Die Mumie: Grabmal des Drachenkaisers - Test, Action-Adventure, NDS, PlayStation2, Wii

Die Mumie: Grabmal des Drachenkaisers
08.08.2008, Jens Bischoff

Test: Die Mumie: Grabmal des Drachenkaisers

Pünktlich zum Kinostart des dritten Mumien-Films mit Brendan Fraser und Jet Li hält Sierra die gleichnamige Videospieladaption parat. Ihr schlüpft in die Rollen der Leinwandhelden, besucht Originalschauplätze, flucht über technische Unzulänglichkeiten, spielerische Stumpfsinnigkeit und fragt euch was schlimmer ist: In einer Welt zu leben, die von einer 4000 Jahre alten Mumie beherrscht wird oder diesen Lizenzschrott zu Ende zu spielen...

Habt ihr euch für das Spielen entschieden, dürftet ihr euch zumindest darüber freuen, dass nach sechs nicht allzu umfangreichen Kapiteln bereits alles vorbei ist. Der Weg dorthin ist allerdings ein unglaublich steiniger. Anfangs redet ihr euch vielleicht noch ein, einen drittklassigen Tomb Raider-Klon zu zocken. Ihr löst Schalter- und Objekträtsel für senile Pensionäre, prügelt und ballert grenzdebile Störenfriede zu Staub und testet euer Nervenkostüm an den Haarausfall beschleunigenden Trial&Error-Kletterwänden. Ein zumindest faires Checkpoint-System verhindert zwar den vorzeitigen Nervenzusammenbruch, lässt euch aber dennoch tausend Tode sterben.

O'Connell auf der Flucht: Selbst der Protagonist scheint sich so weit wie möglich vom Spiel entfernen zu wollen...
Allerdings nicht, weil ihr das Joypad einem grenzdebilen Masochisten überlassen habt, sondern weil der unbeeinflussbare Kameramann alles andere als das Spielgeschehen im Fokus hält, die Zielerfassung herumzickt wie eine abgetakelte Diva in der Ausnüchterungszelle und fies platzierte Fallen und Gegner genau dann zuschnappen bzw. zuschlagen, wenn ihr es am wenigsten erwartet oder brauchen könnt.

Im Vorhof der Hölle

Ein Beispiel gefällig? Nehmt eine Hinterhofprügelei gegen Unmengen an Gegnern, die aus allen Löchern kriechen: Plötzlich macht es zweimal Boom und ihr seid tot, weil sich auf einer Anhöhe hinter euch plötzlich zwei Amokschützen materialisiert haben und ohne Rücksicht auf Verluste mit ihren Granatwerfern ins Getümmel halten. Beim nächsten Mal denkt ihr, gut, schnapp ich mir die zwei Unruhestifter einfach mit ein paar gezielten Schüssen, doch denkste! Die Zielerfassung visiert so ziemlich alles an, nur nicht die beiden hinterhältigen Sprengmeister. Und gelingt es euch doch die beiden aufs Korn zu nehmen und auszuschalten, erscheinen, kaum dass ihr euch wieder um den eigentlichen Gegnerpulk kümmert, schon deren Klon-Brüder auf der Anhöhe, um Rache zu nehmen...

Na ja, am Ende habe ich es ihnen einfach gleich gemacht und sämtliche Magazine auf Pulk und Anhöhe verballert - und Ruhe war. Doch das habe ich bereits im nächsten Abschnitt bitter bereut, denn hier blieben mir nur noch wenige Schüsse, um noch fiesere, nicht einmal sichtbare, geschweige denn anvisierbare Heckenschützen auszuschalten,

Ödes Gekloppe: Die Kämpfe gegen die hirnamputierten Gegner sind unglaublich langweilig.
die mir auflauerten, während ich unaufhaltsam herab rollenden Fässern ausweichen musste, und der Kameramann Nahaufnahmen von mies texturierten Hauswänden machte. Geht's überhaupt noch mieser? Ja, es geht! Nur kurze Zeit später halte ich einen gegnerischen Sturmlauf mit einem stationären Geschütz auf. In vielen Spielen ein durchaus spaßiges Intermezzo, doch nicht so beim Grabmal des Drachenkaisers.

