James Bond 007: Ein Quantum Trost - Test, Shooter, 360, NDS, Wii, PlayStation2, PlayStation3, PC, PSP

James Bond 007: Ein Quantum Trost
31.10.2008, Paul Kautz

Test: James Bond 007: Ein Quantum Trost

Man ist ja irgendwie mittlerweile gewohnt, dass es zu jedem größeren Kinohit eine (meist grottig schlechte) Spiel-Umsetzung gibt - ganz besonders, wenn es in dem Film kracht und krawummt und angemessen spärlich bekleidete Models drin vorkommen. Ungewöhnlich also, dass es zum letzten Bond-Streifen Casino Royale, der die Serie mal eben vom Mief der letzten Jahrzehnte befreite, keine »Spiel mit mir!«-Variante gab. Die gute Nachricht: Das wird jetzt nachgeholt. Die bessere: Der aktuelle Film wird auch gleich noch reingepackt. Die schlechte: Umwerfend ist das Ergebnis nicht.

Es gab in der Vergangenheit bereits viele Bond-Spiele, die meisten davon okay, einige gut, einige schlecht - aber eines sticht nach wie vor aus dem nicht geschüttelt

Wenn dieser junge Mann mal nicht im Geheimdienst ihrer Majestät unterwegs ist: EQT verbindet gleich zwei Bond-Spiele miteinander.
en Brei hervor: GoldenEye auf dem N64. So sehr sogar, dass es bis heute in Deutschland indiziert ist. Ändert nichts daran, dass der Shooter technisch und spielerisch ein Meilenstein war, an den sich bis heute jeder Pixelagent messen lassen muss. Geht man vom Startlevel aus, ist Craig von Brosnan so weit entfernt, wie der typische Computerspieler von Vesper Lynd: Das Anwesen von Mr. White sieht langweilig aus, spielt sich langweilig und ist langweilig. In der Top 10 der ödesten Startlevel aller Zeiten dürfte sich dieses Intro etwa in der Nähe des Einstiegs von »Enter The Matrix« tummeln. Aber bange nicht, Bond-Fan, denn offensichtlich dient dieser Level nur als Durchhaltetest: Er ist sehr kurz, danach folgt ein fantastisch geschnittenes Intro (dessen Musik übrigens dem aktuellen White/Keys-Beitrag um Welten überlegen ist) sowie der Übergang in weitaus gelungenere Regionen. Puh, Schwein gehabt - auch wenn die Entwickler für diesen Einstieg zwei Wochen Modern Talking verdient haben!

Zwei Filme zum Preis von einem!

»Ein Quantum Trost« (nachfolgend EQT abgekürzt, auch und hauptsächlich, weil mir der Titel die Haare ausfallen lässt) ist, wie schon erwähnt, eine Doppelpackung: Ihr beginnt am Ende von Casino Royale, spielt drei Levels aus dem neuen Film und schwenkt dann per Flashback in den ersten Film zurück - nach einigen markanten Szenen aus eben diesem (inkl. der Bombenleger-Verfolgung in Madagaskar, dem Stoppen des Flugzeug-Attentäters sowie der Zugfahrt mit Vesper) geht's dann wieder in die aktuelle Zeit zurück, in der das große Finale stattfindet. Wer den Film also noch nicht gesehen hat, sollte mit dem Spielen vielleicht lieber warten, da logischerweise das Ende gespoilert wird.

Das Leveldesign orientiert sich an Szenen der Filme, weitet sie aber erheblich aus.
Das Leveldesign folgt dem großen ungeschriebenen Gesetz der Action-Shooter, das besagt, dass gefälligst alles streng linear zu sein hat: Ob Whites Villas, italienische Kleinstadt, beeindruckende Freiluft-Oper oder Science Center in Miami, es gibt immer genau einen Weg zum Ziel, und meist nicht mal links und rechts davon viel Platz. Das geht so weit, dass selbst kniehohe Hindernisse nicht übersprungen werden können, wenn die Entwickler das nicht wollen - nur an besonderen Stellen dürft ihr z.B. über ein Rohr klettern oder an einer Brüstung entlang spazieren.

Wir sind die Roboter

Die Entwickler haben sich  wichtige Stellen aus den Filmen herausgepickt und sie unter dem Credo »Was der Zuschauer nicht zu sehen bekam« erweitert. Sprich: Etwa hundert zusätzliche Gegner pro Szene reingepackt. Bevor man z.B. in Miami an den Waffenschmuggler Dimitrios rankommt, muss man erst ein Massaker in Science Center anrichten - selbiges gilt im Casino -während- des Pokerturniers, wenn man versucht, an den Rebellen Obanno ranzukommen! Klar ist verständlich, dass die Entwickler aus den Einzelaktionen spannende Gefechte basteln wollten, allerdings ist die Art und Weise der Umsetzung wenig glaubwürdig.          

