Nanostray 2 - Test, Arcade-Action, NDS

Nanostray 2
23.10.2008, Paul Kautz

Test: Nanostray 2

Den Nintendo DS gibt es seit mittlerweile fast vier Jahren, und abseits von Gehirnjoggereien und Hasistreichel-Simulationen sind fast alle Genres kompetent abgedeckt: Jump-n-Run, Rollenspiel, Rundenstrategie, Racer, Knobelei, Geschicklichkeit, Wirtschaftssimulation - fast alle Geschmäcker werden bedient. Aber eben nur fast, denn das Nischengenre »Shoot-em-Up«, einst Glanz und Gloria der 16Bit-Konsolen, führt nach wie vor ein Schattendasein!

Klassische Oldschool-Balleraction ist auf dem DS tatsächlich unterentwickelt: Contra 4, so super es auch ist, hat bis heute nicht seinen Weg nach Europa gefunden, Bangai-O Spirits transportiert den Rabatz-Geist zumindest in kurzen Dosen. Und sonst? Sonst bleibt nur Nanostray, das vor zweieinhalb Jahren für herrlich krachende

Gegner links, Gegner rechts, Gegner oben, Gegner unten, Dutzende Geschosse aus allen Richtungen - Nanostray 2 (ab 29,99€ bei kaufen) ist klassisches Shoot-em-up pur!
Balleraction sorgte, technisch beeindruckend, aber mit einigen Macken behaftet. Und jetzt steht endlich auch bei uns der Nachfolger in den Läden, ein gutes halbes Jahr nach der Erstveröffentlichung in den USA - und das, obwohl Entwickler Shin'en in München sitzt...

Das lange Warten

Eines der größten Ärgernisse beim Vorgänger war die aufgezwungene und leider sehr sinnlose Nutzung des Touchpads, die für Krämpfe und verlorene Continues sorgte. Die gute Nachricht: In Nanostray 2 ist alles besser! Die schlechte: Na gut, doch nicht alles. Positiv ist anzumerken, dass es jetzt keine Willkür mehr gibt: Keine Sonderwaffenwahl per Stylus, stattdessen wählt ihr vor dem Einsatz eure Zweitknarre, die ihr mit einem Button abfeuert - prima! Allerdings ist die Digisteuerung des Schiffs etwas träge, so mancher Lebensverlust ist der Tatsache zu verdanken, dass das fliegende Hinkebein einfach nicht schnell genug zu Potte kommt. Tadaaaaa - wir präsentieren die Stylus-Steuerung: Die gibt es in zwei Varianten, für Rechts- wie Linkshänder, und rubbeldiekatz, hier geht das Schiff vielleicht ab! Die Nutzung der beiden Bildschirme wird vertauscht; geschieht die Action sonst oben und tummeln sich die Anzeigen unten, ist es in diesen Fällen genau umgedreht. Ihr steuert euren Raumer direkt mit dem Stylus und feuert mit dem Digipad bzw. den Buttons - die Kontrolle ist präzise, punktgenau und herrlich schnell. Hat nur einen Nachteil: Die Hälfte des Bildes ist von der Hand verdeckt, was bei jedem Menschen außer dem Unsichtbaren für Übersichtsprobleme sorgt. Selbst wenn man den Stift am äußersten Ende anfasst und mit den Fingerspitzen kontrolliert, bleibt immer noch ein Zufallsfaktor, der in einem Spiel, in dem es auf sekundenbruchteilgenaue Reaktion ankommt, einfach nicht sein darf.

Nanostray war nicht zuletzt deshalb ein Knaller, weil das Spiel technisch so aufregend war: Weich scrollende 3D-Hintergründe, massig Gegner, viele Effekte - heute noch ein Hingucker. Allerdings nur, wenn man sich dazu durchringen kann, die Augen von Nanostray 2 abzuwenden, das in jeder Hinsicht verbessert wurde! Das Leveldesign ist aufwändiger und wunderbar ideenreich, die Hintergründe sind detaillierter, die Effekte rummsen wie nie zuvor, die Bossgegner sind herrlich animiert - Shin'en, die alten Demo-Schergen , verstehen halt was von Optimierung! Und von Sounddesign auch, denn neben dem wunderbar treibenden Techno-Sundtrack, der erstaunlich variantenreich durch die Kopfhörer hämmert, sind es vor allem die wuchtigen Effekte sowie die bemerkenswert rauschfreie Sprachausgabe, die die Ohren verzücken     

Der DS kocht

Spielerisch bleibt Nanostray 2 sowohl seinem Vorgänger als auch klassischem Shoot-em-Up-Design weitestgehend treu: Euch erwartet eine Mischung aus Horizontal- und Vertikalshooter mit massenhaft auf euch zufliegenden Gegnerwellen, deren Angriffsmuster ihr besser schnell auswendig lernt, wenn ihr nicht ständig von vorn anfangen wollt - Tradition ist

