selbst starke Rechner (Intel Core 2 6400, 2,13 Ghz, 2 GB Ram, GeForce 8800 GTS) leicht ins Stottern bringt, ist ärgerlich, aber weniger schlimm. Aber dass man die Vertreter einzelner Berufe einfach geklont hat, sorgt für erste Ernüchterung: Hätte man nicht wenigstens zwei, drei Typen von Jägern oder Fischern anbieten können? Schade auch, dass die Wahl des Anführers keine Auswirkung auf das Design der Bewohner und Gebäude hat: Der Steinmetz von Beduine Hakim ist immer noch blond; lediglich seine Burg erstrahlt im arabischen Stil.

Innerhalb der Kampagne, in der ihr vor jedem Auftrag zwischen Anführern mit bestimmten Fähigkeiten wählen dürft, ist

So sieht eine Siedlung aus, wenn man fleißig war: Was mit Holzfällern, Lagerhaus & Co beginnt, führt irgendwann zu schmucken Patrizierhäusern mit Theater und allem Drumherum.
dieses Klonen jedoch unverständlich. Denn hier entdeckt man mehrere Dörfer und die Ältesten, die als animierte Portraits mit einem Kontakt aufnehmen, sehen tatsächlich alle gleich aus. Warum hat sich hier keiner die Mühe gemacht und mal eben ein paar andere Modelle mit dem Editor erstellt? Das wirkt einfach lieblos und steht diesem ansonsten so liebevoll gestalteten Spiel schlecht zu Gesicht.

Geklonte Anführer

Und wenn man durch die Gassen seiner Stadt streift, wird man trotz der vielen lobenswerten Details im Handwerk, die sogar einzelne Arbeitsgriffe wie das Räuchern des Imkers oder Wurstaufhängens des Metzgers zeigen, einige hässliche Bewegungen sehen. Nicht die ab und zu auftauchenden Clippingfehler, sondern das Übereinanderlegen von zwei, drei oder vier Figuren, wenn diese dieselben Laufwege haben. Sprich: Ab und zu entdeckt man ein Polygon mit mehreren Gesichtern, wenn z.B. Bauer, Jäger und Holzfäller zusammen von A nach B spazieren - es gibt keine Kollisionsabfrage.

       



Vier Klimazonen

In der Wüste gelten andere Gesetze: Wo soll da Weizen wachsen? Also sichert man sich fruchtbare Oasen...Aber das sind Mankos im Kleinen, die die Pracht im Großen nur unwesentlich schmälern. Die vier Klimazonen (Norden, gemäßigt, trocken, Wüste) und die Jahreszeitenwechsel sorgen für optische, akustische sowie inhaltliche Abwechslung. Und das ist der große Joker dieses Spiels, der letztlich gute Unterhaltung garantiert: Führte der Winter im letzten Teil lediglich dazu, dass man zugefrorene Flüsse überqueren konnte, fordert er diesmal auch andere Vorgehensweisen bei der wichtigen Nahrungsbeschaffung: Im Winter summen keine Bienen, also kann es keinen Met geben; in der Wüste ist Ackerbau nur an Oasen möglich und im Norden sollte man auf das Fischen setzen.

All das zwingt zu angepassten Aufbauplänen oder dem aktiven Handel - sehr schön! Allerdings vermisst man die Alternativen bei der Produktion: Kann man im komplexeren Anno 1701 z.B. auf drei Arten Alkohol produzieren, gibt es hier nur eine. Das ist schade, denn so hätte man individuellere Herangehensweisen und etwas mehr Vielfalt im Gebäudebau ermöglicht - z.B. über eine Schnapsbrennerei oder einen Winzer. Überhaupt sind die Warenkreisläufe sehr einfach gehalten, denn Holz wird z.B. nicht erst in einem Werk gesägt, sondern direkt verarbeitet. Hier hat BlueByte zwar den Einstieg leichter gemacht, aber den Wuselfaktor und die Vielfalt beschnitten.

Dafür ist der Zoom auf einzelne Bewohner wiederum gelungen: Ihr könnt auf einen Klick quasi in die Schulterperspektive eines Handwerkers gelangen, um ihn auf seinem Weg zur Arbeit zu begeleiten. Gerade wenn die Stadt rappelvoll ist, kann das richtig gut aussehen. Schön ist auch, dass jeder Bewohner auch noch mal Feedback in kleinen Textboxen gibt, wo er

Schön ist die Kameraperspektive, die euch jeden Siedler hautnah begleiten lässt - dabei lassen sich viele kleine Handgriffe und witzige Szenen beobachten.
sich über bestimmte Dinge beklagt oder zufrieden zeigt. Das geht nicht so weit wie in einer Lebenssimulationen, aber sorgt trotz der gleichen Gesichter und fehlenden Namen wenigstens für den Hauch von Individualität.