Auf der anderen Seite wird ohnehin so wenig Wert auf eine gut erzählte Story gelegt, dass man auch darüber gnädig hinweg sehen kann. Denn eine Geschichte an sich gibt es nicht. Es gibt Missionsbriefings sowie

Eure Feinde sind clevere Hunde: Die nutzen Deckung, wechseln die Position und rufen im Notfall nach Verstärkung.
gelegentliche Verbindungen von Einzelmissionen, aber einen echten roten Faden sucht man vergebens - es geht ja schon damit los, dass man mit einem Mal eine gewisse Camille retten muss, ohne dass vorher ein Wort über sie fiel. Apropos Briefings: Die sind aus irgendeinem Grund erheblich leiser abgemischt als der Rest des Spiels. Haltet also besser die Fernbedienung bereit, denn für die Briefings müsst ihr die Lautstärke ordentlich nach oben kurbeln, für das Spiel dann wieder ein ganzes Stück zurück, wenn ihr keinen Ärger mit den Nachbarn riskieren wollt. Und wo wir schon von den Stimmen sprechen: PS3- und Wii-Spieler können zwischen deutscher und englischer Sprachausgabe wählen, was ein Segen ist, da die deutschen Sprecher mit Ausnahme der Synchronstimme von Daniel Craig teilweise extrem lustlos klingen. Absolutes Lowlight ist in diesem Falle Bonds Chefin M, die an einer Stelle nach zwei Morden in unmittelbarer Nähe gerade noch so mit dem Leben davongekommen ist - und Bond von diesem Ereignis derart emotionslos berichtet, als würde sie gerade eine Cornflakes-Packung rezitieren. Immerhin kommt ein Großteil der Original-Synchronsprecher aus den Filmen zu Wort, was für 360- und PC-Spieler eine Art Trost sein dürfte - denn die haben aus unerfindlichen Gründen nicht die Freiheit der Wahl.

Das Missionsdesign versucht gar nicht erst, besonders innovativ oder ausgefallen zu sein: Vom Niedermähen heranstürmender Gegnertruppen per Helikopter-MG bis zum Verteidigen einer KI-Kumpelin per Scharfschützengewehr ist alles vertreten,

Ihr könnt jedes größere Objekt als Deckung nutzen - das bewahrt euch zwar kurzzeitig vor Schaden, lädt aber die Gegner zum Flankieren ein.
was im Schema-F-Designbuch für Shooter drin steht. Die Art und Weise, wie ihr die meisten Missionen erfüllen könnt, bleibt aber über weite Teile euch überlassen: Ihr könnt alle Abschnitte mit einem unermüdlich arbeitenden Gewehrlauf hinter euch bringen, aber gerade auf den höheren der vier Schwierigkeitsgrade wird das ein hartes Stück Arbeit. Spätestens hier werden zwei Dinge eure besten Freunde: Die Deckung und euer PDA. Ihr könnt jedes größere Objekt als Deckung nutzen und von da aus präzise auf Gegner zielen. Allerdings sollte man sich da nicht zu sicher fühlen, denn zum einen lässt sich so manches sicher geglaubte Objekte mit genügend Firepower zerlegen. Zum anderen sind die Gegner clever genug, einen eingeigelten Bond zu erkennen und ihn von mehreren Seiten zu flankieren. Also empfiehlt sich auch vorsichtiges Vorgehen, wo der PDA ins Spiel kommt: Hackt ihr euch in das Kamerasystem eines Levels ein, werden die Bewegungen der sichtbaren Gegner auf der Übersichtskarte angezeigt. Ihr könnt also das möglichst reibungsarme Weiterkommen gut planen. Besonders nützlich ist diese Funktion, wenn noch Überwachungskameras ins Spiel kommen, die sowohl auf eure Präsenz als auch auf die von Leichen allergisch reagieren.

