Wolf of the Battlefield: Commando 3 - Test, Shooter, 360, PlayStation3

Wolf of the Battlefield: Commando 3
11.06.2008, Paul Kautz

Test: Wolf of the Battlefield: Commando 3

Capcom bläst zur Retro-Offensive: In den nächsten Monaten veröffentlicht das Unternehmen Remakes klassischer Arcade-Titel, die grafisch aufgemöbelt und spielerisch runderneuert die Generation Xbox Live begeistern sollen. 1942: Joint Strike, Bionic Commando Rearmed und das für Normalzungen unaussprechliche Super Street Fighter 2 Turbo HD Remix folgen in Kürze, den Anfang macht ein Spiel, dessen Wurzeln immerhin schon 23 Jahre zurück liegen: Commando 3.

Wir erinnern uns: 1985 bestand das Spieldesign von Commando (bzw. Senjo no Okami, auf Englisch »Wolf of the Battlefield« - so einfach werden Kreise geschlossen!) darin, als Supersoldat namens, ahem, »Super Joe« aus der schrägen Vogelperspektive eine riesige Feindesarmee aufzumischen. Zoom ins Jahr 2008:

Drei Spieler dürfen den Feindeshorden gleichzeitig auf den Pelz rücken - sollten aber auch zusammen anfangen, denn nachträgliches Reinrutschen geht leider nicht.
Als Supersoldat der Truppe »The Jackals« besteht eure Aufgabe darin, aus der schrägen Vogelperspektive eine riesige Feindesarmee aufzumischen. Remake-Checkliste gezückt, Haken gesetzt: Das Spielprinzip folgt dem des Originals auf die Patronenhülse genau.

Trio mit zehn Läufen

Ab hier wird es allerdings moderner: Da Gruppenbildung im neuen Jahrtausend wichtig ist, seid ihr auch in Wolf of the Battlefield (des Krampfes wegen nachfolgend WOTB abgekürzt) maximal zu dritt unterwegs. Die drei Figuren Wolf, Coyote und Fox unterscheiden sich allerdings nur marginal voneinander, das wichtigste Trennungsmerkmal sind die Menge der Lebensenergie und der am Gürtel baumelnden Granaten - ansonsten spielen sie sich völlig identisch und nutzen auch die gleichen Waffen. Und das Schönste daran: Sie werden von euren Freunden gesteuert. Bis zu zwei Mitspieler dürfen in die Polygonhaut der Jackals schlüpfen, woraufhin ihr gemeinsam die Armeen des bitterbösen Generals Ratiev dem Erdboden gleichmachen dürft. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Ist es leider auch, denn der Koop-Modus, der übrigens auch online prima funktioniert, hat gleich zwei Nachteile. Der erste ist noch relativ harmlos: Zu dritt geht die Geschwindigkeit immer wieder spürbar in die Knie, es ruckelt zwar nicht herzzerreißend, aber dennoch ärgerlich. Viel wichtiger ist die wider jede Intuition designte Implementierung der Koop-Variante: In aller Kürze müsst ihr von Anfang an zu dritt und Willens sein, das Spiel auch komplett durchzuzocken. Denn zwischendurch einzusteigen, was mittlerweile eigentlich Standard ist, geht nicht. Wenn man nicht gemeinsam ein neues Spiel beginnt, ist es für einen zusätzlichen Fighter nicht möglich, mal eben mitzumachen, außer man beendet das laufende Game, geht zurück ins Hauptmenü und startet ein neues für drei Kämpfer - was dem Konzept des schnellen Koop-Spiels natürlich völlig widerspricht.

Aller paar Levels wartet ein extra-dicker Bossgegner auf seine Behandlung - hier gilt es, sich die Angriffsmuster einzuprägen.
Spielerisch bleibt WOTB seinen Wurzeln treu: Ihr trabt durch fünf sehr große Levels und feuert auf alles, was sich in irgendeiner Art und Weise bewegt. Das mag zum einen Feindesfleisch sein, das euch in derartigen Massen entgegengeworfen wird, dass 360-Spieler das »One Man Army«-Achievement, für das man 200 Gegner erledigen muss, schon im ersten Level einsacken. Oder es sind Bäume, Kisten mit Boni oder Zellen, in denen bärtige Gefangene ihrer Befreiung harren - Metal Slug lässt grüßen. Vier Waffenarten vom MG bis zum Streuschuss-Laser lassen sich über Power-Ups ausbauen, außerdem dürft ihr stationäre Geschütze zu eurem Vorteil einsetzen sowie mit Granaten um euch schmeißen und mit den seltenen Smartbombs den Bildschirm ordentlich durchschütteln - besonders praktisch bei den dicken Bossgegnern. In diesen Momenten dreht auch die gute Musik ordentlich auf, die im normalen Balleralltag kaum zu hören, da standardmäßig viel zu leise eingestellt ist.