Bei all der Beschränkung auf das Wesentliche, das den Spielaufbau und das Verständnis der Mechanik immens beschleunigt, hat man aber manchmal den Blick auf sinnvolle Erweiterungen verloren: Warum kann ich z.B. kein zweites Lagerhaus bauen? Gerade wenn die eigene Stadt in die Landschaft wuchert und immer weiter expandiert, wenn Minen und Rohstoffe in entfernten Gebieten liegen, kommt die Meldung "Das Lagerhaus ist voll". Ja, man kann das Gebäude ähnlich wie in Anno 1701 über einen Klick ausbauen, aber dann ist auch irgendwann Schluss und der Warentransport kann sich enorm in die Länge ziehen. Man kann ihn zwar über den Bau von gepflasterten Straßen beschleunigen, aber kleine Zwischenlager wären sinnvoller gewesen. Übrigens: Auch das Anlegen von Wegen ist zwar zunächst komfortabel, weil in alle Richtungen möglich, aber wenn man aus ihnen gepflasterte Straßen machen will, muss man diese über die alten ziehen und das kann recht hakelig sein. Hier wäre es besser gewesen, über einen kontextsensitiven Klick auf die alte gleich den Bau der neuen Straße anzubieten.

Interaktive Hilfe & Erkundung

Wohnhäuser gibt es nicht, alle Arbeitsgebäude werden wie üblich aus dem Boden gestampft - sie wachsen langsam in die Höhe.
Eine zweite Stadt lässt sich ebenfalls nicht errichten, so dass der Maßstab im Gelände überschaubar bleibt - damit kann man leben, denn die Karten sind nichtsdestotrotz groß und einladend. Warum kann ich aber nicht gezielt den Warenfluss auf ein Gebäude konzentrieren? Ich baue Eisen ab, was sowohl beim Schmied als auch Bogenbauer benötigt wird. Es kommt zunächst nur bei Ersterem an - hier würde ich gerne die Anlieferung stoppen und sie manuell auf den Bogenmacher richten! Geht nicht. Oder ich habe die Option nicht gefunden.

Und so wunderbar die Landschaft aussieht, so wenig spannend ist ihre Erkundung, wenn man sich erstmal an die schöne Flora und Fauna gewöhnt hat: Es gibt zwar einen Nebel, der alles Unentdeckte verschleiert, aber sobald man ihn lüftet, zeigen Symbole sofort an, wo man was bauen kann. Icons für Steine, Eisen, Kräuter, Fische etc. Das ist natürlich ideal für Einsteiger, denn mit einem Klick stehen Holzfäller- oder Jagdhütte am richtigen Platz. Aber der Moment der Entdeckung oder der freien Planung geht mit diesen Vorgaben etwas verloren - vor allem bei den Bodenschätzen, die ebenfalls sofort als fertige Mine auftauchen. Irgendwie vermisst man das gute alte Yipeeee! der Siedlerpionierzeit, als Geologen den Boden noch mit dem Hammer absuchten.

      

Hurra, es wird gefeiert! Sobald euer Ritter gewisse Voraussetzungen erfüllt, kann er auf dem Marktplatz befördert werden und danach u.a. neue Gebäude bauen.
Genug der Nostalgie: Es gibt in diesem Siedler noch mehr Neuerungen als die Klimazonen, die sinnvoll und unterhaltsam zugleich sind. Da ist z.B. der Ruf der Stadt, der oben links als grüner Balken angezeigt wird. Erfüllt ihr Bedürfnisse, feiert Feste, sichert seltene Waren, engagiert Gaukler oder lasst Messen lesen, dann steigt der Wert. Verlangt ihr zu hohe Steuern oder wird die Stadt attackiert, dann sinkt er. Dieser Wert ist deshalb von Bedeutung, weil er sich direkt auf die Kampfkraft eurer Soldaten auswirkt!

Der Ruf der Stadt

Also reicht es nicht Schmied, Bogenmacher und Kasernen zu bauen, um sich zu schützen oder über das Ausräuchern von Banditennestern zu expandieren. Hier nutzt BlueByte eine intelligente Verzahnung von Volkslaune und Kampfkraft, die den klugen Aufbau und das Zufriedenstellen der Bürger wirklich in den Vordergrund stellt. Interessant ist auch der Dieb, den ihr in der Burg anheuern könnt: Er kann inkognito in ein fremdes Lager eindringen und für euch Waren oder Gold stehlen, er kann auch spionieren und euch Einblick in die Aktionen des Feindes geben - wenn er nicht auf frischer Tat erschlagen wird. Gerade im Mehrspielermodus sorgt er für herrlich fiese Momente...

