Time Crisis 4 - Test, Arcade-Action, PlayStation2, PlayStation3

Time Crisis 4
08.05.2008, Jens Bischoff

Test: Time Crisis 4

Jede PlayStation hatte bisher ihr Time Crisis samt spezieller Lichtpistole. PS2-Besitzer bekamen sogar zwei Episoden. Der vierte Spielautomat wurde nun trotz ebenfalls PS2-verwandter Hardware auf die PS3 umgesetzt und wie immer mit einigen Erweiterungen versehen. Doch können diese auch überzeugen, ist die Technik überhaupt noch zeitgemäß und was taugt die neue Plastikwumme?

Der erste Schock dürfte für viele die knallorange Plastikknarre sein, die dem Spiel in westlichen Gefilden beiliegt. Das edle Schwarz des japanischen Originals ist futsch, dafür gibt es hier eine Signalfarbe - aber das ist nur das kleinere Manko.

Klassische Arcade-Action: Das typische Deckungsspiel macht nach wie vor Laune.
Die mäßige Qualität der Schalter und Sticks lässt nämlich schon nach kurzem Anspielen erste Zweifel an der Langlebigkeit der Gun aufkommen, während Linkshänder feststellen, dass der Pad-Pistolen-Hybrid eigentlich nur mit rechts abgefeuert werden kann. Alles Probleme, welche die vorigen Modelle nicht hatten.

Enttäuschende Knarre

Dafür lässt sich die neue G-Con dank Infrarot-Technologie mit allen möglichen TV-Geräten verwenden. Das Platzieren der beiden Sensoren ist allerdings nicht ganz unproblematisch. Vor allem auf sehr schmalen HDTVs erfordert es jede Menge Fingerspitzengefühl, die nur mit Gewichtgummis ausgestatteten und untereinander verkabelten Boxen halbwegs stabil auf dem Fernseher zu platzieren. PS3-Besitzer, deren Modell nur zwei USB-Ports bietet, haben zudem Probleme eine zweite G-Con anzuschließen, da die erste aufgrund der Sensoren bereits beide freien Ports belegt. Ein USB-Hub schafft Abhilfe, das Auftreiben einer zweiten Knarre, die es bisher nicht separat zu kaufen gibt, dürfte weit schwieriger sein.

Gründe, Time Crisis 4 (ab 299,99€ bei kaufen) zu zweit zu spielen, gibt es aber ohnehin nicht. Aufgrund des serientypischen Deckungssystems braucht nämlich jeder Spieler einen eigenen Bildschirm. Wer jetzt auf System-Link oder Online-Koop hofft, wird allerdings enttäuscht, denn im Gegensatz zu den PS2-Vorgängern oder dem Arcade-Original wird auf der PS3 lediglich unterirdische Splitscreen-Technik angeboten bei der ein Großteil des TV-Bildes schwarz bleibt,

Idee gut, Ausführung schlecht: Die freien Ego-Shooter-Missionen sind reichlich dröge...
während das Spielgeschehen in zwei wild flimmernden Minifenstern nebeneinander geklatscht wird. Noch unerträglicher wird das Ganze, wenn ein Spieler mangels zweiter G-Con mit Pad antreten muss. Die nicht invertierbare Y-Achse ist nämlich so eingestellt, dass man beim Zurückziehen des Sticks nicht nach oben, sondern nach unten zielt, was jeden halbwegs Ego-Shooter-erprobten Spieler zur Weißglut treiben dürfte...

Enttäuschende Spielmodi

Immerhin kommen Pad-Spieler in den Genuss eines Fadenkreuzes, auf das Lichtpistolenschützen aus welchem Grund auch immer verzichten müssen. Lediglich in den Ego-Shooter-Abschnitten des PS3-exklusiven Missionsmodus lässt sich diese grafische Zielhilfe auch für G-Con-Schützen aktivieren. Allerdings ist dieser Modus teils so erbärmlich, dass man ihm am liebsten gleich wieder den Rücken zuwenden möchte. Die Idee dahinter ist ja eigentlich ganz nett: Mit den beiden Analogsticks bewegt ihr euch quasi wie in einem First-Person-Shooter völlig frei durch die leider völlig trostlosen Levels und könnt euch ebenso frei umschauen. Tauchen Gegner auf, könnt ihr diese dann direkt mit der Lightgun anvisieren und ausschalten. Das hört sich interessant an, spielt sich aber extrem grausam, da die Steuerung völlig überladen wirkt und der spielerische Reiz aufgrund des miserablen Level- und Spieldesigns einen schon nach kürzester Zeit extrem anödet.         