Ein Quantum Bourne

Ihr könnt natürlich auch auf diesen ganzen Sam Fisher-Kram pfeifen und den Dirty Harry machen: Diverse Pistolen, MGs, Granaten, Scharfschützengewehre oder Granatwerfer warten auf ihren

Wollt ihr einen Gegner schnell und nachhaltig ausschalten, empfiehlt es sich, leise an ihn heranzuschleichen und ihr per Takedown niederzustrecken - rabiat und wirkungsvoll!
Einsatz, wobei ihr maximal drei Knarren gleichzeitig in den Smoking packen dürft. Und falls ihr Lust auf etwas mehr Nähe liegt, könnt ihr auch auf Tuchfühlung mit dem Feind gehen und frei nach Jason Bourne diverse Takedowns auspacken. Klickt ihr im richtigen Abstand den linken Stick, schnappt sich James den Gegner und bereitet einen mächtigen Hieb vor, der dann einen weiteren Tastendruck später auch ausgeführt wird - oder daneben geht, falls ihr den falschen Knopf drückt. Was aber unwahrscheinlich ist, da das entsprechende Zeitfenster verdammt weit offen steht. Allerdings: So ruppig die Takedowns auch inszeniert sind, so schnell sieht man sich an ihnen satt - denn im Gegensatz zum Bourne Komplott gibt es hier nur sehr wenige davon, die sich dem entsprechend schnell wiederholen. Außerdem seid ihr währenddessen nicht unverwundbar: Während ihr euch an einem Feind austobt, könnt ihr von anderen Anwesenden beschossen werden - da ihr keine Eingreifmöglichkeiten habt, ist es sehr ärgerlich, mitten im Takedown niedergeballert zu werden. Das gilt auch am PC, auch wenn die Reaktionstests hier bei Verwendung von Tastatur und Maus etwas anders aufgezogen sind: Statt die richtige Taste zu drücken, müsst ihr mit der Maus einen speziellen, überdeutlich visualisierten Punkt am Bildschirm anvisieren - das Resultat bleibt das gleiche.       

Zum lautlosen Ausschalten der Gegner sind die trotzdem sehr empfehlenswert, denn die KI ist nicht ohne: Geschickt wird die Deckung genutzt, die Position verändert und nach Verstärkung gerufen, sobald etwas merkwürdig erscheint.

Die Action geht gut ab, das Spiel ist voller cooler Bond-Momente - aber dennoch enttäuscht das Game sowohl technisch als auch spielerisch auf hohem Niveau.
Hin und wieder warten auch gut sichtbar leuchtend diverse Gegenstände in der Umgebung darauf, von euch gesprengt zu werden, wodurch größere Feindesansammlungen schnell aufgelöst werden. Allerdings komplett unblutig: Zwar hat das Spiel keine Jugendfreigabe, trotzdem fließt auch bei den härtesten Aktionen kein roter Pixel. Was übrigens zur Abwechslung mal kein deutsches Problem ist: Die internationalen Fassungen sehen genauso aus.

Neben all der Action und Schleicherei wird in EQT gelegentlich auch der reine Reaktionsfinger bemüht: Hin und wieder müsst ihr Türschlösser knacken, was lediglich auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad aufgrund der sehr kurzen Reaktionszeit eine Herausforderung ist. Forschungsagenten sollten außerdem Augen und Ohren nach blau leuchtenden und wild klingelnden Handys offen halten: Sie enthalten nützliche Infos, Textnachrichten der Gegner, Memos oder Bilder. Gespeichert wird ausschließlich automatisch, und zwar sowohl zwischen den Missionen als auch innerhalb derselben.

Der gülden glänzende Spaß

Neben dem Solo-Abenteuer wartet auch noch ein umfassender Mehrspielermodus auf den Jung-Agenten. Neun Varianten stehen zur Auswahl, von denen der größte Teil das üblich verdächtige Sortiment für bis zu zwölf Spieler umfasst. Zwei davon stechen allerdings hervor: Der eine trägt den klangvollen Namen »Territory Control« und orientiert sich an Battlefield. Zwei Teams treten gegeneinander an und müssen auf der Karte verteilte Items sichern. Das funktioniert recht einfach, man muss nur um den Gegenstand herumstehen, schon wird er nach kurzer Zeit dem eigenen Team angerechnet - sofern sich kein Feind in der Gegend befindet. Logischerweise können eroberte Gegenstände auch wieder vom Feind gestohlen werden, so dass ein ständiges Hin und Her für angenehmes Chaos sorgt. Das Highlight ist vom N64 bekannt und trägt den Namen »Golden Gun«: Ein Spieler hat die Namen gebende Klunkerknarre und sonst keine. Die beschränkte Auswahl wird mit einer verheerenden

Mit der goldenen Kanone in der Hand seid ihr im gleichnamigen Mehrspielermodus der von allen Seiten Gejagte - der allerdings höllisch austeilen kann!
Feuerkraft wieder wett gemacht, außerdem gewinnt derjenige die Runde, der die meiste Zeit mit der Wumme verbringt. Also balgt sich jeder um die Vorherrschaft, was dadurch stimuliert wird, dass der Goldjunge als einziger stets auf der Übersichtskarte eingeblendet wird. Als Golden Gun-Träger ist man also ständig auf der Flucht, was für herrlich viel Gekeife und unterhaltsames Gefluche sorgt. Allen Mehrspielervarianten ist gemein, dass man in ihnen Geld verdient, das man wiederum in neue Waffen und Ausrüstung investieren darf.