Der Kampf bietet zwar nur einfache Mechanismen, aber die reichen für muntere Schlachten zwischendurch aus.
Auch die Einteilung der Welt in Zonen ist neu - jedenfalls in der Siedlerreihe. Ähnlich wie in Company of Heroes ist die Landkarte in Gebiete unterteilt, die von neutralen Dörfern, Banditen oder Feinden besetzt sind und die ihr erobern könnt, sobald ihr dort einen Turm errichtet. Das sorgt für eine angenehme strategische Note, denn ihr startet mit nur einem Gebiet und jedes andere besitzt unterschiedliche Rohstoffe. Wollt ihr also zuerst das Land mit den reichen Jagdgründen annektieren oder euch doch lieber die Steinbrüche sichern?

Zonenkampf

Was sich zunächst gut anhört, entpuppt sich aber leider als zu statisches System. Denn BlueByte gibt euch quasi einen gewissen Weg bei der Gelände-Eroberung vor, indem die Kosten für die Türme abhängig sind vom jeweiligen Gebiet. Sprich: Der Turm in den reichen Jagdgründen kostet nur 100 Gold, der im Umfeld der Eisenmine gleich 500. Da eure Königskasse zu Beginn nur spärlich gefüllt ist, sind die ersten Schritte also fast zwangsläufig. Später relativiert sich das zwar wieder, die Idee als solche ist gut, aber warum gängelt man mich hier so als Feldherren?

Petri Heil: Der Fischer macht frische Beute! Jetzt muss der Fang noch in die Räucherei und darf verzehrt werden...
Trotzdem übt gerade diese Hatz nach Gebieten auch im Multiplayer einen großen Reiz aus. Das kann man von der spärlichen Diplomatie leider nicht sagen: BlueByte serviert euch nur rudimentäre Möglichkeiten der politischen Interaktion. Ihr könnt mit neutralen Dörfern handeln, indem ihr euren Ritter zu deren Lagerhaus schickt; ihr könnt mit Feinden kämpfen, indem ihr ihnen eure Krieger auf den Hals hetzt. Zerstören sie deren Turm, wird ihr Gebiet neutral und steht euch zur Eroberung zur Verfügung.

Rudimentäre Diplomatie

Aber ihr könnt neutrale Dörfer nicht über Diplomatie und Handel auf eure Seite bringen oder aggressive Feinde über diplomatische Mittel milde stimmen. Lediglich die positive Reaktion auf die Tributforderungen der Banditen führt dazu, dass sie euch in Ruhe lassen und sich im Multiplayer plötzlich um euren Gegner kümmern - sehr schön! Aber da war so viel mehr drin an Möglichkeiten als dieses spärliche diplomatische Grundgerüst. Eure Kontrahenten bleiben blasse Figuren ohne Charakter. Hier muss man nur an Civilization IV oder auch Anno 1701 erinnern, um zu zeigen, dass es heutzutage weitaus lebendiger zugehen kann.

   

Eine beschauliche Furt und der Nebel des Krieges: Mit eurem Anführer könnt ihr ihn lüften und auf dem fremden Gebiet einen Turm bauen - dann gehört es euch!
Immerhin kann man in Sachen Spielmodi aus dem Vollen schöpfen und sowohl Einsteiger als auch Veteranen zufrieden stellen: Freut euch auf eine epische Kampagne über 16 Kapitel, die die Geschichte des darionischen Reiches erzählt und euch auf dem Weg über eine edle fiktive Weltkarte mit diversen Aufgaben betraut. Als Bösewicht steht euch der Rote Prinz samt erzgemeiner Lady gegenüber, der natürlich allen Reichtum des Landes unter seine Fittiche bringen will.

Kampagne, Freies Spiel & Co

Ist die erste Mission noch ein schneller Schnupperkurs, geht es in der zweiten schon richtig ausufernd zur Sache - ihr müsst nicht nur eine Siedlung aufbauen, sie vor Banditen schützen, Wikinger abwehren und ihre Rohstoffversorgung sichern, sondern auch noch Leuchtfeuer entzünden und ein Kloster retten. Es gibt viel zu tun und viel zu erleben, obwohl manche Ereignisse zu stark gescriptet sind: Selbst wenn man schon mit Kriegern am Kloster steht, kann man die einfallenden Wikinger nicht attackieren - das ist ebenso ärgerlich wie die Tatsache, dass es in den ersten Missionen noch Beschränkungen hinsichtlich des Gebäudeausbaus gibt, obwohl man eigentlich genug Rohstoffe für die Expansion hätte.

