Guitar Hero 3: Legends of Rock - Test, Musik & Party, 360, Wii, PlayStation2, PC, PlayStation3
Das gute Rockerleben
Wer die Vorgänger kennt, darf gleich zum nächsten Absatz hetzen, denn es folgt eine kurze Beschreibung dessen, was Guitar Hero eigentlich ist. Wenn ihr schon mal ein Rhythmusspiel à la Samba De Amigo oder Dance Dance Revolution gespielt habt, dann dürftet ihr eine ziemlich klare Vorstellung davon haben, was euch erwartet: Je nach Schwierigkeitsgrad fliegen euch mehr oder weniger Noten entgegen, die ihr zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Höhe treffen müsst - dann erschallen wohlfeile Klänge, der Multiplikator schnellt in die Höhe, das Publikum zappelt in Ekstase. Falls ihr es vermasselt, macht es »Klink!«, Klank!« und »Raböm!«, die Punkte stagnieren, das Publikum räuspert sich für ein gut geöltes »Buuuuuuh!« und das Game Over naht. Um das zu vermeiden, sammelt ihr mit speziellen Noten »Star Power« - habt ihr davon genug angestaut, reißt ihr die Gitarre wie ein echter
Star nach oben, woraufhin Blitze um das Notenfeld herum bratzen, das Publikum völlig ausflippt und der Punktemultiplikator für kurze Zeit in ungeahnte Höhen schießt. Die Gitarre? Ja, die Gitarre: Auf dem Stück Plastik, optisch dieses Mal einer Gibson Les Paul nachempfunden, befinden sich fünf farblich markierte Knöpfe (»Frets«) und ein Anschlagshebel (»Strum«) - Erstere repräsentieren die Noten, mit Letzterem werden sie angeschlagen. Klingt einfach? Ist es ja eigentlich auch, wenn man etwas Rhythmus im Blut sowie Geduld hat. Denn am Anfang (sprich: auf »Easy«) werden gerade mal drei Frets genutzt, entsprechend wenig Noten müsst ihr treffen. Auf »Medium« gibt's vier Frets und mehr Ziele, auf »Hard« wird das gesamte Frets-Spektrum genutzt - und auf »Expert« werdet ihr von in Lichtgeschwindigkeit auf euch zurasenden Noten erschlagen! Die Schwierigkeitsgrade sind sehr gut abgestuft, die Songs werden im Laufe der Karriere spürbar schwieriger - und wenn ihr partout an einem Lied verzweifelt, wartet immer noch der nach wie vor ungeschlagene Übungsmodus, in dem sich die Songgeschwindigkeit so weit runterkurbeln lässt, dass selbst ein »Through the Fire and Flames« an Biss verliert. Aber dazu gleich mehr.Von Fans für Fans
Wo nicht die Original-Künstler, sondern Studiomusiker in die Saiten griffen, ist die technische und künstlerische Qualität in jedem Fall verdammt hoch - allerdings gab es bei der Wahl der Sänger einige Fehlgriffe: Die Pendants von Pat Benatar, Ozzy Osbourne und Stevie Ray Vaughan klingen deutlich anders als die Originale; auf keinen Fall schlecht, aber anders. Und natürlich lässt sich über
