Empire Earth 3 - Test, Taktik & Strategie, PC

Empire Earth 3
20.11.2007, Marcel Kleffmann

Test: Empire Earth 3

Einfachheit statt Komplexität, Humor statt historische Anleihen, Comiclook statt Realismus, Welteroberung statt Story-Kampagne: Bei Empire Earth III haben die Entwickler nicht mit dem Rotstift gegeizt und fast alles gestrichen, was die Vorgänger auszeichnete. Heraus kommt der bisherige Tiefpunkt der Serie...

Wenn ihr an Empire Earth I oder II denkt, was kommt euch in den Sinn? Dutzende von Epochen und Hunderte von Einheiten führten zu komplexen und taktisch anspruchsvollen Schlachten. So war es jedenfalls in der Vergangenheit, denn der dritte Teil von Mad Doc Software schmeißt alle bekannten und beliebten Elemente über Bord und vereinfacht das Spiel auf ein unerträgliches und unfertiges unteres Mittelmaß: Allein die Hardwareanforderungen bei hohen Details sprechen Bände und zwingen meinen Rechner, der selbst UT3 mit maximalen

Comic-Panzer zerlegen sich gegenseitig im kunterbunten und vor kräftigen Farben nur so strotzenden Gefecht.
Einstellungen relativ problemlos schafft, in die Knie. Im Gegensatz zum prächtigen Ego-Shooter sieht man allerdings keinen Grund, warum es ruckelt, da der Comic-Look keinesfalls Effektfeuer entzündet.

Heftige Kur

Neulich bei Mad Doc Software: Ein Dutzend Epochen? Das sind zu viele! Lasst uns zum Wohl der Übersichtlichkeit über die Hälfte streichen und lieber fünf Zeitalter nehmen und mehr als zehn Völker wollen die Spieler sowieso nicht. Hier bietet sich der Genre-Standard förmlich an und daher beschränken wir uns auf drei Völker, die sich dafür grob unterscheiden. Jetzt müssen wir noch die Einheitentypen reduzieren, weil niemand kann sich ja merken, in welcher Epoche welche Einheit den größten Nutzen bringt; das Spiel muss ja zugänglich für den Massenmarkt sein. Ach ja! Ein weiterer großartiger Einfall: Da WarCraft III total erfolgreich war, verpassen wir allem einen Comic-Look und bauen witzige Sprüche ein. Und überhaupt wollen Strategie-Zocker sowieso keine Kampagne, die können wir weglassen und bauen stattdessen einen Risiko-Modus ein, der im Grunde genommen eine Reihe an Skirmish-Karten darstellt. Diplomatie verschlanken wir auf "Krieg oder Frieden" mit Bündnisoption und fertig ist die Kiste! Na, was meint ihr, großartiges Konzept, oder?

Downloads

Komplexität ist Gift!

Download: Patch 1.01 -> 1.10 (365 MB)

Download: Deutsche Demo (1,70 GB)

Ob bei Mad Doc Software tatsächlich solch ein Vortrag den Startschuss für die Entwicklung von Empire Earth III gegeben hat, bleibt uns leider verborgen, aber das Endprodukt spiegelt alle eben angeschnittenen Gedanken wider. Jedenfalls sind die Entwickler ihrem Namen treu geblieben und waren so verrückt das ehemals komplexe Empire Earth auf eine Art massenmarkttaugliche

Die See-Schlachten werden mangels unterschiedlicher Schiffstypen schnell öde.
"Lite"-Version zu schrumpfen, die aufgrund mangelnder Optionen in der strategischen Belanglosigkeit verschwindet und zu schnell wiedrholende Muster aufkommen lässt. Warum?

Verpuffte Chance

In den klassischen Echtzeit-Strategie-Schlachten gibt es lediglich zwei Ressourcen: Rohmaterialen und Wohlstand. Ersteres findet ihr an festen Positionen und wird von Lagerhaus-Arbeitern eingesammelt, während "Wohlstand" generiert wird, wenn ein Karren vom Marktplatz zum Hauptgebäude juckelt - und ja, aus Rohmaterialen und Wohlstand baut ihr Panzer. Ein Bevölkerungslimit (Häuser) und Forschungspunkte dürfen nicht fehlen. "Gesundgeschrumpft" wurden ebenfalls die Bauoptionen, da es neben Stadtzentrum, Haus, Lagerhaus, Markt, Mauer, Monument nur militärische Einrichtungen (Kaserne, Fabrik, Dock, Flughafen, Türme, etc.) gibt. Alles ist sehr übersichtlich geworden, was gleichermaßen für die zu erforschenden Upgrades und die fünf Epochen gilt. Früher musste man sich überlegen, wann man ein Ressourcen- und Zeit fressendes Upgrade auf die nächste Epoche machen wollte und bei der jetzigen Reduktion auf Altertum, Mittelalter, Kolonialzeit, Moderne und Zukunft geht es darum schnell in die Moderne oder Zukunft aufzusteigen (im Skirmish circa 30 Minuten), möglichst viele Einheiten zu bauen und den Gegner zu überrennen, was dank Schere-Stein-Papier-Prinzip nicht sonderlich schwer ist. Jede Einheit hat gewohnte Schwachstellen und Stärken, die ihr ausnutzen müsst und deswegen sind gemischte Truppenverbände prinzipiell Pflicht; Vor- und Nachteile der Truppen werden beim Bau der Einfachheit halber im Tooltip angezeigt.   