Auch vertikal scrollend geht in Nanostray 2 mächtig die Hölle ab! Gute Reflexe und Auswendiglernen gegnerischer Angriffsmuster gehören hier zum Spielerlebnis dazu.
Tradition, und so ist auch Nanostray 2 eine ordentliche Herausforderung für zuckende Daumen alter Ballerschule. Aber wer Contra 4 und MegaMan 9 überlebt hat, der wird auch das hier schaffen. In jedem der acht Level erwarten euch ein Zwischen- sowie ein Endboss: Toll animiert, groß, böse, mit wechselnden Angriffsmustern und viel gemeiner, als man anfangs denkt! Bloß gut, dass ihr Extrawaffen habt: Ob zielsuchender Laser, bratzender Nahkampf-Schutzschild oder fernzündbare Bombe, jede der sechs Zusatzwummen verbraucht unterschiedlich viel Energie, so dass man mit ihrem Einsatz haushalten sollte - aber sie machen auch entsprechend viel Schaden, der gerade bei den Bossgegnern sehr willkommen ist. Darüber hinaus kommt noch etwas Taktik ins Spiel: Nach ein paar zerbröselten Gegnerwellen bekommt ihr zwei fleißig mitballernde Satelliten verpasst, deren Position ihr jederzeit dreifach ausrichten könnt: Nach vorn, zur Seite und nach hinten. Der ständige Wechsel ist essentiell für den Sieg, denn die Feinde kommen aus allen Richtungen.

Der für Solisten interessanteste Modus nennt sich »Abenteuer«: Das führt euch von gesprochenen Story-Schnipseln begleitet über acht Planeten, immer auf der Jagd nach den Nanostray-Virus. Der erste Planet ist vorgeschrieben, die Reihenfolge der nächsten drei könnt ihr euch ganz thunderforcig selbst aussuchen, danach ist wieder die Automatik am Zuge. Wichtig für Balleranfänger: Game Over heißt »Das Spiel ist vorbei« - sind eure wenigen Continues verbraucht, geht's von vorne los. Gespeichert wird automatisch zwischen den Levels.

Abenteuerliches Geballer

Habt ihr das relativ kurze Abenteuer durch, könnt ihr euch auf den Arcade-Modus stürzen, in dem ihr alle freigeschalteten Levels wieder und wieder für den perfekten Highscore durchspielen könnt - den ihr dann, eine WiFi-Verbindung vorausgesetzt, auch mit der ganzen Welt teilen dürft, die ihn auf der offiziellen Spiel-Homepage einsehen kann. Der dritte Solo-Modus ist die »Herausforderung« - davon erwarten euch 32, jede einzelne davon sehr kurz und sehr spezifisch: Überlebe zehn Sekunden, sammle 100.000 Punkte in 30 Sekunden ohne Schaden zu nehmen oder überlebe 14 Gegnerwellen. Diese Herausforderungen dienen nicht nur der Befriedigung des Profi-Egos, sondern auch der Freischaltung von vier »Simulatoren« - Minigames, die sich an Klassikern wie BreakOut und Asteroids orientieren. Und nicht gerade der Weisheit letzten Schluss darstellen, aber für zwischendurch ganz nett sind.

Habt ihr einen Kumpel nebst zusätzlichem Spielmodul, könnt ihr das Abenteuer auch (leicht eingeschränkt) kooperativ angehen. Selbst mit nur einem Modul gibt es einen Mehrspielermodus, aber der ist der Rede nicht wert: Ihr dürft euch in einer Arena duellieren, bis einer 50.000 Punkte hat - das war's. 

Fazit

Rein technisch betrachtet ist Nanostray 2 genau wie der Vorgänger ein Musterschüler auf dem DS: Detail- und effektreich, wunderbar flüssig, wunderbar chaotisch - genau so hat klassische Balleraction im modernen Gewand auszusehen! Auch spielerisch folgt Shin’en dem ungeschriebenen Buch des Shoot-em-Up-Designs wortgenau, der Abenteuer-Modus ist herausfordernd, die Challenge-Variante ein toller Bonus für Pad-Profis. Allerdings bin ich mit der Steuerung nach wie vor nicht glücklich: Zwar bleibt uns dieses Mal dankbarerweise die fummelige Waffenwahl des Vorgängers erspart, aber sowohl mit Digi- als auch Touchpad gibt’s Probleme - erstere Variante ist etwas zu langsam, bei zweiterer fehlt die Übersicht. So bleibt ein toller Shooter, für dessen vollen Genuss man bereit sein muss, Kompromisse einzugehen - aber das sind Oldschool-Ballerfreunde ja ohnehin gewohnt.

Pro

  • + tolle Präsentation+ abwechslungsreiches Leveldesign+ solide Steuerung...+exzellente Soundkulisse

Kontra

  • grundsätzlich sehr schwer
  • schwacher Mehrspielermodus
  • ...die aber weder mit Digipad noch Stylus optimal ist

Wertung

NDS

Technisch höchst beeindruckend, spielerisch wunderbar veraltet - ein Fest für Freunde gepflegter Retro-Ballereien. Allerdings mit Steuerungs-Macken.