Half-Life 2: Episode 2 - Test, Shooter, 360, PlayStation3, PC
Wer Episode 1 nicht durchgespielt hat, der sollte seine Augen einen Absatz lang abwenden, denn es folgen einige Story-Spoiler. Auf der anderen Seite: Was macht ihr dann hier? Kuschkusch, kauft euch Episode 1, spielt es durch (das dürfte ja nicht allzu lange dauern), und dann kommt wieder her zum Weiterlesen! Falls ihr darauf keine Lust habt und Fans von Zeitraffer-Zusammenfassungen seid, dann
kommt euch Valve ziemlich entgegen - zur Einstimmung von Episode 2 gibt es ein flottes »Was in der vorherigen Folge passiert ist«-Video. Danach seid ihr schlauer: Alyx und Gordon konnten gerade noch so aus der explodierenden Zitadelle in City 17 entkommen. Allerdings erzeugte die Explosion eine gewaltige Druckwelle, die den Zug mit den beiden ordentlich entgleisen ließ. Aber keine Bange, beide sind wohlauf, und die Gravity Gun hat die Katastrophe auch überlebt. Mit der befreit die gute Frau den eingesperrten Wissenschaftler, übergibt ihm das heiße Eisen - und das neue Abenteuer kann beginnen!Achtung, Spoiler!
Nach dem brillanten Half-Life 2 begann bei Valve die Ära der Episoden, was gleichermaßen Vor- wie Nachteile hat. Letzteres konnte man gut an Episode 1 beobachten, das sich vom atmosphärischen Ansatz des Vorgängers löste und schon in Richtung düsterer Survival-Horrer tendierte - Geschmackssache. Episode 2 geht dankbarerweise wieder in eine andere Richtung, der Großteil der Levels spielt an der frischen Luft; lauschige grüne Wälder, weite Flächen, lange Straßen, die eine oder andere organisch wirkende Höhle hier und da - nicht gerade Oblivion, aber für das Half-Life-Universum ein willkommenes Novum. Euch erwarten sieben lange Kapitel, die euch etwa sechs Stunden beschäftigt halten. Nicht eben viel, allerdings lohnt mehrfaches Spielen: Zum einen, um alle Steam-Achievements freizuschalten, von denen es 16 gibt (und die zu den 360-Erfolgen identisch sind) - zum anderen, um den Audiokommentar genießen zu können. In diesem kommen wieder einige Entwickler zu Wort, die Interessantes bis Witziges zu vielen Spielabschnitten zu sagen haben. Da in diesem Kommentar allerdings viele Szenen gespoilert werden, ist es nicht empfehlenswert, ihn beim ersten Durchspielen zu aktivieren.
Von Stridern und Huntern
Diese beiden Neuzugänge tragen ihren Teil zu den Höhen und Tiefen des Spieldesigns bei, denn wie bereits erwähnt ist der Anfang etwas schwach: Ihr kämpft euch durch viele ähnlich aussehende Höhlen, zermatscht Antlions samt ihrer Worker und wartet auf Abwechslung. Die kommt, sobald ihr die schummrigen Naturtunnel verlassen habt - nachfolgend einige der Highlights: Ihr holt einen ballerfreudigen
Helikopter mit seinen eigenen Minen vom Himmel, verteidigt ein von Combine belagertes Haus, müsst zwei Antlion-Bosse größtenteils mit der Gravity Gun besiegen und liefert euch ein klasse Rennen mit Robo-Töle »Dog«. Lowlights? Endlose Antlion-Wellen in einer Höhle abwehren sowie der anfangs intensive, aber schon kurz darauf langweilige Endkampf gegen immer mehr Strider samt Hunter-Folgschaft - hallo Valve, das hier ist Half-Life und nicht Serious Sam! Dankbar wird zur Kenntnis genommen, dass die Entwickler deutlich an der Story-Schraube gekurbelt haben; die Geschichte wird in vielen exzellent animierten Skript-Szenen weitergeführt, die nahtlos ins Spielgeschehen eingebunden sind. Aber natürlich bleiben auch dieses Mal am Ende einige Fragezeichen übrig: Was ist mit Dr. Breen? Was für eine Rolle spielen die Advisors? Und wie zum Teufel passt der G-Man in das alles? Die englische Sprachausgabe ist wieder mal über alle Zweifel erhaben, die deutsche traditionsgemäß zwei Klassen darunter. Wer genau hinhört und nicht einfach durch die linearen Levels stürmt, bekommt auch herrliche Dialoge zu hören, die sich u.a. um das Würgen von Huntern sowie den Enkelwunsch von Eli Vance drehen (inklusive eines verschwörerischen Zwinkerns in Richtung Gordon). Außerdem nimmt sich das Spiel gelegentlich auch selbst auf die Schippe: »No pit would be complete without the Freeman climbing out of it« - so ist es.Nicht irre, aber irre schön
Das größte Ärgernis betrifft mal wieder die deutschen Spieler: Aus irgendeinem Grund wurde bei Episode 2 an mehreren Stellen die Zensurschere angesetzt! Es gibt keinerlei Blut mehr, Gegner lösen sich in dem Moment, in dem sie erledigt werden, in Luft auf - bizarr, besonders angesichts der Tatsache, dass alle vorherigen Versionen ungeschnitten waren.
Fazit
Beginnen wir mal mit den Kontra-Punkten: Auch Episode 2 hat seine Längen und Schwächen - besonders das elend lange Finale gegen schier endlos viele heranstapfende Strider samt ihrer Hunter-Schoßhündchen ist mehr Arbeit als Spaß. Außerdem ist kaum nachzuvollziehen, wieso die deutsche Fassung auf einmal so viele Schnitte vorzuweisen hat, gerade angesichts der Tatsache, dass die Vorgänger komplett ungeschnitten auf den Markt kamen. Das war’s allerdings auch schon an Punkten, die mir sauer aufstießen, der Rest ist fantastisch: Die Abkehr vom Taschenlampen-Massaker von Episode 1 kommt mir sehr entgegen, die Frischluft-Levels sehen exzellent aus und eröffnen neue spielerische Möglichkeiten. Allgemein ist die Präsentation eine Wucht; Valve hat es einfach drauf, ihren perfekt animierten Figuren Leben und Emotionen einzuhauchen - und sie in einer glaubwürdigen Welt agieren zu lassen, die von der ersten bis zur letzten Spielminute (die leider wieder zu schnell kommt) an das Keyboard fesselt wie kaum eine andere. Episode 2 erreicht fast die Klasse des Hauptprogramms - für den Abschluss der Trilogie hat Valve jetzt einiges zu tun, um dieses Glanzstück zu übertreffen!
Pro
- prächtige Grafik
- brillante Animationen
- exzellente Gestik und Mimik
- tolle Skriptsequenzen
- fantastische Soundkulisse
- spannendes Leveldesign
- dichte Atmosphäre
- großartige englische Sprachausgabe
- coole Physiknutzung
- verhältnismäßig lang
Kontra
- langweilige deutsche Sprachausgabe
- häufige und lange Ladezeiten
- geschnittene deutsche Fassung
- einige Schwächen im Spielverlauf
- mäßige KI