Die Mobilmachung eurer Mannen macht dem Kampfplan meist einen Strich durch die Rechnung, denn die Wegfindung, vor allem in der Gruppe, ist Glückssache. Nach manchen Befehlen tut sich gar nichts, dann bleiben die Soldaten an einer Ecke oder aneinander hängen, reihen sich wie in einer Perlenschnur auf (erzwungene Formationsbewegung mit Einheitsgeschwindigkeit ist möglich) oder nehmen unsinnige Wege zum Ziel, wobei manche Fahrzeugen (à la Panzer oder Katapult) eher über die 

Effektiver als jede Belagerungswaffe: Ritter und Schwertkämpfer im Angriff.
Karte gleiten anstatt zu fahren. Alle Schlachtfelder sind übrigens in mehrere Segmente unterteilt und lassen sich erobern (Stadtzentrum bauen), um dort weitere Ressourcen abzubauen und für die kurzen Wege zum Nachbar-Kartensegment ist die Wegfindung geradeso ausreichend.

Und was erwartet euch im Scharmützel für eine Computerintelligenz? Die ungepatchte Verkaufsversion hinterlässt - auch hier - einen schlechten Eindruck, wobei man nicht trennen kann, ob die KI unfertig, bugverseucht oder schlichtweg unfähig ist. Zwar schaffen es die Computergegner meistens eine Basis aufzubauen (kein Wunder bei der Vereinfachung) und manchmal mit Mauern und Türmen zu schützen, jedoch vergessen sie dabei irgendwie die Einheitenproduktion. Oftmals kann man in aller Seelenruhe eine Basis aus dem Boden stampfen, bekommt ohne neutrale vorplatzierte Gegner keine Feinde zu Gesicht und werdet mit viel Glück mal angegriffen, sofern der Computergegner erstens eine Armee hat und zweitens die Recken den Weg zu eurer Basis gefunden haben und falls doch, dann suchen die Feinde keinen Weg um die Verteidigungsanlagen herum, sondern laufen direkt rein.

Kluge Gegner? Nein!

Ebenso zusammengestrichen wurden die Fraktionen, doch zumindest in diesem Belang kann Empire Earth III etwas Boden gutmachen, da drei unterschiedliche Parteien aufs Schlachtfeld ziehen, sprich "Der Westen", "Mittlerer Osten" und

Kampfroboter vs. Mutant
"Fernost". Der "Westen" mag wenige, teure Einheiten mit High-Tech-Schnickschnack, während der Ferne Osten günstige Truppenmassen favorisiert und der Mittlere Osten mit mobilen Gebäuden und flotter Kavallerie daherkommt. Je weiter die technologische Entwicklung fortschreitet, umso stärker klaffen die Fraktionen auseinander: Kampfroboter verstärken den Westen und Mutanten zeigen sich im Fernen Osten. Kurzum: Im Westen verschanzt man sich und baut dicke (Luft-)Einheiten, als Kommandeur im Fernen Osten schickt man haufenweise Leute an die Front und der mittlere Osten setzt auf aggressives Hit&Run (Tarnung) und kann seine Basen verpflanzen. Die Balance der Streithähne ist mittelprächtig gelungen (Artillerie zu schwach) und gehört daher verbessert, genau wie der "Humor". Richtig gelesen, die Einheiten geben "witzige" und unpassende Kommentare beim Auswählen ab, die absolut nicht in das Szenario passen. So sinniert der debile Baumeister mit Phrasen wie "Ich, Baumeister!" über nicht vorhandene künstliche Intelligenz, der Speerkämpfer "treibt es gerne auf die Spitze" und der Ingenieur kommt eigentlich aus der Abfallverwertung. Ha Ha Ha! Welch ein Spaß... Wenn die Entwickler schon den Comic-Stil von WarCraft III entliehen haben, hätten sie auch merken sollen, dass die "lustigen" Kommentare erst dann kommen, wenn man öfters auf die Leute klickt und nicht permanent. Schließlich sind die Sprüche bei der zehnten Wiederholung allerhöchstens nervend. 

