Bionic Commando: Rearmed - Test, Arcade-Action, 360, PlayStation3, PC
Ziemlich genau 23 Jahre ist es her, dass Supersoldat »Super Joe« im Arcade-Game »Commando« die Menschheit vor bösartigen Terroristen gerettet hat. Problem: Er wurde dabei am Ende gefangen genommen, woraufhin drei Jahre später im Quasi-Nachfolger »Bionic Commando« Supersoldat 2.0 Nathan
»Radd« Spencer zur Hilfe schwingt - der Teufelskerl mit dem bionischen Arm. Seine Aufgabe ist es nun, den guten Mann aus den Klauen des Bösen, hier personalisiert durch Generalissimo Killt, befreien muss. Sprung ins Jahr 2008: Spencer hat die gleiche Aufgabe, denn wir haben es mit einem Remake zu tun!Schwing dich frei!
Ist einer der Anwesenden außer mir alt genug, mit dem ursprünglichen Spielkonzept vertraut zu sein? Ja? Dann wisst ihr ja um Spencers Handicap: Springen kann er nicht. Aber einen modischen bionischen Arm hat er! Und der ist viel besser als Sprunggelenke, schließlich kann man damit nicht nur Kugeln abwehren und unerreichbar scheinende Extras heranziehen, sondern auch sich selbst auf hohe Plattformen hieven, artistisch von A nach B schwingen, sich selbst durch enge Passagen ziehen oder schwere Gegenstände mühelos anheben und durch die Gegend werfen! Praktisch, nicht wahr? Schon, aber das bringt natürlich Schwierigkeiten mit sich. Es hat schon seinen Grund, warum einem zu Spielbeginn das Tutorial nachdrücklich ans Herz gelegt wird, denn genau genommen sind es zwei: Das erste bringt euch lediglich die Grundsätze der Steuerung bei. Erst das zweite, weitaus längere, geht auf die Details der Schwing- und Baller-Praxis ein. Die Kontrolle von Spencer wirkt anfangs furchtbar fummelig, zickig und schwierig; es vergeht einige Zeit, bis man flüssig von Vorsprung zu Vorsprung hangelt, mitten im Flug ballert und sich gerade zu Plattformen hinzieht. Es dauert eine Weile, bis man intuitiv mögliche Greifobjekte erkennt, bis man flüssig zu hilfreichen Fässern greift und nicht ständig von Wänden abprallt, nur um drei Stockwerke tiefer in herumlungernde Spitzen des Todes zu plumpsen. BCR verlangt mehr als viele Spiele Displizin bei der Einarbeitung - und belohnt sie auch!
Der Sechs-Millionen-Dollar-Hacker
Lieber allein?
Technisch ist BCR gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Die Grafik fängt stilistisch wunderbar das Oldschool-Spielgefühl, ist dabei aber abwechslungsreich und detailliert genug, um auch moderne Technikfreaks zu beeindrucken - okay, es ist kein 2D-Crysis, aber alleine der Fallschirmsprung zu Beginn einer Mission, der Nathan hart auf dem Boden ankommen lässt, bevor er sich geschickt abrollt, die Waffe zückt und noch schnell in Richtung Kamera zwinkert, ist super! Coole Effekte, dicke Explosionen, Animationen weicher als Daunen aus Seide, wuchtige Explosionen - umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass das »nur« ein Arcade-Spiel ist! Auch alles andere als normal ist
der Koop-Modus, der zwei Freunden die Möglichkeit gibt, gemeinsam dem Übel das Grinsen aus dem Gesicht zu kicken. Leider nur lokal, und leider nur nach dem Entweder-Oder-Prinzip: Das bedeutet, dass ihr zu Spielbeginn festlegen müsst, ob ihr allein oder zu zweit loslegt. Sprich: Habt ihr ein Koop-Spiel gestartet, könnt ihr das nicht allein weitermachen, wenn der Partner mal fehlt. Argh!Habt ihr drei weitere Pads und ebenso viele Freunde im Haus, könnt ihr euch auch ganz klassisch gegeneinander die Hölle heiß machen: Neben Deathmatch und Capture The Flag tut sich vor allem die Variante »Boden nicht berühren« hervor. Hier geht es nur darum, die anderen, durch gezielte Schüsse von den Plattformen zu bugsieren, auf dass sie Bekanntschaft mit den am Boden befindlichen Stacheln machen - nicht einfach, denn normale Schüsse richten keinen Schaden an, sondern stoßen einen nur ein Stückchen zurück. Eine herrlich chaotischer Modus! Falls ihr keine Freunde habt, dann ist neben der Kampagne auch der Punkt »Herausforderungen« für euch interessant: Hier warten 56 kurze Geschicklichkeitstests, die sehr schnell sehr wahnsinnig schwer werden - ein Fall für absolute Profis am Bionikarm!
Fazit
Bionic Commando Rearmed macht es einem nicht leicht: Äußerlich ist es eines der stilistisch coolsten Spiele, die ich kenne; das Grafikdesign, die geschmeidigen Animationen und vor allem der durch und durch fantastische Soundtrack schreien von der ersten Sekunde an »Kauf mich! Kauf mich!« - prinzipiell ja eine sehr gute Sache. Allerdings gibt es einen Knackpunkt: die Steuerung. Sie erfordert mehr als in vielen anderen Spielen gründliche Einarbeitung, ohne die Tutorials und viele Schwingübungen geht es schon nach kurzer Zeit nicht mehr weiter, Frust kann sich schnell breit machen. Aber diese unerwartete Komplexität hat auch Vorteile, trennt sie doch oberflächliche Knöpfchendrücker, die nicht mal das Ende des ersten Levels sehen werden, von den harten Hunden, die sich ohne aufzugeben durch die Tutorials hangeln - bis sie auf einmal eleganter durch die Levels schwingen als der Sohn von Tarzan und King Kong! Und dann lernt man nämlich auch die Genialität des Leveldesigns zu schätzen, das eben auf der anfangs fiesen und willkürlich wirkenden Einschränkung der Mobilität basiert - wer ein Hindernis nicht einfach überspringen kann, muss halt gescheite Schwungwege finden! Der Schwierigkeitsgrad ist für ein Oldschool-Remake angemessen hoch, das nicht-lineare Leveldesign wunderbar abwechslungsreich und der Mehrspielermodus (und da besonders die »Nicht den Boden berühren«-Variante) große Klasse - ganz zu schweigen von der trotz der Einschränkungen fabelhaften Koop-Möglichkeit für zwei Spieler! Ein großer Spaß, nicht nur für Freunde von Retro-Spieldesign in moderner Hülle.
Pro
- umwerfender Soundtrack
- sehr gute Grafik
- tolle Spielbarkeit
- cooler Koop-Modus
- aufregende Bossfights
- abwechslungsreiche Levels
- unterhaltsame Mehrspielermodi
Kontra
- gewöhnungsbedürftige Steuerung
- ziemlich schwer
- kein Online-Modus