den Wert einiger freischaltbarer Bonussongs diskutieren - was Revolverheld in GH 3 verloren hat, ist nicht völlig klar. Auf der anderen Seite warten gerade hier Perlen wie »Hier kommt Alex« von den Toten Hosen oder das göttliche, aber für normalfingrige Menschen in jedem Schwierigkeitsgrad über Normal kaum spielbare »Through the Fire and Flames« von Dragonforce - jeder, der nicht GH 2 auf Expert mit geschlossenen Augen durchspielen kann, sollte dem Gott seiner Wahl danken, dass dieser Track nur ein Bonussong ist. Generell ist der Schwierigkeitsgrad spürbar in die Höhe gegangen: Schon »Normal« ist für Gelegenheitsspieler spätestens im letzten Drittel eine fiese Herausforderung, »Hard« ist an dieser Stelle bereits unmenschlich - und dann wäre da ja noch »Expert«! Immerhin kommen einem die Entwickler mit intelligenten Verbesserungen entgegen: Mögliche Noten für Hammer-Ons und Pull-Offs (zwei Spezialtechniken, die im von Gott und Teufel wunderbar moderierten Tutorial ausführlich erklärt werden) leuchten deutlich sichtbar und sind dadurch einfacher zu erkennen - gut für Blindfische und darüber hinaus ein deutlicher Hinweis seitens Neversoft, dass man diese Stunts besser pauken sollte. Denn die sind nicht nur nette Extras, sondern überlebenswichtig, wenn man auf den höheren Schwierigkeitsstufen eine Chance haben möchte. Immerhin kommen einem die Entwickler so weit entgegen, dass das Zeitfenster, in dem eine getroffene Note akzeptiert wird, etwas größer ist als beim Vorgänger - dadurch ist das Timing nicht mehr so streng wie gehabt.Der wichtigste Punkt im Hauptmenü ist die Karriere, schließlich ist die Dreh- und Angelpunkt für alle freischaltbaren Extras. Und von denen gibt es verdammt viele: Neue Songs, Charaktere, Kostüme, Gitarren, Oberflächen für selbige oder Making-of-Videos - all das wartet auf euer Geld, das ihr mit erfolgreichen Auftritten in der Karriere verdient.
Die läuft im Großen und Ganzen identisch zum Vorgänger ab: Euch erwarten acht Blöcke mit je fünf Songs, von denen ihr eine bestimmte Menge abrackern müsst, bevor der nächste Block freigeschaltet wird. So weit, so vertraut, allerdings gibt es hier drei Neuerungen: Erstens eine kleine Story, die in kurzen, witzigen Comic-Filmchen in Stile der Gorillaz präsentiert wird.Rock Slash den Hut vom Kopp!
Zweitens erwarten euch drei Battles: Die würden anderweitig »Bosskämpfe« genannt, und das sind sie auch hier; die Echtwelt-Gitarristen Tom Morello und Slash sowie der hufbeinige Obermotz erwarten euch mit durchgeladener Gitarre! Statt Star Power sammelt ihr hier Battle Power, mit der ihr eurem Kontrahenten das Leben zur Hölle machen könnt: Das reißt eine Saite, da springt der Schwierigkeitsgrad nach oben, da wird die Notenzahl verdoppelt oder Linkshänder-Steuerung aktiviert - ganz fiese Schweine feuern ihre Störungen nicht sofort ab, sondern sammeln sie, und decken einen dann gleich mit bis zu drei Gemeinheiten auf einmal ein! Diese Battles sind auf niedrigen Schwierigkeitsstufen ein unterhaltsamer, aber leicht zu gewinnender Spaß, spätestens ab »Hard« wird's jedoch haarsträubend und schweißtreibend - denn da kennen die Gegner keine Gnade mehr und machen kaum noch Fehler. Habt ihr einen »Feind« besiegt, erweist er sich als fairer Verlierer und jammt mit euch noch eine Zugabe - abgesehen vom Endgegner, den man im Stile des Films »Crossroads« (der mit Ralph Macchio, nicht der mit Britney Spears!!) richtig fertig musizieren muss!