Drei Fraktionen

Was hätte man mit den Epochen für schöne Szenarien, historische Feldzüge oder kleine Geschichten erzählen können. Doch irgendwie haben sich die verrückten Doktoren entschlossen einen

Erinnerungen an X-Com werden wach: Auf dem Globus verschiebt ihr Einheiten, erobert Gebiete und treibt die Forschung voran (linkes Menü).
Welteroberungsmodus statt einer Kampagne einzubauen und was in unserer Vorschau einen durchaus ambitionierten Eindruck hinterließ, spielt sich im Endeffekt wie eine langweilige Serie aus schnöden, aneinander gereihten, ungenügend ausbalancierten Scharmützeln, unterbrochen von ein bisschen Risiko auf einem 3D-Modell der Erde. Dort verschiebt ihr Armeen, erforscht globale Technologien (z.B. Coup-d-Êtat (Staatsübernahme durch Spione) oder Infrastruktur (zügigere Truppenbewegungen)) und strebt die Weltherrschaft an. Jede eurer Ländereien produziert Ressourcen und/oder Forschungspunkte (zum Epochenaufstieg), beziehungsweise könnt ihr jedem Gebiet zuweisen, ob Ökonomie, Militär, Imperiumspunkte oder Wissenschaft im Vordergrund stehen sollen, je nach Effektivitätsgrundlage des Gebietes. So werden Armeen aufgestellt, in Runden-Manier verschoben und die einzigen strategischen Überlegen ranken sich um die Frage "Wann greife ich wo an?". Ausgetragen werden die Schlachten, wie ihr euch
Videos

Globale Ermüdung

- Start-Trailersicher denken könnt, im Echtzeit-Modus, der quasi wie ein Scharmützel (Skirmish) abläuft und wenn ihr mal richtig "Pech/Glück" habt, startet ihr direkt neben dem feindlichen Hauptquartier und habt eine Region in weniger als zehn Minuten übernommen. Trotzdem verläuft alles bei der globalen Eroberung eher gemächlich, man hat fast das Gefühl, der epochale Fortschritt (mit neuen Einheiten, Technologien, etc.) würde einschlafen.

- Trailer 1

- Playtesting

- Einheiten

- Spielszenen 1

- Spielszenen Wüstenkampf

- Hinter den Kulissen

- Entwickler-Vorstellung 1

- Entwickler-Vorstellung 2

- Entwickler-Vorstellung 3

- Fraktion: Westen

- Fraktion: Osten

Vergebene Möglichkeiten gibt es ebenfalls bei der Diplomatie und beim "Questsystem". So könnt ihr innerhalb eines Kampfes mit einem neutralen Stamm Frieden schließen (notfalls Freundschaft sehr teuer erkaufen), ein Bündnis gründen oder den Krieg erklären. Das war's! Mehr Potenzial hätten da die Quest-Aufgaben gehabt, jedoch kommt es überdurchschnittlich häufig vor, dass die Stamm A-Königin von Stamm B entführt wurde und ihr sie zurückbringen müsst, um die Gunst von Stamm A zu erlangen - andere Handlungsmöglichkeiten sind Fehlanzeige. Zumindest lockern solche Aufgaben die dröge Welteroberung auf. Ebenso seltsam ist es, wenn man zu Beginn einer Partie auf fernöstliche Stämme beheimatet in Europa trifft... 

Kaum Diplomatie 

Fazit

Empire Earth III ist der glanzlose Tiefpunkt der Serie. Wem die ersten beiden Teile gefallen haben, der wird von diesem kastrierten Machwerk genau so enttäuscht sein wie ich. Nahezu alle typischen Elemente wurden mit einer Heckenschere entstellt und übrig geblieben ist ein viel zu einfach gestricktes, unfertiges Echtzeit-Strategiespiel. Der Welteroberungsmodus reizte anfänglich, aber als sich die Scharmützel immer und immer wiederholten, die gleichen Ziele aufkeimten und andauernd die gleiche anspruchslose Aufbauphase runtergerattert werden musste, blieb von der anfänglich nett klingenden Idee kaum etwas übrig. Zu der viel zu simplen Struktur gesellen sich eklatante technische Probleme, horrende Hardwareanforderungen, scheunentorgroße Computerintelligenzmacken sowie eine grottige Wegfindung. Selbst die drei Fraktionen mit ihren nervtötenden Kommentaren können die Wertung nicht mehr aus dem Keller retten. Ich mag mich vielleicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, das war der letzte Teil von Empire Earth…schade um die Serie!

Pro

  • drei Fraktionen mit individuellen Spielstilen & Taktiken
  • epochenweise Weiterentwicklung
  • Karte ist in Segmente aufgeteilt
  • Formationsbefehle mit gleicher Geschwindigkeit
  • stellenweise niedlicher Comic-Stil
  • nett angedachte Welteroberung

Kontra

  • Reduzierung aller Empire Earth-Merkmale auf ein dürres Skelett
  • extrem unfertiger Status
  • schwache Computerintelligenz
  • katastrophale Wegfindung
  • horrende Hardwareanforderungen
  • vergleichsweise wenige Einheiten, Gebäude und Upgrades
  • deplazierter, nervender Humor
  • ermüdender Welteroberungsmodus
  • karge Diplomatie
  • keine Geschichte, Szenarios oder Kampagne
  • Kamera viel zu Nahe am Geschehen
  • hässliches Klotzinterface
  • Balance-Schwächen (Belagerungswaffen)
  • maximales Epochenupgrade im Scharmützel in ca. 30 Minuten machbar
  • instabil

Wertung

PC

Schade, Empire Earth III ist der glanzlose Tiefpunkt der Serie!