In der Kampagne zeigt euch eine edle Karte, was und vor allem wo etwas zu tun ist: Mal müsst ihr Häfen wieder zugänglich machen, Klöster beschützen oder Banditenlager ausheben.
Nichtsdestotrotz macht die Kampagne Spaß, da man hier vor jedem Auftrag den Anführer wählen kann. Die Kandidaten brüten über einer Karte und bieten sich euch mit ihren speziellen Talenten an. Der Auserwählte hat natürlich den Vorteil, dass er in der Karriereleiter wieder einen Schritt nach oben klettern kann und neue Rechte besitzt - letztlich entscheidet ihr, mit wem ihr losziehen wollt. Wer keine Lust auf diese epischen Ausmaße hat, stürzt sich in eine von 16 vorgefertigten Missionen von der Größe S bis XL. Alle Klimazonen sind dabei und jede Karte verlangt eine andere Herangehensweise - mal müsst ihr einfach nur frei siedeln oder Ziele erreichen: In "Kagunda" müsst ihr euch aus einer Verteidigungsstellung in die Offensive begeben; in "Die Dürre" müsst ihr den Brunnen eines tyrannischen Verwalters zerstören; in "Wintermond" müsst ihr in eisiger Kälte, bedroht von Wolfsrudeln eine funktionierende Stadt aufbauen.

* Online über Ubi.comDass sich BlueByte gegen eine Erweiterung der Kampfmechanik und für einfache Mechanismen in der Schlacht entschieden hat, ist lobenswert. Ich will hier Aufbauen und keine Echtzeit-Strategie mit zig Formationen oder Manövern erleben, sondern komfortable Duelle als Ergänzung zum Stadtmanagement. Und die bekommt ihr geboten, denn bis auf die Fußtruppen und Bogenschützen gibt es nicht viel zu kommandieren. Schön ist auch, dass euer berittener Held deutlich schwächer ist als im Vorgänger: Wer ihn einfach in ein feindliches Lager schickt, wird sich wundern und schwer verletzt in seiner Burg wieder aufwachen - also muss man seine Invasionen gut vorbereiten.

Kampf & KI



Spielmodi

- Kampagne mit 16 Karten in vier Akten

- Freies Spiel (Karten-Editor bei Release)

- Mehrspieler-Modus für 4 Spieler

* im Netzwerk

Außerdem verhalten sich eure Krieger vorbildlich, wenn sich Fernkämpfer automatisch hinten postieren oder Karren von A

In der Burg rekrutiert ihr Diebe, die ihr ins Feindesland schicken könnt. Außerdem wird ein Anführer im Fall einer schweren Verletzung hier kuriert.
nach B eskortieren - nur warum kann der Held das eigentlich nicht? Gerade zu Beginn wäre es hilfreich, mit ihm die wertvolle Ware zu begleiten, denn überall lauern Banditen. Es gibt einige interessante Finessen, die den Kampf unterhaltsam gestalten: Zum einen könnt ihr Gebäude der Feind niederbrennen, wenn eure Recken genug Fackeln dabei haben - erst, wenn sie bis zu den Grundmauern zerstört sind, kommt auch kein Nachschub an Feinden nach. Zum anderen könnt ihr später Belagerungsgerät wie Katapulte ins Feld schicken sowie eure Türme und Mauern bemannen. Hier ist dieses Spiel sogar Age of Empires III überlegen, denn ihr könnt eure Bogenschützen auch auf Wehrgänge hinauf schicken; von da oben haben sie freies Sicht- und Schussfeld.

Enttäuschend ist lediglich das Verhalten der Feinde: Da liegt ein Banditenlager direkt an eurem Gebiet. Und der Anführer meldet sich mit seiner Tributforderung zu Wort. Bis hierhin ist alles in Ordnung: Das animierte Portrait sieht gut aus, die Drohung kommt dank emotionaler Sprachausgabe gut rüber. Sie kommt einmal, zweimal, dreimal. Dann das vierte Mal mit der Drohung "Wir sind jetzt Feinde bis aufs Blut!". Und was passiert? Nix! Die Banditen fallen nicht in meine Stadt ein, sondern bewegen sich teilweise zur Grenze hin und wieder im Kollektiv zurück - wie blöde Lemminge. Das passiert zwar nicht immer, aber wirkt lächerlich.