Die dritte Neuerung betrifft euren musikalisch begabten Freund, der eine Gitarre dabei hat: Angestöpselt, umgebunden, Koop-Karriere gestartet - jep, ihr könnt die gesamte Musiker-Laufbahn zusammen erleben. Das Coole dabei ist nicht nur, dass sich in diesem Fall die Story leicht von der Solo-Karriere unterscheidet, auch die Setlist ist eine dezent andere. Das ist für den Wiederspielwert natürlich geil, hat allerdings den Nachteil, dass sture Solisten niemals alle Tracks zu spielen bekommen. Neben dieser Koop-Möglichkeit, in der sich beide Spieler aussuchen können, ob sie Lead-, Rhythmus- oder Bassgitarre spielen, warten natürlich auch die aus den Vorgängern bekannten Zweispielermodi auf euch: Ihr könnt im
normalen und im Pro Face-Off antreten; bei Ersterem teilen sich beide Gitarristen die Noten eines Songs, bei Letzterem bekommen beide die gleiche Anzahl - zusätzlich können beide im Battle gegeneinander antreten. Das Schönste zum Schluss: Alle Modi können auch online gegen die Welt gespielt werden. Nun, fast alle - die Koop-Karriere bleibt leider offline. Davon abgesehen funktioniert der Online-Modus unfassbar gut; keine Lags, keine Ruckler weit und breit. Und man kann sogar Songs spielen, die man noch gar nicht freigeschaltet hat. Auf der 360 gibt es bereits die ersten Download-Packs (inkl. eines kostenlosen, das die Battle-Songs enthält), weitere werden zukünftig folgen - hoffentlich in regelmäßigeren Abständen als noch beim Vorgänger. Apropos: Achievement-Jäger werden in GH 3 noch mehr heulen als vorher: Ungefähr ein Drittel sind mit etwas Geschick problemlos zu holen. Spätestens bei Anforderungen wie »Schaffe 20 Songs auf Expert fehlerfrei«, »Aktiviere drei Mal die Star Power bei Through the Fire and Flames« oder »Gewinne 15 aufeinanderfolgende Online-Ranglistenspiele mit einem Standard-Controller« wird's allerdings lächerlich.Jedes Guitar Hero kam bislang mit neuer Gitarre ins Haus - mittlerweile gibt es plattformübergreifend lässige sieben Modellvariationen. Die gute Nachricht: Auch mit der Vorgänger-Gitarre lässt sich GH 3 wunderbar spielen. Die schlechte Nachricht: Die neue Klampfe ist verdammt gut! Etwas schwerer als gehabt, mit deutlich stabilerem Anschlagshebel und Whammy Bar, weicherem Knopfdruck,
auswechselbarem Faceplate, offiziell von Gibson abgesegnet (samt Logo) - und kabellos! Zwei R6-Batterien liefern genug Saft für viele Auftritte, die Reichweite beträgt etwa acht Meter, was mehr als genug Platz für ausufernde Hüpf-Sessions bietet. Darüber hinaus lässt sich der Hals einfach abnehmen, was natürlich den Transport erleichtert - es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich das ständige Lösen und Verbinden der Kontakte auf die Langlebigkeit derselben auswirkt. Die PS3-Version ist zwar ebenfalls kabellos, allerdings wird diese Freiheit mit einem kleinen Dongle erkauft, den ihr in einen freien USB-Slot an der Konsole stecken müsst. Die größte Überraschung bietet die Wii-Gitarre, denn sie wird erst mit reingestecktem Wiimote komplett: Die übernimmt nicht nur die Funktion des Kippsensors für die Star Power, sondern vibriert auch noch (z.B. beim Aktivieren derselben); außerdem kommen Verspieler-Sounds direkt aus dem Fernbedienungslautsprecher - cool!Du ruckst!
