Dragon Quest Swords: Die maskierte Königin und der Spiegelturm - Test, Rollenspiel, Wii

Dragon Quest Swords: Die maskierte Königin und der Spiegelturm
13.05.2008, Jens Bischoff

Test: Dragon Quest Swords: Die maskierte Königin und der Spiegelturm

Für die Dragon Quest-Premiere auf Wii hat Square Enix ein ziemlich ungewöhnliches Konzept gewählt: Statt traditioneller Rollenspielkost präsentiert man quasi einen Lightgun-Shooter mit Schwertkampf-Mechanik. Obwohl das Prinzip nicht neu ist, wirkt es interessant und unverbraucht. Aber kann das Gemetzel auf Schienen auch dauerhaft fesseln?

Die Idee hinter Dragon Quest Swords ist nicht neu, schließlich gab es mit dem vor vier Jahren erschienenen Plug'n'Play-System Kenshin Dragon Quest 

Profilloses Babyface: Der Protagonist gibt während des gesamten Abenteuers keinen Mucks von sich.
bereits ein nahezu identisches Spielerlebnis - wenn auch nur in Japan. Schon damals hat man die Spielwelt auf sich gelegentlich verzweigenden Schienen erkundet, ist denselben Angreifern mit Schwert und Schild begegnet und hat zu verheerenden Spezialangriffen angesetzt. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Statt mit speziellen Schwert- und Schild-Controllern zu hantieren, verlasst ihr euch jetzt eben auf die Wii-Fernbedienung. Der Nunchuk wird trotz sinnvoller Möglichkeiten leider überhaupt nicht genutzt.

Altbekanntes neu verpackt

Optisch wird unspektakuläre Standardkost serviert und auch die Spielmechanik wirkt wenig zeitgemäß: Ihr schlappt nach wie vor aus der Ego-Perspektive vorgegebene Wege entlang, Verzweigungen sind selten und enden meist kurz darauf in Sackgassen oder führen rasch wieder auf den linearen Hauptpfad zurück. Interaktionen mit der Spielumgebung gibt es so gut wie keine: Hier mal einen Grasbüschel untersuchen, da eine Kiste öffnen oder dort eine Türe - das war's...

Hin und wieder kann zwar auch mal ein Weg versperrender Felsbrocken zerbröselt werden, aber das Erkunden der Spielweltgleise ist ungemein trost- und ideenlos. Keine Rätsel, keine besonderen Aufgaben, keine in Bewegung setzbaren Mechanismen, keine Reaktionstests, nichts. Auch das Design der gerade mal acht kurzen Levels ist wenig spektakulär: Ihr schlappt durch triste Wiesen-, Wald- und Berglandschaften, erkundet sterile Höhlen und Gemäuer und freut euch, wenn ihr mal kurz auf einem Floß Platz nehmen dürft...

Auch die Kampfunterbrechungen sind fix vorgegeben: An bestimmten Wegstellen stürmen stets dieselben Angreifer den Bildschirm und lassen euch erst weiter, wenn alle Gegner tot oder geflohen sind. Die Kämpfe an sich sind aber zum Glück angenehm abwechslungsreich:

Kurzweilig: Die Kämpfe sind ein Mix aus Schildblocks, Schwerthieben und Spezialangriffen.
Je nach Formation eurer Widersacher setzt ihr gezielt zu vertikalen, horizontalen oder diagonalen Schwertstreichen an. Auch Stöße in die Tiefe sind möglich, lassen sich aufgrund der schwammigen Bewegungserkennung aber nur selten gezielt ausführen. Wirklich interessant wird es, wenn Blocks und Gegenangriffe zum Einsatzkommen. Auf Knopfdruck wechselt ihr nämlich zwischen Schwert und Schild, wobei sich letzteres mit der Zeit nicht nur abnutzt, sondern auch zerbrechen kann.

Hack'n'Slay auf Schienen

Sind eure Blocks zu ungenau, splittern schon mal Stücke eures Schilds ab, was die Abwehr zusätzlich erschwert. Nur gut, dass ihr euer Schild reparieren, per Zauberkraft kurzzeitig vergrößern oder durch geschicktes Remote-Drehen auch längs positionieren könnt, um mehrere Angriffe gleichzeitig abzublocken. Selbst Zauber und Geschosse könnt ihr parieren. Wesentlich effektiver ist es allerdings Distanzangriffe nicht mit dem Schild aufzufangen, sondern sie mit gezielten Schwerthieben auf eure Feinde zurückzuschleudern. Um chaotisches Dauergefuchtel zu vermeiden ist dabei auch Timing gefragt, während ihr zudem jederzeit einen Zielcursor platzieren könnt, um euren Angriffen und Kontern die nötige Präzision zu verleihen.      

Erfolgreiche Treffer treiben nicht nur euer Punktekonto, sondern auch eine spezielle Energieleiste in die Höhe, die vollständig gefüllt für Spezialangriffe genutzt werden kann, bei denen ihr einfache Bewegungsmuster nachahmen müsst, um massive Schäden zu verursachen. Zudem könnt ihr vor jedem Ausflug einen von drei Begleitern rekrutieren, die euch mit Zauberkraft und später auch Teamangriffen Rückendeckung geben sowie ebenfalls fleißig Erfahrungspunkte sammeln. 

Lästiges Handicap: Lediglich in der Stadt könnt ihr euch umziehen und frei bewegen.
Das Verhalten eurer Gefährten könnt ihr dabei so festlegen, dass sie nur auf Befehl aktiv werden, ihren Fokus auf Heilzauber legen, ausgeglichen agieren oder hemmungslos MP verbraten. Über das jederzeit aufrufbare Menü könnt ihr bestimmte Zauber auch direkt aktivieren, mitgeführte Items einsetzen oder vorzeitig in die sicheren Mauern der Stadt zurückkehren, dem einzigen Ort des Spiels, wo ihr euch ohne Schienen frei bewegen könnt.