    

Fazit

Gar keine Frage: Der Aufbau dieses Königreiches ist besser, schöner und motivierender als das enttäuschende Erbe. Es macht in den ersten Stunden unheimlich Spaß, sich eine mittelalterliche Siedlung zu zimmern, dabei auf der Karriereleiter vom einfachen Ritter weitere Ränge aufzusteigen und in der idyllischen Landschaft herumzuzoomen. Aber all das, was zunächst sehr gut unterhält, läuft irgendwann immer wieder auf dasselbe Aufbauschema hinaus - egal ob Kampagne oder freie Welten. Und genau dieses Gefühl der Wiederholung raubt diesem prächtigen Spiel mit seiner wunderschönen Musik irgendwann die Chancen auf einen Award. Kulisse, Komfort und Einsteigerfreundlichkeit stehen dann der fehlenden Komplexität gegenüber, die ein Anno 1701 so auszeichnet. Damit ist nicht das Kampfsystem gemeint, das hier zwar auf das Wesentliche beschränkt wurde, aber dennoch ausreicht. Damit sind aber eher der entschlackte Warenkreislauf sowie die rudimentäre Diplomatie ohne echte Charaktere und Interaktion gemeint. Auch das Klonen von Gesichtern bei Anführern und die Zicken in der Banditen-KI nagen an der Faszination, die vor allem über die Landschaft und das lebendige Treiben in der Stadt aufgebaut wird. BlueByte hat dennoch an den richtigen Stellen die Feile angesetzt: Die Einflüsse der Klimazonen sowie der Ruf der Stadt bilden die beiden Joker, die trotz der fehlenden Tiefe letztlich ein gutes Aufbauspiel garantieren.

Die Preview-Version ließ uns noch in Richtung "sehr gut" tendieren, aber letztendlich ist "Die Siedler: Aufstieg eines Königreichs" doch "nur ein gutes Spiel". Warum? Trotz der tollen Klimazonen und ihrer Auswirkungen sowie den annoholischen Bedürfnissen verläuft nahezu jede Partie gleich, egal ob Kampagnen-Mission oder freies Spiel - klar, ein Manko bei jedem Aufbaustrategiespiel, aber beim sechsten Siedler fällt es besonders auf, gerade weil die Wirtschaftskreisläufe kurz, übersichtlich und einsteigerfreundlich sind. Man wiederholt förmlich auf jeder Karte das Schema F und annektiert zuerst die Ländereien, in die man eroberungspreistechnisch gedrängt wird. Gerade hier fehlt mir die Möglichkeit Rohstoffe auf eigene Faust zu suchen oder "Jippie"-Geologen loszuschicken. Auch das zentralisierte und stellenweise etwas undurchsichtige Wirtschaftssystem ist prinzipiell eine gute Neuerung, jedoch werden die Transportwege irgendwann zu lang und schade, dass man keine zweite autarke Siedlung errichten kann. Doch trotz aller Kritik ist die Serie im Gegensatz zum verkorksten "Die Siedler: Das Erbe der Könige" wieder auf dem guten und richtigen Aufbau-Weg, auch wenn die alten Qualitäten nicht ganz erreicht werden.

Pro

  • endlich wieder mehr Aufbau
  • umfangreiche Kampagne
  • großer Spaß im Multiplayermodus
  • Klimazonen mit Auswirkungen
  • hervorragende Musikuntermalung
  • komfortable Bedienung
  • spannende Missionen
  • transparenter Warenkreislauf
  • idyllische & lebendige Landschaft
  • Ruf der Stadt wichtig für Kampfkraft
  • strategisch Gebiete erobern
  • Mauer & Stadttorbau
  • Bogenschützen auf Wehrgängen
  • Helden mit Spezialfähigkeiten
  • animierte Portraits

Kontra

  • schnell durchschaute Spielmechanik
  • Stadtaufbau wiederholt sich
  • nur rudimentäre Diplomatie
  • nur einfacher Warenkreislauf- Gegner bleiben charakterlos
  • Dorfanführer mit geklonten Portraits- träge & dumme Gegner-KI
  • kein gezielter Warentransport 
  • nur statische Gebietseroberung
  • alle Berufe mit geklonten Figuren
  • kein zweites Lager möglich = lange Transportwege
  • manchmal keine aussagekräftige Hilfe 

Wertung

PC

Diese Siedler machen wieder Spaß: Zauberhafte Kulisse, buntes Treiben - nur auf lange Sicht zu ähnliches Aufbauspiel.