Zum ersten Mal dürfen auch PS3-, PC- und Wii-Rocker, die bislang neidvoll auf die abschrammelnden Konsolenbrüder blicken mussten, vor dem Monitor jammen: Die Spiele sind weitestgehend mit der 360-Fassung identisch, selbst Online-Spielen ist möglich. Falls euer Hund die Gitarre mit einem knackigen Kauknochen verwechselt, dürft ihr sogar per Tastatur und Maus spielen, allerdings müsst ihr damit rechnen, dass derartige Blasphemie mit nicht weniger als 48 Stunden Tokio Hotel bestraft wird! Und man muss sich natürlich schon fragen, wie viel Spaß es macht, vor einem per definitionem kleinen PC-Monitor abzurocken. Aber das ist jedem selbst überlassen, die PC-Fassung hat ganz andere Probleme: Zum einen gehen mal wieder die »Achtung! Schnelle Konvertierung!«-Alarmglocken los, denn PC-Bequemlichkeiten werden nicht genutzt, so dass alle Menüs wie an der Konsole mit der Gitarre bedient werden müssen. Außerdem gibt es einige Abstriche in der Abteilung Präsentation: 16:9-Videos werden in 4:3 dargestellt, es gibt weniger Effekte - speziell das Figurenleuchten ist sichtbar zurückgegangen. Die PS3-Fassung entspricht im Großen und Ganzen der 360-Version, allerdings mit dem wesentlichen Unterschied, dass das berüchtigte Kantenflimmern hier deutlich zu sehen ist. Außerdem ist das Publikum gerade in Nahaufnahme derart niedrig aufgelöst, dass man versucht ist, zu glauben, dass man es hier mit 2D-Sprites statt mit 3D-Polygonen zu tun hat. Klar, Das sind Oberflächlichkeiten, aber sie trüben das Gesamtbild.
Fazit
Guitar Hero war schon immer einer der fieseren »Nur noch ein Lied, wirklich!«-Süchtigmacher - und wer mit dem mittelmäßigen »Rocks the 80s« dachte, davon losgekommen zu sein, der wird mit Guitar Hero 3 abhängiger als je zuvor! Die Songliste: Brillant! Die neue Gitarre: Fantastisch! Der Online-Modus: Jawollja! Die Präsentation: Hammer! Guitar Hero 3 sieht ganz besonders in HD so aus, wie Guitar Hero 2 hätte aussehen sollen; ich fühle mich in meiner Aussage bestätigt, dass der Vorgänger auf der 360 stark nach hochskalierten PS2-Bildern aussah. Und auch wenn die Wii-Fassung da logischerweise nicht mithalten kann, sieht das Rock-Festival auch hier sehr gut aus - mal ganz davon abgesehen, dass die Wii-Gitarre einige coole Sonderfeatures bietet! Darüber hinaus finde ich es gut, dass der generelle Schwierigkeitsgrad nach oben gekurbelt wurde: Guitar Hero 3 ist für den Enthusiasten, weniger für den Einsteiger. Allerdings mangelt es dem dritten Teil an Innovationsfreude, im Grunde ist er »nur« ein in jeder Hinsicht verbessertes Update vom Zweier - Rock Band verspricht da deutlich mehr Frische. Nichtsdestotrotz: Guitar Hero 3 ist gegenwärtig die beste Möglichkeit, sich wie ein Gitarrenheld zu fühlen, ohne jahrelange Übung oder schmerzende Fingerkuppen zu riskieren. Obwohl... die gibt's hier auch!
Pro
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- saucoole Inszenierung
- gut abgestimmte, insgesamt angehobene Schwierigkeitsgrade
- perfekte Steuerung
- ausgezeichneter Online-Modus
- geniale Animationen
- klasse Spielgefühl
- sehr kurze Ladezeiten
- sehr gute, umfangreiche Songauswahl
- unterschiedliche Setlisten für Einzelspieler- und Koop-Modus
- massig sinnvolle Verfeinerungen
- ausgezeichneter Übungsmodus
- coole Gitarren-Sonderfeatures (Wii)</P>
Kontra
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- gelegentliche Ruckler
- hölzern animierter Schlagzeuger
- hier und da fragwürdige Songauswahl
- fummelige Menü-Bedienung (PC)
- weniger Grafikeffekte (PC, Wii)
- hässliches Kantenflimmern (PS3)
- nur Mono-Sound (Wii)</P>