Als Einzelgänger lebt man länger?

Die Steuerung folgt dem mittlerweile bewährten Robotron-System: Mit dem linken Stick steuert ihr euren Protagonisten, mit dem rechten feuert ihr in alle Richtungen, was auch ganz wunderbar funktioniert. Zum Krampf wird die Kontrolle erst, sobald Vehikel ins Spiel kommen: Zwar könnt ihr mit Panzer und Jeep verheerende Schäden anrichten, außerdem wird der Bildschirm gerade beim Drei-Mann-Spiel mit herrlich chaotisch vielen Geschossen gefüllt. Ändert aber nix daran, dass sich die Fahrzeuge einfach furchtbar unpräzise steuern lassen - unser Rennspielgott Michael hatte beim Test mittelgroße Tränen der Verzweiflung in den Augen. Natürlich muss man die Vehikel nicht benutzen, aber logischerweise machen sie das Spiel leichter. Und man nimmt jede Erleichterung dankend an, denn WOTB ist schwer, richtig schwer. Das mag am Anfang nicht so wirken, wird aber spätestens dann offensichtlich, wenn alle Leben weg sind, General Ratiev bitterböse lacht und ihr wieder im Hauptmenü landet: Oldschool-Design bedeutet eben, dass beim Game Over 

Diverse Vehikel warten darauf, von euch benutzt zu werden - leider ist die Fahrzeugkontrolle gründlich in die Hose gegangen.
das Game auch wirklich over ist. Was Einsteigern ebenfalls das Leben vermiesen dürfte, ist der unausgewogene Schwierigkeitsgrad: Allein ist selbst die niedrigste Stufe verdammt schwer, zu dritt ist es auf der höchsten der vier Stufen anspruchsvoll, aber alles andere als unmöglich - und das, obwohl sich die Gegner-Aggressivität angeblich der Zahl der Spieler anpasst.

Technisch ist WOTB für einen Arcade-Titel ganz nett - etwa eine Stufe unter Assault Heroes 2, etwas blasser und mit weniger Details. Die Figuren sind in einem putzigen Comicstil gehalten, der auch in den Zwischensequenzen weitergeführt wird. Die Umgebung ist zum Teil zerlegbar, die Explosionen rummsen ansehnlich - lediglich das Wasser wird ausnehmend hässlich dargestellt; das Glitzerzeug erinnert eher an eine Plastikfolie mit Gänsehaut als an erfrischendes Nass. 360-Käufer bekommen übrigens einen Mehrwert fürs Geld: Zückt ihr die 800 MS-Punkte für WOTB, dürft ihr euch auch eine Beta-Version von Super Street Fighter 2 HD runterladen, in der ihr mit Ryu und Ken den einen oder anderen Fuß im Gesicht tauschen könnt.    

Fazit

Eine Mischung aus Assault Heroes, Expendable und Metal Slug klingt nach todsicherem Sieger, und wenn man zu dritt den Klonarmeen des Generals gefühlte 20 Tonnen heißes Blei entgegen feuert, und dabei quiekt und gackert wie auf einem rebellischen Bauernhof, dann entfaltet das Game mit seinem schön fetzigen, schön simplen Rabatz einen sehr guten Retro-Reiz. Allerdings will mir nicht in den Kopf, wie die Entwickler den tollen Koop-Modus derart verhunzen konnten; spontanes Zuspringen eines zusätzlichen Spielers geht einfach nicht, was bei dieser Art von Spiel eigentlich selbstverständlich sein sollte. Von der mistigen Fahrzeugsteuerung und dem von der blassen, detailarmen Grafik wohl kaum erklärbaren Ruckeln im Mehrspielermodus fange ich da noch nicht mal an zu reden. WOTB ist ein unterhaltsamer Arcade-Spaß für Ballerhasen alter Schule, dem allerdings der Feinschliff eines Top-Produktes fehlt.

Pro

  • Koop-Modus für drei Spieler...
  • nette Comic-Grafik
  • einfache Steuerung

Kontra

  • ...der aber schlampig umgesetzt wurde
  • krampfige Vehikel-Kontrolle
  • für Solisten schnell langweilig
  • unausgewogener Schwierigkeitsgrad

Wertung

360

PlayStation3

Unterhaltsamer Arcade-Rabatz-Shooter, aus dem mehr hätte werden können.