Fast genauso öde geht es in den knapp 20 Minispielen zur Sache, wo man unter Zeitdruck bzw. mit Munitionsknappheit verschiedene Zielscheiben möglichst effektiv abräumen muss. Das ist nicht nur extrem langweilig, sondern aufgrund des fehlenden Fadenkreuzes auch teils ganz schön happig, da oft schon ein einziger Fehlschuss das Scheitern der aktuellen Aufgabe mit sich bringt. Doch kommen wir lieber zu etwas Positivem:

Feinde überall: Die neuen Multi-Screen-Kämpfe sorgen für zusätzliche Hektik.
Der Arcade-Modus bietet auch bei Time Crisis 4 knapp eine Stunde kurzweilige Balleraction mit bewährtem Deckungsspiel und taktischen Waffenwechseln. Die Bossfights sind zwar vergleichsweise unspektakulär, es gibt keinerlei Wegverzweigungen und auch die Umgebung lässt sich nur geringfügig zerstören, aber der Spielspaß kommt trotzdem nicht zu kurz.

Die neuen Multi-Screen-Kämpfe, bei denen ihr schnell zwischen bis zu drei verschiedenen Blickrichtungen wechseln müsst, um Gegner oder andere Gefahren abzuwenden, sind zwar teils etwas nervig, führt man die Richtungswechsel aber nicht via G-Con-Bewegung, sondern via Analogstick aus, machen sie durchaus Laune. Das gilt auch für die seltenen Flug-, Geschütz- und Sniper-Passagen, wobei Letztere erneut mangels Zielcursor eine ganz schöne Tortur darstellen können. Schade auch, dass es kein separates Pedal mehr gibt, um in Deckung zu gehen. Doch auch per Knopfsteuerung klappt der Wechsel zwischen Schießen und Schutz suchen hervorragend. Auch der taktische Wechsel zwischen Standardpistole, Maschinengewehr, Schrotflinte und Granatwerfer geht schnell und unkompliziert von der Hand.

Durchwachsene Technik

Dank der fünf Schwierigkeitsgrade sowie freispielbarer Extraleben lässt sich Time Crisis 4 auch gut an unterschiedliche Könnensstufen anpassen. Zudem gibt es eine Reihe fordernder Bonusmissionen. Schade nur, dass es nicht einmal Online-Ranglisten gibt und man sich in den Highscore-Listen quasi nur mit sich selbst messen kann.

Unnötiges Manko: Die Scharfschützen-Einsätze sind ohne Fadenkreuz reichlich nervig.
Dafür kann man einen Teil des Spiels auf Festplatte installieren, um Ladezeiten zu verkürzen. Ansonsten präsentiert sich Time Crisis 4 technisch eher rückständig. Grafisch merkt man dem Titel einfach an, dass er auf nur leicht aufgebohrter LastGen-Hardware realisiert und nur mäßig an die Möglichkeiten der PS3 angepasst wurde: Es flimmert, die Texturen wirken ungemein blass, die Animationen holprig und die Effekte billig, obwohl meist viel auf dem Bildschirm los ist.

Die Soundkulisse präsentiert sich ebenfalls recht unauffällig, wobei die deutsche Synchro trotz typisch trashiger Hintergrundgeschichte und stereotyper Heldenriege überraschend professionell daher kommt. Kurios allerdings, dass dem Titel hierzulande die Altersfreigabe verweigert wurde, obwohl er kein bisschen brutaler ist als die ab 16 freigegebenen Vorgänger: Es spritzt kein Tropfen Blut, getötete Gegner lösen sich noch im Fallen in Luft auf und die Zwischensequenzen sind wie eigentlich das gesamte Spiel völlig harmlos, fast comicmäßig inszeniert - vom im Gegensatz zu den Vorgängermodellen kaum noch realistischen Pistolendesign ganz zu schweigen...     

Fazit

Warum Time Crisis 4 in Deutschland keine Altersfreigabe bekommen hat, ist mir ein absolutes Rätsel - gegen ein GTA4 wirkt das völlig blut- und leichenfreie Arcade-Geballere wie ein Partyspiel für Kindergarten-Cops. Außerdem waren die quasi identischen Vorgänger allesamt noch ab 16 Jahren freigegeben... Aber egal, echte Gründe für einen Import gibt es ohnehin nicht: Die neue G-Con ist extrem hässlich und mies verarbeitet, der Mehrspielermodus eine Zumutung, die Minispiele nicht mehr als eine dröge Einschlafhilfe, das exklusive Ego-Shooter-Abenteuer ein herber Reinfall und am Rest hat man sich auch bereits nach ein paar Stunden satt gespielt. Auch technisch reißt Time Crisis 4 keine Bäume aus, während man spielerisch nach wie vor auf den deutlich an Glanz eingebüßten Errungenschaften der Vorgänger aufbaut oder gar dahinter zurück fällt. Holt euch lieber Time Crisis 2 oder 3 für die PS2, sofern ihr noch irgendwo einen Röhrenfernseher herum stehen habt oder nehmt auf Wii Capcom- und Sega-Zombies ins Visier - das macht deutlich mehr Spaß und ist zudem auch noch günstiger!

Pro

  • bewährtes Deckungssystem
  • unkomplizierte Arcade-Action
  • verschiedene Waffengattungen

Kontra

  • öde Minispiele
  • mäßige Technik
  • völlig linearer Spielverlauf
  • bescheidene Lightgun-Qualität
  • missratener Mehrspieler-Modus- enttäuschender Missionsmodus

Wertung

PlayStation3

Klassische Arcade-Action mit öden Extras und technischen Macken.