Kurioserweise ist die Stadt auch der einzige Ort, wo ihr eure Ausrüstung wechseln könnt. Unterwegs gefundene Rüstungen, Helme oder Accessoires lassen sich erst hier anlegen und auch das Wechseln von Schwertern mit Blitz-, Feuer- oder Eiskräften ist unterwegs tabu. So müsst ihr euch quasi schon vor dem nächsten Einsatz für eine passende Ausrüstung entscheiden ohne zu wissen, gegen welches Element die kommenden Gegner anfällig sind oder welcher Schutz eurerseits am sinnvollsten ist - ein äußerst fragwürdiges System...

Auf Stadtbesuch

In der Stadt könnt ihr aber nicht nur eure Ausrüstung anpassen, hier dürft ihr auch eure Fortschritte speichern, Händler aufsuchen, Geld deponieren, dass ihr im Todesfall zur Hälfte verlieren würdet, mit den Einwohnern schwatzen oder simple Minispiele bestreiten: So stecken euch zufriedene Händler z. B. Lose zu, mit denen ihr an einer Tombola teilnehmen könnt. Darüber hinaus dürft ihr auch bei einem Wettstreit für bis zu vier Spieler nacheinander mit machen, wo ihr möglichst schnell hundert Schleimgegner eliminieren oder eine Reihe von Pfeilen möglichst punkteträchtig mit bestimmten Stellen eures Schildes auffangen müsst. Der Spaßfaktor hält sich jedoch in Grenzen und auch der Multiplayer-Aspekt ist aufgrund teils minutenlanger Wartezeiten eher dürftig.

Wesentlich motivierender ist es, Geld und Materialien für neue Rüstungen und Schwerter und damit verbundene Spezialangriffe zu sammeln, was leider mit zahllosen Ausflügen in immer die selben Gegenden mit immer den selben Gegnern behaftet ist und zusammen mit den stark eingeschränkten Möglichkeiten ebenfalls schnell öde wird.

Einfach, aber effektiv: Bei Spezialattacken führt ihr vorgegebene Remote-Bewegungen aus.
Lediglich bei den Bossfights wird man hin und wieder mal gefordert - vor allem die Bonusbosse nach Ende des Spiels haben es zum Teil in sich. Aber irgendwann macht man auch diese einfach nur immer und immer wieder platt, um seltene Materialien für noch durchschlagskräftigere Waffen zu ergattern, mit denen irgendwann auch die letzte Herausforderung flöten geht.

Motivation ohne Langzeitwirkung

Auch die lediglich deutsch untertitelte Hintergrundgeschichte plätschert eher belanglos vor sich hin, obwohl die englischen Synchronsprecher einen weitestgehend ordentlichen Job machen - ein paar Monster reden sogar Deutsch. Der namenlose Protagonist bleibt hingegen das komplette Spiel über völlig stumm und profillos. Auch in punkto Humor kommt man nicht annähernd an frühere Dragon Quest-Episoden heran. Schade, denn um das an sich simple Ego-Hack'n'Slay hätte man ein weit umfangreicheres und tiefgründigeres Rollenspielabenteuer stricken können. Aber selbst die Gelegenheit einen Koop-Modus zu integrieren wurde nicht genutzt...    

Fazit

Das Konzept hinter Dragon Quest Swords ist simpel, aber interessant: Ihr bewegt euch wie in einem Lightgun-Shooter auf Schienen durch die Spielwelt und bestreitet mit Schwert und Schild kurzweilige Kämpfe gegen zahlreiche Widersacher. Trotz teils ungemein schwammiger Bewegungserkennung machen die Auseinandersetzungen durchaus Laune - vor allem der Wechsel zwischen Angriff, Abwehr und Konter inklusive taktisch angehauchter Bosskämpfe weiß zu gefallen. Auf Dauer mangelt es dem Titel aber sowohl an Abwechslung, Spieltiefe als auch Umfang. Nach acht kurzen Ausflügen ist die leidlich spannende Story bereits zu Ende, es gibt zu wenig Platz für Erkundungen und Interaktionen und auch motivierende RPG-Elemente wie das Lernen neuer Fähigkeiten und Schmieden besserer Waffen verlieren zu schnell an Reiz, da man immer und immer wieder die selben Areale abgrast und die gleichen Gegner vermöbelt. Selbst die paar drögen Minispiele für bis zu vier Teilnehmer sorgen eher für Langeweile als für Unterhaltung. Dem großen Namen wird dieses mickrige Abenteuer jedenfalls nicht annähernd gerecht; das ist kein Dragon Quest mehr, sondern eine gemütliche Hack'n'Slay-Zugfahrt für Kids und Casual-Gamer - nicht ohne Reiz, aber ohne jeden Tiefgang...

Pro

  • aufrüstbare Waffen
  • originelles Kampfsystem
  • motivierende RPG-Elemente
  • frei wählbare & beeinflussbare KI-Begleiter

Kontra

  • viel zu kurz
  • mäßige Story
  • öde Minispiele
  • kaum Umgebungsinteraktionen
  • nur wenige Wegverzweigungen
  • schwammige Bewegungserkennung
  • auf Dauer extrem monotoner Spielverlauf

Wertung

Wii

Extrem kurze und monotone Hack&Slay-Zugfahrt ohne jeden Tiefgang.