Die Technik des neuen Bonds basiert auf dem CoD4-System, sieht allerdings nicht so gut aus: Das Leveldesign schwankt ständig zwischen »okay« und »gut«, die Framerate geht gerade in den Echtzeit-Zwischensequenzen immer wieder leicht in die Knie, die Effekte sehen solide, aber nicht überwältigend aus. Tatsächlich ist das einzige Highlight Bond selbst, den man immer zu sehen bekommt, wenn man z.B. in Deckung schliddert und die Kamera automatisch in die Außenansicht wechselt: Daniel Craig wurde sehr glaubwürdig getroffen, im Gegensatz zu anderen Figuren wie Vesper Lynd. Auffällig ist noch, dass die Waffen etwas zu groß im Bild wirken; das Ganze erinnert leicht an Halo 2 - wirklich störend ist das allerdings nicht. Die PC-Version hat darüber hinaus noch den Vorteil der bemerkenswert niedrigen Hardwareanforderungen: Selbst mit hochgeschraubter Auflösung und einer Extraportion Antialiasing bleibt die Geschwindigkeit erstaunlich hoch. Allerdings gibt es hier mehr Bugs als auf anderen Plattformen - so bleibt die Unschärfe, die beim präzisen Zielen auf die Umgebung gelegt wird, gelegentlich auch bei der normalen Ansicht aktiviert. Das stört nicht sonderlich und ist auch durch abermaligen Wechsel in die Präzisionsansicht aus der Welt geschafft, merkwürdig ist es aber allemal. 

Fazit

Den Titel ignoriere ich jetzt einfach mal; über »Ein Quantum Trost« wurde mit Sicherheit schon jeder verfügbare Witz gerissen. Denn das Schöne ist: Das Spiel ist viel besser als sein doofer Name. Es gibt jede Menge cooler Bond-Momente, das Spielprinzip setzt auf eine gute Mischung aus Ballerei und taktischem Vorgehen, beide Filme werden clever miteinander verbunden, der Mehrspielermodus bietet sehr unterhaltsame Spielvarianten. Umso schmerzlicher also, dass der Hit aufgrund so simpler Sachen in unerreichbarer Ferne bleibt: Die Story ist z.B. ein Witz, neue Figuren sind einfach so da und gleich wieder weg, wer was wo warum macht, bleibt meist völlig im Düsteren. Die deutsche Sprachausgabe, zu der man auf 360 und PC gezwungen wird, ist mit Ausnahme von Herrn Bond persönlich ein emotions- und betonungsloser Matsch. Die technische Umsetzung ist solide, aber nicht aufregend, was angesichts der fabelhaften Engine-Wurzeln verwundert. Der Wirkungstreffer geht aber vom Gamedesign aus: Es macht Spaß, es liefert einige Stunden guter Action-Unterhaltung - aber mehr auch nicht.

Pro

  • coole Verbindung beider Filme
  • teilweise sehr gutes Figurendesign
  • ruppige Takedowns...
  • gerissene KI
  • abwechslungsreiche Mehrspielermodi
  • gelungene englische Sprachausgabe

Kontra

  • ausschließlich deutsche Sprachausgabe (360, PC)
  • teilweise sehr emotionslose Sprecher
  • ...von denen es aber sehr wenige verschiedene gibt
  • schwach erzählte Story
  • gelegentliche Ruckelanfälle
  • lahmer Einstieg

Wertung

360

Das Spiel wie der Agent: Schnörkellos, geradlinig, actionreich, gut aussehend - aber mit Macken.

PlayStation3

Das Spiel wie der Agent: Schnörkellos, geradlinig, actionreich, gut aussehend - aber mit Macken.

PC

Spielerisch ändert sich am PC überhaupt nichts - der James bleibt der James. Technisch erfreuen niedrige Hardwareanforderungen und ärgern gelegentliche Bugs.