Mangels nicht invertierbarer Y-Achse wird wohl jeder halbwegs Shooter-erfahrene Schütze beim Zielen schier verzweifeln. Aber okay, man gewöhnt sich an alles, hat zwar nur mäßig Spaß dabei, völlig wehrlose Harakiri-Blindgänger abzuschlachten, aber irgendwann haben die Gegner ein Einsehen und geben auf. Mr. O'Connell allerdings nicht. Er klammert sich nach wie vor unzertrennlich an seinen stationären Bleispucker, Minuten vergehen, nichts passiert. Ich probiere verzweifelt jeden einzelnen Pixel zu pulverisieren, alle erdenklichen Tastenkombinationen auszuführen, nichts. Am Ende bleibt nur noch der Spielabbruch und die Wiederholung des kompletten Kapitels und all seiner Frustmomente - und das war erst der zweite Level...

Na ja, irgendeine Herausforderung muss man ja schließlich haben, denn die strunzdummen Gegner erledigt ihr im Halbschlaf, sofern Zielerfassung, Kameramann und Leveldesign es zulassen. Auch die an sich nett gemachten Gestenrätsel per Analogsticks versetzen eure grauen Zellen eher in Tiefschlaf als in Grübellaune, selbst wenn ihr die simplen Steuerungshinweise deaktiviert. Ebenso ermüdend sind die regelmäßigen Standbildsequenzen im Kindergarten-Comicstil oder die sich ständig wiederholenden Kommentare eures Alter Egos. 

O'Connell ist so scharf auf stationäre Geschütze, er lässt sie teils gar nicht mehr los...
Eine deutsche Synchro hat man sich übrigens gespart, lückenhafte Untertitel müssen reichen. Auch den Schwierigkeitsgrad könnt ihr nicht variieren, es gibt nämlich nur einen. Immerhin werden Breitbild- und 60Hz-Glotzen unterstützt, die bis auf einige Animationen selbst für PS2-Verhältnisse völlig unterirdische grafische Präsentation wird dadurch aber auch nicht attraktiver.

Tödliche Langeweile

Der einzige interessante Aspekt des Titels ist eigentlich die Suche nach mehr schlecht als recht versteckten Artefakten sowie das Erfüllen bestimmter Kampfvorgaben, um verschiedene Waffen-Upgrades freizuschalten. Den sonst völlig öden und unausgegorenen Spielverlauf wertet dies aber auch nur geringfügig auf. Das gleiche gilt für die drei spielbaren Protagonisten Rick und Alex O'Connell sowie Shangri-La-Yeti, die zwar alle unterschiedliche Kampfstile beherrschen, was angesichts der stumpfsinnigen Massenkloppereien aber auch nichts heraus reißt. Der vermeintlich günstige Preis von knapp 30 Euro sollte jedenfalls keinen Kaufanreiz darstellen, denn selbst für die sicher nicht allzu anspruchsvollen Fans der Filme gibt es keinen erdenklichen Grund, in diesen Softwaremüll auch nur einen Cent zu investieren...   

Fazit

Das Grabmal des Drachenkaisers mag kein herausragender Film sein, das Spiel dazu allerdings schon. Und zwar herausragend mies! Der Titel erfüllt nicht nur so ziemliche jede Anforderung einer typisch miesen Lizenzversoftung: Mangelnde Kreativität, schludrige Präsentation, fehlender Feinschliff und mickriger Umfang. Er geht sogar noch weiter und serviert programmiertechnische Katastrophen, designtechnische Totalausfälle und spieltechnische Zumutungen. Hier wurden alle Elemente wahllos aus anderen Spielen zusammengeklaut und auf ein Niveau gedrückt, das selbst Handy-Klingelton-Abonnenten wie Mitglieder eines medialen Kunstkuratoriums erscheinen lässt. Die Präsentation ist vorsintflutlich, Kameraführung und Zielerfassung sind Ausgeburten der Hölle, die KI-Routinen ein Hohn und die Rätsel ein Witz. Garniert mit nervigen Trial&Error-Foltern sowie das Spiel einfrierenden Bugs mag das zwar ein gefundenes Fressen für hirntote Masochisten abgeben, aber die scheinen sich wohl schon in Vivendis Qualitätssicherung bedient zu haben. Anders ist es wohl kaum zu erklären wie dieser digitale Sondermüll überhaupt zur Veröffentlichung freigegeben werden konnte. Finger weg!

Pro

  • 16 aufrüstbare Waffen
  • drei spielbare Charaktere
  • nette, aber simple Gestenrätsel

Kontra

  • miese KI
  • fatale Bugs
  • öde Kämpfe
  • geringer Umfang
  • miserable Kamera
  • nerviges Trial&Error
  • hakelige Zielerfassung

Wertung

PlayStation2

Sowohl technisch als auch spielerisch grausame Lizenzverwurstung der übelsten Art.